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Merima Ključo & Jelena Milušić | Die bpb in Berlin | bpb.de

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Merima Ključo & Jelena Milušić

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Mit der Sprache der Musik Europas Osten und seine kulturpolitischen Hintergründe verstehen: darum geht es der Projektgruppe Mittel-, Ost- und Südosteuropa im Projekt "RegionALLE". Mit vier Wohnzimmerkonzerten in unseren bpb:medienzentren stellen wir die Rock- und Popszene Südosteuropas vor und zeichnen ihre Entwicklung vom propagandistischen Mittel des Coca-Cola-Sozialismus zum Sprachrohr der zivilgesellschaftlichen Umbrüche von heute nach.

Merima Ključo und Jelena Milušić (© Marko Ercegović)

Am 7. September 2023 präsentieren die Musikerinnen Merima Ključo und Jelena Milušić ihr erstes gemeinsames Programm im bpb:medienzentrum in Bonn. Jelenas einzigartiger und außergewöhnlich vielseitiger Alt harmoniert glänzend mit Merimas Konzertakkordeon und verwandelt sich chamäleonhaft von einem Lied zum nächsten.

Im Gegensatz zu den ersten beiden Konzerten der Reihe stehen die beiden renommierten Musikerinnen aus Bosnien eher für traditionelle und klassische Töne, senden dabei allerdings eine nicht weniger politische Botschaft. Ihr vielfältiger Mix aus überlieferter rumänischer, kroatischer, kosovarischer und sephardischer Musik spiegelt die kulturelle Komplexität der gesamten Jugosphäre wieder und ist gleichzeitig ein Plädoyer, sich friedlich und mit Respekt über religiöse und ethnische Grenzen hinweg zu begegnen.

Wir haben auch Merima und Jelena gefragt, ob Kunst überhaupt politisch sein soll und darf?

Jelena: „Ein Künstler kann aus vielen Gründen kreativ sein. Manchmal ist es ein persönliches Bedürfnis, die eigenen Ideen, Gefühle oder den eigenen Intellekt zu kommunizieren. Solche Kunst entsteht aus der inneren und intimen Welt des Künstlers oder aus dem akademisch-wissenschaftlichen Bereich. Diese Kunstform muss nicht unbedingt sozial engagiert sein. Der Künstler kann mit seinem Schaffen auch Unterstützung leisten oder seine Meinung und Haltung zu bestimmten gesellschaftlichen Ereignissen äußern, doch sozial engagierte Kunst ist nicht unbedingt ein Maßstab für den Wert und die Qualität des Kunstwerks.“

Merima: „Kunst muss nicht unbedingt sozial engagiert sein. Die Gesellschaft verändert sich – Probleme in der Gesellschaft hängen von Generationen und geografischen Gebieten ab.

Zitat

Es ist wünschenswert, durch Kunst eine eigene Stimme auszudrücken und einen eigenen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, aber wenn Kunst unbedingt sozial engagiert sein müsste, würde man eine Kunst des Augenblicks bekommen. Dann wäre Bach zum Beispiel nicht mehr relevant.

Er würde in der Geschichte des aktuellen gesellschaftlichen Geschehens seiner Zeit verschwinden. Wahre Kunst lässt sich nicht in den Rahmen der Notwendigkeit einordnen und kann dennoch durchaus Teil der aktuellen Politik, des Aufruhrs, der menschlichen Unreife und aktueller, drängender Probleme in der Gesellschaft sein.“

Merima Ključo (geboren 1973 in Bosnien-Herzegovina) ist als Konzertakkordeonistin und Komponistin in schwindelerregend vielen Stilen zuhause. Ihr Repertoire basiert auf klassischer, avantgardistischer und experimenteller Musik sowie ihren eigenen Kompositionen, in denen balkanische, sephardische und Klezmer-Traditionen auf zeitgenössische Techniken treffen.
Ključo war Gastsolistin bei einer Reihe von Symphonieorchestern, darunter das Scottish Chamber Orchestra, Holland Symphonia und das Netherlands Radio Philharmonic Orchestra. Sie hat Musik u.a. zu den Filmen „In the Land of Blood and Honey“ von Angelina Jolie und „Jack“ von Sergej Kreso beigesteuert. 2006 komponierte sie die Musik für das Hörspiel „Wie der Soldat das Grammofon repariert“, das auf dem Buch von Saša Stanišić basiert.

Für Jelena Milušić (geboren in Mostar, Bosnien und Herzegowina) ist das Singen ein intimer Akt des Teilens und Austausch von Gefühle und Energie. Sie ist in den unterschiedlichsten Musiksprachen zuhause, die von Blues über Jazz und Rock bis hin zu traditioneller Balkan- und Weltmusik reichen. Mit dem belgischen Orchestre National du Vetex tourte sie durch ganz Europa, und mit dem bosnischen Gitarristen Atilla Aksoj widmet sie sich unter dem Namen Barimatango der Roma- und sephardischen Musiktradition.

Die Sepharden

Vor allem im Osmanischen Reich lebten die Nachkommen der Juden, welche 1492 aus Spanien vertrieben worden waren, die Sephardim (deutsch: Sepharden). Das tolerante Klima, auf das die Juden nach der Vertreibung von der iberischen Halbinsel im Reich der osmanischen Sultane am anderen Ende des Mittelmeeres trafen, ermöglichte ihnen eine neue kulturelle Blüte. Städte wie Smyrna (Izmir), Saloniki (Thessaloniki) und das kosmopolitische Konstantinopel (Istanbul) waren Zentren des sephardischen Judentums. In der Türkei sowie auch auf dem Balkan hielten die Sephardim an ihrer eigenen Sprache, dem Judäo-Spanischen (Ladino), fest.

Fussnoten

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