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Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative | Parteien in Deutschland | bpb.de

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Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative Die PARTEI

Tim Niendorf Lisa Peyer Nils Fröhlich

/ 11 Minuten zu lesen

Mit Satire verspottet Die PARTEI die deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts und parodiert das Auftreten anderer Parteien. Seit 2014 ist sie im Europäischen Parlament vertreten.

Martin Sonneborn und Nico Semsrott im EU-Wahlkampf. Mit einem Stimmenanteil von 2,4 Prozent zogen die beiden 2019 für Die PARTEI in das Europaparlament ein. (© picture-alliance/dpa)

Entstehung und Entwicklung

Die Kurzbezeichnung "Die PARTEI" ist ein Akronym und steht für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" (zum folgenden siehe Neu 2018). Die PARTEI wurde am 2. August 2004 durch Mitarbeiter des Satiremagazins "Titanic" um den damaligen Chefredakteur Martin Sonneborn gegründet, der seitdem Vorsitzender der PARTEI ist. Das Motto der PARTEI lautet "Die endgültige Teilung Deutschlands - das ist unser Auftrag" und soll auf einen Ausspruch von Chlodwig Poth zurückgehen, der 1979 einer der Mitbegründer der "Titanic" war und wenige Tage vor Gründung der PARTEI im Juli 2004 starb. Mit kritischem Impetus persifliert die PARTEI Symbolik und Rhetorik der deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts und parodiert Rituale, sprachliche Gepflogenheiten und Auftreten der etablierten Parteien bzw. ihres politischen Personals. Der häufig abwertend gebrauchte Begriff der "Spaßpartei" wird dabei jedoch dem Anliegen der Partei nicht gerecht. Da sie mit ihrem Auftreten und ihrer Programmatik auch vermutete Missstände thematisiert, wird sie richtiger auch als "Satirepartei" bezeichnet.

Bereits unmittelbar nach der Gründung der PARTEI wuchs die Zahl ihrer Mitglieder rasant, wofür die große mediale Resonanz nicht zuletzt aufgrund der publizistischen Begleitung durch die "Titanic" mitverantwortlich gewesen war.

Schon im Vorfeld der Parteigründung machte die "Titanic"-Redaktion mit subversiven Politaktionen im Umfeld der Wahlkampagnen anderer Parteien von sich reden, wie etwa einem vermeintlichen FDP-Wahlstand zur Bundestagswahl 2002 unter dem Motto "Judenfrei und Spaß dabei" oder scheinbarer SPD-Plakatwerbung zur Landtagswahl 2003 in Bayern mit dem Titel "Wir geben auf: SPD". Ähnliche Aktionen werden seit der Parteigründung unter dem Label der PARTEI weitergeführt. So erzielte die PARTEI 2005 nach ihrer Zulassung zur Bundestagswahl große öffentliche Aufmerksamkeit, als sie einen Teil ihrer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen für Wahlwerbung eingeräumten Sendezeit über Ebay für kommerzielle Zwecke versteigerte. 2005 und 2009 führt sie außerdem Kanzlerkandidatinnen-Castings durch und begründet das Vorgehen damit, dass "ein Rock durch Deutschland gehen" müsse bzw. man sich von Angela Merkel vor allem äußerlich absetzen wolle ("Frau ja, aber schöner!"). Auch sprach sich Sonneborn in einem Interview für eine Fusion mit der Partei DIE LINKE aus, da diese das gemeinsame Ziel der endgültigen Teilung Deutschlands bereits vorlebe, sowie für eine Übernahme der Piratenpartei, mit der man das Ziel der Überwindung aller Inhalte gemeinsam habe. 2009 lief der Film "Die PARTEI" in den deutschen Kinos, gedreht im Stil einer Mockumentary, der fiktionalen Parodie eines Dokumentarfilms; der als "Propagandafilm-Dokumentarfilm in bewährter Guido-Knopp-Manier" beworbene Film "dokumentiert" den Aufstieg und die politische Vision des Parteivorsitzenden.

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 kam es zu einem Eklat im Bundeswahlausschuss, als die PARTEI nicht zur Bundestagswahl zugelassen wurde. Die Entscheidung wurde allerdings nicht mit Zweifeln an der im Parteiengesetz geforderten Ernsthaftigkeit der Zielsetzung der PARTEI begründet. Vielmehr ging sie auf Missverständnisse innerhalb des Bundeswahlausschusses und zwischen diesem Ausschuss und der PARTEI über die Anzahl ihrer aktiven Landesverbände zurück, die Zweifel an der vom Parteiengesetz verlangten "Festigkeit ihrer Organisation" aufkommen ließen. Das Scheitern der PARTEI mit einem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht demonstrierte das Fehlen von Möglichkeiten eines wirksamen Rechtsschutzes im Verfahren der Wahlzulassung. Daraufhin kam es 2012 zu einer Gesetzesänderung, nach der Parteien fortan bereits vor der Wahl Rechtsmittel gegen eine Nichtzulassung einlegen können und sie solange als zugelassene Parteien zu behandeln sind, bis das Bundesverfassungsgericht über ihre Klage entschieden hat.

Nachdem die Sperrklausel für Europawahlen in Deutschland 2014 durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden war, zog die PARTEI bei der Europawahl 2014 mit einem Zweitstimmanteil von insgesamt 0,6 Prozent und einem Mandat für ihren Bundesvorsitzenden Martin Sonneborn in das Europäische Parlament ein. Nach der Überwindung der Marke von 0,5 Prozent bei einer deutschlandweiten Wahl standen der PARTEI damit auch erstmalig Zuwendungen aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu (56.444 € im Jahr 2014, 503.186 € im Jahr 2021, Festsetzung staatliche Mittel 2022: Anlage 2).

Großes Aufsehen erregte die PARTEI 2014 auch mit der Aktion "Kauf kein' Scheiß (Gold) (bei der AfD), kauf GELD (bei uns)!", mit der sie die deutsche Parteienfinanzierung problematisierte, die die staatliche Teilfinanzierung der Parteien auch an der Höhe des Gesamteinnahmen der Parteien ausrichtet, was auch unternehmerischen Tätigkeiten einschließt. Mit der Kampagne wollte die PARTEI auch auf die Goldverkäufe der AfD aufmerksam machen, die mit dem "Handel von Gold und anderem Müll ihre Einnahmen vor allen Leuten künstlich in die Höhe treibt". Als Persiflage auf diese Praxis bot die PARTEI daraufhin Geldscheine zum Verkauf an und versendete beispielsweise nach einer Überweisung von 105 Euro einen 100 Euroschein an den Käufer. Die so erzielten Verkaufserlöse erhöhten die Einnahmen der PARTEI erheblich, infolgedessen und wie intendiert die staatlichen Zuwendungen an die PARTEI im Vergleich zum Vorjahr deutlich anstiegen (Bericht über die Rechenschaftsberichte 2016: 113f.). Die "Geld kaufen"-Aktion zeigte insofern politischen Erfolg, als im Folgejahr der rechtliche Rahmen der Parteienfinanzierung geändert wurde. Seitdem gilt nicht länger der Umsatz der Parteien, sondern der Gewinn als Bemessungsgrundlage für die staatliche Teilfinanzierung. Nach einer erneuten Überprüfung forderte die Bundestagsverwaltung 2016 von der PARTEI jedoch die Rückzahlung von rund 72.000 Euro, die sie im Zuge der staatlichen Parteienfinanzierung für das Jahr 2014 erhalten hatte sowie eine Strafzahlung in Höhe von 384.000 Euro für die "Geld kaufen"-Aktion. Im Mai 2020 war die PARTEI vor dem Bundesverwaltungsgericht abschließend mit einer Klage gegen den Rückzahlungsbescheid der Bundestagsverwaltung erfolgreich. Dieses befand die Geldverkäufe der PARTEI und deren Auswirkungen auf die staatliche Parteienfinanzierung nach 2014 geltendem Recht für rechtmäßig.

Nach seinem Einzug in das Europäische Parlament sorgte Sonneborn mit der Ankündigung, im Nachrückverfahren insgesamt 60 Listenkandidaten der PARTEI je einen Monat bezahlten "Urlaub" in Brüssel bzw. Straßburg zu ermöglichen, für zum Teil heftige Reaktionen bei den anderen Parteien und in der Öffentlichkeit. Mit dem Hinweis, dass man dabei über Diäten, Entschädigungen und Kostenpauschalen in Höhe von 33.000 Euro monatlich sowie die für mindestens sechs weitere Monate erhofften Übergangsgelder für ausgeschiedene Abgeordnete die EU "melken" wolle, thematisierte die PARTEI gleichzeitig die Höhe der Vergütung für Europaabgeordnete. Weil die Satzung des Europäischen Parlamentes ein solches Rotationsverfahren nicht zulässt, konnte dieses Wahlversprechen der PARTEI allerdings nicht eingehalten werden. Seit Juli 2014 berichtet der Parteivorsitzende Martin Sonneborn in einem Satireformat für SPIEGEL TV regelmäßig über die Arbeit im Europäischen Parlament. Auch bei anderen bundesweiten Wahlen ist Die PARTEI meist unter 2 Prozent der Stimmen geblieben. Bei der Bundestagswahl 2005 gaben der PARTEI weniger als 0,1 Prozent der Wähler ihre Zweitstimme. Nach der nicht erfolgten Zulassung im Jahr 2009 konnte sie ihr Wahlergebnis bei der Bundestagswahl 2013 auf 0,2 Prozent erhöhen und dann 2017 und 2021 auf knapp 1 Prozent. Ihre bisher besten Ergebnisse bei Landtagswahlen erzielte die PARTEI 2015 und 2019 in Bremen (1,9 bzw. 1,7 Prozent), 2016 und 2021 in Berlin (2,0 bzw. 1,8 Prozent) und 2019 in Sachsen (1,6 Prozent). Insgesamt weisen ihre Wahlergebnisse in allen Ländern im Vergleich zu den vorangegangenen Wahlen stets leichte Zuwächse auf (mit Ausnahme Bremens und Berlins). Bei der Europawahl 2019 folgte schließlich das bislang beste Ergebnis der Partei überhaupt. Mit fast 900.000 Stimmen erzielte sie 2,4 Prozent der Stimmen wodurch neben Martin Sonneborn auch Nico Semsrott als zweiter Abgeordneter der Partei in das Europaparlament einzog. Im Januar 2021 erklärte Semsrott seinen Parteiaustritt nachdem Sonneborn auf einen als rassistisch kritisierten Tweet in für ihn nicht angemessener Weise reagiert hatte. Kurz zuvor, im November 2020, war der für die SPD angetretene und seit 2018 parteilose Abgeordnete Marco Bülow in Die PARTEI eingetreten, wodurch sie ihr erstes Bundestagsmandat erhielt. Auf kommunaler Ebene hält die Partei dank fortgesetzt guter Wahlergebnisse inzwischen deutschlandweit über 100 Mandate.

Aktuelle Wahlergebnisse der Die PARTEI

Wahlergebnisse bei den letzten Wahlen zu Landesparlamenten, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament

Bei nicht aufgeführten Wahlen ist die Partei nicht mit einer Landesliste o.ä. angetreten.
WahlDatumProzentualer AnteilStimmenanzahl
AnteilGewinn
Verlust
StimmenGewinn
Verlust
Europäisches Parlament26.05.20192,4%1,8%899.079714.370
Sachsen01.09.20191,6%0,8%33.61822.030
Thüringen27.10.20191,1%0,5%12.5246.986
Hamburg123.02.20201,4%0,5%56.75525.045
Baden-Württemberg14.03.20211,2%0,9%59.46342.415
Rheinland-Pfalz14.03.20211,1%1,1%20.51920.519
Sachsen-Anhalt06.06.20210,7%0,2%7.7681.851
Bundestag26.09.20211,0%0,0%461.5707.221
Mecklenburg-Vorpommern26.09.20210,8%0,1%7.0231.972
Saarland27.03.20221,0%1,0%4.7164.716
Schleswig-Holstein08.05.20220,7%0,2%10.2922.073
Nordrhein-Westfalen15.05.20221,1%0,4%76.00621.016
Niedersachsen09.10.20220,9%0,4%34.16011.582
Berlin27.02.20231,4%-0,5%21.570-10.338
Bremen214.05.20231,0%-0,7%12.052-12.381
Bayern308.10.20230,5%0,0%64.1545.058
Hessen08.10.20230,8%0,2%23.6785.344
Tabellenbeschreibung

Die Tabelle zeigt die Wahlergebnisse der Partei Die PARTEI zwischen dem 26.05.2019 und dem 08.10.2023. Bei 15 von 17 Wahlantritten der Partei in diesem Zeitraum steigerte sich der prozentuale Anteil der Partei an den gültigen Stimmen im Vergleich zur vorherigen Wahl. Das höchste Ergebnis erzielte die Partei mit 2,4% bei der Wahl zum Europäischen Parlament 2019, das niedrigste mit 0,5% bei der Wahl in Bayern 2023.

Fußnote: 1 Hamburg: Landesstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 2 Bremen: Personen- und Listenstimmen (bis zu fünf Stimmen je Wähler)

Fußnote: 3 Bayern: Gesamtstimmen (bis zu zwei Stimmen je Wähler)

Quelle: Die Bundeswahlleiterin und Landeswahlleitungen.

Wählerschaft, Mitglieder- und Organisationsstruktur

Gesicherte Erkenntnisse über die Wählerschaft und Mitglieder der PARTEI liegen nur begrenzt vor. Basierend auf den Ergebnissen der Europawahl 2019 lässt sich jedoch sagen, dass die Partei besonders stark in Städten, und hierbei insbesondere in Universitäts- sowie ostdeutschen Städten, abschnitt. So erreichte sie mindestens 4,5 Prozent der Stimmen in Kiel, Darmstadt, Berlin, Potsdam, Dresden, Leipzig, Halle und Jena. In drei Städten (Leipzig, Jena, Darmstadt) sowie Ostberlin wurden sogar mehr als 5 Prozent erzielt (Bundeswahlleiter 2019: 67-72). Insgesamt 58 Prozent der Wählerschaft der Partei war dabei unter 35 Jahre alt, womit DIE PARTEI die jüngste Wählerschaft aller antretenden Parteien aufwies. Ebenfalls auffällig gestaltete sich das erhebliche Missverhältnis zwischen den Geschlechtern. Demnach machten Frauen weniger als ein Drittel der Wählerinnen der Partei aus; ein Rekordwert, der selbst den der AfD erkennbar unterbot (Bundeswahlleiter/Statistisches Bundesamt 2019: 24f.). Mit einem Gesamtanteil von 8 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen erzielte die Partei eine vergleichbare Zahl wie die beiden Volksparteien CDU und SPD in dieser Altersgruppe (Thiel 2019: 8).

Die Hürden für eine Mitgliedschaft sind niedrig, da die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer anderen Partei möglich ist und ein Jahresbeitrag von lediglich 10 Euro zwar nicht unterschritten werden sollte, aber Ausnahmen davon möglich und auch geläufig sind. Laut ihrem Rechenschaftsbericht zählte die PARTEI Ende 2020 bundesweit 48.600 Mitglieder (Rechenschaftsbericht 2021: S. 15). Unterhalb des Bundesverbandes gliedert sich die PARTEI in 16 Landesverbände. Es gibt einzelne Bezirksverbände und bundesweit ca. 685 Kreis- bzw. Ortsverbände. Zu den Bundesländern mit der größten Organisationsdichte gehören Nordrhein-Westfalen (mit rund 150 Gliederungen), Baden-Württemberg (mit rund 120), Bayern (mit rund 110) und Niedersachsen (mit rund 50). Im Oktober 2014 wurde ein Ableger der PARTEI in Österreich gegründet sowie im Dezember 2019 das luxemburgische Pendant d'PARTEI. Unregelmäßig, im Durchschnitt aber alle zwei Jahre, finden Bundesparteitage statt, auf denen der siebenköpfige Bundesvorstand gewählt wird. Seit Gründung der PARTEI ist der damalige "Titanic"-Chefredakteur Martin Sonneborn ihr Vorsitzender, im Parteijargon "GröVaZ" genannt (Größter Vorsitzender aller Zeiten). Auch einzelne andere Mitglieder des siebenköpfigen Vorstands der PARTEI sind ehemalige oder gegenwärtige Mitarbeiter und Redakteure der Zeitschrift. So ist die Anschrift des Bundesverbandes nach wie vor mit dem Sitz des Titanic-Verlags identisch.

2005 gründete sich als Unterorganisation der PARTEI eine Jugendorganisation, die nach dem PARTEI-Generalsekretär Thomas Hintner in provokativer Anlehnung an das Pendant der Nationalsozialisten "Hintner-Jugend" genannt wird und organisatorisch in Nordbund, Ostbund, Südbund und Westbund unterteilt ist. Laut eigenen Angaben der PARTEI existieren zudem an mittlerweile knapp 50 Universitäten eigene Hochschulgruppen, die teilweise in Studierendenparlamenten und -ausschüssen vertreten sind und dort vereinzelt auch Führungspositionen besetzen. Die Gruppen treten dabei unter verschiedenen Namen auf, die oftmals unter dem Akronym Die LISTE (Liste für Individualethik, Studium, Tierliebe und Eschatologie o.ä.) firmieren.

Mit dem 2013 von Parteifunktionären gegründeten Verband RELIGION (der jedoch seit 2017 weitgehend inaktiv ist), dessen Name ebenfalls ein Akronym ist und für "Religion für Ewiges Leben, Innerfamiliären Geschlechtsverkehr, irgendwas mit göttlicher Offenbarung und Nächstenliebe" steht, sollen kirchliche Institutionen, vor allem aber die katholische Kirche, parodiert werden. Das Amt ihres "Oberhauptes", des "außerparlamentarischen Gegenpapstes", wird alle vier Jahre neu besetzt. Lose mit der RELIGION verbunden ist eine sporadisch von unterschiedlichen Verbandseinheiten der PARTEI herausgegebene Zeitschrift, die in Anlehnung an eine Publikation der Zeugen Jehovas "Der Wachturm" heißt und, wie der Name bereits andeutet, religiöse Themen und den für die PARTEI zentralen Themenkomplex Mauerbau und deutsche Teilung verarbeitet.

Während andere Parteien über eigene Presseorgane verfügen, mit deren Hilfe sie ihre politischen Inhalte und Ziele vor allem gegenüber den eigenen Mitgliedern kommunizieren, fungierte - zumindest anfangs - umgekehrt die PARTEI selbst als Organ der Zeitschrift "Titanic", indem sie wiederkehrende zentrale Themen der Zeitschrift öffentlichkeitswirksam inszenierte. Mittlerweile ist daraus eine Wechselbeziehung geworden, insofern als die Partei ein dynamisches Eigenleben entwickelt hat, das ihrerseits von der Titanic redaktionell begleitet und dokumentiert wird. Auch sind Teile des PARTEI-Vorstandes regelmäßig als Autoren der "Titanic" tätig.

Programmatik

Das seit 2004 gültige Grundsatzprogramm der PARTEI ist geprägt vom Bekenntnis zu den Prinzipien "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit". Diese werden sozialliberal und vor allem in explizit kritischer Abgrenzung etwa zur bundesdeutschen Sozial-, Wirtschafts- oder Umweltpolitik formuliert. Das nur wenige Seiten umfassende Programm verbleibt in vielen Punkten bei oberflächlichen Formulierungen, wartet aber in wenigen Punkten auch mit großer Detailliertheit auf.

In ihrem Programm lehnt die PARTEI die Agenda 2010 als "Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosen" ab, während Arbeitslosigkeit nur wirksam abgebaut werden könne, indem Arbeit bei vollem Lohnausgleich besser verteilt wird, das heißt, indem Arbeitszeit verkürzt, das Renteneintrittsalter herabgesetzt und befristete prekäre Beschäftigung abgebaut würde. Die PARTEI plädiert darüber hinaus für eine Reform des Gesundheitswesens und für mehr Transparenz bei den Gesundheitskosten ebenso wie für bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung bei gleichzeitiger Vermeidung unnötiger Behandlungen und Beitragszahlungen entsprechend der jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit. Unter der Überschrift "Stopp dem Raubbau an unserem Planeten" bekennt sie sich zudem zu den Prinzipien eines umfassenden Umwelt-, Natur- und Tierschutzes, der Nahrungsmittelsicherheit und der Nachhaltigkeit.

Plakativen Forderungen und allgemein gehaltenen Formulierungen steht dagegen die sehr ausführliche Diskussion direktdemokratischer Elemente im historischen und verfassungsrechtlichen Kontext in Deutschland gegenüber und die daraus abgeleitete sehr konkrete Befürwortung und detaillierte Beschreibung eines dreistufigen Verfahrens aus Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid. Auch wird im Dialogstil und mit großer interpretatorischer Sorgfalt der Text des Grundgesetzes auf seine Bestimmungen zur Verfassungsgebung und -ratifikation hin befragt, um daraufhin die demokratische Legitimation des Grundgesetzes in Zweifel zu ziehen und seine nachträgliche plebiszitäre Bestätigung zu fordern.

Offensichtlich wird der satirische Charakter der PARTEI erst im sehr kurzen letzten Abschnitt des Parteiprogrammes deutlich, wo die Einrichtung einer "Sonderbewirtschaftungszone" (SBZ) in den neuen Bundesländern gefordert wird und mit der Wiederherstellung der Teilung Deutschlands einschließlich der Errichtung einer innerdeutschen Mauer verknüpft wird (Programm Bundesverband 2004).

Allgemein konzentriert sich die PARTEI weniger auf den Entwurf schriftlicher Programme als auf politische und wahlkampfbegleitende Aktionsformen, wobei der satirische Charakter der Partei in ihren Wahlprogrammen noch stärker hervortritt als im Bundesprogramm. So forderte das Programm zur Europawahl 2019 bspw. eine deutsche Atombombe oder das "Gesundschrumpfen" des BIP auf 50 Prozent (Programm EU-Wahl 2019). Ähnlich gelagert finden sich im Programm für die Bundestagswahl 2017 die Einführung einer "Bierpreisbremse" oder des schuldbefreienden Rechtfertigungsgrunds "Es war Putin" für sämtliche Zivil- und Strafrechtsverfahren (Programm Bundestagswahl 2017). Neben derartigen sozialkommentatorischen Anspielungen finden sich trotzdem auch ernsthafte politische Forderungen (wie das Verbot der Finanzierung von Militärprojekten durch die EU) oder bewusst überspitzte Maßnahmen, die aber reale politische Probleme aufgreifen (so z.B. die Einführung eines "Existenzmaximums" von 1 Mio. Euro (für die Bundestagswahl 2021 auf 10 Mio. Euro erhöht)) oder eines Wahlsystems mit Negativstimmen, Programm EU-Wahl 2019). Zudem bot die Partei für die Europawahl 2019, in Anlehnung an den Wahl-O-Mat, einen individuellen Wahlprogrammgenerator an, in dem sich potentielle Wählerinnen und Wähler ihr eigenes Die PARTEI-Programm zusammenstellen konnten.

Dr. Tim Niendorf ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Vergleichende Regierungslehre an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Parteienforschung, das Politische System Großbritanniens und die Ursprünge und Formen ethnischer Gewalt.

Lisa Peyer war Doktorandin am Lehrstuhl Politisches System der Bundesrepublik Deutschland an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Derzeit ist sie Referentin in der Landeszentrale für politische Bildung Bremen.

Nils Fröhlich war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Politisches System der Bundesrepublik Deutschland an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.