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Analyse: Russische Wirtschaftsförderung für die Krim | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Russische Wirtschaftsförderung für die Krim Eine Zwischenbilanz

Julia Kusznir Bremen Von Julia Kusznir

/ 9 Minuten zu lesen

Nach der Annexion der Krim im März 2014 hat Russland große Investitionen in die Infrastruktur und eine wirtschaftliche Förderung der Region angekündigt. Bisher sind Erfolge dieser Maßnahmen jedoch nicht erkennbar. Die Probleme spitzen sich vielmehr dramatisch zu. Der Beitrag nimmt eine Bestandsaufnahme vor.

Trotz eigener Stromproduktion wie in diesem Thermalkraftwerk in Simferopol ist die Krim-Halbinsel weiterhin zu einem beträchtlichen Teil abhängig von Importen aus der Ukraine. (© picture-alliance/dpa)

Einleitung

Nach der Annexion der Republik Krim und der Stadt Sewastopol im März 2014 hat Russland ein umfangreiches wirtschaftliches Förderprogramm für die Halbinsel ins Leben gerufen, das die beiden neuen Föderationssubjekte (d. h. Regionen) der Russischen Föderation in den kommenden Jahren zu einer der wirtschaftlich dynamischsten Regionen Russlands entwickeln sollte.

Für die Ausarbeitung der Maßnahmen und die Kontrolle ihrer Umsetzung wurde eigens ein Ministerium für Angelegenheiten der Krim geschaffen. Bis zum Jahr 2020 sollen aus dem russischen Staatshaushalt mehr als 20 Milliarden US-Dollar als Wirtschaftshilfe auf die Halbinsel fließen. Der wesentliche Teil der Investitionen in die Infrastrukturprojekte soll aber von russischen Unternehmen getragen werden. Um das Investitionsklima auf der Krim zu verbessern, sind u. a. Vorzugskredite und Steuervergünstigungen für russische Unternehmen vorgesehen.

Umsetzungsprobleme

Eines der Hauptziele der russischen Projekte auf der Krim war es, die Halbinsel in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung sowie Transport von der Ukraine unabhängig zu machen. Anderthalb Jahre nach der Annexion der Krim konstatieren russische Regierungsvertreter, dass die Wirtschaftslage der Krim weiterhin schwierig ist und der Zustand der Infrastruktur schlecht. Die Gründe dafür seien die Transportblockade durch die Ukraine, die Blockade der Wasserversorgung sowie die Energieabhängigkeit der Halbinsel vom ukrainischen Festland.

Aufgrund zurückgehender Staatseinnahmen in Folge des Einbruchs des Weltmarktpreises für Erdöl hat die russische Regierung außerdem Probleme, die für die Krim vorgesehenen Finanzmittel aufzutreiben. Zur Effizienzsteigerung wurde das Ministerium für Angelegenheiten der Krim bereits im Juli 2015 wieder aufgelöst, seine Aufgaben wurden an das Wirtschaftsministerium übergeben. Dieses hat Ende Oktober mitgeteilt, dass die staatliche Finanzierung einiger für dieses Jahr geplanter Projekte in das nächste Jahr verschoben wird, sprich: Für die Krim-Projekte fehlt derzeit das Geld.

Gleichzeitig beklagt die russische Behörde Misswirtschaft und Inkompetenz bei der regionalen Verwaltung der Krim. Dies führt immer wieder zu Skandalen wegen Unterschlagungen und Korruption. Seit der Annexion durch Russland wurden ca. 700 Korruptionsfälle auf der Krim registriert, von denen 60 mit dem Missbrauch von Geldern aus dem russischen Staatshaushalt verbunden war. Um Korruption zu bekämpfen und die Effizienz der regionalen Verwaltung zu erhöhen, beschloss die russische Regierung, die staatlichen Behörden auf der Krim durch Beamte aus der russischen Staatsverwaltung zu verstärken. Es wird darüber spekuliert, ob das russische Innenministerium und das Verteidigungsministerium diese Aufgabe übernehmen. Diese zwei Ministerien werden von den so genannten "Silowiki", Vertretern der staatlichen Sicherheitsstrukturen, kontrolliert.

Wasserversorgung

Die Halbinsel Krim erhielt bis zu 85 % ihrer Wasserversorgung, insgesamt mehr als eine Milliarde Kubikmeter, über den Nord-Krim-Kanal aus dem ukrainischen Teil des Flusses Dnjepr. Im Mai 2014 hat die Ukraine die Wasserlieferungen auf die Krim eingestellt, mit der Begründung, dass keine neuen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den ukrainischen Behörden und der Regierung der Krim erreicht werden konnten.

Die Wasserknappheit war vor allem für die Landwirtschaft auf der Krim spürbar. Aus diesem Grund wurde z. B. der Anbau von Reis eingestellt und der von Mais und Soja wesentlich reduziert. Große Probleme gab es auch bei der Trinkwasserversorgung der großen Industriestädte der Halbinsel etwa Kertsch und Feodosia. Nach offiziellen Angaben wurde der Wasserverbrauch der Krim in den vergangenen zwei Jahren auf ein Fünftel reduziert.

Um die Wasserversorgung für die Bewohner der Krim zu gewährleisten, wurden artesianische Brunnenwasserquellen und Stauseen aktiviert und zusätzliche Wasserleitungen gebaut. Die Behörden gehen davon aus, dass die vorhandenen Wasservorräte bis zum Frühjahr 2016 ausreichen. Längerfristig gibt es hingegen bisher keine Alternativen zur Wasserversorgung aus der Ukraine und damit auch keine klare Lösung für die Wasserversorgung der Krim.

Energieversorgung

Genau wie beim Wasser kamen auch beim Strom mehr als 80 % des Verbrauchs der Halbinsel Krim aus der Ukraine, das entspricht über sechs Milliarden Kilowattstunden. Der restliche Bedarf wird aus Eigenproduktion gedeckt.

Um die Energieunabhängigkeit der Krim zu gewährleisten, hat Russland eine Reihe von Infrastrukturprojekten geplant. Sie umfassen unter anderem den Bau von zwei Wärmekraftwerken mit einer Gesamtkapazität von 700 Megawatt in Simferopol und Sewastopol. Die Kraftwerke sollen mit russischem Gas beliefert werden. Dafür wird die Gaspipeline Kuban–Krim gebaut, die mit einer Jahreskapazität von vier Milliarden Kubikmetern von der russischen Region Krasnodar durch die Straße von Kertsch laufen wird und bis März 2017 fertiggestellt werden soll.

Darüber hinaus sehen die russischen Infrastrukturprogramme für die Halbinsel die Modernisierung des Stromnetzes vor. Zusätzlich ist eine Verbindung mit dem russischen Stromnetz über die Verlegung eines Stromkabels durch die Straße von Kertsch geplant. Auch der Bau von Anlagen für Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen ist vorgesehen.

Nach Einschätzung der russischen Behörden wird es noch fünf bis sechs Jahre dauern, bis die Krim von Stromlieferungen aus der Ukraine unabhängig ist. Die westlichen Sanktionen verhindern aber die Auslieferung der für die Kraftwerke notwendigen Turbinen. Die in Russland hergestellten Turbinen sind qualitativ deutlich schlechter und stellen keine gute Lösung dar. Darüber hinaus führen steigende Kosten und schrumpfende Finanzierungsmöglichkeiten zur Verschiebung einiger Projekte.

Deshalb hat sich Russland mit der Ukraine auf die Fortsetzung der Stromversorgung der Krim geeinigt. Seit Juli 2014 bezieht die Krim ukrainischen Strom nicht mehr zum subventionierten Inlandspreis, sondern bezahlt den vollen Exportpreis. Seit September 2014 hat die Ukraine ihre Stromlieferungen auf die Krim aber kontinuierlich reduziert. Ursache hierfür ist nach Angaben des ukrainischen Netzwerkbetreibers das Fehlen von Kohle für die Wärmekraftwerke des Landes aufgrund der Zerstörung von Verkehrswegen und Bergwerken durch die pro-russischen Separatisten in der Ostukraine (s. Interner Link: Ukraine-Analysen Nr. 157).

Die Stromversorgung der Krim ist in der Ukraine politisch zunehmend umstritten. Im Rahmen einer Blockade von Warenlieferungen über Zufahrtsstraßen zur Krim fordern sowohl Vertreter der Krimtataren als auch nationalistische politische Organisationen wie der Rechte Sektor eine Energieblockade der Halbinsel. Zusätzlich haben – entsprechend einer neu geschaffenen Möglichkeit – 25.000 Personen eine elektronische Petition zur Einstellung der Stromversorgung der Krim unterzeichnet. Die Petition hat keinen verbindlichen Charakter, verpflichtet den Präsidenten aber zu einer Stellungnahme. Die ukrainische Präsidialverwaltung hat erst einmal erklärt, dass sie Verständnis für die Proteste hat, die Blockade aber vom ukrainischen Staat nicht unterstützt wird.

Verkehrsanbindung und Tourismus

Infolge der Annexion hat sich der Reise- und Güterverkehr auf die Krim wesentlich verändert. Ende 2014 hat die staatliche ukrainische Eisenbahn den Zugverkehr auf die Halbinsel aus Sicherheitsgründen dauerhaft eingestellt. Eine funktionierende Schienenanbindung an das russische Festland fehlt weiterhin.

Im Ergebnis hat der Luftverkehr auf die Krim deutlich zugenommen, seit 2013 hat er sich verdreifacht. Da die Annexion der Krim international nicht anerkannt wurde und der Luftraum über der Krim damit formal zur Ukraine gehört, können nur russische Fluggesellschaften die Krim anfliegen. Die Ukraine hat jedoch gegen die russischen Fluggesellschaften, die die Krim anfliegen, jeweils Strafen wegen der Verletzung ihres Luftraums verhängt. Ende 2014 beliefen sich die Strafen auf mehr als 18 Millionen US-Dollar. Im September 2015 reagierte die Ukraine mit einem (teilweisen oder vollständigen) Verbot von Transitflügen russischer Fluggesellschaften über ukrainisches Territorium. Das Verbot ist am 25. Oktober 2015 in Kraft getreten. Die Situation des Flugverkehrs auf die Krim wird damit noch komplizierter.

Die Fährverbindung über die Straße von Ketsch ist weiterhin die einzige größere Verkehrsverbindung zum russischen Festland. Die Passagierzahl der Fährverbindung belief sich 2014 auf mehr als 2,3 Millionen Menschen. Russland hofft aber, dass mit dem Bau der Auto- und Eisenbahnbrücke über die Meerenge von Kertsch die Probleme der direkten Verkehrsanbindung der Krim endgültig gelöst werden. Der Bau dieser Brücke ist bereits 2004 als gemeinsames russisch-ukrainisches Projekt geplant worden. Nach der Annexion der Krim begann Russland die technischen Arbeiten am Projekt, ohne die ukrainischen Partner einzubeziehen. Die ukrainische Regierung hat in Reaktion darauf ihren Ausstieg aus dem Projekt beschlossen.

Mit dem Bau der Brücke hat die russische Regierung das Unternehmen Strojgazmontazh beauftragt, das zum SGM-Konzern des Milliardärs und engen Freundes von Präsident Putin Arkadi Rotenberg gehört. Die Arbeiten zum Bau der Brücke wurden im Oktober 2015 aufgenommen und sollen Ende 2018 abgeschlossen werden. Mit geschätzten vier Milliarden US-Dollar Baukosten wird die Brücke von Experten als teuerste russische Baumaßnahme des 21. Jahrhunderts bezeichnet.

Die Annexion war auch ein schwerer Schlag für die Tourismusbranche auf der Krim. Während die Infrastrukturprobleme die Einreise von russischen Touristen auf die Krim wesentlich erschwert haben, sind die ukrainischen Touristen gleichzeitig weitgehend ausgeblieben. Die Zahl der ukrainischen Touristen auf der Krim sank von 4,5 Millionen im Sommer 2013 auf weniger als 0,2 Millionen 2015. Der Rückgang hat nicht nur politische Gründe, sondern hängt auch mit den durch die Angliederung an Russland gestiegenen Lebenshaltungskosten auf der Krim zusammen, die derzeit im Durchschnitt 60 bis 70 Prozent höher sind als in der Ukraine.

Im Juni 2015 hat die ukrainische Regierung neue Ein- und Ausreiseregeln für die Krim eingeführt. Während ukrainische Bürger die Krim mit einem Reisepass besuchen können, müssen Ausländer eine gesonderte Genehmigung der ukrainischen Migrationsbehörde einholen. Sie wird allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen wie z. B. für den Besuch von auf der Krim lebenden Verwandten erteilt. Reisen auf die Krim für touristische Zwecke werden Ausländern von Seiten der Ukraine nicht genehmigt.

Verstaatlichung von Unternehmen auf der Krim

Um die regionale Stabilität und Energiesicherheit zu gewährleisten, hat der Staatsrat der Republik Krim am 26. März 2014 eine Resolution "Über die Verstaatlichung von Unternehmen, Institutionen und Organisationen des Agrar- und Industrie-Komplexes in der Republik Krim" verabschiedet und auf deren Grundlage vom Frühjahr 2014 bis zum Frühjahr 2015 fast 500 Großunternehmen und Organisationen, die sich im Besitz des ukrainischen Staates oder ukrainischer Privateigentümer befanden, beschlagnahmt. So wurden zum Beispiel im März 2014 die regionalen Energieunternehmen Chernomorneftegaz und Ukrtransgaz verstaatlicht. Beide waren Tochterfirmen des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz.

Im September 2014 genehmigte der Staatsrat der Krim außerdem die Verstaatlichung des gesamten Vermögens einiger ukrainischer Großunternehmer auf dem Territorium der Krim. So wurden etwa die Aktiva des ehemaligen Gouverneurs der Region Dnipropetrowsk, des Oligarchen Ihor Kolomojskyj, beschlagnahmt. Kolomojskyj selbst schätzte seine Vermögensverluste auf zwei Milliarden US-Dollar.

Als nächstes wurde das Vermögen des Energiekonzerns Krymgaz, das dem ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch gehörte, vom russischen Staat übernommen. Das Unternehmen betreibt unter anderem eine 9.500 Kilometer lange Gaspipeline, durch die sie die meistbesiedelten Städte und Bezirke auf der Krim beliefert.

Im Januar 2015 folgte die Verstaatlichung des Energieunternehmens DTEK Krymenergo, das dem ukrainischen Oligarchen Rinat Achmetow gehörte. Das Unternehmen verfügte über ein Monopol bei der Stromversorgung der Krim. Einen Monat später, im Februar 2015, beschlagnahmten die staatlichen Behörden eine weitere Firma von Achmetow – Ukrtelecom, einen der führenden Festnetz- und Mobilfunkbetreiber auf der Halbinsel.

Im selben Monat wurde auch eine der größten Schiffswerften der Krim, OAO Sevmorzavod, verstaatlicht, die sich im Besitz des ukrainischen Präsidenten Poroschenko befand.

Als nächstes planen die Behörden der Krim eine Reihe von Privatisierungsauktionen, um die verstaatlichten Unternehmen zur Sanierung des regionalen Staatshaushaltes zu verkaufen. In Reaktion hierauf hat die ukrainische Regierung angekündigt, Russland für jeden einzelnen Fall von Eigentumsverlust auf der Krim vor internationalen Gerichten zu verklagen. Die Höhe der entsprechenden Schadensersatzforderungen wird von ukrainischer Seite derzeit auf 45 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Fazit

Nach der Annexion der Krim hat die russische Regierung intensiv versucht, die Probleme der Wasser- und Energieabhängigkeit von der Ukraine sowie die Probleme der Verkehrsanbindung zu lösen. Da dies kurzfristig aber nicht möglich ist, leidet die Krim unter der teilweisen Blockade durch die Ukraine sowie unter den westlichen Sanktionen, die sowohl den internationalen Schiffs- und Flugverkehr als auch die Geschäftsbeziehungen von Unternehmen auf der Krim drastisch einschränken.

Da die Ukraine selber von russischen Erdgaslieferungen abhängig ist, hat sie mit der Energieversorgung der Krim ein Faustpfand für die Verhandlungen mit Russland. Damit wird weiterhin eine gewisse gegenseitige Abhängigkeit zwischen Russland und der Ukraine bestehen. Dies kann von beiden Seiten auch als politisches Instrument im bestehenden Konflikt genutzt werden.

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland scheint derzeit nicht lösbar und damit ist auch eine Aufhebung der westlichen Sanktionen nicht absehbar. Die Probleme des völkerrechtlichen Status der Krim, die westlichen Sanktionen und die russische Wirtschaftskrise werden die notwendigen Investitionen in die regionalen Infrastrukturprojekte stark erschweren, so dass sich die Wirtschaftslage auf der Krim verschlechtern dürfte. Deshalb ist mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen, womit auch das Potential für soziale Proteste steigt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die ambitionierten Pläne Russlands unter den gegebenen Umständen nicht realisiert werden können, so dass die Krim auch zukünftig eine große finanzielle Belastung für Russland sein wird.

Lesetipps

Fussnoten

Dr. Julia Kusznir war Postdoctoral Fellow an der Jacobs University in Bremen. Schwerpunkte ihrer Forschung sind Föderalismus und Regionalisierungsprozesse in Russland, Stabilisierung und Konsolidierung autoritärer Regime, die Interaktionen der Akteure in Wirtschaft und Politik sowie Formen und Auswirkungen informeller Institutionen und Praktiken auf die politischen Prozesse in GUS-Staaten.