Die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union wurde erst relativ spät zum Gegenstand gemeinsamer Politik. Während die Wirtschaftspolitik stets im Mittelpunkt der Interner Link: europäischen Integration stand, befürchteten viele Staaten den Verlust ihrer außenpolitischen Souveränität. Das verhinderte eine schnellere Vertiefung auf diesem Gebiet. Noch heute ist das Politikfeld im Wesentlichen von einzelstaatlichen Interessen und zwischenstaatlichen Absprachen geprägt.
Von der EPZ zur GASP
In den 1970er Jahren wurde die Interner Link: Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) eingerichtet, die einen gegenseitigen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichte. In den 1990er Jahren verändert sich in Europa die Lage durch den endgültigen Zusammenbruch der Interner Link: Sowjetunion, die Gründung neuer Staaten in Osteuropa und die Rückerlangung der Unabhängigkeit der Länder Mittel- und Osteuropas. Die Mitgliedstaaten der EU schlossen sich enger zusammen und fassten den Entschluss, gemeinsame Standpunkte zu entwickeln und nach außen zu vertreten. Mit dem Interner Link: Vertrag von Maastricht 1993 wurde die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) begründet. Sie wird auch als zweite Säule der neu geschaffenen Europäischen Union bezeichnet. Im Unterschied zur ersten Säule, der wirtschaftsorientierten Europäischen Gemeinschaft, bestimmten hier vor allem die Mitgliedstaaten die Politik der EU. Die Gemeinschaftsorgane Interner Link: Kommission, Interner Link: Parlament und Interner Link: Gerichtshof hatten weniger Mitsprachemöglichkeiten.
Institutionalisierung und Koordination
Mit der Einführung der GASP wollte die Europäische Union zeigen, dass sie entschlossen war, global stärker als Gemeinschaft aufzutreten und international als Einheit wahrgenommen zu werden. Die Mitgliedstaaten bauten zu Beginn vor allem die gegenseitigen Beziehungen aus und nutzten die EU als Plattform, um sich regelmäßig abzustimmen und ihre Außenpolitik zu koordinieren. Zu diesem Zweck trafen sich die Außenminister regelmäßig im Interner Link: Ministerrat.
Allerdings stellten die Mitgliedstaaten bald fest, dass eine Abstimmung, die auf Interner Link: Einstimmigkeit beruhte und damit alle Mitglieder einbezog, nicht immer einfach war. Zudem wuchs die Europäische Union allmählich, und die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten nahm konkrete Formen an. Mit dem Interner Link: Vertrag von Amsterdam (1997, in Kraft getreten 1999) wurde daher das Amt des Interner Link: Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik geschaffen. Der Hohe Vertreter leitete die Sitzungen des Außenministerrats und schuf eine personelle Kontinuität. Seine Aufgabe ist es, die Interessen und Wünsche der Mitgliedstaaten abzustimmen, Optionen für gemeinsame Entscheidungen zu prüfen und Differenzen zu lösen.
Mit diesem Amt hat die EU einen internationalen Ansprechpartner geschaffen. Ziel ist eine bessere Sichtbarkeit europäischer Außenpolitik, indem sich die EU mit Erklärungen, gemeinsamen Stimmabgaben bei internationalen Organisationen oder Verhandlungen, gemeinsamen Strategien und Standpunkten zu einem wichtigen Akteur auf der internationalen Bühne entwickelt. Die EU nimmt Stellung zu weltpolitischen Ereignissen und beschließt einschneidende Maßnahmen, wie beispielsweise Sanktionen gegenüber bestimmten Ländern.
Stärkung der Gemeinschaftsebene durch den Vertrag von Lissabon
Der Interner Link: Vertrag von Lissabon 2009 brachte noch einmal grundlegende Reformen. Der nun umbenannte Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik ist auch Vizepräsident der Kommission (Art. 18 EUV). Diese Doppelfunktion - auch als „Doppelhut“ bezeichnet - macht deutlich, dass die Außenpolitik näher an die Gemeinschaftsinstitutionen herangeführt und in die Kommission integriert wird. Unterstützt wird er vom Interner Link: Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), der sich aus Beamten der Kommission, des Rates und der diplomatischen Dienste aller Mitgliedstaaten zusammensetzt. Sie arbeiten in der Zentrale in Brüssel gegenüber den Gebäuden von Rat und Kommission oder in den über 140 Delegationen der Union, die die Interessen der EU weltweit vertreten.
Die Europäische Union hat gemeinsame Werte als Basis für ihre Außenpolitik festgelegt, wie „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts“ (Art. 21, 1 EUV).
Militärische Integration: Von der ESVP zur GSVP
Die Interner Link: langwierige und blutige Auflösung Jugoslawiens in den 1990er Jahren machte den Europäern ihre Hilflosigkeit deutlich. Selbst in der unmittelbaren Nachbarschaft gelang es nicht, im Ernstfall auf militärische Bedrohungen angemessen zu reagieren, Frieden zu erzwingen und langfristig zu erhalten. Bei einen Treffen 1999, dem Europäischen Rat von Köln, beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU daher die Einführung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Sie wurde in den Interner Link: Vertrag von Nizza aufgenommen und trat 2003 in Kraft. Dies war der Beginn der militärischen Integration. Auf europäischer Ebene konnten nun Maßnahmen getroffen werden zur Krisenbewältigung und Friedensschaffung (peace enforcement), Konfliktverhütung und Friedenerhaltung (peace keeping), Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten sowie Rettungseinsätze und die Wahrnehmung humanitärer Aufgaben. Seitdem hat die Europäische Union über 40 militärische Operationen und zivile Missionen weltweit begonnen. Regionale Schwerpunkte der Einsätze waren Südosteuropa sowie Afrika. Dabei handelt es sich um militärische Einsätze ebenso wie polizeiliche Unterstützung oder Grenzbeobachtungen.
LinklisteLinks zur Europäischen Union in internationalen Beziehungen
Externer Link: Europäischer Auswärtiger Dienst (EAD) – EU-Außenpolitik und Diplomatie Externer Link: EU-Nachbarschaftspolitik – Beziehungen zu Nachbarstaaten und Erweiterungspolitik Externer Link: EU-Handelspolitik – Handelsabkommen und Wirtschaftsbeziehungen der EU
Ambitionen und neue Instrumente
Mit dem Interner Link: Vertrag von Lissabon wurde die ESVP in Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) umbenannt. Weiterhin gilt in diesem sensiblen Politikfeld das Einstimmigkeitsprinzip bei Abstimmungen der Mitgliedstaaten. Neu eingeführt wurde eine Beistandsklausel für den Fall eines bewaffneten Angriffs (Art. 42, Abs. 7 EUV) sowie bei Terroranschlägen oder Naturkatastrophen (Art. 222 AEUV). Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern (Art. 42, Abs. 3 EUV). Im Rahmen der Interner Link: Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (engl. PESCO) arbeiten die Mitgliedstaaten im Rüstungsbereich sowie bei der Harmonisierung der militärischen Strukturen enger zusammen. Es geht darum, die bisher stark national ausgerichteten Militärstrukturen durch gemeinsame Planungs- und Führungsstrukturen, einheitliche Standards bei Ausrüstung, Ausbildung und Verfahren sowie eine bessere Koordination bei Einsätzen und Beschaffung kompatibler und effizienter zu machen. Die Gründung einer Interner Link: Europäischen Armee wird dabei immer wieder in die Diskussion eingebracht, steht jedoch derzeit nicht konkret auf der Tagesordnung.