Ein sichtbares Zeichen für den Anbruch einer neuen Ära ist der
Mehr Europa: Die Europäische Union
Diese und viele weitere Fragen stellten die europäischen Staats- und Regierungschefs vor große Herausforderungen. Die Antwort lautete: Mehr Europa wagen. Es begann sich die Einsicht durchzusetzen, dass nur ein starkes Europa die vielfältigen Bedrohungen auffangen kann. In der größten Umbruchzeit, von Dezember 1989 bis Dezember 1991, verhandelten die Mitgliedstaaten über einen neuen, zukunftsweisenden Vertrag. Dieser konnte schließlich am 7. Februar 1992 in den Niederlanden unterzeichnet werden und wurde fortan nach dem Ort der Unterzeichnung als Vertrag von Maastricht bezeichnet, auch wenn er offiziell Vertrag über die Europäische Union heißt.
Erst mit diesem Vertrag wurde die bisherige Europäische Gemeinschaft in Europäische Union umbenannt, ein Wunsch, der schon nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geäußert worden ist. Er nimmt direkt auf den alten und noch immer gültigen EWG-Vertrag, später EG-Vertrag Bezug, indem in Artikel A programmatisch formuliert wird: „Dieser Vertrag stellte eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas dar“. Als wichtigste Aufgabe der Union wird festgeschrieben, „die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen ihren Völkern kohärent und solidarisch zu gestalten“.
Bekannt geworden ist die grafische Darstellung der Union in Form eines griechischen Tempels mit drei Säulen. In der ersten Säule befinden sich die bisherigen Europäischen Gemeinschaften, also vor allem der Wirtschaftsbereich. Das Entscheidungsverfahren in dieser Säule wird als
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte war es den Mitgliedstaaten nun möglich, gemeinsam unter dem Dach der Europäischen Union außenpolitisch in Erscheinung zu treten. Intern gab es zwei weitere Neuerungen. Zum einen wurden Mehrheitsentscheidungen unter den im Rat vertretenen Mitgliedstaaten ausgeweitet. Das bedeutete, dass Mitgliedstaaten fortan auch Beschlüsse mittragen mussten, wenn sie dagegen gestimmt hatten, aber eine Mehrheit anderer Meinung war. Zum anderen erhielt das
Amsterdam und Nizza: Gemeinschaftliches Handeln in der Außenpolitik
Auch nachdem der Vertrag von Maastricht in Kraft getreten ist, befand sich die Europäische Union weiterhin in einem dynamischen Reformprozess. Mit dem
Der gescheiterte Verfassungsvertrag
Noch ehe der Vertrag von Nizza in Kraft getreten ist, beschlossen die Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfeltreffen in Laeken in der Nähe von Brüssel im Dezember 2001, eine neue Reformära einzuleiten. Die bisherigen Verträge wurden in sogenannten Regierungskonferenzen verhandelt. Meist hinter verschlossenen Türen verhandelten die Vertreter der Mitgliedstaaten über die notwendigen Änderungen und Reformen. Dieses Verfahren der Geheimverhandlungen stieß zunehmend auf Kritik und produzierte auch immer geringere Ergebnisse. Daher beschlossen die Mitgliedstaaten, den nächsten Reformschritt unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit zu wagen.
Verfassungskonvent
Der „Konvent zur Zukunft der Europäischen Union“ tagte von Februar 2002 bis Juli 2003 in Brüssel unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Staatspräsidenten Valérie Giscard d’Estaing. Er hatte 105 Mitglieder, die im Monatsrhythmus öffentlich tagten. Es nahmen Vertreter der 15 Mitgliedstaaten teil, 30 Vertreter der nationalen Parlamente, wobei aus Deutschland je eine Person vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat entsandt wurden, ferner 16 Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus fast allen Fraktionen. Darüber hinaus wurden auch die 13 beitrittswilligen Staaten Osteuropas eingeladen sowie zwei Vertreter der Kommission. Insgesamt repräsentierte der Verfassungskonvent die Vielfalt Europas und spiegelte die staatliche, ethnische, politische und geographische Diversität des Kontinents. Auch die Arbeit des Konvents selbst unterschied sich deutlich von den Regierungskonferenzen. Erstmals wurden die Möglichkeiten des noch recht jungen Internets genutzt und alle Dokumente eingestellt, so dass die interessierte Öffentlichkeit sich ein Bild von der Arbeit des Konvents machen konnte.
Bürger in Frankreich und den Niederlanden stoppen den Verfassungsvertrag
Als Ergebnis legte der Konvent ein beeindruckendes Werk vor, den sogenannten
Vertrag von Lissabon: Reformen im zweiten Versuch
Dann hat Deutschland die Initiative ergriffen. Während der deutschen Ratspräsidentschaft unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs im Mai 2007 die Berliner Erklärung, in der sie sich verpflichten, den Reformprozess fortzusetzen. Nun wurde unter den Mitgliedstaaten weiterverhandelt. Schließlich gelang es, auf der Textgrundlage des Verfassungsvertrags
Der Vertrag von Lissabon sah Reformen in zahlreichen Bereichen vor: Neu geschaffen wurde das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates. Dieser leitet die Sitzungen des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs und vertritt die EU nach außen. Darüber hinaus gibt es einen „EU-Außenminister“, dessen offizielle Bezeichnung „Hoher Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik“ lautet. Er ist sowohl Mitglied der Kommission als auch Vorsitzender des Rates für Auswärtige Angelegenheiten („Doppelhut“) und leitet den ebenfalls neu eingerichteten Europäischen Auswärtigen Dienst. Für das Europäische Parlament gab es eine erneute Aufwertung. Durch die Einführung eines allgemeinen Gesetzgebungsverfahrens kann es nun gleichberechtigt mit den im Rat vertretenen Mitgliedstaaten über Gesetze entscheiden. Erstmals wurde nun auch in einem Kompetenzkatalog formuliert, in welchen Politikbereichen die EU tätig werden kann. Und schließlich wurde eine europaweite Bürgerinitiative eingeführt, wodurch es den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern möglich wird, Gesetzesinitiativen auf europäischer Ebene anzustoßen.
Weitere Reformvorschläge
Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ist viel Zeit vergangen. Insbesondere die Finanzkrise erforderte zwischenzeitlich viele Anpassungen. Der französische Staatspräsident