Klimaneutrale Gebäude
Mehr als "nur" Null-Emissionen
Anja BierwirthJan Kaselofsky
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Gebäude benötigen viel Energie. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen in diesem Sektor erheblich Emissionen reduziert werden. Wie können sie erreicht werden und wie sieht eine mögliche Neuausrichtung der Klima- und Wohnraumpolitik aus?
Gebäude in Deutschland verbrauchen viel Endenergie. Für eine genaue Beantwortung der Frage, wie viel, ist zunächst zu klären, was zum Endenergieverbrauch in Gebäuden zählt und was nicht. Die Privathaushalte in Deutschland benötigten Externer Link: nach Zahlen der AG Energiebilanzen 2023 gut 630 TWh Endenergie. Rund zwei Drittel (67 Prozent) dieses Endenergieverbrauchs entfielen auf die Beheizung von Wohngebäuden. Die Herstellung von Warmwasser benötigte etwa 16 Prozent der Endenergie. Anwendungen wie Kochen, Beleuchtung und Unterhaltungselektronik erforderten den verbleibenden Anteil des Endenergieverbrauchs. Schreiben wir alle diese Endenergieverbräuche den Wohngebäuden zu, waren diese 2023 für knapp 28 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland verantwortlich.
Neben Wohngebäuden stehen in Deutschland jedoch auch Nicht-Wohngebäude wie Schulen, Werkstätten, Bürogebäude und Einkaufszentren. Rechnen wir deren Endenergieverbrauch für Heizung, Warmwasser, Klimatisierung und Beleuchtung im Jahr 2023 von 268 TWh hinzu, machte der Endenergieverbrauch von Gebäuden 2023 sogar knapp 40 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs Deutschlands aus.
Auch bei der Betrachtung der Treibhausgasemissionen der Gebäude ist wichtig, welchem Sektor die einzelnen Emissionsquellen zugeordnet werden. Hier gibt es unterschiedliche Ansätze der Bilanzierung.
Bilanzen richtig lesen – Scope 1, 2 und 3
Bei der Bilanzierung von Treibhausgasen werden die Emissionen verschiedenen Sektoren (hier z.B. Gebäudesektor oder Energiesektor) zugeordnet. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze zur Bilanzierung: Das Quellprinzip oder das Verursacherprinzip.
Beim Quellprinzip werden den Gebäuden nur die direkt erzeugten Emissionen zugeordnet, die im Betrieb vor Ort entstehen, also etwa durch das Verbrennen von Öl fürs Heizen. Die Emissionen aus Strom- oder Fernwärmeerzeugung dagegen, werden nach diesem Prinzip dem Energiesektor zugeordnet, auch wenn die Energie in Gebäuden verbraucht wird. Das Quellprinzip wird auch als Scope 1 bezeichnet.
Das Verursacherprinzip (Scope 2) hingegen betrachtet alle Emissionen, die mit dem Energieverbrauch des jeweiligen Sektors zusammenhängen. So werden die Emissionen die nach dem Quellprinzip zu anderen Sektoren gehören nun anteilig dem „verbrauchenden“ Sektor zugeschrieben. Das heißt in unserem Beispiel, dass nun die Emissionen der Strom- und Fernwärmeerzeugung anteilig den Gebäuden zugeordnet werden.
Bei einer Bilanzierung nach Scope 3 können auch Emissionen aus anderen Sektoren z.B. für die Materialherstellung im Hausbau, dem Gebäudesektor zugeordnet werden. Im Quellprinzip finden sich diese Emissionen beim Verarbeitenden Gewerbe, sofern die Baumaterialien nicht importiert wurden. Der Aufwand einer derartigen Bilanzierung ist deutlich höher als beim Quell- oder Verursacherprinzip.
Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor
Deutschland hat seit 2019 ein Externer Link: Klimaschutzgesetz (KSG), welches zuletzt 2024 novelliert wurde. In diesem werden die Klimaschutzziele Deutschlands auf die einzelnen Sektoren aufgeteilt. Die Bilanzierung erfolgt dabei nach dem Quellprinzip. Somit werden nur die Treibhausgasemissionen aufgrund der Verbrennung von Brennstoffen wie Erdgas oder Heizöl in Wohn- und Nicht-Wohngebäuden einbezogen. Nach diesem Prinzip haben die Gebäude Deutschlands laut Umweltbundesamt in 2023 Emissionen von rund 102 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (CO2) verursacht. Dies entspricht etwa 15 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen. Im Jahr 1990 waren die Emissionen im Gebäudesektor mit 210 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente noch mehr als doppelt so hoch. Allerdings sieht das KSG auch vor, diese bis 2030 auf 67 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu reduzieren.
Bilanzieren wir nach dem Verursacherprinzip und rechnen die Emissionen aus der Erzeugung der verbrauchten Fernwärme und des verbrauchten Stroms hinzu, lag der Anteil der Gebäude an den Gesamtemissionen bei etwa 28 Prozent.
Unabhängig vom Bilanzierungsansatz machten Wohngebäude 2023 etwa drei Viertel der gesamten Treibhausgasemissionen des Gebäudesektors aus. Daher wollen wir uns im Folgenden auf die Wohngebäude fokussieren.
Wohngebäudebestand und Wohnsituation in Deutschland
Nach Daten des Zensus gab es 2022 knapp 20 Millionen Wohngebäude in Deutschland (Externer Link: Gebäudereport 2025 der dena). Die Zahl der Wohneinheiten betrug gut 43,1 Millionen, wovon sich etwa 18,6 Millionen in Ein- und Zweifamilienhäusern und knapp 23,6 Millionen in Mehrfamilienhäusern befinden. Damit gibt es heute gut 7 Millionen mehr Wohnungen als im Jahr 1990.
Im gleichen Zeitraum ist die Bevölkerung in Deutschland von 79,8 Millionen 1990 auf rund 83,5 Millionen um 3,7 Millionen Menschen gewachsen. Aber warum brauchen 3,7 Millionen Menschen etwa 7 Millionen Wohneinheiten? Und warum ist trotzdem noch so oft von Wohnraummangel die Rede?
Das hat verschiedene Gründe: Zunächst einmal leben Menschen heute im Vergleich zu früher mit weniger Personen in einem Haushalt. Externer Link: Statistiken zeigen, dass die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in Einpersonenhaushalten deutlich größer ist als in Mehrpersonenhaushalten. Hinzu kommt, dass viele Menschen ihre Wohnungssituation ungern verändern – vor allem Externer Link: im fortgeschrittenen Alter. Verlassen dann beispielsweise die Kinder den gemeinsamen Haushalt, steigt automatisch die Pro-Kopf-Wohnfläche. Aufgrund dieser und weiterer Faktoren ist die Wohnfläche pro Person von knapp 35 Quadratmeter im Jahr 1990 auf etwa 47,5 Quadratmeter im Jahr 2023 gestiegen. Diese Entwicklung erschwert die Erreichung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich.
Dass dennoch vielerorts Wohnraummangel herrscht, liegt unter anderem an Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands. Während manche Regionen Bevölkerung verlieren, nahm die Bevölkerungszahl insbesondere in vielen Großstädten und deren Umland Externer Link: in den vergangenen Jahren deutlich zu. Als mögliche Ursachen dieses Trends können sowohl die Attraktivität der Ballungsräume, etwa hinsichtlich Ausbildungsmöglichkeiten für Kinder oder dem Kulturangebot, als auch das größere Angebot von Arbeitsplätzen vermutet werden. Im Ergebnis stehen in manchen Gebieten Wohnungen und Häuser leer und in anderen ist die Nachfrage nach den vergleichsweise wenigen verfügbaren Wohnungen sehr hoch – mit der Folge stark steigender Kaufpreise und Mieten.
Energie- und Klimaschutzpolitik im Gebäudebereich
Die Erreichung der im KSG angestrebten Emissionsminderungen für das Jahr 2030 ist ein herausforderndes Ziel. Der Expertenrat für Klimafragen schreibt Anfang 2025 Externer Link: in seinem Zweijahresgutachten, dass die jährlichen Emissionen des Gebäudesektors in den kommenden Jahren deutlich schneller sinken müssen als in den vergangenen zehn Jahren, um das Emissionsziel für 2030 noch zu erreichen. Aus diesem Grund gab es in der Amtszeit der Ampelregierung verschiedene Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele beitragen sollen.
Die Kombination von Effizienz (also der Minderung des Energiebedarfs für eine bestimmte Leitung, wie etwa das Heizen) und Konsistenz (der Deckung von Energie- und Ressourcenbedarfen durch erneuerbare Quellen) sind definitiv relevante Handlungsfelder zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudebestand. Die wichtigsten Anforderungen hierfür sind Externer Link: im Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) festgeschrieben. Mit einer ersten Überarbeitung 2022 wurde eine weitere Reduzierung des zulässigen Jahres-Primärenergiebedarfs im Neubau auf 55 Prozent des Wertes des Referenzgebäudes umgesetzt. Externer Link: Diese Änderung tritt zum 01.01.2023 in Kraft.
Deutlich mehr Aufmerksamkeit erhielt während des Jahres 2023 eine zweite Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes. Dabei wurden die Inhalte der zweiten Überarbeitung des Gesetzes innerhalb der regierenden Ampelkoalition, in den Medien und Interner Link: unter Expertinnen und Experten kontrovers diskutiert. Ein wesentlicher Bestandteil der letztendlich verabschiedeten zweiten Überarbeitung ist die Vorgabe, dass die Wärme aus neu einzubauenden Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme stammen soll. Daneben macht das neue Gebäudeenergiegesetz Angaben dazu, welche Technologien die genannte Vorgabe grundsätzlich erfüllen. Dazu zählen beispielsweise elektrische Wärmepumpen, mit Biomasse wie Holz betriebene Heizungen, solarthermische Anlagen oder Gasheizungen, in den ein zunehmender Anteil Biogas oder grüner Wasserstoff verbrannt wird. Die neuen Anforderungen an Heizungsanlagen gelten seit 2024 zunächst nur für Neubauten innerhalb von Neubaugebieten. Für Bestandsbauten und Neubauten gelten die entsprechenden Vorschriften erst, wenn die Anfang 2024 verpflichtend eingeführte Externer Link: kommunale Wärmeplanung abgeschlossen ist.
Externer Link: In den Wärmeplänen sollen die Kommunen Wärmeversorgungsgebiete definieren, für die jeweils besonders geeignete Wärmeversorgungsarten benannt sind. So sollen Gebäudebesitzende beispielsweise Informationen dazu erhalten, ob in ihrem Stadtteil der Auf- oder Ausbau eines Wärmenetzes geplant ist, an das sie sich zukünftig anschließen können. Die Wärmeplanung soll Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohner*innen bis Mitte 2026 abschließen, alle anderen Kommunen bis Mitte 2028. Ab dann tritt die oben genannte Vorgabe auch in Bestandsbauten und Neubauten in Kraft.
Eine Pflicht zum sofortigen Austausch bestehender Heizungen ist damit jedoch nicht verbunden bzw. beschränkt sich auf Heizungen, die älter als 30 Jahre sind und bestimmte technische Voraussetzungen nicht erfüllen. Sollte ein Austausch aus diesem Grund oder wegen eines Defekts erforderlich oder aus anderen Gründen gewünscht sein, besteht bereits heute die Möglichkeit zur Förderung durch die Externer Link: Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Grundsätzlich ist dabei ein Zuschuss von 30 Prozent der Ausgaben vorgesehen. Selbstnutzende Eigentümerinnen und Eigentümer erhalten bei einem zu versteuernden Einkommen von bis zu 40.000 Euro einen Bonus von weiteren 30 Prozent der Ausgaben. Zusätzliche Boni sind beispielsweise bei der Wahl besonders effizienter Wärmepumpen möglich. Die Fördermöglichkeiten für die Externer Link: Sanierung bestehender Gebäude sowie den Externer Link: Bau neuer, besonders energieeffizienter und klimafreundlicher Gebäude über zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse bestehen weiterhin. Eine Vielzahl von Informationsmaterial wird zudem von Seiten der Deutschen Energie-Agentur zur Verfügung gestellt.
Ergänzt wird das Angebot durch vielfältige Angebote von Seiten der Bundesländer und Kommunen in Deutschland.
Mitwachsende Wohnungen?
Im Laufe unseres Lebens verändert sich unser Wohnbedarf. Familien mit Kindern benötigen größere Wohnungen oder ziehen in Einfamilienhäuser. Sind die Kinder ausgezogen, stehen oft große Teile des Hauses oder der Wohnung leer - weil es schwierig ist, eine passende kleinere Wohnung in der Nähe zu finden oder diese sogar teurer ist.
Welche flexiblen Möglichkeiten gäbe es, dass Wohnungen mit unseren Bedürfnissen mitwachsen und später aber auch wieder schrumpfen können? Manche Wohnungsbaugenossenschaften unterstützen z.B. ihre Mieterinnen und Mieter darin, bei Bedarf wieder eine kleine Wohnung zu finden und bieten gleich im Haus eine Ferienwohnung an – falls die Kinder und Enkel zu Besuch kommen wollen. Mehr Inspirationen finden sich in den Ergebnissen des Projekts Externer Link: OptiWohn.
Bisher kaum adressiert aber wird die Suffizienz im Gebäudebereich. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen bezeichnet die Suffizienz als Externer Link: Strategie des Genug. Dies kann weniger Verbrauch/ Inanspruchnahme energie- und ressourcenintensiver Güter und Dienstleistungen bedeuten. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass alle Menschen „genug“ haben. Bisher findet diese Strategie jedoch nur selten Anwendung. Es gibt, beispielsweise im Gebäudeenergiegesetz, keine gesetzlichen Vorgaben zu Größe von Wohneinheiten oder Nutzungsintensitäten. Flexiblere Nutzungsmöglichkeiten, etwa durch leichtere Anpassung von Grundrissen, wenn im fortgeschrittenen Alter weniger Wohnfläche benötigt wird, könnten helfen den Anstieg der Pro-Kopf-Wohnfläche zu begrenzen. Auch könnte intensiver geprüft werden, ob in schrumpfenden Regionen mit hohem Leerstand nicht eher Alternativen zum Neubau gefördert werden sollten. Ein erster Ansatz hierfür ist das Förderprogramm „Jung kauft alt“, das über einen zinsgünstigen Kredit Familien beim Erwerb von Bestandsimmobilien unterstützt. Wohnraummangel kann die Umwandlung leerstehender Büro- oder anderer Nichtwohngebäude in Wohnflächen entgegen wirken, was die Externer Link: Bundesförderung für effiziente Gebäude sogar fördert. Die Inanspruchnahme von Fläche für Bauen und Wohnen ist letztlich ebenso ein relevantes Handlungsfeld, wenn es um die Erreichung der Klimaneutralität geht. Gemäß dem Externer Link: Klimaschutzplan der Bundesregierung soll bis 2050 das Ziel der Flächenneutralität (Flächenverbrauch „Netto-Null“) erreicht werden. Die optimierte Nutzung von Gebäuden kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten und sollte entsprechend in die Klimaschutzprogrammatik integriert werden.
Soziale Herausforderung klimaneutrales Wohnen
Wohnen ist – völlig unabhängig vom Klimaschutz – ein soziales Thema mit großer Sprengkraft. In kaum einem Bereich zeigen sich die ökonomischen Unterschiede unserer Gesellschaft so deutlich wie zwischen den Menschen, die in luxuriösen Villen mit Seeblick wohnen und jenen in kleinen Sozialwohnungen in den stark verdichteten Wohnvierteln der Stadt. Unter anderem mit sozialem Wohnungsbau und Wohngeld will die Politik der Herausforderung einer hohen Mietbelastung begegnen. Gerade Haushalte mit geringem Einkommen müssen oft einen Externer Link: großen Anteil ihres Einkommens fürs Wohnen aufwenden und die Wohnungsmärkte in vielen Großstädten bleiben angespannt.
Um die Klimaziele zu erreichen, wird es nötig sein, in den nächsten Jahren Externer Link: mehrere hundert Milliarden in die Modernisierung des Gebäudebestandes zu investieren. Die Emissionen von Gebäuden sinken dann, wenn sie, beispielsweise aufgrund von Wärmedämmung oder neuer Fenster, Energie effizienter nutzen und damit weniger Energie verbrauchen und die noch notwendige Energie mit CO2-ärmeren Technologien, wie beispielsweise elektrisch betriebenen Wärmepumpen, zur Verfügung gestellt wird. Hier stellt sich sofort die Frage, wer diese für die Modernisierung des Gebäudebestandes notwendigen Summen schultern muss? Denn offensichtlich birgt die Verteilung solch enormer Beträge das Risiko, bestehende soziale Ungleichheiten noch zu verstärken.
Für die meisten Gebäudeeigentümer*innen werden als erstes die, manchmal erheblichen, Kosten ersichtlich, die mit eine Gebäudemodernisierung einher gehen und die häufig nicht einfach zu schultern sind. Dennoch ist auch zu betonen, dass die Gebäudemodernisierung über einen langen Zeitraum Erträge ermöglicht, indem die Heizkosten deutlich sinken. Welche Nachteile die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern hat, zeigt sich besonders deutlich, wenn Energiepreise plötzlich drastisch ansteigen, wie etwa während der Ölkrise in den 1970er Jahren und 2022, aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. Klimaschutz und Energieeffizienz können hier also auch zu mehr sozialer Sicherheit (langfristig stabile Energiepreise für Verbraucher*innen) sorgen.
Dennoch ist die Frage offen, wie die anstehenden Investitionen gerecht verteilt werden. Welchen Anteil der Modernisierungskosten dürfen Eigentümer*innen auf die Mieter*innen umlegen? Zu welchem Anteil sollen CO2-Kosten von den Bewohner*innen übernommen werden (die ja durch ihr Heizverhalten Einfluss auf den Energieverbrauch haben) und zu welchem Anteil von den Wohnungsbesitzer*innen (die ja die Entscheidungen zu Modernisierungen treffen)? Und welchen Anteil sollte der Staat über Förderungen bereitstellen? Die Frage, wie der Weg zu einem klimaneutralen Wohnen so gestaltet werden kann, dass er zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt, wird eine zentrale politische Frage der nächsten Jahre sein.
Anmerkung der RedaktionProbleme Energetischer Gebäudesanierung
Zwar ist eine energetische Sanierung des Gebäudebestands unerlässlich, wenn die Ziele der Klimaneutralität in Deutschland erreicht werden sollen, allerdings ist sie auch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
So sind Wärmepumpen in Teilen des Altbaubestands Externer Link: schwieriger einzusetzen, als in gut gedämmten Neubauten. Wärmepumpen sind dann besonders vorteilhaft, wenn sie Jahresarbeitszahlen von über drei (d.h. mit einer Kilowattstunde Strom stellt die Wärmepumpe mehr als drei Kilowattstunden Heizenergie zur Verfügung) erreichen. Dies ist dort einfacher, wo Flächenheizungen (z.B. als Fußbodenheizung) verbaut sind. Das hat mit den niedrigeren Vorlauftemperaturen der Wärmepumpen zu tun, die sich nicht gut für konventionelle Heizungen eignen, die in der Regel auf höhere Temperaturen von bis zu 70 Grad angewiesen sind, um Räume zu beheizen. In jedem Fall scheint es empfehlenswert, dass Besitzende von Altbauten bei der Entscheidung für eine Wärmepumpe Beratungsangebote zu technischen Optionen und möglichen kostensenkenden Ergänzungsmöglichkeiten nutzen.
Auch setzt der Einsatz von Strom zum Heizen einen umweltfreundlichen Energiemix bei der Stromproduktion voraus. Je geringer die CO2-Emmission bei der Stromerzeugung ist, umso umweltfreundlicher sind strombasierte Heizsysteme, wie Wärmepumpen. Stammt der Energiemix vorwiegend aus der Verstromung von fossilen Energieträgern, wie Braunkohle oder Gas, reduzieren sich die Emissionseinsparungen durch die Wärmepumpe deutlich.
Zudem führt die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung zu einer stark steigenden Nachfrage nach Strom. Dies vor allem zu Zeiten in denen Interner Link: die Versorgung mit Erneuerbaren Energien nur in geringerem Umfang zur Verfügung steht, wie im Winter. So warnte die Externer Link: Bundesnetzagentur in einem Eckpunktepapier vor höheren Bezugsleistungen im Niederspannungsnetz, die durch eine Drosselung von Ladeeinrichtungen, Wärmepumpen und Batteriespeichern ausgeglichen werden soll. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher würde dies eine geringere Ladegeschwindigkeit an der heimischen Wallbox (Wandladestation) bedeuten, oder aber reduzierte Leistung der Wärmepumpe. Allerdings rechnet die Netzagentur dabei nicht mit einem nennenswerten Komfortverlust für die zweckgemäße Verwendung bei Verbraucherinnen und Verbrauchern. Hinzu kommt ein anderes, ganz praktisches Problem. Handwerksleistungen sind sehr teuer, Fachkräfte aus dem Handwerk schwer zu bekommen, Lieferzeiten für Baumaterialien und Geräte teils sehr lang. Auch die energetische Ertüchtigung von Altbauten, oft Voraussetzung für die Installation neuer effizienterer Heizsysteme, ist mit hohen Kosten, Wartezeiten und Fachkräftemangel verbunden.
Für Eigentümer/-innen, Vermieter/-innen und Mieter/-innen bleiben hohe Kosten, deren Vorteile wie geringere Energiekosten über eine lange Frist zurückfließen und umso größer werden, je höher die Energiepreise steigen. Bei der Aufbringung der für die Investitionen notwendigen Summen sollte Unterstützung insbesondere für diejenigen Eigentümer/-innen verfügbar sein, die diese Kosten nicht ohne Weiteres stemmen können.
Anja Bierwirth, geb. 1973; Studium der Architektur (Diplom) und Umweltwissenschaften (Master); derzeit Leiterin des Forschungsbereichs "Stadtwandel" am Wuppertal Institut. Forschungsschwerpunkte: Kommunale Klimapolitik, Gebäudeenergieeffizienz und -suffizienz, nachhaltige Stadtentwicklung.
Jan Kaselofsky studierte Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft. Er ist Senior Researcher im Forschungsbereich Stadtwandel in der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik des Wuppertal Instituts. Seine Forschungschwerpunkte sind Politikinstrumente im Gebäudesektor und deren Evaluierung.