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Gewalttaten in den Medien | Medienpolitik | bpb.de

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Gewalttaten in den Medien

Robert Kahr

/ 17 Minuten zu lesen

Gewalt übt einen großen Reiz auf Medienmacher und Zuschauer aus. Täter nutzen daher die Medien als Bühne für die Inszenierung ihrer Taten. Es ist eine große Herausforderung für Journalisten, sich nicht als Werkzeug der Täter benutzen zu lassen.

Trauermarsch: Rose Walk nach dem Attentat in Norwegen 2011. (© picture-alliance/dpa)

Einleitung

In den letzten Jahren haben sich die Fälle von schweren zielgerichteten Gewalttaten gemehrt, bei denen die Täter bewusst das mediale Rampenlicht suchten, z. B.:

  • Der islamistische Attentäter Amedi Coulibaly nahm am 09. Januar 2015 in einem koscheren Supermarkt in Paris mehrere Menschen als Geiseln und erschoss vier von ihnen. Die Tat wurde parallel zur Flucht der Brüder Saïd und Chérif Kouachi, die zuvor das Attentat auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo verübt hatten, ausgeführt. Coulibaly filmte seine Morde und versuchte, das Video per E-Mail zu versenden. Vor der Tat hatte er sich auf Online-Videos als IS-Kämpfer und Märtyrer inszeniert.

  • Der Amerikaner James Holmes wählte am 20. Juli 2012 als Schauplatz für seinen Mord an zwölf Menschen ein Kino in der Stadt Aurora. Dort lief gerade die Premiere des Filmes "Batman", in dessen Zentrum ein düsterer Superheld steht.

  • Anders Breivik, der am 22. Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen ermordete, nannte seine Tat eine "Formalität". Er gab nach der Tat zu Protokoll, dass es sein Plan gewesen sei, so viele Menschen zu töten, dass die weltweite Aufmerksamkeit auf sein im Internet hinterlegtes "Manifest" gezogen würde.

  • Auch für Schulamokläufer spielt die Inszenierung der eigenen Tat eine wesentliche Rolle: Fast schon routiniert folgt auf neue Fälle die journalistische Suche nach Tätervideos und Bekennerschreiben im Internet – und meist wird man fündig. Selbst wenn in derartigen Fällen eine "Pressearbeit" der Täter unterbleibt, die für die Medien vorbereitet wurde, richtet sich das mediale Interesse auf eine Suche nach dessen Spuren im Internet.

Den genannten Taten ging eine längere Auswahl- und Planungsphase voran, die vor allem bei Schulamokläufen mehrere Jahre dauern kann und neben einer taktischen Planung auch eine intensive mentale Fokussierung auf die Rolle umfasste, die der Täter verkörpern wollte. So unterschiedlich diese Taten und die Menschen, die sie begangen haben, auch sein mögen: Allen Tätern ging es um Selbstinszenierung, um das Erregen von nachhaltigem Interesse für die eigene Person und die eigene Weltanschauung. Sie führten ihre Taten in aller Öffentlichkeit durch und lieferten häufig sogar umfangreiche "Pressematerialien", d. h. Hinterlassenschaften für eine mediale Aufbereitung ihrer Taten. Was aber sind die Folgen, wenn Täter die Schlagzeilen quasi diktieren, ihre Fotos und Videos in den Medien platzieren können oder ihre Inhalte viral geteilt werden?

Öffentlichkeit als Ziel

Heutzutage liefern die Medien zahlreiche Informationen sowie Bildausschnitte aus aller Welt. Sie ergänzen speziell dort, wo uns persönliche Erfahrungen fehlen, unser Wissen über fremde Länder, Gesellschaften und entfernte Ereignisse. Die Macher der Nachrichtenmedien, insbesondere Journalisten und Redakteure, wählen relevante Themen aus und bestimmen die Art ihrer Präsentation. Dadurch haben die Medienschaffenden einen erheblichen Einfluss darauf, wie wir die Welt zu sehen bekommen. Die Zuschauer/innen bzw. Leser/innen, wählen wiederum aus, welchen Medien sie eine adäquate Nachzeichnung des Weltgeschehens zutrauen und Glauben schenken.

Gleichzeitig gewinnt das Internet als Informationsmedium weiter an Bedeutung. Insbesondere junge Menschen nutzen das Internet, um sich über das Tagesgeschehen auf dem Laufenden zu halten. So ist bei 12- bis 19-Jährigen nach dem Fernsehen (43 %) das Internet (30 %) dasjenige Medium, mit dem man sich am häufigsten über das Tagesgeschehen informiert . Soziale Netzwerke und Videoplattformen sind jedoch im Gegensatz zu den klassischen Medien Print, TV und Radio keine rein journalistischen Kanäle, die den professionsethischen Standards unterliegen. Deshalb können auch propagandistische oder hochgradig gewalthaltige Erzeugnisse eine virale Verbreitung finden.

Der Umstand, dass mittlerweile viele Gewalttäter versuchen, die öffentliche Wahrnehmung ihrer Tat durch "Pressearbeit" bzw. Propaganda aktiv zu beeinflussen, ist aufgrund der wichtigen gesellschaftlichen Rolle der Medien eine beunruhigende Entwicklung: Ein Vorgehen, das die Reaktion von Presse und Öffentlichkeit in die Tatplanung mit einbezieht, diente bislang vornehmlich terroristischen Gruppierungen. Während jedoch Terroristen die mediale Aufmerksamkeit missbrauchen, um ihre politischen Ziele zu proklamieren und ihre Feinde einzuschüchtern, dient sie z. B. Schulamokläufern zur Inszenierung der eigenen Person.

Mord als Medienthema

Nach jeder zielgerichteten Gewalttat scheint ein Rennen um die blutigste Schlagzeile, das brutalste Bild zu entbrennen; ab einer gewissen Schadenshöhe scheint eine umfangreiche Berichterstattung unumgänglich. Womit ist dies zu erklären?

In der Bevölkerung lässt sich ein starkes Bedürfnis feststellen, die Hintergründe und Motive der Taten zu verstehen. Dieses Bedürfnis ist gemäß des Sozialpsychologen Melvin J. Lerner damit zu erklären, dass Menschen in der Regel von einer "gerechten Welt" ausgehen, in der "das Gute" am Ende stets gewinnt . Dieser Glaube ermöglicht es den Menschen, ein weitestgehend angstfreies Leben zu führen und hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen. Wird dieses positive Weltbild durch eine schwere Gewalttat erschüttert, entsteht ein intensives Bedürfnis, die Ursachen zu verstehen und öffentlich via Medien zu diskutieren. Hiervon erhofft man sich, die Vorfälle in das eigene Weltbild integrieren und den Glauben an "das Gute" wiederherzustellen zu können .

Auch Krimis bedienen dieses Bedürfnis nach einem Sieg des Guten über das Böse, indem zunächst ein Bösewicht ein Verbrechen (meist einen Mord) begeht, das im weiteren Verlauf vom Helden (dem Kommissar) aufgeklärt wird.

InfoboxGerechte-Welt-Glaube

"Das von Lerner (1980) formulierte und in Deutschland v.a. von Dalbert (1996) eingeführte Konzept eines Glaubens an eine gerechte Welt beinhaltet die Überzeugung, dass es auf der Welt grundsätzlich gerecht zugeht und dass jeder letzten Endes das bekommt, was er verdient hat. Der G. leitet sich aus dem Wunsch nach Gerechtigkeit ab, der wiederum dem Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle über das eigene Leben entspringt."

Quelle: Markus Wirtz (Hrsg.): Dorsch – Lexikon der Psychologie

Im Internet finden infolge spektakulärer Gewalttaten regelmäßig Diskussionen und Recherchen nach den Hintergründen der Taten statt. Oftmals suchen dabei Laien-Ermittler nach vermeintlichen Beweisen, die den Ermittlern scheinbar entgangen sind. In mehreren Fällen, z. B. nach dem Schulamoklauf von Newtown im Dezember 2012 und infolge des Anschlags auf den Boston Marathon im April 2013, wurden dabei Unschuldige öffentlich als Täter diffamiert und zum Teil erheblich bedroht.

Der Nachrichtenwert von Gewalt

Ob und in welchem Umfang ein Thema von den Medien aufgegriffen wird, hängt von seinem »Nachrichtenwert« ab, der sich aus mehreren Faktoren zusammensetzt: Werden einem Ereignis etwa besonders viele oder entscheidende Merkmale, wie örtliche oder kulturelle Nähe, Konflikt, Aggression, Visualität oder Überraschung zugeschrieben, wird umso wahrscheinlicher darüber berichtet .

Auf schwere Gewalttaten trifft potentiell eine Fülle von Nachrichtenfaktoren zu: Sie treten in der Regel plötzlich auf, beinhalten eine hohe Aggression und haben häufig eine gesellschaftliche Kontroverse zur Folge, z. B. über privaten Waffenbesitz oder gewalthaltige Medien. Darüber hinaus bieten sie meistens ungewöhnliche und spektakuläre Bilder:

QuellentextNachrichtenwert

Mit der Gewalt kann ein Akteur zum Regisseur werden, der die Inszenierung seiner Tat den Medien vorschreiben kann. Journalisten, die es sich nicht leisten können, nicht zu berichten, werden zu ausführenden Organen.

Quelle: Hans-Bernd Brosius / Frank Esser 1995, S. 195

Die Macht der Bilder ist auch vielen Tätern bewusst, weshalb sie häufig selbst Bildmaterial im Vorfeld oder sogar während der Tat produzieren und an Journalisten überspielen. Der Schulamokläufer von der Virginia Tech University (April 2007) unterbrach beispielsweise seine Tat, um Foto- und Videoaufnahmen von sich zu machen, und diese per Post an einen amerikanischen Fernsehsender zu schicken. Seine Strategie führte zum Erfolg: Die martialischen Inszenierungen schafften es international in die Hauptnachrichten. Andere Täter, wie der Schulamokläufer aus dem finnischen Jokela (November 2007), nutzten Videoplattformen im Internet zur Verbreitung selbstgedrehter Videos. Der französische Islamist, der während der Fußball-EM 2016 nahe Paris zwei Menschen tötete, nutzte während seiner Tat wiederum die Livestreaming-Funktion von Facebook, um sich direkt der Online-Community mitzuteilen.

Im Zeitalter digitaler Medien ändern sich zusehends auch journalistische Selektionskriterien. Neben eigenen Recherchen und Meldungen von Nachrichtenagenturen dienen zunehmend Soziale Medien und Online-Nachrichtenportale als Quellen. Hierbei dient häufig die Viralität von Themen, also deren Verbreitungsgrad und –geschwindigkeit, als Gradmesser für das vermutete Interesse des Publikums. Dabei spricht man in Anlehnung an die kommunikationswissenschaftliche Gatekeeper-Forschung, die Aussagen über die Nachrichtenselektion von Journalisten bzw. Redaktionen trifft, nunmehr vom Interner Link: Gatewatching.

Aufklärung vs. Prävention – ein journalistisches Dilemma

Das große öffentliche Interesse an einer Aufklärung der Hintergründe von zielgerichteten Gewalttaten und der hohe Nachrichtenwert dieses Themas haben somit per se eine hohe Intensität der Berichterstattung zur Folge . Die zeitnahe Publikation brisanter Fakten und Bilder verspricht zugleich hohe Leser- bzw. Zuschauerzahlen und zahlreiche Klicks im Internet. In Zeiten eines hart umkämpften Medienmarktes kann es sich ein Medium, das konkurrenzfähig bleiben will, folglich kaum leisten, diese Nachfrage nicht zu bedienen. Stets droht die Abwanderung des Publikums zur Konkurrenz.

Hinzu kommt, dass Journalisten einerseits einen gesellschaftlichen Informationsauftrag haben: Sie müssen Fakten und Hintergründe zu relevanten Themen liefern, um den Bürgern eine ausgewogene Meinungsbildung zu ermöglichen und sie für gesellschaftliche Problemfelder zu sensibilisieren. Andererseits ist ein zunehmendes Bewusstsein bei Journalisten dafür zu beobachten, dass die Berichterstattung über schwere Gewalttaten mit gewissen Risiken einhergehen kann. Nicht zuletzt nach den Attentaten von Oslo und Utøya (Juli 2011) sowie angesichts der morbiden Propaganda des sogenannten IS äußerten mehrere Medienschaffende ihren Unwillen, eine Komplizenschaft mit den Tätern einzugehen und deren Propaganda zu verbreiten. Auch im Kontext von Schulamokläufen wurde mehrfach die Befürchtung thematisiert, durch eine allzu dezidierte Berichterstattung mögliche Nachahmungstäter zu inspirieren.

Ein Journalist steht folglich vor einem Dilemma: Entweder er berichtet detailliert über den Täter und dessen Vorgehen und läuft damit Gefahr, zum Sprachrohr seiner Propaganda und Erfüllungsgehilfen zu werden. Oder er verschweigt problematische Details und läuft damit Gefahr, dass sich sein Publikum uninformiert fühlt und zur Konkurrenz abwandert. Dabei lassen sich in puncto Sensationalismus (übertrieben reißerische Darstellung) zumeist Unterschiede zwischen Qualitäts- und Boulevardmedien feststellen. Ein Großteil der vom Deutschen Presserat infolge der Berichterstattung zu Schulamokläufen verhängten Externer Link: Rügen wurde bis dato gegen Boulevardmedien ausgesprochen.

Die Entscheidung darüber, welche Linie Erfolg hat, liegt im Wesentlichen beim Leser bzw. Zuschauer. Dabei ist es sowohl für die Medienschaffenden als auch für die Mediennutzenden wichtig zu wissen, welche Folgen eine umfassende täterzentrierte Berichterstattung haben kann.

Gewalt durch Gewalt in den Medien?

Jugendlicher beim Spielen eines Ego-Shooters, bei denen man vom Kämpfer, den man im Spiel steuert, nur die Hand mit der Waffe sieht. (© AP)

Eine häufig formulierte Sorge im Kontext zielgerichteter Gewalttaten ist die Gefahr von Nachahmungstaten. Diese Befürchtung wurde in vielen Fällen zur Gewissheit. Medial stark beachtete Gewalttaten motivieren regelmäßig Trittbrettfahrer und Nachahmer zu eigenen Taten bzw. Androhungen. Auch andere Delikte, wie z. B. politisch motivierte Straftaten, können zu Nachahmungstaten führen . Insbesondere bezüglich der Nachahmung von Schulamokläufen bestehen mittlerweile tiefere Erkenntnisse hinsichtlich Ansteckungswirkungen.

Forscher gehen inzwischen davon aus, dass es eine vergleichsweise kleine Gruppe von Menschen gibt, die aufgrund ihrer psychischen Entwicklung, ihrer biologischen Veranlagung und ihrer sozialen Lebensumstände ein hohes Aggressionspotential entwickelt haben. Dieses Potential kann sich in gewalttätigem Handeln oder in gewalthaltigen Phantasien zeigen. Meist handelt es sich dabei um Männer mit einem hohen Konsum gewalthaltiger Medien im Kindes- und Jugendalter (die oftmals auch selbst Gewalt in der Erziehung erfahren haben). Bei dieser sogenannten Risikogruppe ist während und nach dem Konsum von gewalthaltigen Medien eine anhaltende Steigerung der Aggressivität messbar . Studien beziffern die Größe dieser Gruppe auf ca. 5 % aller Schüler im Kindes- und Jugendalter .

Worin besteht nun der Zusammenhang zwischen Risikogruppen und einer möglichen Nachahmung schwerer Gewalttaten? Kinder und Jugendliche mit dem dargestellten Hintergrund nehmen ihre Umwelt häufig als feindlich und bedrohlich wahr, fühlen sich schwach und ausgeliefert. In der Schule fühlen sie sich häufig von Mitschülern gemobbt und von Lehrern unverstanden oder missachtet. Diese Demütigungen sind jedoch oft nicht wirklich greifbar, sondern aufgrund der narzisstischen Persönlichkeiten einiger Jugendlicher und ihrer damit einhergehenden Überempfindlichkeit teilweise äußerst subjektiv: Kritik bzw. ausbleibende Wertschätzung wird infolge eines ausgeprägten Narzissmus als massiver Angriff auf die eigene Person erlebt . Auf den belastenden Alltag reagieren manche mit Gewalt, andere flüchten sich in ihre Phantasie. Während die erste Gruppe meist durch Gewaltanwendung in Erscheinung tritt, bleibt die zweite Gruppe häufig unauffällig.

Durch die andauernde Flucht in gewalthaltige Phantasien kann jedoch ein destruktives Potential entstehen . Zunächst verschafft diese Flucht Erleichterung und dient somit der Bewältigung der Realität. In der Phantasie kann der empfundenen Schwäche mit Stärke begegnet werden. Die Quellen der vermeintlichen Demütigung (z. B. Lehrer und Mitschüler) werden mit Gewalt bekämpft und besiegt. Um diesen Zweck jedoch dauerhaft erfüllen zu können, bedarf es eines fortschreitenden Ausbaus der Phantasie, d. h. einer ständigen Intensivierung der Gewalt. Dies kann zunächst zu einer zunehmenden Abkapselung von der Außenwelt führen. Im weiteren Verlauf kann es dann zu einer immer ausgefeilteren Planung einer Umsetzung der Phantasien kommen. Die Folge sind meist vage Andeutungen, "es könnte etwas passieren", um die Spannung noch zu erhöhen und die Reaktionen des Umfelds zu testen . Im schlimmsten Fall kann es jedoch zu einer Umsetzung der Phantasien kommen.

InfoboxWas ist Leaking?

Beim Leaking lässt der Täter seine Tatphantasien oder Pläne im wahrsten Sinne des Wortes im Vorfeld "durchsickern". Somit bietet dieses Phänomen einen Anhaltspunkt für ein präventives Eingreifen. "Leaking" kann dabei auf unterschiedliche Art erfolgen:

  1. direkt

    • mündlich (z. B. Ankündigungen/Drohungen am Telefon oder in einem direkten Gespräch)

    • schriftlich (per SMS, E-Mail, Brief, in einem Aufsatz oder auf Internetseiten)

    • zeichnerisch (z. B. Bilder, Comics, Graffitis)

  2. indirekt = auffällige Verhaltensweisen eines Schülers in der letzten Zeit:

    • übermäßiges Interesse an Waffen, Gewalt, Krieg; ständiger Bezug auf diese Themen

    • Sammeln von Material über School Shootings, Amoktaten, Massenmörder etc.

    • demonstratives Tragen von Tarnkleidung

    • Suizidversuche und -drohungen

    Quelle: Externer Link: Berliner Leaking-Projekt

Destruktive Vorbilder

Eine U-Bahn fährt am 23.07.2012 am Berliner Alexanderplatz vor einem Plakat ein, das für den neuen "Batman"-Film wirbt. "The Dark Knight Rises" hatte in Deutschland am 26.07.2012 Premiere. Bei einem Amoklauf während der Premiere des Films in Aurora/USA waren in der Nacht zum 20.07. in einem Kino zwölf Menschen getötet und 58 verletzt worden. (© dpa/lbn, Maurizio Gambarini )

Aufzeichnungen von Schulamokläufern und anderen Gewalttätern zeigen häufig intensive Rachephantasien, in die Personen aus dem jeweiligen Umfeld (vornehmlich als Opfer), Figuren aus fiktionalen Formaten (Filme, Computerspiele) oder reale Gewalttäter einbezogen wurden. Zudem schotteten sich die Täter zunehmend von ihrer Umwelt ab. Vielfach ging mit fortschreitender Abkapselung der Täter eine intensive Recherche nach gewalttätigen Vorbildern einher.

Als eine ergiebige Quelle von realen, destruktiven Inhalten diente dabei stets auch die Berichterstattung über zielgerichtete Gewalttaten. Insbesondere online kann mittels Suchmaschinen einfach recherchiert werden. Im Internet verweisen Timelines (Zeitleisten) zudem häufig auf weitere Taten (s. u.). Zwecks einer (vermeintlichen) Klärung der Hintergründe und der Suche nach Motiven tendieren viele Journalisten dazu, den Täter in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen. Häufig umfasst dies zudem die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils, das anhand von Aufzeichnungen des Täters (z. B. Tagebücher, Blogs oder Propaganda) gebildet wird. Was der Öffentlichkeit als eine Suche nach Erklärungen für die Tat dienen soll, liefert gefährdeten Lesern jedoch einen reichhaltigen Fundus für destruktive Phantasien sowie eine breite Identifikationsfläche. Es lässt sich das Bild eines "düsteren Rächers" konstruieren, mit dem sich gefährdete Jugendliche nur allzu gut identifizieren können.

Auch extremistische und insbesondere islamistische Propaganda versucht häufig, destruktive Vorbilder zu konstruieren. Die Darstellung gefallener Kämpfer als "Märtyrer" für eine gerechte Sache ist ein wiederkehrendes Element solch propagandistischer Darstellungen. Verbreitung finden diese meist aufwändig gestalteten Formate primär über das Internet.

Eine "gemeinsame Sache"

Die Selbstinszenierung mehrerer Schulamokläufer beinhaltet nicht selten explizite Aufrufe an potentielle Gefolgsleute. Es wurde eine abstrakte "gemeinsame Sache" beschworen, für die es sich zu töten und zu sterben lohne. So sahen sich mehrere Täter in der Tradition von Dylan Klebold und Eric Harris, den Amokläufern von der Columbine High School (1999). Trotz völlig anderer persönlicher Hintergründe beriefen sich noch Jahre später Nachahmungstäter auf Klebold und Harris, kopierten ihre Kleidung und verfassten entsprechende Statements (z. B. Erfurt, Winnenden etc.). Diese Bewandtnis verdeutlicht zum einen die Folgen einer täterbezogenen Berichterstattung in Bezug auf Nachahmungstaten, zum anderen die Gefahr einer konstruierten Serialität im Geiste einer gemeinsamen Bewegung. Insbesondere in der Online-Berichterstattung neigen Medien dazu, zielgerichtete Gewalttaten in eine Reihe mit vermeintlich ähnlichen Taten zu stellen. Grafisch wird dies dann häufig in Form einer Zeitleiste oder Linkliste umgesetzt, die einen Zusammenhang zwischen den Taten herstellt.

Das Problematische an dieser Art der Darstellung ist die Tatsache, dass sich gefährdeten Lesern das Bild einer vitalen Bewegung bietet, denn dieser "gemeinsamen Sache" scheint sich bereits eine Vielzahl von Vorgängern verschrieben zu haben. Hierdurch wirkt die Durchführung der eigenen Tat realistischer, da schließlich viele andere diesen Weg schon gegangen sind. Mehrere Täter gaben sogar an, mit ihren Taten die Vorgänger noch übertreffen zu wollen und sich so einen Platz in der Reihe der "düsteren Helden" zu sichern .

Verstärkt wird dieses Bewusstsein um eine "gemeinsame Sache" durch die Herausbildung einer Fanszene, die vornehmlich im Internet miteinander kommuniziert . Hier finden sich eine Vielzahl von Fanartikeln sowie selbstproduzierte "Tributvideos", d. h. Videos, die Respekt und Anerkennung für Tat und Täter zeigen. In jüngeren Fällen wurde diese Fanszene vermehrt in der Berichterstattung thematisiert und es wurden Zitate von Anhängern publiziert. Die Beschreibung einer Gemeinschaft, die sich wohlwollend über die Täter austauscht und diese zu "Popikonen" stilisiert, sollte jedoch kritisch hinterfragt werden. Ebenso ist die Verknüpfung von Fällen zur Veranschaulichung einer möglichen Serialität als problematisch zu werten.

Bedeutung von Erfolgsfaktoren bei Gewalttaten

Ob und in welcher Form Menschen eine bestimmte Handlung umsetzen, ist in hohem Maße davon abhängig, wie sie deren Erfolgschancen und die Reaktionen ihrer Umwelt darauf einschätzen. Welche Faktoren lassen also einen Schulamoklauf als erfolgversprechend erscheinen? Mehrere Täter erklärten im Vorfeld ihrer Taten, an die Berühmtheit ihrer jeweiligen Vorbilder anknüpfen zu wollen. Durch die Rezeption der Berichterstattung über vergangene Taten konnten sie davon ausgehen, dass eine entsprechende Inszenierung der eigenen Tat dazu führen würde, dass sie selbst in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rücken würden und ihre Propaganda publiziert würde.

Neben einer nahezu greifbaren Berühmtheit scheint auch eine Umsetzung von Rachephantasien in die Realität möglich. Denn Medienschaffende neigen dazu, Schulamokläufe äußerst bildlich und zum Teil sogar martialisch zu beschreiben, wie wissenschaftliche Inhaltsanalysen zeigen . Häufig werden Begriffe wie "Massaker" oder "Blutbad" genutzt, was eine zusätzliche Dramatisierung bewirkt. Auch eine Erfolgsbestätigung und damit versteckte Anerkennung, die eine "Effizienz" des Vorgehens feststellt, findet sich. So sprach ein ranghoher Politiker in einem Fall öffentlich von einem "Amoklauf in Reinkultur" . Eine solche bildhafte und bestärkende Darstellung lässt einen Schulamoklauf als probaten Weg zu Ruhm, Ehre und erträumter Rache erscheinen. Folglich sollte hier eher nüchtern und sachlich berichtet werden.

Sachdienliche Hinweise

Eine umfassende Beschreibung von zielgerichteten Gewalttaten beinhaltet auch auf einer ganz pragmatischen Ebene Probleme: Die detaillierte Nachzeichnung der Planung und Durchführung umfasst zum Teil Fakten, die ein gefährdeter Leser zur Optimierung des eigenen Vorgehens sowie zur Intensivierung seines Phantasieerlebens verwenden kann. So verwies die Berichterstattung über Schulamokläufe und andere Gewalttaten zum Teil explizit auf die jeweilige Bezugsquelle von Waffen, beschrieb die Herstellung von Sprengkörpern und schilderte minutiös den letztendlichen Tatablauf. Dabei wurde das Vorgehen des Täters zum Teil sogar aus dessen Sicht dargestellt, teilweise unterstützt durch interaktive Computeranimationen, sodass mögliche Nachahmer die Tat wie mit eigenen Augen erleben konnten. Des Weiteren wurden Einsatztaktiken der Polizei sowie Schutzmechanismen von Schulen beschrieben und es wurde auf bestehende Sicherheitslücken hingewiesen.

Die Publikation derartiger Fakten ist durchaus nachvollziehbar, da die jeweiligen Verantwortlichen ggf. beweisen wollen, dass nicht fahrlässig gehandelt wurde. Ferner erscheint der Hinweis auf mögliche Sicherheits- und Gesetzeslücken für eine zukünftige Prävention durchaus konstruktiv. Jedoch sollte stets abgewogen werden, inwiefern Menschen die publizierten Details nutzen könnten, falls sie selbst eine Tat planen.

Die Verdopplung des Leides – sekundäre Viktimisierung

Der Umgang mit den Opfern von Straftaten und den Hinterbliebenen von getöteten Menschen fordert von Journalisten eine besondere Sensibilität. Eine bedachte Berichterstattung hat das Potential, die Betroffenen bei der Bewältigung ihres Leides zu unterstützen. Unreflektiertes Handeln hingegen kann dieses Leid sogar noch erhöhen . Der Begriff "sekundäre Viktimisierung" meint entsprechend eine "zweite Opferwerdung" z. B. durch unpassende Berichterstattung oder den Verlauf eines anschließenden Gerichtsverfahrens.

Neben den dargestellten Risiken der bei einer Publikation beinhaltet die Täter-Propaganda auch stets eine Demütigung der Opfer: Ihr widerfahrenes Leid bedingt überhaupt erst die Berichterstattung und Verbreitung der Tätergedanken. Der Tod von Angehörigen oder die eigene körperliche bzw. seelische Verletzung wurde zielgerichtet herbeigeführt, um mediale Aufmerksamkeit zu erregen – ein Umstand, der von mehreren Tätern explizit gewünscht wurde. Während jedoch der mediale Fokus meist auf dem Täter liegt und ein Großteil seiner Äußerungen publiziert wird, kommen die Opfer nur selten zu Wort.

Befragungen von Verbrechensopfern zeigen, dass viele von ihnen (abhängig von der individuellen Form der Bewältigung sowie der Art des Verbrechens) das Bedürfnis haben, ihre Sicht der Dinge ebenfalls darzustellen. Dies trifft jedoch nicht auf alle Opfer zu: Manche geben an, lieber anonym bleiben zu wollen. Sie möchten das Erlebte in Ruhe verarbeiten und wollen nicht für den Rest ihres Lebens mit der Tat in Verbindung gebracht werden. Hinzu kann die Angst vor einer Rache des Täters kommen, sofern dieser seine Tat überlebt hat und nicht gefasst wurde .

Eine zu starke Betonung der Täterseite sowie eine fehlerhafte Darstellung der Tat werden häufig kritisiert. Sofern ein Kontakt zu Journalisten gewünscht wird, kann eine aktive Teilnahme der Opfer eine differenzierte Darstellung der Tat und deren Auswirkungen ermöglichen. Diese Darstellung wird erwartungsgemäß der glorifizierenden Sicht des Täters widersprechen und auch möglichen Nachahmern die Folgen eines derartigen Vorgehens verdeutlichen: Trauer und Schmerz passen nicht in ein erfolgversprechendes Handlungsmodell.

Beispiele, die Hoffnung machen

Bei aller Tragik geben jüngere Fälle zielgerichteter Gewalttaten Hinweise auf ein Umdenken vieler Medienschaffender, das zudem auf einem gesellschaftlichen Konsens zu fußen scheint. So zeigt das Beispiel Norwegen infolge der Taten von Oslo und Utoya im Juli 2011 eine konstruktive Reaktion auf eine destruktive Tat. Die Propaganda von Anders Breivik wurde geschmäht und verunstaltet, der Täter zum Teil sogar lächerlich gemacht und aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Sein eigentlicher Plan, den Prozess als Propagandaphase zu missbrauchen, wurde konsequent durchkreuzt. Einige Norweger initiierten zu diesem Zweck die Aktion "Snur Tabloidaviser!"

InfoboxAktion: "Dreht die Boulevardzeitungen um!"

Zeitungen mit dem Foto Breiviks wurden Ende 2011 aus den Regalen genommen oder schlicht umgedreht – von Kioskbesitzern oder Passanten. Die Medien respektierten den Wunsch ihres Publikums und verzichteten weitestgehend auf eine spektakuläre, täterzentrierte Berichterstattung.

Ein weiteres Beispiel für eine konstruktive Reaktion auf eine destruktive Tat ist die über Twitter initiierte Aktion "#illridewithyou" in Australien aus dem Jahr 2014. Kurz vor Weihnachten ereignete sich in einem belebten Kaffee in Sydney eine Geiselnahme. Der sich zum sogenannten IS bekennende Täter forderte unter anderem ein Interview mit dem damaligen australischen Premierminister Tony Abbott. Bei der Tat verloren neben dem Täter zwei weitere Menschen ihr Leben. Bereits während der laufenden Geiselnahme boten User über Twitter an, Musliminnen und Muslime bei ihren Fahrten im öffentlichen Nahverkehr zu begleiten und sie so vor drohenden islamophob-motivierten Übergriffen zu schützen. Auch der infolge der Anschläge auf "Charlie Hebdo" viral verbreitete Hashtag #jesuischarlie diente als Zeichen von Anteilnahme und Solidarität mit den Opfern sowie dem Bekenntnis zur gesellschaftlichen Geschlossenheit. Diese positiven Beispiele zum Umgang mit schweren Gewalttaten zeigen eindrücklich, wie es gelingen kann, Tätern die Deutungshoheit über ihre Taten zu nehmen und ihrer Propaganda "das Wasser abzugraben". Die destruktive Strahlkraft einer Tat kann folglich mit kommunikativen Mitteln reduziert und die intendierte Polarisierung innerhalb der Gesellschaft vermieden werden.

Fazit: Handlungsempfehlungen

Die Gefahren einer unreflektierten Berichterstattung zu (Schul-)Amokläufen und anderen schweren Gewalttaten sind mittlerweile vielen Menschen bewusst. So warnte schon der damalige Bundespräsident Horst Köhler zum Jahrestag des Schulamoklaufs von Winnenden (2009): "Intensive Berichterstattung, die den Täter in den Mittelpunkt stellt, kann ein Anlass zur nächsten Tat sein". Die Herausforderung für die Medienschaffenden angesichts einer zielgerichteten Gewalttat liegt folglich darin, die Risiken zu erkennen und dementsprechend die Publikation von Fakten abzuwägen. In Anlehnung an Robertz/Wickenhäuser (2007) lassen sich zu diesem Zwecke konstruktive Handlungsempfehlungen für Journalisten formulieren:

InfoboxHandlungsempfehlungen

Handlungsempfehlungen für Journalistinnen und Journalisten (vgl. Robertz & Kahr 2016):

  1. Es sollten keine Handlungsmotivationen vereinfacht werden. Formulierungen wie "Er tat es aus Liebeskummer" sollten vermieden werden.

  2. Es sollten keine Romantisierungen oder gar Heldengeschichten mit in die Berichterstattung einfließen.

  3. Die Darstellung sollte nicht auf den Täter fokussiert werden. Dessen Fotos und Propaganda sollten nicht publiziert werden.

  4. Der Tathergang sollte nicht zu konkret aufgezeigt werden. Informationen, die möglichen Nachahmungstätern zur Optimierung der eigenen Planung dienen können, sollten nicht publiziert werden.

  5. Phantasien der Täter sollten nicht zu anschaulich dargestellt werden. Zudem sollte eine bildhafte, phantasieanregende Sprache vermieden werden.

  6. Keine sensiblen Informationen, wie z.B. bestehende Lücken in Sicherheitskonzepten, sollten preisgegeben werden.

  7. Bei der Darstellung von biografischen Hintergründen des Täters sollten stets Auswege aufgezeigt werden.

  8. Stigmatisierende und emotionalisierende Begriffe sollten nur mit Vorsicht genutzt werden. Die Benennung einer Tat als „terroristisch“ beinhaltet zum Beispiel eine stark negative Bewertung und sollte gründlich abgewogen sein.

  9. Journalistische Qualitätskriterien sollten auch angesichts der Geschwindigkeit von Online-Medien eingehalten und Quellen sorgfältig geprüft werden.

  10. Eine Instrumentalisierung durch den Täter sollte stets vermieden werden. Eine Verbreitung von Botschaften kann das Hauptziel einer terroristischen Tat sein.

  11. Opfer und Hinterbliebene sollten geschützt und nicht ungefragt in der Öffentlichkeit präsentiert werden. Sie sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Sicht der Dinge darzustellen, wenn sie dies wünschen.

  12. Journalistinnen und Journalisten sollten sich selbst schützen. Die Belastungen bei einer Recherche zu schweren Gewalttaten sowie die Konfrontation mit dramatischen Schicksalen können auch bei Medienschaffenden zu Traumata führen.

Auch der Deutsche Presserat hat eigens einen Externer Link: Leitfaden für den journalistischen Umgang mit "Amokberichterstattung" erstellt. Durch eine nüchterne, reflektierte Berichterstattung haben Journalisten somit die Möglichkeit, Gewalttätern die alleinige Deutungshoheit über ihre Taten zu verwehren, die Opfer zu unterstützen und inhumanes Handeln auf diese Weise nicht zu belohnen. Hinsichtlich der Nutzung sozialer Netzwerke ergeben sich für Nutzerinnen und Nutzer weitere Handlungsempfehlungen:

Sofern die Strategie eines Täters auf die Verbreitung seiner Propaganda im Internet abzielte, bedarf es einer beherzten Reaktion der Community, diesen Plan zu durchkreuzen. Eine weitere Verbreitung – auch zur Warnung oder Information des eigenen Netzwerkes – sollte unterlassen werden. Der Widerspruch gegen destruktive und propagandistische Botschaften kann nur gemeinsam gelingen. Engagierte Gegenrede ("counterspeech") und das konsequente Melden ("flaggen") von extremistischen Inhalten können deren Viralität eindämmen. Unterstützung finden Userinnen und User dabei sowohl seitens der Social-Media-Dienste, die sich zu einer aktiven Bekämpfung extremistischer und terroristischer Inhalte verpflichtet haben, als auch durch gemeinnützige Verbände wie z. B. Externer Link: jugendschutz.net, die fortlaufend aktuelle Entwicklungen thematisieren.

Zum Weiterlesen auf bpb.de

Bericht: Interner Link: Islamismus im Internet. Propaganda – Verstöße – Gegenstrategien.

Jan Hindrik Schmidt: Interner Link: Vom Gatekeeping zum Gatewatching. Verändern Soziale Medien den Journalismus?

Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West: Nachrichten und ihre Verbreitung

Hintergrund aktuell: Interner Link: Der mediale Umgang mit dem Breivik-Prozess

Christian Stöcker, Stefan Aufenanger, Christian Pfeiffer: Interner Link: "Man wird nicht Amokläufer, weil man ein brutales Computerspiel gespielt hat" - Doppelinterview mit Stefan Aufenanger und Christian Pfeiffer, aus "Jugend und Medien" (APuZ 2/201)

Grietje Bettin: Die Jugend schützen, aber die Freiheit bewahren, aus Debatte Verbotene Spiele

Dossier Lokaljournalismus

Weitere Informationen

Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden / Stiftung gegen Gewalt an Schulen: Externer Link: http://www.stiftung-gegen-gewalt-an-schulen.de/

Freie Universität Berlin: Externer Link: Berliner Leaking Projekt: Was ist Leaking?

Institut für Gewaltprävention und angewandte Kriminologie: Externer Link: http://www.igak.org/

Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement – I:P:Bm.: Externer Link: http://www.institut-psychologie-bedrohungsmanagement.de/

tagesschau.de: Externer Link: Das Dilemma der Journalisten, Interview mit dem Medienethiker Prof. Dr. Christian Schicha zum Breivik-Prozess

Quellen / Literatur

Beyer, Christof (2004): Der Erfurter Amoklauf in der Presse. Unerklärlichkeit und die Macht der Erklärung: Eine Diskursanalyse anhand zweier ausgewählter Beispiele. Hamburg: Kovac.

Böckler, Nils (2010): Schulamokläufer. Eine Analyse medialer Täter-Eigendarstellungen und deren Aneignung durch jugendliche Rezipienten. Weinheim: Juventa.

Böhm, Thomas / Kaplan, Suzanne (2009): Rache. Zur Psychodynamik einer unheimlichen Lust und ihrer Zähmung. Gießen: Psychosozial Verlag.

Brosius, Hans-Bernd / Esser, Frank (1995): Eskalation durch Berichterstattung? Massenmedien und fremdenfeindliche Gewalt. Opladen: Westdeutscher Verlag.

Expertenkreises Amok der Landesregierung Baden-Württemberg (2009): Externer Link: http://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/Altdaten/202/BERICHT_Expertenkreis_Amok_25-09-09.pdf.

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Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. JIM-Studie 2015.

  2. Vgl. Tobias Asmuth: Katastrophen und ihre Bilder.

  3. Lerner 1980.

  4. Vgl. "Gerechte-Welt-Glauben", Hoffmann/Wondrak 2007.

  5. Vgl. Maier 2010.

  6. Vgl. Lerner 1980; Kunczik/Zipfel 2001; Maier 2010.

  7. Vgl. Brosius/Esser 1995.

  8. Vgl. Kunczik 2006; Kirsh 2006.

  9. Vgl. Lösel 2003; Fuchs u. a. 2001.

  10. Vgl. Henseler 1984; Böhm/Kaplan 2009.

  11. Vgl. Robertz 2004.

  12. Vgl. sog. "Leaking", vgl. Robertz/Wickenhäuser 2007.

  13. Vgl. Robertz 2004.

  14. Vgl. Böckler 2010.

  15. Vgl. Kahr 2016.

  16. Spiegel Online 2009

  17. Vgl. Kunczik 1995.

  18. Vgl. Kunczik 1995.

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Weitere Inhalte

Robert Kahr ist Kommunikationswissenschaftler und arbeitet an der Deutschen Hochschule der Polizei im Bereich Einsatzlagen der Schwerkriminalität. Seine Forschungstätigkeiten umfassen die Rolle von medialer Berichterstattung bei schweren Gewalttaten (insbes. Schulamokläufe und Terrorismus) sowie Social Media und Cybercrime.