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20. Juli 1944: Attentat auf Adolf Hitler
Redaktion
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Vor 80 Jahren scheiterte die Widerstandsgruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit ihrem Attentatsversuch auf Adolf Hitler. Der Umsturzversuch war eine der bedeutendsten NS-Widerstandsaktionen.
20. Juli 1944, gegen 12.40 Uhr: Claus Schenk Graf von Stauffenberg stellt seine Aktentasche mit einer Bombe in der Nähe Interner Link: Adolf Hitlers ab und verlässt unter einem Vorwand den Raum. Wenige Minuten später kommt es in der „Wolfsschanze“, Hitlers „Führerhauptquartier“ bei Rastenburg (heute Kętrzyn, Polen), zur Explosion. Mindestens vier der vierundzwanzig Anwesenden werden getötet - Hitler überlebt leicht verletzt.
Die Gruppe um Stauffenberg plante den militärischen Umsturz mit dem Ziel, Hitler auszuschalten, die nationalsozialistische Herrschaft und den Krieg zu beenden. Um neue politische Handlungsmöglichkeiten zu schaffen, wollten die Verschwörer die militärische Befehlsgewalt Hitlers brechen und die Regierungsverantwortung übernehmen. Die Motive der Verschwörer waren vielfältig und auch über ein künftiges Staatsmodell waren sie unterschiedlicher Auffassung. Was die Gegner des Nationalsozialismus einte, war der Wille, den Verbrechen der NS-Herrschaft ein Ende zu setzen.
Operation „Walküre“
Für die Zeit nach dem Umsturz existierten bereits konkrete Pläne. General Friedrich Olbricht, Generaloberst Ludwig Beck, Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, Generalmajor Henning von Tresckow sowie Carl Friedrich Goerdeler – Kopf des zivilen Widerstandes – hatten in monatelanger Konspiration die Interner Link: Operation „Walküre“ erarbeitet: Der Plan basierte auf der bereits vorhandenen „Geheimen Kommandosache“ der Nationalsozialisten, mit der etwaige Aufstände ausländischer Interner Link: Zwangsarbeiter im deutschen Reich niedergeschlagen werden sollten. Auf dieser Grundlage knüpfte die Gruppe ein Netz an Vertrauensleuten in Wehrkreisen, wichtigen Ämtern und in den Berliner Schaltstellen der Macht. Auch der Interner Link: Entwurf einer Regierungserklärung, die von Beck als provisorischem Staatsoberhaupt und Goerdeler als Kanzler unterzeichnet werden sollte, war bereits ausgearbeitet.
1943 wurde Interner Link: Stauffenberg zum Stabschef beim Befehlshaber des Ersatzheeres Friedrich Fromm berufen und erhielt Gelegenheit, an Lagebesprechungen bei Hitler teilzunehmen. Anfang Juli 1944 beschloss er, das Attentat bei einer Lagebesprechung in der „Wolfsschanze“ selbst auszuführen. Zuvor waren bereits mehrere Versuche der Widerstandsgruppe gescheitert. Auch das Attentat am 20. Juli schlug fehl - und damit die gesamte Operation „Walküre“. Noch in derselben Nacht wurden Interner Link: Stauffenberg und weitere Hauptverantwortliche des Attentats im Hof des Interner Link: Bendlerblocks, der Berliner Zentrale des Umsturzversuches, erschossen. Ludwig Beck wurde zum Selbstmord gezwungen. Henning von Tresckow nahm sich später an der Ostfront das Leben. In den Tagen nach dem Attentatsversuch nahm die Gestapo Tausende von Regimegegnern fest. Das NS-Regime versuchte den Schaden mit Interner Link: parteiinternen Anweisungen und propagandistisch gesteuerten Darstellungen in der Öffentlichkeit zu begrenzen. Anfang August begannen die Prozesse vor dem „Volksgerichtshof“, die bis zum Zusammenbruch des NS-Regimes im Mai 1945 andauerten. Hunderte wurden hingerichtet.
Unter den 132 Personen, die das NS-Regime damals als Verantwortliche für das Attentats einstufte, befand sich keine einzige Frau. Eine Fehleinschätzung, denn in die Verschwörung des 20. Juli waren mehrere Frauen in unterschiedlicher Weise involviert. Einige Frauen wie beispielsweise Elfriede Nebgen und Interner Link: Käthe Kern waren in die Vorbereitungen unmittelbar eingebunden. Andere – so wie beispielsweise Margarethe von Oven – tippten Befehle ab, gaben sie weiter oder vermittelten vertrauensvolle Kontakte. Manche kannten die Einzelheiten der Pläne und unterstützen das Vorhaben, andere wiederum wussten lediglich davon. Viele von ihnen überlebten das NS-Regime zwar, aber auch für sie war der 20. Juli ein Schicksalsdatum: ihre Ehemänner wurden hingerichtet, sie selbst wurden teilweise verhaftet und verhört, ihre Interner Link: Familien mit in Sippenhaft genommen. Interner Link: Kinder wurden von ihren Familien getrennt und unter anderer Identität in Heimen umerzogen. In der Nachkriegszeit lastete der Vorwurf des Volksverrats auf den Familien. Pensions- oder Wiedergutmachungszahlungen für die Interner Link: hinterbliebenen Frauen und ihre Kinder wurden vielfach erst spät in den 1950er-Jahren geleistet.
Bedeutungswandel des 20. Juli in der Nachkriegszeit
Die Deutschen diesseits und jenseits der Mauer rangen um ihr Urteil über die Männer des 20. Juli und fanden dabei häufig nicht das angemessene Maß. Die Verschwörer wurden ebenso als Verräter beschimpft wie als Helden gefeiert, als Reaktionäre und Opportunisten bezeichnet wie als ethisch Handelnde in die Pflicht der jungen Bonner Demokratie genommen.
Für Täter und Mitläufer war der 20. Juli in Bezug auf ihre eigene Verantwortung für das zur NS-Zeit begangene Unrecht problematisch – zeigte es doch, dass Widerstand gegen das NS-Regime möglich gewesen war, aber nur Wenige diesen wirklich geleistet hatten. Gleichzeitig wurde der Verweis auf die Widerständler auch zur Ablenkung von der eigenen Vergangenheit genutzt – beispielsweise durch Interner Link: Institutionen wie das Auswärtige Amt, die Interner Link: personelle Kontinuitäten in ihrer Belegschaft rechtfertigen wollten. Erst als die zeitgeschichtliche Forschung in den 1960er Jahren in Westdeutschland die Motivlage der Widerstandskämpfer herausarbeitete, änderte sich allmählich das Bild von Stauffenberg und seinen Mitstreitern. Eine überwiegend positive Bewertung des 20. Juli 1944 gab es jedoch erstmals 2004 in einer repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung. Heute sei die Interner Link: Erinnerung an den Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 und ihre Beteiligten fester Bestandteil der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland, schrieb 2014 der Politikwissenschaftler Johannes Tuchel.
Bis heute wird immer wieder kritisch darauf verwiesen, dass viele der Widerstandskämpfer um Stauffenberg keine geborenen Gegner des NS-Regimes gewesen seien und ihre Vorstellung einer Nachkriegsordnung keinesfalls auf demokratisch-freiheitlichen Grundsätzen beruhte, wie sie in der Bundesrepublik nach Kriegsende verankert wurden. Der Politikwissenschaftler Tilman Mayer rät jedoch zum Perspektivwechsel: Die Akteure des 20. Juli sollten im historischen Kontext betrachtet werden, denn nur so werde ihre „ungeheure Leistung in dürftiger Zeit deutlich“. Um die Bedeutung und Bewertung des schicksalhaften Datums wird bis heute gerungen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Text vom 19.07.2012 wurde am 15.07.2024 aktualisiert.
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