Themen Mediathek Shop Lernen Veranstaltungen kurz&knapp Die bpb Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen Mehr Artikel im

Öffentliche Kommunikation im Übergang zum Internetzeitalter | Medienpolitik | bpb.de

Medienpolitik Medienpolitik und Medienrecht Grundlagen: Medienpolitik Das deutsche Rundfunk- und Medienrecht Medienpolitik für Europa Was ist Medienpolitik im digitalen Zeitalter? Interaktive Grafik: Medienpolitik Medien, Meinungsvielfalt und Meinungsmacht Meinungsbildung, Meinungsmacht und Konzentrationskontrolle der Medien Wie unabhängig sind die Medien? Migration und Medien Bürger*innenprotest als Medienevent Inklusion und Teilhabe als Aufgabe der Medien Die Transformation des DDR-Fernsehens 1989 Veränderungen in Gesellschaft und Medien Künstliche Intelligenz im Internetzeitalter Verschränkte Veränderungsprozesse von Medien und Gesellschaft Öffentliche Kommunikation im Übergang zum Internetzeitalter Die Bedeutung von Medienintermediären und die Frage ihrer Regulierung Public Value – Gemeinwohlorientierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und sein Wert für die Gesellschaft Aspekte von Berichterstattung und Information Medien als Inhalte- und Wertevermittler? Neue Formen des Journalismus Gewalttaten, Katastrophen und ihre mediale Darstellung in Wort und Bild Grafiken Glossar Quizze Quiz - Medienpolitik I Quiz – Medienpolitik II Redaktion Archiv Besser Fernsehen – mit dem Internet? Bürgerbeteiligung im Kontext des Internets Gewalttaten in den Medien Katastrophen und ihre Bilder Debatte 2012: öffentlich-rechtlicher Rundfunk im digitalen Zeitalter Einführung in die Debatte Standpunkt: C. Albert Standpunkt: R. Amlung Standpunkt: J. Beermann Standpunkt: C. Grewenig Standpunkt: L. Marmor Standpunkt: T. Schmid

Öffentliche Kommunikation im Übergang zum Internetzeitalter

Gerhard Vowe Philipp Henn

/ 17 Minuten zu lesen

Das Fernsehen prägte mehr als 50 Jahre als Massenmedium die öffentliche Kommunikation. Nun verändern und prägen die auf dem Internet basierenden Medien die öffentliche Kommunikation. Dadurch ist Fernsehen zwar nicht mehr Leitmedium, aber es bildet den massenmedialen Teil der öffentlichen Kommunikation.

Der Tiktok-Kanal der "Tagesschau" auf dem Display eines Smartphones. Seit Beginn der 2010er Jahre verliert das Fernsehen seinen Status als Leitmedium. Der deutlichste Indikator dafür ist, dass Jugendliche und junge Erwachsene mittlerweile weniger Zeit mit Fernsehen verbringen als mit dem Internet, vor allem mit sozialen Netzwerken. (© picture-alliance/dpa, Kathrin Deckart)

Worum geht es? Bilder im Kopf

Bei der Zahlenfolge „9-11“ sehen die allermeisten Menschen, wie sich ein Flugzeug in einen Wolkenkratzer bohrt, aus dem dann ein Feuerball austritt. Hingegen verbinden bislang nicht viele Menschen etwas mit der Zahlenfolge „10-7“. Der Überfall der Hamas auf Israel hat sich noch nicht so tief in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben, dass es nur einer Zahl bedürfte, um Bilder in Erinnerung zu rufen. Der Vergleich macht aber noch einen anderen Unterschied deutlich:

  • Bei Interner Link: 9-11 ist es den Terroristen von Interner Link: Al-Qaida durch die Dramaturgie des Anschlags gelungen, das Fernsehen dafür zu nutzen, um die Bilder und ihre Botschaft auf der ganzen Welt zu verbreiten und damit ein globales Fernsehereignis zu schaffen – in der Tradition palästinensischer Flugzeugentführungen und Geiselnahmen ab 1968.

  • Interner Link: 10-7 ist ein Internetereignis. Denn bei 10-7 ist es den Interner Link: Hamas-Terroristen gelungen, die sozialen Netzmedien zu nutzen. Zunächst verbreitete die Hamas darüber eine Unzahl von authentischen Live-Aufnahmen vom Überfall auf Israel – Bilder voller Grauen, die von Massenmedien zwar nicht gezeigt werden, wohl aber im Netz kursieren. Auch durch die Bilder war das Entsetzen so groß, dass Israel mit aller Härte zurückschlug – aus der Luft, am Boden und durch eine weitgehende Blockade des Gaza-Streifens. Darauf antwortete die Hamas mit einem Wechsel in ihrer Propagandastrategie: Nun wurden vor allem Telegram und TikTok geflutet mit Bildern und Tönen vom Leiden der Bevölkerung im Gaza-Streifen. Dies fand Eingang in die Massenmedien. Dadurch wurde eine weltweite Welle der Solidarität mit den Palästinensern ausgelöst. Dem hatten Israel und seine Verbündeten wenig entgegenzusetzen. Und so erreichte die Hamas ihr politisches Ziel, sich selbst als siegreiche Widerstandskämpfer und die Palästinenser als wehrlose Opfer zu profilieren und zudem eine Verständigung der arabischen Welt mit Israel massiv zu blockieren. Ein zentrales Mittel dafür war, die Dynamik sozialer Netzmedien zu nutzen – die Interner Link: Algorithmen der Plattformen und die Aktivitäten der Nutzenden, die für Viralität von Bildern und Botschaften sorgen .

Epochenwechsel

Wie unter einem Brennglas wird durch den Vergleich ein Epochenwechsel sichtbar. Medien formen unsere gemeinsame Erinnerung ebenso wie unser Erleben der Gegenwart und unsere Erwartungen an die Zukunft. Sie prägen unsere Weltsicht: Das, was wir mit sehr vielen anderen teilen, entnehmen wir den Medien. Je nachdem, welches Medium unsere Kommunikation dominiert, unterscheiden sich Erinnerungen, Erfahrungen und Erwartungen. So gruben sich einst Fotostrecken in Zeitschriften oder Fußballradioreportagen in die geteilte Erinnerung der Deutschen ein. Doch seit den 1960er Jahren prägten analoge Fernsehbilder das Erleben und Erinnern. So sehen viele Ältere beim Stichwort „Wembley-Tor“ in Zeitlupe die 101. Minute des Endspiels der Fußball-WM 1966 vor sich. Sie erinnern sich bei „Mondlandung“, wie sie 1969 die Nacht vor dem Fernseher verbracht haben, und bei „Mauerfall“, wie Trabi-Kolonnen durch ein Spalier jubelnder Menschen fahren. Doch seit der Jahrtausendwende begannen digital produzierte, digital verteilte und digital konsumierte Bilder vor unserem inneren Auge zu laufen, wenn wir uns den Interner Link: Irakkrieg, die Anschläge des IS in Europa, die Migrationskrise, die Coronapandemie oder den Ukrainekrieg und den Gaza-Krieg vergegenwärtigen. Das zeigt, dass wir uns in einem Übergang vom Fernseh- zum Internetzeitalter befinden.

An diesem Epochenwechsel setzen wir mit unserer Leitfrage an:

Zitat

Welche Zukunft hat das Fernsehen in einer mehr und mehr vom Internet geprägten öffentlichen Kommunikation?

Unsere Antwort in Kurzform: Das Fernsehen prägte mehr als 50 Jahre als Massenmedium die öffentliche Kommunikation. Nun verändern und prägen die auf dem Internet basierenden Medien die öffentliche Kommunikation. Dadurch ist Fernsehen zwar nicht mehr Leitmedium, aber es bildet den massenmedialen Teil der öffentlichen Kommunikation, also den Teil, in dem prinzipiell alle Mitglieder eines Gemeinwesens zum gleichen Zeitpunkt für gemeinsame Angelegenheiten zusammenkommen.

Zitat

Fernsehen bleibt das Gemeinsame in einer fragmentierten Welt.

Öffentliche Kommunikation ist eine Grundbedingung für Gesellschaftlichkeit, sozusagen die Luft, die ein soziales Lebewesen zwingend für sein soziales Leben braucht. Öffentliche Kommunikation ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts.

Öffentliche Kommunikation ist angewiesen auf Medien, die auf jeweils spezifische Weise technische, organisatorische, ökonomische, soziale und kulturelle Komponenten kombinieren. Unter der Vielzahl von Medien stechen Leitmedien hervor. Ein Leitmedium

  • strukturiert mehr als andere Medien das alltägliche Erleben und Handeln;

  • prägt die öffentliche Meinungsbildung und die Weltbilder;

  • ist technisch führend und ökonomisch für die Wertschöpfung besonders relevant.

Nach dem jeweiligen Leitmedium kann die Geschichte der öffentlichen Kommunikation in Epochen eingeteilt werden. So lassen sich vor allem ein Presse-, ein Hörfunk-, ein Fernseh- und ein Internetzeitalter unterscheiden. In dieser Abfolge gibt es keine scharfen Zäsuren. Vielmehr ergeben sich gleitende Übergänge mit sehr langen Fristen. Leitmedien, die ihre Leitfunktion verloren haben, sind trotzdem noch lange von Bedeutung. So genießt das Buch nach wie vor eine enorme kulturelle Wertschätzung, obwohl es nur noch wenig Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung hat. Und auch das jeweilige Leitmedium selbst verändert sich, es muss sich ständig aktualisieren und veränderte Ansprüche erfüllen, um Leitmedium bleiben zu können.

Was kennzeichnete das Fernsehzeitalter?

Die Hoch-Zeit des Fernsehzeitalters umfasst die 50 Jahre zwischen 1960 und 2010. In dieser Zeit fokussierte sich die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit, Medienpolitik und Kommunikationsforschung auf das Fernsehen.

Fernsehen war der Inbegriff des Interner Link: Massenmediums, also eines Mediums, das es einem Sender ermöglicht, mit hoher Effizienz standardisierte Sendungen an eine unbegrenzte Zahl von Empfängern zu verbreiten. Die Empfänger bleiben dabei weitgehend voneinander getrennt, sie kommunizieren wenig untereinander oder mit dem Sender. Fernsehen ermöglichte in einer vorher nicht gekannten Weise eine Selbstbeobachtung der Gesellschaft in Echtzeit und strukturierte die Kommunikation in allen gesellschaftlichen Bereichen – von der Politik bis zur Lebenswelt. Entsprechend intensiv waren die Auseinandersetzungen um den Zugang zum Fernsehen und um seine Regulierung . Fernsehen zeichnet sich dadurch aus, dass es die Eigenschaften der vorher dominierenden Massenmedien Presse (journalistische Professionalität), Radio (Aktualität) und Film (Multimedialität) kombiniert. Fernsehen ist bereits ein Interner Link: Hybridmedium . Hinzu kommt die Linearität der Ausspielung mit einem festen Programmschema. Somit lässt sich das klassische Fernsehen beispielsweise von Inhalten in Online-Mediatheken unterscheiden: Bei diesen handelt es sich zwar auch um multimediale Angebote mit teilweise hoher Aktualität und Professionalität, aber die Ausspielung geschieht auf Bestellung, also zeit- und ortsunabhängig.

Diffusion der Fernsehnutzung in der Bundesrepublik Deutschland (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Entwicklung zum Leitmedium kann an der Verbreitungskurve in Deutschland abgelesen werden. Deutlich wird, dass ab Mitte der 1960er Jahre das Fernsehen in mehr als der Hälfte der deutschen Haushalte empfangen wurde und damit die öffentliche Kommunikation zu prägen begann:

Die Ursachen für die schnelle Durchsetzung des Fernsehens waren:

  • Die Programme hatten durch die Aktualität und die Multimedialität eine hohe Attraktivität.

  • Die Kosten für Empfangsgeräte und Empfang wurden im Zuge des Wirtschaftswunders erschwinglich.

  • Die wachsende Nachfrage nach Programmen, Geräten und Infrastruktur stimulierte das Angebot, was wiederum die Nachfrage anreizte.

So hat die Dauer des Fernsehkonsums deutlich zugenommen, auch wenn sie seit 2010 wieder sinkt:

Entwicklung der durchschnittlichen Fernsehdauer pro Tag (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

Das Fernsehen prägte und prägt immer noch den Alltag vieler Menschen vor allem durch eine zeitliche Strukturierung. So wird zum Beispiel die Tagesschau um 20:00 Uhr im Schnitt von etwa 10 Millionen Menschen gesehen - für viele ein Fixpunkt im Tag. Auch einige Wochenendangebote haben noch für viele Menschen zentrale Bedeutung, etwa Sportsendungen, Samstag-Abend-Shows oder der Tatort.

Die soziale Strukturierung der Kommunikation durch das Fernsehen ergibt sich aus gegenläufigen Prozessen der Integration und Differenzierung. Einerseits sorgt das Fernsehen durch seine große Reichweite für soziale Integration. Bestes Beispiel sind Fernsehübertragungen von großen Sportereignissen, bei denen praktisch alle dabei sind . Dadurch sorgt das Fernsehen für Interner Link: Anschlusskommunikation. Denn durch das Fernsehen sind die Chancen hoch, bei anderen auf geteilte Medienerlebnisse zu treffen. Andererseits erlaubt das Fernsehen durch die zunehmende Vielfalt von Sendern eine Differenzierung von Gruppen, die sich über eine enge Bindung an einzelne Formate definieren.

Dem Fernsehen wird nach wie vor erheblicher Einfluss auf die politische Meinungsbildung zugeschrieben – von Politikern, Journalisten und der Bevölkerung . Vor allem die Abendnachrichten bieten eine Rangordnung von Themen und ein Interpretationsschema für komplizierte Probleme. Zwar wird den Fernsehanbietern weniger zugerechnet, dass sie selbst Themen setzen, indem sie etwa Probleme aufdecken. Aber sie sorgen dafür, dass Themen aus Pressemedien eine weite Verbreitung finden (Interner Link: Agenda Setting ). Das hohe Vertrauen etwa in die Tagesschau sorgt für großes Einflusspotential. Und durch die Überzeugungskraft bewegter Bilder vermag das Fernsehen, persuasive, also überredende Qualitäten zu entwickeln. Die Vermutung starker Wirkung ist Grundlage dafür, dass Fernsehen im Fadenkreuz von Medienkritik, Medienpolitik und Medienforschung stand.

Wie prägte das Fernsehen die öffentliche Kommunikation?

Die fünf Wirkungsvermutungen des Fernsehens:

  1. Fernsehen strukturiert den Alltag in zeitlicher, inhaltlicher und sozialer Hinsicht.

  2. Fernsehen beeinflusst die politische Meinungsbildung.

  3. Fernsehen dominiert die öffentliche Kommunikation in ökonomischer Hinsicht.

  4. Fernsehen prägt den Journalismus.

  5. Fernsehen bildet den Schwerpunkt der Medienbeobachtung.

Durchschnittliche tägliche Nutzungsdauer junger Menschen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

Seit Beginn der 2010er Jahre verliert das Fernsehen seinen Status als Leitmedium. Der deutlichste Indikator dafür ist, dass Jugendliche und junge Erwachsene mittlerweile weniger Zeit mit Fernsehen verbringen als mit dem Internet, vor allem mit sozialen Netzwerken . Diese Jahrgänge werden auch später nicht zum linearen Fernsehen zurückfinden. Vielmehr entwickelt jeder Jahrgang sein eigenes Medienrepertoire auf der Basis von Online-Medien.

Was kennzeichnet das Internetzeitalter?

Parallel zum Niedergang des Fernsehens vollzieht sich der Aufstieg des Internets. Öffentliche Kommunikation wird mittlerweile vor allem durch Medien geprägt, die auf dem Internet basieren. Deshalb kann man von einem Internetzeitalter sprechen.

Die internetbasierte Welt der Kommunikation verändert sich in Schüben :

  • Das „Web 1.0“ ab Mitte der 1990er Jahre ist gekennzeichnet durch die Vernetzung von PCs, die Produktion, Verteilung und Rezeption von Informationen vor allem auf verlinkten Websites ermöglichen.

  • Das „Web 2.0“ ab Mitte der 2010er Jahre ist gekennzeichnet durch die Vernetzung von Smartphones, die vor allem Kommunikation in Gruppen ermöglichen.

  • Das gegenwärtige „Web 3.0“ ist dadurch gekennzeichnet, dass Verfahren Künstlicher Intelligenz die Kommunikation strukturieren. Dies begann mit den Empfehlungssystemen in Suchmaschinen und wird gegenwärtig vorangetrieben durch generative künstliche Intelligenz, also z. B. die Erzeugung von Texten, Musikstücken und Bildern durch lernende Computerprogramme. Dadurch nehmen Quantität und Qualität der Möglichkeiten zu, mit humanoiden Computern in natürlicher Sprache zu kommunizieren.

Auf Basis des Internets hat sich eine Vielzahl von Online-Medien etabliert. Sie lassen sich nach der jeweils dominanten Kommunikationsform unterscheiden:

  • Für die Interpersonale Kommunikation stehen Mailing- oder Messengerdienste zur Verfügung,

  • für Gruppenkommunikation soziale Netzwerke wie Facebook oder TikTok,

  • für Organisationskommunikation Intranets und B2B-Plattformen

  • und für Massenkommunikation etliche Online-Medien mit mehr oder weniger starkem Rückkanal wie Podcasts oder Streamingdienste.

Diese Medien werden auf Plattformen angeboten, hinter denen Organisationen stehen – die wichtigsten sind fünf US-amerikanische Digitalkonzerne (Alphabet, Apple, Amazon, Meta, Microsoft) und drei chinesische (Alibaba, Baidu, Tencent).

Struktureller Wandel der öffentlichen Kommunikation im Überblick

Mit der Verbreitung dieser Online-Medien geht ein struktureller Wandel der öffentlichen Kommunikation einher. Dieser Wandel erfasst alle Aspekte von Kommunikation, vor allem Inhalte, Formen, Prozesse, Räume, Akteure, Kosten und Techniken von Kommunikation.

Die sieben Tendenzen der Veränderung

  1. Digitalisierung
    Unter dem technischen Aspekt ist Digitalisierung als Tendenz maßgebend: Ein immer größerer Anteil der öffentlichen Kommunikation erfolgt digital, nicht mehr analog. Ein Indikator dafür ist, dass soziale Netzmedien für einen wachsenden Teil der Bevölkerung zur Hauptinformationsquelle geworden sind . Mit Digitalisierung geht eine Interner Link: Algorithmisierung einher: Zwischen die Kommunizierenden schieben sich zunehmend Rechenvorschriften, die durch Künstliche Intelligenz (KI) beständig optimiert werden.

  2. Ökonomisierung
    Unter dem wirtschaftlichen Aspekt ist eine Ökonomisierung der öffentlichen Kommunikation zu beobachten. Es wächst derjenige Anteil an der Gesamtheit der öffentlichen Kommunikation, bei dem das Verhältnis von Kosten und Nutzen kontrolliert und optimiert, also auf Effizienz getrimmt wird. Es wird verstärkt darauf geachtet, den erstrebten Ertrag mit verringertem Aufwand zu erreichen. Diese Tendenz hat drei Facetten:

    • Die Minimierung der Kosten für Kommunikation wird am deutlichsten an der Rechnerleistung, bei der immer mehr Kapazität für immer weniger Geld zu haben ist . Zudem sinken nicht nur die monetären, sondern auch die zeitlichen Kosten: Durch Open Source-Software und leistungsfähige Tools können etwa Clips schnell selbst fabriziert, präsentiert, aktualisiert und optimiert werden. Und es sinken die Kosten für das Suchen und Finden spezifischer Angebote. Durch diese massive Kostenreduktion erweitern sich die Kommunikationsmöglichkeiten eines jeden Einzelnen: Jeder Jahrgang kann sich viel mehr aktive und passive Kommunikation leisten als der vorherige. Deshalb können auch Außenseiter mit geringen Ressourcen und sogar Einzelpersonen Kommunikationskampagnen in einem früher nicht denkbaren Maße durchführen.

    • Die zweite Facette, die Datafizierung von Kommunikation setzt bei den Finanzierungsquellen für Kommunikationsgüter an. Durch die Digitalisierung des Werbemarktes wird klassischen Massenmedien und damit auch dem Journalismus die finanzielle Grundlage entzogen. Damit zerstört die digitalisierte Medienökonomie einerseits klassische Geschäftsmodelle, sie ermöglicht andererseits jedoch neue Geschäftsmodelle, die auf der Kontrolle über Daten basieren. Somit verlieren die Mediennutzenden als zahlende Kunden für Medienprodukte an Bedeutung, ökonomisch wichtiger werden sie als Datenspender.

    • Die dritte Facette ermöglicht eine Rationalisierung öffentlicher Kommunikation. Deren Effizienz wird dadurch gesteigert, dass der Nutzen maximiert wird. Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten für Anbieter, die Kommunikationsprozesse lückenlos zu kontrollieren, gezielt zu intervenieren und die Prozesse zu optimieren. Über Datenspuren aus der Nutzung kann präzise ermittelt werden, welche Nutzenden welche Angebote wie nutzen, etwa wie häufig ein Online-Artikel aufgerufen, gelesen, weitergeleitet, gelikt oder kommentiert wurde. Dadurch können Online-Redaktionen in Echtzeit darauf reagieren, wenn bei einem Artikel die Klickraten niedriger werden, etwa mit Aktualisierung.

  3. Pluralisierung
    Unter dem sozialen Aspekt zeigt sich eine Pluralisierung der öffentlichen Kommunikation. Dies kann man daran verdeutlichen, wie sich politische Auseinandersetzungen verändert haben. In der analog geprägten Welt waren politische Debatten recht übersichtlich strukturiert. Wenige politische Kommunikatoren, vor allem Parteien, staatliche Instanzen und Verbände, bündelten langfristig die Interessen ihrer jeweiligen Klientel. Sie hatten ein enges Verhältnis zu den wenigen Medienorganisationen. Durch die konnten große Bürgergruppen adressiert werden. Deren Einstellungen und Vorstellungen waren recht konstant, ihr Verhalten gut einschätzbar. Die Akteurskonstellationen waren folglich stabil. Im Vergleich dazu sind die heutigen Konfliktnetze unübersichtlich, etwa zum Thema Migration oder Klimawandel. Denn es gibt vor allem mehr und stärker unterschiedliche Knoten im Netz öffentlicher Kommunikation. So konkurrieren nicht nur mehr Parteien, sie unterscheiden sich auch deutlicher. Und es gibt nicht nur mehr zivilgesellschaftliche Gruppen, sie sind auch unterschiedlicher und kurzlebiger, wie etwa die Vielzahl identitätspolitisch orientierter Gruppen zeigt.

    Auch die medialen Vermittler sind unterschiedlicher geworden: Neben die professionellen Vermittler aus Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit schieben sich partizipative Vermittler wie Bürgergruppen oder Kampagnenplattformen und dann auch noch technische Vermittler wie Suchmaschinen oder Aggregatoren. Vor allem spielen nun international agierende Plattformbetreiber in den Auseinandersetzungen eine gewichtige Rolle.

    Zudem ändern sich auch Quantität und Diversität der Relationen in solchen Debatten. Denn grundsätzlich kann jeder vom Hörer zum Sprecher werden. Und viel mehr Menschen als früher wollen dies auch, da es nun niedrigschwellige Artikulationsformen gibt wie Liken, Sharen, Kommentieren. Und mittels Online-Medien können politische Kommunikatoren direkte Beziehungen zu Zielgruppen aufnehmen. Bislang hatten einige zentrale Knoten, vor allem die etablierten Massenmedien, viele Möglichkeiten, Kommunikationsströme zu lenken, zu drosseln oder zu verstärken. Die können nun umgangen werden („Disintermediation“) . Politiker können sich direkt an ein Publikum wenden und brauchen dafür nicht erst Journalisten zu gewinnen. Vor allem populistische Spitzenkandidierende sind in Ämter gelangt, weil sie ihre Zielgruppen gezielt und permanent erreichen konnten – vorbei an den Medien, die ihnen gegenüber kritisch eingestellt waren . Umgekehrt können Interessengruppen die Politiker direkt ansprechen, ohne erst Journalisten durch PR für ihr Anliegen gewonnen zu haben.

  4. Individuelle Spezifizierung
    Wie verändert sich mit der Digitalisierung die öffentliche Kommunikation in inhaltlicher Hinsicht? Von zentraler Bedeutung ist die individuelle Spezifizierung: Es wächst derjenige Anteil an der Gesamtheit der öffentlichen Kommunikation, der auf den einzelnen Adressaten zugeschnitten ist. Nachrichten oder Unterhaltungsangebote werden zunehmend personalisiert. Dies basiert auf der generellen Individualisierung gesellschaftlicher Beziehungen .

    • Die erste Facette ist die Vervielfältigung des Angebots von Informationen. Die analoge Welt war gerade in Deutschland gekennzeichnet durch ein einheitliches Angebot für alle: Sinnbild ist das eine politisch ausgewogene öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm. In der ‚neuen Welt‘ wächst von Tag zu Tag das Angebot an Informationsmöglichkeiten . Zwar gibt es noch Anbieter, die große Reichweiten erzielen, etwa mit Bestsellern, Blockbustern, Sportevents oder Abendnachrichten. Aber nun gibt es zusätzlich eine Unmenge von Anbietern von sehr speziellen politischen Angeboten mit zum Teil winzigen Reichweiten.

    • Diese neue Angebotsstruktur macht – zweite Facette – auf Seiten der Nachfrage nach Informationen scharfe Selektionen notwendig. Jede/r muss sich ständig für etwas entscheiden – und damit gegen eine wachsende Zahl anderer Angebote. Diese Auswahlen erfolgen nach Maßgabe individueller Präferenzen.

    • Eine solche Personalisierung der Information ist nur machbar durch – dritte Facette – ein optimiertes Matching von Angebot und Nachfrage, wenn die Individuen also in ihrer Auswahl unterstützt werden durch automatisierte Verfahren, etwa durch Empfehlungssysteme.

    Maschinelles Lernen ermöglicht, die Angebote immer genauer an die individuelle Nachfrage anzupassen. Für das Individuum bietet dies Chancen, etwa sich gezielter zu informieren. Die Spezifizierung birgt aber auch Risiken. Denn die soziale Fragmentierung nimmt zu. Viele sprechen von „Interner Link: Echokammern und „Interner Link: Filterblasen. Diese Thesen wurden empirisch überprüft und deutlich relativiert . Insgesamt bestätigt sich jedoch: Das Gemeinsame ist zwar nicht verschwunden, aber es schwindet.

  5. Globalisierung öffentlicher Kommunikation
    In räumlicher Hinsicht zeigt sich eine Globalisierung öffentlicher Kommunikation. Es wächst derjenige Anteil an der Gesamtheit öffentlicher Kommunikation, der territoriale Grenzen überwölbt und von einem weltweiten Horizont bestimmt ist. Die klassische Kommunikation war weitgehend durch territorial-staatliche Grenzen bestimmt. Themen, Positionen, Strategien, Organisationen, Führungspersonen waren je nach politischer Arena lokal, regional oder national geprägt.

    • Das ist aufgebrochen, wie die erste Facette zeigt: In der durch das Internet geprägten Welt ist die Agenda der aktuellen Themen viel stärker als früher bestimmt durch transnationale Themen wie internationale Sicherheit, Energieversorgung, Pandemie, Migration, Klimawandel, Weltfinanzsystem, Welthandel, Terrorismus.

    • Und – zweite Facette – mehr Akteure als früher kommunizieren global. So richten sich politische Akteure sehr viel öfter und expliziter als früher an eine Weltöffentlichkeit. Auch die Medien waren früher nach territorial-politischen Räumen strukturiert, also lokal, regional, oder national ausgerichtet – in ihrer Reichweite, ihrer inhaltlichen Orientierung, ihrer Regulierung. Heute dominieren weltweit agierende Plattformbetreiber die Medienlandschaft.

    • Mit der Globalisierung von Agenda und Arena bildet sich – dritte Facette – eine ubiquitäre Nutzung heraus: Kommunikation ist nicht mehr an territoriale Räume gebunden, sondern kann überall stattfinden.

  6. Dynamisierung
    Unter zeitlichem Aspekt tritt eine Dynamisierung hervor: In einem wachsenden Teil der Gesamtheit öffentlicher Kommunikation vergrößern sich Geschwindigkeit und Dichte. In der analogen Welt liefen Kommunikationsprozesse in recht gemessenem Tempo ab. Ihr Verlauf war überschaubar. In der digitalen Welt werden Kommunikationsprozesse dynamischer, also schneller, dichter, verflochtener und damit unvorhersehbarer. Als Indikator dafür können die Rhythmen dienen, die in die Medien eingeschrieben sind. So haben die Nachrichtensendungen im linearen Fernsehen fixe Zeitpunkte für Anfang und Ende. Dies ist aufgebrochen: Online-Ausgaben können permanent aktualisiert werden. Und man kann sekundenscharf sehen, worüber in der X-community gerade kommuniziert wird.

    Zitat

    Wer an öffentlicher Kommunikation teilhaben will, der muss sich dem beschleunigten Rhythmus anpassen – und beschleunigt ihn damit weiter.

  7. Hybridisierung
    Und schließlich: Wie verändert sich im Zuge der Digitalisierung die Form öffentlicher Kommunikation? Dies kann man als Hybridisierung fassen: In einem wachsenden Teil der Gesamtheit von Kommunikation werden unterschiedliche Modi von Kommunikation zusammengeführt. Als Indikator eignen sich die Kommunikationsendgeräte. In der analogen Welt hatte man für jede Kommunikationsform ein eigenes Gerät an seinem eigenen Platz in der Wohnung. Hingegen findet man auf dem Display eines Smartphones als Apps eng beieinander, was früher strikt getrennt war:

    • Möglichkeiten für Massenkommunikation wie Spiegel Online, für interpersonale Kommunikation wie WhatsApp,

    • für Gruppenkommunikation wie Facebook,

    • für Organisationskommunikation wie Apps für Finanzdienstleistungen

    • und vermehrt für Mensch-Computer-Kommunikation wie ChatGPT .

    Ein Smartphone ist konzentrierte Konvergenz: Bislang Getrenntes wächst zusammen . Darauf basiert als weitere Facette die Konvergenz von Kommunikationspraktiken . Denn in der alltäglichen Kommunikation jedes Einzelnen werden massenmediale, gruppeninterne und interpersonale Kommunikation eng verwoben. Ohne Medienbruch kann man zwischen den Formen hin- und herspringen. Die kategorischen Unterscheidungen zwischen den Formen und damit auch zwischen „privat“ und „öffentlich“ verlieren an Kraft und Schärfe. Und dadurch werden die sozialen Netzmedien zum neuen Nadelöhr, das Botschaften passieren müssen, wenn sie bestimmte Zielgruppen erreichen sollen. Facebook, X, TikTok, Tumblr, Instagram, YouTube – damit arbeiten die neuen Gatekeeper öffentlicher Kommunikation. Das birgt Chancen, etwa für Kommunikationskampagnen. Es birgt aber auch Risiken, weil internationale Plattformbetreiber eine Schlüsselstellung bekommen – für Information und für Konversation und für Partizipation.

Diese sieben Tendenzen der Veränderung bündeln sich zu einem strukturellen Wandel der öffentlichen Kommunikation. Unter dem Strich wird Kommunikation digitaler und damit effizienter, pluraler, individueller, globaler, dynamischer und hybrider. Dieser Wandel berührt alle Bereiche öffentlicher Kommunikation – die Kommunikation in Politik, Wirtschaft, Religion, Wissenschaft oder Sport. Darüber hinaus berührt der Wandel alle Grade von Öffentlichkeit: von der intimen Kommunikation, die unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit geschieht, etwa in Liebesbeziehungen, bis zur vollkommen öffentlichen Kommunikation, an der nachweislich der ganz überwiegende Teil der Menschheit rezeptiv teilnimmt, etwa bei Olympischen Spielen oder bei Extremereignissen wie dem Mauerfall oder 9-11 .

Fazit: Welche Zukunft hat das Fernsehen in einer vom Internet geprägten öffentlichen Kommunikation?

Was wird nun aus dem Fernsehen? Es hat seine Leitfunktion an die Online-Medien abtreten müssen. Verschwindet deshalb das Fernsehen sachte aus der Kommunikation? Sicher nicht. Auch in diesem Falle weist den Weg das von Wolfgang Riepl bereits vor mehr als 100 Jahren formulierte „Grundgesetz der Entwicklung des Nachrichtenwesens. Dieser Hypothese zufolge werden bereits etablierte Medien nicht durch neue Medien vollständig und dauerhaft verdrängt, sondern sie passen sich unter dem Konkurrenzdruck in ihren Funktionen und Formen an die veränderten Bedingungen an.

Eine erste Facette der Veränderung des Fernsehens in der Online-Welt ist, dass Eigenschaften des Fernsehens durch die Online-Medien übernommen werden und somit fernsehspezifische Nutzungsweisen überleben. Zum Beispiel bleiben bei einigen hochattraktiven Online-Angeboten feste Ausstrahlungszeitpunkte erhalten, obwohl Nutzende zeitunabhängig auf Inhalte zugreifen könnten. So fiebern die Fans von wichtigen Serien der Streaminganbieter dem Zeitpunkt entgegen, an dem neue Folgen online gestellt werden. Und insbesondere im Gaming-Bereich haben sich Livestreams etabliert, die große Zuschauermengen zeitgleich vor die Endgeräte locken. Aber anders als im Fernsehen können sie dabei miteinander und mit den Kommunikatoren interagieren. Auch die Erwartungen daran, wie ein professionelles Video auszusehen hat, wurden vom Fernsehen auf das Internet übertragen.

Im Gegenzug übernimmt das klassische Fernsehen Eigenschaften, die primär den Online-Medien zugeschrieben werden. So bemühen sich Fernsehanbieter um mehr und stärkere Interaktivität. Oder sie bieten ihre Inhalte auch zur zeitlich ungebundenen Nutzung an, etwa in Mediatheken. Und sie nutzen die Online-Kanäle, um ihre professionellen Angebote auszuspielen. Die Inhalte werden dort platziert, wo die User sind – auf den sozialen Netzwerken. Dafür reicht es allerdings nicht, die für das Fernsehen produzierten Inhalte einfach nur zur Verfügung zu stellen. Vielmehr müssen sie zielgruppen- und plattformgerecht aufbereitet werden, wenn sie eine Chance haben sollen. Der Trend auf Plattformen wie Instagram oder TikTok, aber auch auf mittlerweile „alten“ Plattformen wie YouTube oder Facebook geht zum vertikalen Videoformat und zu sehr kurzen Beiträgen. Die Durchdringung der öffentlichen Kommunikation durch Künstliche Intelligenz wird weitere Herausforderungen für das Fernsehen mit sich bringen. Die Chancen gilt es zu nutzen: So können etwa Informationsbedarfe von Gemeinschaften durch algorithmische Mustererkennung identifiziert werden. Oder es können Routinetätigkeiten wie das Verfassen hochstrukturierter Nachrichten von Maschinen übernommen werden, damit Journalisten sich auf kreative Kommunikation konzentrieren können.

Die wichtigste Facette des Wandels des Fernsehens ist aber, dass es seine Funktionen neu justiert. So kann es – auch auf Kosten des Hörfunks – verstärkt eine Tagesbegleitfunktion wahrnehmen, so dass die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf andere Tätigkeiten gerichtet werden kann und gerade nicht durch aktive Mitwirkung gefordert wird. Tendenzen dazu sind bereits sichtbar – in anderen Kulturen deutlicher als in Deutschland. Auch kann es seine Informationsfunktion ausbauen:

Zitat

Das Überprüfen von Fakten und das Kuratieren von Informationen sind kostenintensiv und wenig lukrativ und bleiben damit weiterhin die Domäne klassischer Medienanbieter.

Vor allem aber sollte das Fernsehen seine Gemeinschaftsfunktion ausbauen und damit ein Gegengewicht zu einer individualisierten Mediennutzung bilden. Besonders deutlich wird dies bei großen Ereignissen, bei denen das Fernsehen das Lagerfeuer bildet, aber parallel dazu in kleinen Online-Gruppen über das Gesehene geredet wird (Interner Link: Second Screen). Besonders wichtig ist diese Gemeinschaftsbildung für die öffentliche politische Kommunikation. Dazu tragen auch die Plattformen bei, aber das Fernsehen bildet nach wie vor das Rückgrat der politischen Information. Es bietet diejenigen Themen und Interpretationsmuster an, deren Kenntnis grundsätzlich bei allen vorausgesetzt werden kann. Insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann seine Legitimität aus dem Vertrauen ziehen, das ihm im Hinblick auf professionelle journalistische Information entgegengebracht wird.

Insgesamt werden die Fernsehangebote zwar weiter an den Rand der öffentlichen Kommunikation rücken. Und die Fernsehanbieter werden eher schrumpfen als wachsen. Aber das Fernsehen wird auch im Internetzeitalter mehr als eine Nische bilden; es bleibt für absehbare Zeit der massenmediale Teil der öffentlichen Kommunikation. Offen ist, welche Art von Leitmedium dann das Internet ablösen wird und welche neuen Herausforderungen sich damit für das Fernsehen stellen.

Quellen / Literatur

Anderson, Chris: The Long Tail: Der lange Schwanz. München, 2007.

Beck, Ulrich/Beck-Gernsheim, Elisabeth (Hrsg.): Riskante Freiheiten. Individualisierung in modernen Gesellschaften. Frankfurt a. M., 1994.

Behre, Julia/Hölig, Sascha/Möller, Judith: Reuters Institute Digital News Report 2023 – Ergebnisse für Deutschland. Hamburg, 2023.

Beisch, Natalie/Koch, Wolfgang: ARD/ZDF-Onlinestudie: Weitergehende Normalisierung der Internetnutzung nach Wegfall aller Corona-Schutzmaßnahmen. In: Media Perspektiven 23/2023, S. 1-9. Externer Link: https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2023/MP_23_2023_Onlinestudie_2023_Fortschreibung.pdf.

Bernhard, Uli/Dohle, Marco: Do even journalists support media restrictions? Presumed political media influences and the consequences. In: Journalism & Mass Communication Quarterly, 91(2), 2014, S. 250-271.

Bernhard, Uli/Dohle, Marco/Vowe, Gerhard: Wie werden Medien zur politischen Information genutzt und wahrgenommen? Online- und Offlinemedien im Vergleich. In: Media Perspektiven 3/2014, S. 159-168. Externer Link: http://www.ard-werbung.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2014/03-2014_Bernhard_Dohle_Vowe.pdf.

Bruns, Axel: Are Filter Bubbles Real? Cambridge, 2019.

Chadwick, Andrew: The Hybrid Media System. Oxford, 2017.

Cortellessa, Eric: The Oct. 7 Massacre Revealed a New Hamas Social Media Strategy. In: Time, 13.10.2023.

Dohle, Marco/Bernhard, Uli: Mediennutzung und -wahrnehmung von Bundestagsabgeordneten: Ersetzen oder ergänzen Online-Medien klassische Informations- und Kommunikationskanäle? In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 45(4), 2014, S. 763-774.

Dwoskin, Elizabeth: A flood of misinformation shapes views of Israel-Gaza conflict. In: Washington Post, 14.10.2023.

Emmer, Martin/Kuhlmann, Christoph/Vowe, Gerhard/Wolling, Jens: Der 11. September -Informationsverbreitung, Medienwahl, Anschlusskommunikation. In: Media Perspektiven 4/2022, S. 166-177.

Engel, Bernhard/Breunig, Christian (2015): Massenkommunikation 2015: Mediennutzung im Intermediavergleich. Ergebnisse der ARD/ZDF-Langzeitstudie. In: Media Perspektiven 7-8/2015, S. 310-322: Externer Link: https://presseportal.zdf.de/fileadmin/zdf_upload/Aktuelles/2015/9/07082015_Engel_Breunig.pdf.

Gellman, Robert: Disintermediation and the Internet. In: Government Information Quarterly, 13(1), 1996, 1-8.

Haddad, Denise/Kupferschmitt, Thomas/Zubayr, Camille: Tendenzen im Zuschauerverhalten. Nutzungsgewohnheiten und Reichweiten im Jahr 2022. In: Media Perspektiven 5/2023, S. 1-13. Externer Link: https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2023/MP_5_2023_Tendenzen_im_Zuschauerverhalten_2022.pdf.

Hamann, Götz: Desinformation im Nahostkonflikt: Krass, ist das echt? Zeit Online, Externer Link: https://www.zeit.de/digital/internet/2023-11/nahostkonflikt-desinformation-propaganda-israel-gaza-krieg, 2023, Aufgerufen am 29.04.2024.

Hayes, Arthur S.: Communication in the Age of Trump. New York, 2018.

Höflich, Joachim R.: Zwischen massenmedialer und technischer Kommunikation. Der Computer als Hybridmedium und was die Menschen damit machen. In Beck, Klaus/Vowe, Gerhard (Hrsg.): Computernetze – ein Medium öffentlicher Kommunikation? Berlin, 1997, S. 85-104.

Köcher, Renate/Bruttel, Oliver: 1. Infosys-Studie. Social Media, IT & Society, Frankfurt/M., 2011, Externer Link: https://docplayer.org/4937079-Social-media-it-society-2011.html. Aufgerufen am 29.04.2024.

Koopmann, Christoph/Schweikle, Sina-Marie: Faustrecht der Bilder. In: Süddeutsche Zeitung, 20.11.2023.

Kupferschmitt, Thomas/Müller, Thorsten: ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2023: Mediennutzung im Intermediavergleich. In: Media Perspektiven 21/2023, S. 1-20. Externer Link: https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2023/MP_21_2023_MKT_Intermediavergeich_final.pdf.

Mascolo, Georg: Terror und Medien. Vor der Bilderflut. In: Süddeutsche Zeitung, 03.11.2023.

McCombs, Maxwell E./Shaw, Donald L.: The Agenda-Setting Function of Mass Media. In: Public Opinion Quarterly, 36, 1972, S. 176-187.

Moore, Gordon E.: Cramming More Components onto Integrated Circuits. In: Electronics, 38(8), 1965, 114–117.

Morris, Merrill/Ogan, Christine: The Internet as Mass Medium. In: Journal of Communication, 46(1), 1996, 39-50.

O’Reilly, Tim: What is Web 2.0? Design Patterns and Business Models for the Next Generation of Software. Externer Link: https://www.oreilly.com/pub/a/web2/archive/what-is-web-20.html, 2005. Aufgerufen am 30.04.2024.

Pariser, Eli: The Filter Bubble: What the Internet is Hiding from You. New York, 2011.

Sieber, Armin: Dialogroboter: Wie Bots und künstliche Intelligenz Medien und Massenkommunikation verändern. Wiesbaden, 2019.

Sunstein, Cass R.: Echo Chambers: Bush vs. Gore: Impeachment, and Beyond. Princeton, 2001.

Reitze, Helmut/Ridder, Christa-Maria (2011): Massenkommunikation VIII. Eine Langzeitstudie zur Mediennutzung und Medienbewertung 1964-2010. Baden-Baden.

Riepl, Wolfgang: Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer. Leipzig, 1913.

Rühle, Angela: Programmprofile zwischen Markt und öffentlichem Interesse. Sport im deutschen Fernsehen 2011. In: Media Perspektiven, 11/2012, S. 555-569. Externer Link: http://www.ard-werbung.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2012/11-2012_Ruehle.pdf.

Vowe, Gerhard/Henn, Philipp: „Konvergenz“ – Klärung eines kommunikationswissenschaftlichen Schlüsselbegriffs. In: Emmer, Martin/Strippel, Christian (Hrsg.), Kommunikationspolitik für die digitale Gesellschaft. Berlin, 2015, S. 43-60.

Vowe, Gerhard: Struktureller Wandel der politischen Kommunikation: Chancen und Risiken für liberale Demokratien. MIP Zeitschrift für Parteienwissenschaft, 3, 2022, S. 187-213.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Cortellessa 2023, Dwoskin 2023, Hammann 2023, Koopmann/Schweikle 2023, Mascolo 2023.

  2. Vgl. McQuail 2000, S. 26.

  3. Höflich 1997.

  4. Vgl. Haddad/Kupferschmitt/Zubayr 2023: 2022 sahen die Tagesschau um 20:00 Uhr 10,13 Mio. Menschen (=39,1% Marktanteil).

  5. Vgl. Rühle 2012.

  6. Vgl. Bernhard/Dohle 2014, Bernhard/Dohle/Vowe 2014, Dohle/Bernard 2014.

  7. McCombs/Shaw 1972

  8. Vgl. Kupferschmitt/Müller 2023, S. 12; Beisch/Koch 2023, S. 5.

  9. O‘Reilly 2005.

  10. Behre/Hölig/Möller, 2023, S. 18.

  11. Moore 1965.

  12. Gellman 1996; Neuberger 2009.

  13. Hayes 2018.

  14. Beck/Beck-Gernsheim 1994.

  15. Anderson 2007.

  16. Sunstein 2001.

  17. Pariser 2011.

  18. Bruns 2019.

  19. Morris/Ogan 1996, Sieber 2019.

  20. Chadwick 2017.

  21. Vowe/Henn 2015.

  22. Emmer/Kuhlmann/Vowe/Wolling 2002.

  23. Riepl 1913, S. 4.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 4.0 - Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International" veröffentlicht. Autoren/-innen: Gerhard Vowe, Philipp Henn für bpb.de

Sie dürfen den Text unter Nennung der Lizenz CC BY-NC-ND 4.0 und der Autoren/-innen teilen.
Urheberrechtliche Angaben zu Bildern / Grafiken / Videos finden sich direkt bei den Abbildungen.
Sie wollen einen Inhalt von bpb.de nutzen?

Weitere Inhalte

Dr. Gerhard Vowe war bis 2023 Seniorprofessor für Kommunikationswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Externer Link: https://www.sozwiss.hhu.de/institut/abteilungen/kommunikations-und-medienwissenschaft/prof-dr-gerhard-vowe

Philipp Henn arbeitet als Markt- und Medienforscher bei einem deutschen Medienanbieter.