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Der Marshallplan und der Mauerfall von 1989

Dr. Elke Kimmel

/ 2 Minuten zu lesen

Der "Mythos Marshallplan" ist nicht auf den Westen Deutschlands begrenzt. Mindestens genauso wirksam, allerdings in seiner Umkehrung, war und ist er im Bereich der ehemaligen DDR: Für viele Ostdeutsche ist hiermit die bittere Erinnerung verbunden, keine Hilfe erhalten zu haben, sondern von der eigenen Besatzungsmacht ausgebeutet und geschädigt worden zu sein.

Geförderter Betrieb Cerestar bei Magdeburg 1994 (Aufschwung Ost) (© Bundesregierung, B 145 Bild-00003561, Foto: Engelbert Reineke)

Kriegslasten und Wiederaufbau

Auf diese Weise habe die DDR und hätten die Ostdeutschen die Hauptlasten des von allen Deutschen verursachten Zweiten Weltkriegs getragen. Viele Menschen übernahmen diesbezüglich auch die Argumentation der SED und Erich Honeckers. Dieser hatte in seinen Erinnerungen festgehalten, dass die Kriegszerstörungen im Osten Deutschlands wesentlich schlimmer gewesen seien als im Westen. Selbst wenn diese Sichtweise historisch nicht haltbar ist, so erklärte sie doch für die DDR-Regierung, warum es Jahrzehnte nach dem Krieg immer noch einen offensichtlich geringeren Lebensstandard in der DDR gab, ohne die Schuld dem "großen Bruder" im Osten anlasten zu müssen. Auch die eigene Misswirtschaft musste so nicht korrigiert werden.

Für viele ehemalige DDR-Bürger leitete sich aus der Bündelung negativer Startbedingungen – größere Zerstörungen, keine Hilfe von außen, folglich das alleinige Tragen der Kriegslasten durch die DDR – nach der Wende 1989/90 ein gleichsam selbstverständlicher Anspruch auf Unterstützung aus dem Westen ab.

"Aufbau Ost"

Tatsächlich trugen die Erwartungen an den "Aufbau Ost" genannten Plan teilweise übertriebene Züge und konnten der Realität nicht standhalten. Häufig wurde dabei übersehen, dass die Ausgangslage 1989/90 eine wesentlich schwierigere war, und dass auch der Einsatz enormer finanzieller Mittel allein keine Rettung bringen konnte. Die Mittel, gerade für Existenzgründungen in Ostdeutschland stammten zu einem nicht geringen Teil aus dem Sondervermögen, das aus den Gegenwertfonds des Marshallplans aufgebaut worden war. Zu diesem Zweck war das Sondervermögen noch einmal verstärkt worden – etwa die Hälfte aller Firmenneugründungen in der ehemaligen DDR (bis 1997) wurde aus Marshallplanmitteln mit besonders günstigen Konditionen gefördert. Insofern profitierte Ostdeutschland - wenn auch mit fast fünfzig Jahren Verspätung – ebenfalls vom Marshallplan, allerdings mit weniger durchschlagendem Erfolg.

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Dr. Elke Kimmel, selbständige Historikerin.