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Naturschutz(politik) – Grundbegriffe und ihre Merkmale

Christiane Hubo Max Krott

/ 17 Minuten zu lesen

Naturschutz als Politikfeld beinhaltet viele Begriffe und es stellen sich zahlreiche grundlegende Fragen: Von welcher "Natur" wird gesprochen, wie ändern sich ihre Bestandteile und damit auch die Anforderungen, die an die Naturschutzpolitik gestellt werden? Welche unterschiedlichen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen treffen aufeinander?

Beringung eines Wanderfalkenkükens. Eines der ältesten Anliegen des Naturschutzes betrifft den Artenschutz als Schutz einzelner Tier- und Pflanzenarten. (© picture-alliance/dpa, Zentralbild | Patrick Pleul)

Naturschutzpolitik

"Naturschutzpolitik" bezeichnet einen Ausschnitt von Politik, der sich mit dem Politikfeld Naturschutz befasst. Dazu gehören alle Akteure, die auf politische Entscheidungen in dem Politikfeld Einfluss nehmen, sowie alle Politikinhalte, Maßnahmen und Programme, mit denen die Akteure das Politikfeld in meist konflikthaften Prozessen gestalten.

Landnutzungswandel und der Verlust von Arten, Lebensräumen und Landschaftsbildern

Die Intentionen des Naturschutzes sind vielfältig. Ein Beweggrund ist, die Natur um ihrer selbst willen, aufgrund eines anerkannten Eigenwertes oder auch als Schöpfung Gottes zu erhalten, ein weiterer ist der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Grundlegend ist das Wissen um einen dramatischen Verlust der natürlichen Artenvielfalt durch Übernutzung von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen und die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch Landnutzungsänderungen, die sich negativ auf die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes auswirken.

Bericht des Weltbiodiversitätsrats

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES stellt in seinem Bericht 2019 fest, dass weltweit

  • bis zu 1 Mio. Arten vom Aussterben bedroht sind, mehr als je zuvor,

  • 75 % der Landoberfläche durch menschliche Einflüsse signifikant verändert wurden,

  • 66 % der Meeresfläche erheblichen Belastungen ausgesetzt sind,

  • über 85 % der Feuchtgebiete verloren gegangen sind und

  • die Waldflächen weiterhin abnehmen, wenn auch weniger schnell.

(Siehe "Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des Regionalen Assessments zur biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen in Europa und Zentralasien der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services": Externer Link: https://ipbes.net/system/files/2021-02/20210212_spm_eca_2019_de.pdf)

Bedeutende Landnutzungsänderungen sind:

  • Die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Verbindung mit der Wandlung von traditioneller zu industrieller Landwirtschaft mit hohen Nährstoff- und Pestizideinträgen,

  • Entwässerung und Grundwasserentnahme,

  • Veränderungen der Hydrologie und Morphologie von Gewässern sowie

  • Flächenzerschneidung und -versiegelung durch den Ausbau von Infrastruktur, Siedlungs- und Gewerbegebieten und die Ausdehnung städtischer Flächen.

Der Nutzungsdruck auf Landflächen und Gewässer, auf Tiere, Pflanzen und andere Organismen ist in den letzten 50 Jahren stark angestiegen durch die Verdoppelung der menschlichen Bevölkerung, durch das Wachstum der Weltwirtschaft um fast das Vierfache und des Welthandels um das Zehnfache, mit entsprechenden Nachfragen nach Energie, Rohstoffen und Konsumgütern.

Eine weitere Bedrohung geht vom Externer Link: Klimawandel aus, wenn Arten und Ökosysteme sich nicht schnell genug an die dadurch bewirkten Umweltveränderungen anpassen können.

Im Folgenden soll genauer betrachtet werden, was unter "Natur“ und sinnverwandten Begriffen verstanden wird, was der Gegenstand von Naturschutzpolitik ist und wo die Grenzen der Naturschutzpolitik liegen.

Welche Natur?

Das Thema "Interner Link: Natur" bildet eine Art "Urfrage der Menschheitsgeschichte", in deren Mittelpunkt die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur steht. Diese Beziehung war zunächst Gegenstand philosophischer Betrachtungen.

Zitat

Etymologisch ist "Natur" das, was in der Welt geboren wurde (lat. Natura von nasci "entstehen, geboren werden"), das nicht vom Menschen geschaffene, im Unterschied zur Kultur als Ausdruck für die Bearbeitung und Pflege (z. B. des Bodens, Agrikultur) durch den Menschen.

Allerdings gibt es kaum noch unberührte Natur. Seit der Entstehung menschlicher Zivilisationen wird der anthropogene (menschengemachte) Einfluss auf die Naturräume immer größer. Moderne Gesellschaften mit ihren globalen Wirtschaftsverflechtungen beeinflussen Lebensräume weltweit. Im Zuge der Kolonisierung der Natur durch den Menschen wird diese transformiert und ist bereits weitgehend zu einem Kulturträger geworden. So lassen sich drei Stadien von Natur unterscheiden :

  1. Der ursprüngliche Zustand der Natur, im christlichen Sinne die durch einen Schöpfer gegebene Natur, das ursprüngliche Wesen, das vom Geist unterschieden wird, die Natur einer Sache als ihr Wesenskern.

  2. Die Natur als Kulturphänomen, bei dem der Gegensatz von Natur (Materie) und Kultur (Geist) verfließt. Die Vertreter der integrativen Naturauffassung bezeichnen die "geistdurchsetzte", vom Menschen durchformte Landschaft als die "zweite Natur".

  3. Die vom Menschen neu geschaffene Natur, wie sie aktuell etwa durch die Gentechnik ermöglicht wird, und bei der fraglich ist, inwieweit sie im Einklang mit den natürlichen und kosmischen Gesetzen steht oder sich zerstörerisch auswirkt.

Gegenstand des Naturschutzes ist die erste, die ursprüngliche Natur, und teilweise auch die zweite Natur, soweit es sich um Kulturlandschaften handelt, denen ein besonderer Eigenwert zugeschrieben wird. Damit ist es das Grundanliegen des Naturschutzes, die Natur vor einer Transformation durch den Menschen zu bewahren, die die physischen und seelischen Lebensbedingungen zerstört.

Bestandteile der Natur

Im Mittelpunkt des biologischen Blicks auf die Natur stehen der Naturhaushalt und die zu diesem gehörenden Interner Link: Umweltmedien Boden, Wasser, Luft sowie die Tier- und Pflanzenwelt. Ausgehend von einer separaten Betrachtung der Umweltmedien hat der Naturschutz sich dahin entwickelt, das Wirkungsgefüge zwischen den einzelnen Elementen in den Blick zu nehmen und ganze Interner Link: Ökosysteme, deren Teile miteinander wechselwirken, zu betrachten. Naturschutz zielt damit auf den gesamten Raum des erdumspannenden Ökosystems, die Biosphäre der Erde, die von 5 km unter bis 60 km über der Erdoberfläche reicht.

Dieser Raum ist Gegenstand der Interner Link: Ökologie als einer biologischen Teildisziplin. Die Ökosystemforschung befasst sich mit den Beziehungen innerhalb und zwischen Ökosystemen, die als ein Zusammenspiel von belebten (biotischen) und unbelebten (abiotischen) Komponenten verstanden werden. Der naturwissenschaftliche Arten- und Biotopschutz betrachtet die Tiere und Pflanzen als biotische Organismen, in ihrer Gesamtheit auch Biozönose (Piechocki 2010: 75 ff.) oder Lebensgemeinschaft genannt. Der Lebensraum der Biozönose ist das als abiotisch aufgefasste Biotop, zu dem z. B. das Gestein, der Mineralboden, die Luft und die klimatischen Bedingungen zählen (Piechocki 2010: 90); Biotope können auch an gebauten Strukturen entstehen. Zahlreiche Tiere und Pflanzen haben in besiedelten Räumen ihr Biotop gefunden und leben in städtischen Ökosystemen.

Die Ökosystemforschung, die sich als Begriff in den 1970er Jahren etablierte, bezieht teilweise auch die Wechselwirkungen mit dem Menschen ein, wobei sie insbesondere die Interner Link: Ökosystemleistungen thematisiert und damit Ansätze zu interdisziplinären Vernetzungen bietet. Es entstanden auch sozialwissenschaftliche Forschungszweige, wie die "Politische Ökologie", die sich mit den Wechselwirkungen menschlichen Handelns und den natürlichen Ökosystemen auseinandersetzen. Gefragt wird dabei nach politischen Machtverhältnissen als soziale Ursachen von Umweltproblemen.

Aus einer stärker ökonomisch orientierten Perspektive werden die Bestandteile der Natur auch als Naturgüter oder synonym als natürliche Ressourcen bezeichnet. Unterschieden wird zwischen nicht erneuerbaren Naturgütern, wie fossile organische Massen, Mineralien und nutzbare Steine und Erden, sowie den erneuerbaren oder nachwachsenden Naturgütern Boden, Wasser, Luft, Fauna und Flora, die Gegenstand des Naturschutzes sind.

Vom statischen zum dynamischen Naturschutz

Die Bewahrung der Natur vor Veränderungen durch Mensch und Technik enthält einen stark konservierenden Ansatz, mit dem Naturschutz im 19. Jahrhundert auf die Folgen der Industrialisierung für Natur und Landschaft reagierte. Die Naturschutzbewegung der Kaiserzeit war eng verbunden mit dem Interner Link: Heimatschutz, maßgeblich geprägt durch den Musiker Ernst Rudorff (1840-1916), auf den auch der Begriff des Naturschutzes zurückgeht. Die Veränderungen der vertrauten Landschaftsbilder wirkten für viele als Entfremdung, als Verlust der Beheimatung in der Landschaft. Entsprechend spielte die Forderung nach Naturschutzparks nach dem Vorbild der USA, in denen 1864 der erste Nationalpark errichtet worden war, eine große Rolle.

In Deutschland kam es erst in der Weimarer Republik zu sichtbaren Erfolgen, wie z. B. die Erklärung der Lüneburger Heide zum Naturschutzgebiet im Jahr 1921. Ein weiterer Ansatz war das Konzept der Naturdenkmalpflege, das der Biologe und Museumsleiter Hugo Conwentz (1855-1922) entwickelte. Dieses war noch stärker konservierend ausgerichtet und zielte auf die Bewahrung kleinteiliger Relikte ursprünglicher Natur. Als Leiter der ersten staatlichen Naturschutzinstitution, der 1907 gegründeten Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege, konnte Conwentz den Naturschutz nach diesem Konzept bereits im Kaiserreich prägen. In der Weimarer Republik wurde der museal-konservierende Ansatz fortgesetzt, doch gab es auch Bestrebungen, den Naturschutz zu erweitern und vermehrt Landschaftspflege zu betreiben.

Der Biologe und Lehrer Walther Schoenichen (1876-1956), der 1922 die Nachfolge von Conwentz antrat, richtete den amtlichen Naturschutz vornehmlich auf Bildungsarbeit aus und grundierte ihn zusehends deutsch-völkisch. Während des NS-Regimes bemühte er sich, Schnittmengen zur NS-Ideologie aufzuzeigen. Die Bestrebungen im "Dritten Reich", die "deutsche Natur" in Beziehung zum deutschen Volkswesen zu sakralisieren, fand in der Sehnsucht der Natur- und Heimatschutzbewegung nach Naturverbundenheit geeignete Anknüpfungspunkte.

Im NS-Regime stießen die Bestrebungen nach einer Gesamtplanung des Naturschutzes auf offene Ohren. Das Reichsnaturschutzgesetz (RNG) von 1935 schaffte die rechtliche Grundlage dafür, den Naturschutz zu dynamisieren. Neben dem Schutz besonderer Gebiete und Naturdenkmäler regelte das RNG auch die Planung und Pflege der übrigen Landschaft und bestimmte, dass die Naturschutzbehörden an allen Planungen und Eingriffen in die freie Landschaft beteiligt werden. Den Fortschritten auf rechtlicher Ebene steht jedoch gegenüber, dass die nationalsozialistische Straßen-, Wasserbau- und Rüstungspolitik in bis dahin nicht gekanntem Ausmaß Gefährdungen für die Natur mit sich brachte.

In der Bundesrepublik der 1950er Jahre war der Naturschutz erneut geprägt durch interne Kontroversen zwischen Vertretern des bewahrenden "Glasglockennaturschutzes" und jenen, die eine konzeptionelle Erweiterung zur Landschaftsgestaltung anstrebten. Das RNG mit seinen neuen Möglichkeiten blieb in Kraft, bis es 1976 vom Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) abgelöst wurde. Das neu gefasste Gesetz brachte eine weitere Dynamisierung mit der Interner Link: Einführung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Mit der Bestimmung, dass als solche definierte "Eingriffe in Natur und Landschaft" nur dann zulässig sind, wenn sie funktional ausgeglichen werden können, war eine Ausdehnung des Natur- und Landschaftsschutzes auf die gesamte Fläche des Landes beabsichtigt. Entgegen der Auffassung, dass die Eingriffsregelung anstrebt, auch alle Flächen außerhalb von Schutzgebieten "einem konservierenden Schutz zu unterwerfen", wird darin auch eine Abkehr vom "Reservatsdenken" zugunsten eines funktionsbezogenen Schutzes gesehen, der Gestaltungen erfordert.

Der in Funktionszusammenhängen denkende ökologische Naturschutz hat damit eine Stärkung erfahren, ohne den traditionellen Gedanken des Naturdenkmalschutzes zu verdrängen. Vielmehr ist die Herausnahme von Räumen aus Veränderungsprozessen bei gleichzeitiger Gefährdung des ökologischen Kontextes ein Merkmal des Natur- und Umweltschutzes bis heute geblieben. Angesichts des Rückgangs dafür geeigneter Flächen ist 2002 im Bundesnaturschutzgesetz die Kategorie des Entwicklungsnationalparks geschaffen worden, mit der Flächen wieder in einen naturnahen Zustand zurückentwickelt werden können (vgl. Externer Link: § 24 BNatSchG).

Der dynamische Naturschutz, der über Flächensegregation (abgegrenzte Flächen) hinaus in die genutzte Fläche wirken will, hat neue Herausforderungen mit sich gebracht. Konflikte mit Landnutzern bringen Akzeptanzdefizite mit sich, mit denen der Naturschutz insbesondere in den 1990er Jahren sehr gerungen hat. In diese Zeit fallen Bemühungen um ein Verständnis des Naturschutzes als Gestaltungsaufgabe, das Landnutzungen einbezieht. Dies erfordert auch kooperative Handlungsformen sowie ein flexibles und kompromissfähiges Vorgehen.

Landschaftsschutz, -pflege

Der im Heimatschutz wurzelnde Landschaftsschutz ist Teil der Naturschutzpolitik. "Naturschutz und Landschaftspflege" bilden einen Doppelbegriff, der sich auch in der Bezeichnung des "Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege – Bundesnaturschutzgesetz" findet. Beim Landschaftsschutz geht es sowohl um den Schutz historischer Besonderheiten als auch die Schönheit und die seelische Erbauung. Das wichtigste Instrument des Landschaftsschutzes ist das Landschaftsschutzgebiet, mit dem der Charakter eines Gebietes erhalten und gepflegt werden soll, und das eine große Rolle spielt in Naturparken. Mit den Naturparken als großräumige Schutzgebiete sind neben Erhaltungs- insbesondere auch Entwicklungsaufgaben in Landschaften verbunden, die durch vielfältige Nutzungen geprägt sind.

Die Erhaltung und Pflege des ästhetischen Erscheinungsbildes der Landschaft spielte bereits in der Heimatschutzbewegung der Kaiserzeit eine maßgebliche Rolle. Auch im heutigen Naturschutzrecht wird die Schutzwürdigkeit von Landschaft über ihre Schönheit erklärt, insbesondere wenn sie auf Vielfalt und Eigenart beruht, und über ihren Erholungswert. Damit wird bis heute eine ästhetische Komponente naturschutzrechtlich anerkannt.

In der Praxis von Landschafts- und Eingriffsplanungen spielt Landschaftsästhetik jedoch eher eine marginale Rolle. Neben funktionalen und utilitaristischen ökologischen Begründungen für landschaftspflegerische Maßnahmen wird der erlebnis- und gefühlsorientierte Zugang zur Natur wenig beachtet. Dies mag auch daran liegen, dass die Begriffe "Vielfalt", "Eigenart" und "Schönheit" unbestimmt sind und bisher kein Verfahren entwickelt wurde, um sie adäquat und praktikabel zu bewerten. Dabei kommt es darauf an, "Schönheit" als sinnlich erfahrbare Wahrnehmung, die von evolutionären und soziokulturellen (gesellschaftlich-kulturellen) Prägungen beeinflusst ist, in intersubjektiv (allgemein-)gültige Leitbilder der Landschaftsgestaltung zu übersetzen.

Der Begriff der Landschaftspflege bezieht sich auf Pflegemaßnahmen zur Erhaltung besonderer Landschaften, die ohne solche Maßnahmen verwildern würden. Ein Beispiel ist der Einsatz von Weidetieren für den Erhalt von Kulturlandschaften wie etwa der Lüneburger Heide. Mit der Offenhaltung von Landschaften können zugleich Lebensräume wie Magerrasen erhalten werden, die für den Schutz bedrohter Arten wichtig sind. Dies zeigt, wie eng Naturschutz und Landschaftspflege aufeinander bezogen sind, wobei Landschaftspflege stärker als Naturschutz die Gestaltung von Landschaften betont.

Arten- und Biotopschutz

Eines der ältesten Anliegen des Naturschutzes betrifft den Artenschutz als Schutz einzelner Tier- und Pflanzenarten. Schon in früheren Jahrhunderten gab es Aktivitäten zum Schutz von Arten vor Übernutzung, lange bevor sich der Naturschutz konstituierte. Besonders hervorzuheben ist dabei der Vogelschutz. Der Schutz einzelner Arten besteht bis heute fort und führt regelmäßig zu internen Konflikten (z. B. Habicht gegen Birkhuhn, Uhu gegen Wanderfalke). Mit dem traditionellen Artenschutz ließ sich jedoch der Schwund von Populationen nicht aufhalten. Daher wurde Artenschutz auf den Schutz aller Wildarten ausgeweitet. Heute werden seltene, noch vorhandene Individuen oder Populationen bzw. Pflanzengruppen abgestuft nach Gefährdungsgraden geschützt.

Die zehn Gefährdungskategorien

0 Ausgestorben oder verschollen
1 Vom Aussterben bedroht
2 Stark gefährdet
3 Gefährdet
G Gefährdung unbekannten Ausmaßes
R Extrem selten
V Vorwarnliste
D Daten unzureichend
* Ungefährdet
Nicht bewertet

(Quelle / weitere Informationen: Externer Link: www.rote-liste-zentrum.de/de/Gefahrdungskategorien-1711.html)

Das Bundesnaturschutzgesetz enthält dafür differenzierte Regelungen gegen die Beeinträchtigung wildlebender Arten und zur Beschränkung des Handels mit gefährdeten Arten. Auch die Wiederansiedlung ausgestorbener Arten, wie z. B. des Wolfs, und die Entwicklung von Artenhilfsprogrammen sind wichtige Bestandteile des Artenschutzes.

Die Erfahrung mit den häufig fehlgeschlagenen Schutzversuchen einzelner Individuen hat in den 1970er Jahren dazu geführt, auch Biotope und Lebensräume zu schützen. Der Biotop- und Lebensraumschutz kann durch die Ausweisung von Schutzgebieten oder die Wiederherstellung bestimmter Lebensraumtypen realisiert werden und mit Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen (Biotopmanagement) verbunden sein. Die Einbeziehung von Flächen verspricht ökologisch eine bessere Wirkung, ruft aber politisch mit den Landnutzenden weit größere Konflikte hervor.

Arten- und Biotopschutz beziehen sich auf den besiedelten und den unbesiedelten Raum. Im ländlichen Raum liegt er, wie auch der Landschaftsschutz, mit land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen im Konflikt. Eine zunehmende Rolle spielen auch Interner Link: Konflikte in der Stadt bzw. in Siedlungsräumen, die durch den Verlust von Frei- und Grünflächen insbesondere durch bauliche Verdichtungen bedingt sind. Zu den Interner Link: Lebensräumen Interner Link: in der Stadt zählen weiterhin Gebäude als wichtige Rückzugsräume für seltene und bedrohte Arten. Die Sanierung von Gebäuden, Fassadendämmungen und die Installation von Solaranlagen auf Dächern, die im Rahmen der Energiewende als Klimaschutzmaßnahmen politisch gewollt sind und finanziell stark gefördert werden, bringen den Verlust zahlreicher Quartiere von Tieren mit sich, wie etwa siedlungstypischer Vogel- und Fledermausarten. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, Klimaschutzziele nicht isoliert zu verfolgen, sondern Belange des Naturschutzes mitzudenken und begleitend zu fördern.

Biologische Vielfalt – Biodiversität

In der Folge des Interner Link: UN-Abkommens über die Biologische Vielfalt von 1992 (Convention on Diversity, CBD) begann sich der Begriff der Biodiversität zu etablieren, wobei der moderne Begriff Biodiversitätspolitik teilweise an die Stelle des traditionellen Begriffs der Naturschutzpolitik getreten ist.

Biodiversität

Nach der internationalen Definition bezeichnet Biodiversität die Vielfalt von Arten, einschließlich der genetischen Vielfalt innerhalb der Arten, und die Vielfalt von Lebensräumen und Biotopen.

Quelle: Blab und Klein 1997: 203 f.

Der Unterschied zum Naturschutzbegriff liegt darin, dass nicht nur die Schutzdimension angesprochen wird, sondern auch die nachhaltige Nutzung (Art. 1 CBD). Weiterhin bezieht der Begriff neben der natürlich vorkommenden Biodiversität auch vom Menschen gezüchtete oder genetisch veränderte Arten mit ein und geht damit über den eigentlichen Naturbegriff hinaus.

Der aus der Biologie stammende Terminus wird im politischen Raum, je nach politischer Interessenlage, unterschiedlich interpretiert. So wird aus agrarökonomischer Sicht betont, dass die Vielfalt von Nutzpflanzen und -tieren ein zentraler Bestandteil der biologischen Vielfalt ist, wobei dieser Teil auch als Agrodiversität bezeichnet wird. Der Naturschutz hingegen benennt mit dem Begriff die Vielfalt der heimischen Natur im Sinne der wild vorkommenden Arten und ihrer Lebensräume und verwendet ihn damit weitgehend synonym mit Arten- und Biotopschutz.

Schutz von Nutzarten

Gegenstand des Naturschutzes sind natürlich vorkommende heimische Tier- und Pflanzenarten, nicht jedoch die Nutzpflanzen und -tiere. Er unterscheidet sich damit vom Pflanzenschutz, der sich auf den Schutz von land- und forstwirtschaftlichen sowie Zierpflanzen vor Schadorganismen bezieht, und vom Wald- oder Forstschutz, der Waldbestände vor Forstschädlingen bewahren will. Der Einsatz von Pestiziden zur Bekämpfung von Schadorganismen kann schädliche Auswirkungen auf wild lebende Tiere und Pflanzen haben und steht insoweit in Konflikt mit dem Naturschutz.

Vom Naturschutz zu unterscheiden ist auch der Tierschutz, der sich primär für das Wohl von Nutztieren einschließlich Haus- und Versuchstieren einsetzt. Im Unterschied zum Artenschutz geht es beim Tierschutz darum, dem einzelnen Tier ein artgerechtes Leben ohne unnötige Beeinträchtigungen zu ermöglichen.

Erweiterung des Naturschutzes zum Umweltschutz

Auch der Mensch hat Anteil an der Natur, doch zählt er sich nicht zu den Naturgütern, sondern stellt sich selbst der Natur gegenüber.

Zitat

Diese Externer Link: anthropozentrische Betrachtungsweise der Natur als die den Menschen umgebende natürliche Welt kommt im Begriff der Umwelt zum Ausdruck.

Der Referenzbezug auf das Individuum unterscheidet den Begriff von "Natur" und "Ökosystem". Damit geht eine Umkehrung des Denkmodells einher: Während der Naturschutz die Natur vor der Zerstörung durch den Menschen bewahren will, auch um ihrer selbst willen, geht es beim Umweltschutz darum, die Umwelt als Lebensgrundlage für den Menschen zu bewahren.

Der politische Begriff des Umweltschutzes hat sich als eine Erweiterung des Naturschutzes entwickelt. Der ursprüngliche Natur- und Heimatschutz des frühen 20. Jahrhunderts hatte den Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten und besonderer Landschaften zum Ziel. Doch zeigte sich, dass art- und biotopbezogene Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, da Schadstoffe in Luft, Wasser und Böden trotz formalem Schutz den Lebensraum für gefährdete Arten bedrohen. Die Erweiterung des Naturschutzes um Umweltschutz versprach hier Abhilfe zu leisten.

Zitat

Der Kernbereich des Umweltschutzes liegt im Schutz der Umweltmedien (Boden, Wasser, Luft) und hat damit einen starken naturwissenschaftlich-technischen Fokus.

So stehen im Mittelpunkt des Umweltschutzes Fragen der Luft- und Wasserverschmutzung, etwa durch Industriebetriebe. Begünstigt durch den technischen Fortschritt, hat sich der Umweltschutz seit der "ökologischen Wende" der 1960er Jahre erfolgreich entwickeln können. Vertreter des Naturschutzes beklagten hingegen, dass dieser in den Hintergrund rückte und zu einem "Stiefkind der Umweltpolitik" wurde.

Als Politikfeld gliedert sich der Umweltschutz in verschiedene Unterbereiche, den unterschiedlichen Handlungsfeldern entsprechend, die in Wechselwirkung mit der Umwelt stehen. Dazu zählen Lärmemissionen, Mobilität, nachhaltige Ressourcennutzung, Abfallentsorgung und Recycling, Gesundheitsschutz in Verbindung mit Chemikalieneinsatz und Strahlenschutz, Energieversorgung und Klimawandel. Auch der Natur- und Artenschutz wird dabei als eines der umweltpolitischen Handlungsfelder aufgefasst.

Zitat

Im Zuge der Erweiterung der Handlungsfelder zum Umweltschutz ist der Naturschutz als das ursprüngliche Handlungsfeld somit ein Teilbereich des Umweltschutzes geworden.

Die Unterscheidung von Interner Link: Umwelt- und Naturschutzpolitik lässt sich anhand der unterschiedlichen politischen Akteure und Instrumente verdeutlichen. So haben Interner Link: Naturschutzverbände in den 1970er Jahren den Lernprozess vollzogen und teilweise Umweltschutzanliegen in ihre Programme aufgenommen. Der Deutsche Naturschutzring z. B. beschloss 1976 ein erstes Grundsatzprogramm zum Umweltschutz und der Bund für Vogelschutz, heute Naturschutzbund Deutschland (Nabu), nahm 1976 technischen Umweltschutz in sein Berliner Programm auf. Mitte der 90er Jahre hatten die meisten bedeutsamen Naturschutzverbände ihre Naturschutzzielsetzung um Umweltschutzziele erweitert.

Die verschiedenen Handlungsbereiche des Umweltschutzes werden durch eigene Gesetze geregelt, die zusammen das Interner Link: Umweltrecht bilden. Dazu gehören als klassische Bereiche das Gewässerschutzrecht, das Immissionsschutzrecht, das Bodenschutz- und Altlastenrecht, das Abfallrecht und eben auch das Naturschutzrecht.

Auf Regierungsebene ist der Naturschutz in der Regel dem Umweltministerium zugeordnet, allerdings war und ist das nicht immer der Fall. So kann Naturschutz auch mit Land- und Forstwirtschaft in einem Ministerium angesiedelt sein. In den Anfängen des staatlichen Naturschutzes war er dem Kultusministerium zugeordnet, und zwar seit Gründung der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen 1906 bis in die 1930er Jahre. Der Vollzug war in die Polizeiverwaltung integriert:

  • Höhere Naturschutzbehörden waren die Regierungspräsidenten, in Berlin der Polizeipräsident;

  • Untere Naturschutzbehörden waren in Preußen die Kreispolizeibehörden, in Berlin der Polizeipräsident, in den anderen Ländern die entsprechenden Behörden.

Diese Naturschutzbehörden wurden von ehrenamtlichen Naturschutzstellen fachlich beraten. 1935 gliederte Hermann Göring ihn in das Reichsforstamt ein.

Nach dem Krieg ging die ministerielle Verantwortung in den meisten Ländern an die Kultusministerien, später direkt oder über die Bau- und Planungsministerien an die Landwirtschaftsministerien und schließlich an die Umweltministerien. Auf Bundesebene war der Naturschutz zunächst als Kultusaufgabe dem Innenressort zugeordnet und kam in den 1950er Jahren in das Landwirtschaftsressort, während der technische Umweltschutz im Innenministerium entwickelt wurde.

Zitat

Erst mit der Gründung des Bundesumweltministeriums (BMU) 1986 wurden der technische Umweltschutz und der biologische Naturschutz in einem Ressort zusammengeführt.

Die Zuordnungen spiegeln das Verständnis des Naturschutzes der jeweiligen Zeit wider, zeigen aber auch die vielfältigen Aspekte des Naturschutzes, die seine Einordnung in staatliche Zuständigkeitsbereiche erschweren.

Die Naturschutzaufgaben sind heute regelmäßig in einer Abteilung zusammengefasst, der auch eigene Fachbehörden zugeordnet sind. Auf Bundesebene ist die Fachbehörde für Naturschutz das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das aus der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen hervorgegangen ist. Es steht auf gleicher Ebene mit dem 1974 gegründeten Umweltbundesamt (UBA) als Fachbehörde für den Umweltschutz. Die Aufgabenbereiche der beiden Fachbehörden liegen in einigen Bereichen nahe beieinander. So sind die Themen Klima und Energie beim UBA angesiedelt, mit erneuerbaren Energien befasst sich jedoch auch das BfN, und beide Behörden haben Aufgaben in Bezug auf den Schutz der Böden, Meere und anderer Gewässer. Seit Herbst 2021 ist das Thema Energiewende ein Schwerpunkt des neu zugeschnittenen Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), doch hat das bisher keine Auswirkungen für die Aufgaben der Fachbehörden und deren Ressortzuordnung. In allen Bundesländern gibt es entsprechende Fachbehörden, die ganz unterschiedlich organisiert sind.

Zwischen Natur- und Umweltschutz kann es auch zu Interner Link: Zielkonflikten kommen.

  • Ein Beispiel dafür bietet die Windenergie, die aus umweltpolitischer Sicht erwünscht ist, um fossile Energiequellen mit ihren umweltschädlichen Emissionen zu vermeiden. Für den Naturschutz führen Windenergieanlagen jedoch zu Problemen insbesondere für die Vögel und auch für den Landschaftsschutz mit Blick auf den Erholungswert. Offshore (vor der Küste) ergeben sich starke Beeinträchtigungen für die Lebewesen der Meere.

  • Ein weiteres Beispiel sind Ölpalmplantagen in Südamerika und Südostasien, die zu einer Energieversorgung aus nachwachsenden Rohstoffen beitragen und u. a. den anteiligen Biokraftstoff E10 in Deutschland beliefern, für die jedoch tropische Wälder gerodet werden. Auch in Deutschland steht die Energieerzeugung aus Biomasse nicht nur mit der Nahrungsmittelproduktion in Konkurrenz ("Tank oder Teller"), sondern auch mit Flächen für den Naturschutz.

Naturschutz als Politikfeld

Zitat

Grundlegend für den Naturschutz als Interner Link: Politikfeld sind die unterschiedlichen Interessen, die Menschen an der Natur haben.

Welche Natur auf welche Weise geschützt werden soll, lässt sich in der Regel nicht naturwissenschaftlich eindeutig begründen. Vielmehr geht es in hohem Maße um Wertentscheidungen, die durch unterschiedliche soziale, wirtschaftliche und kulturelle Interessen begründet sind. Damit sind soziale Konflikte unausweichlich. Diese werden in politischen Prozessen bearbeitet.

Abbildung: Politikfeld Naturschutz (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die unterschiedlichen Interessen, die sich in Interner Link: Verbänden oder anderen kollektiven Formen organisieren, können dadurch ihre Anliegen wirksamer in die politischen Prozesse einbringen. Umweltverbänden steht dafür ein vielfältiges Handlungsrepertoire zur Verfügung, das von der Verbandsanhörung bei der Politikformulierung in Parlamenten und Ministerien, über eine breite Palette an Informationsmöglichkeiten bis hin zur Verbandsklage reicht. Gesellschaftliche Naturschutzakteure haben sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts dafür eingesetzt, dass Naturschutz als staatliche Aufgabe wahrgenommen wird. In der föderalen Aufgabenteilung der Bundesrepublik Deutschland ist er den Ländern zugeordnet, wobei der Bund über die Gesetzgebung erheblichen Einfluss auf die Länder und Kommunen nimmt.

Zur Wahrnehmung der Aufgaben stehen den staatlichen Akteuren unterschiedliche Instrumente zur Verfügung. Dazu zählen verbindliche Regelungen, die z. B. wildlebende Arten und ihre Biotope vor Beeinträchtigung schützen sollen (Artenschutz) oder ausgewählte Flächen unter bestimmte Schutzbestimmungen stellen (Gebietsschutz).

  1. Außerhalb von Schutzgebieten hat der Naturschutz das Instrument der Interner Link: Eingriffsregelung, nach der alle Eingriffe in Natur und Landschaft zu vermeiden, zu ersetzen oder auszugleichen sind (siehe dazu unter Punkt 4).

  2. Eine weitere Instrumentengruppe beinhaltet finanzielle Anreize, mit denen Flächeneigentümern oder Betrieben ein Ausgleich geboten wird für Gewinne, die ihnen durch Naturschutzmaßnahmen entgangen sind.

  3. Eine dritte Instrumentenart zielt darauf, durch Aufklärung zu naturschutzfreundlichem Verhalten zu veranlassen.

Insbesondere für solche Naturschutzkonflikte, die viele verschiedene Interessen berühren und dadurch einen höheren Komplexitätsgrad erreichen, sind kooperative Instrumente bedeutsam, die eine gemeinsame Problemlösung mit den Beteiligten suchen.

  • Ein Beispiel dafür ist die Einrichtung von Arbeitskreisen für das Wolfsmanagement, in denen Vertreter der unterschiedlichen Interessen (u. a. Naturschutzverbände, Weidetierhalter, Jäger) gemeinsam Problemlagen erörtern und konkrete Lösungen erarbeiten.

  • Ein weiteres Beispiel ist der sog. Externer Link: "Niedersächsische Weg" von 2020, der auf einer Vereinbarung zwischen Akteuren der Landwirtschaft, des Naturschutzes und der Politik beruht. Die Niedersächsische Landesregierung hat damit Bürgerinitiativen gegen das Insektensterben aufgegriffen und mit betroffenen Akteuren ein Maßnahmenpaket für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz ausgehandelt.

Integrativer Naturschutz

Das Politikfeld Naturschutz hat im Arten-, Biotop- und Landschaftsschutz sowie der Eingriffsregelung seine Kernaufgaben, in denen die Naturschutzverwaltung Programme und Instrumente selbst umsetzen kann. Die größten, flächenmäßig bedeutsamsten Bedrohungen der Natur gehen jedoch von Nutzungen aus, die in der Zuständigkeit anderer Fachverwaltungen liegen. Ein Beispiel ist der Konflikt um invasive gebietsfremde Baumarten wie Douglasie und Robinie, die für die Forstwirtschaft von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind, von denen aus Naturschutzsicht jedoch eine Gefährdung für heimische Arten ausgehen kann. Regelungen zu möglichen Begrenzungen oder Verboten solcher Baumarten werden in der Forstverwaltung formuliert und nicht in der Naturschutzverwaltung. Naturschutz ist in solchen Fällen darauf angewiesen, in andere Politikbereiche integriert zu werden (integrativer Naturschutz). Wege dazu sind

  • die verbindliche Vorgabe von Naturschutzzielen für alle Fachverwaltungen,

  • Beteiligungen von Naturschutzverwaltungen und -verbänden auch in den Umsetzungsprozessen

  • oder die Initiierung von Lernprozessen in den Nutzerverwaltungen.

Besonders große Chancen für die Integration von Naturschutzzielen in andere Fachverwaltungen eröffnen sich, wenn das Fachministerium von einer Ministerin oder einem Minister geleitet wird, der einer dem Naturschutz nahestehenden Partei angehört. So konnte für den Waldnaturschutz gezeigt werden, dass die Besetzung des Forstministeriums mit einem Minister oder einer Ministerin von den Grünen zu deutlich mehr naturschutzorientiertem Handeln der Forstverwaltung führt.

Quellen / Literatur

Bick, Hartmut und Horst Obermann: Stiefkind Naturschutz. Misere und Chancen des Naturschutzes in Deutschland. In: Henning von Köller (Hrsg.): Umweltpolitik mit Augenmaß. Gedenkschrift für Staatssekretär Dr. Günter Hartkopf anlässlich seines 10. Todestages am 19. September 1999, Berlin 2000: 107-119.

Blab, J. und M. Klein: Biodiversität – ein neues Konzept im Naturschutz?, in: Karl-Heinz Erdmann und Lutz Spandau (Hrsg.): Naturschutz in Deutschland. Strategien, Lösungen, Perspektiven, Stuttgart 1997: 201-219.

Bundesamt für Naturschutz (BfN): Schutz gebäudebewohnender Tierarten vor dem Hintergrund energetischer Gebäudesanierung in Städten und Gemeinden. Hintergründe, Argumente, Positionen, Bonn-Bad Godesberg 2016.

Bürger-Arndt, Renate und Tobias Reeh: Landschaftsästhetik. Theoretische Grundlagen, in: Werner Konold, Reinhard Böcker, Ulrich Hampicke (Hrsg.): Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege, 19. Erg. Lfg. 07/06, Landsberg 2006.

Erdmann, Karl-Heinz und Lutz Spandau (Hrsg.): Naturschutz in Deutschland. Strategien, Lösungen, Perspektiven, Stuttgart 1997.

Frohn, Hans-Werner: Naturschutz macht Staat – Staat macht Naturschutz. Von der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen bis zum Bundesamt für Naturschutz 1906 bis 2006 – eine Institutionengeschichte, in: Ders. und Friedemann Schmoll (Bearb.): Natur und Staat. Staatlicher Naturschutz in Deutschland 1906-2006: 85-313.

Hey, Christian und Uwe Brendle: Umweltverbände und EG. Strategien, politische Kulturen und Organisationsformen, Opladen 1994.

Hubo, Christiane und Max Göhrs: Parteiendifferenz in der Waldnaturschutzpolitik der deutschen Bundesländer, in: Christiane Hubo, Simon Fink und Annette E. Töller (Hg.): Parteiendifferenz in der Umweltpolitik, ZfVP Sonderheft, 2021.

Hubo, Christiane, Elke Jumpertz, Max Krott, Lilly Nockemann, Arthur Steinmann, Ingo Bräuer: Grundlagen für die Entwicklung einer nationalen Strategie gegen invasive gebietsfremde Arten, BfN-Skripten 213, Bonn – Bad Godesberg 2007.

Hubo, Christiane und Max Krott: Umsetzungsstrategien für integrative Politikansätze am Beispiel invasiver gebietsfremder Arten. Zeitschrift für angewandte Umweltforschung (ZAU) 18 (2007) 2: 216-226.

Hupke, Klaus-Dieter: Naturschutz. Eine kritische Einführung, 2. Aufl., Berlin, Heidelberg 2020.

IPBES: Das globale Assessment der biologischen Vielfalt und Ökosystemleistungen. Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES), Bonn 2019.

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Fussnoten

Fußnoten

  1. Weixlbaumer 2006: 8

  2. Weixlbaumer 2006: 9-11.

  3. Schmoll 2004.

  4. Frohn 2006: 94, 120, 282 f.

  5. Oberkrome 2006: 323.

  6. Wey 1982: 147-151

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  8. Schink 1989, RN 264.

  9. Walter 1999: 17

  10. Z. B. Erdmann und Spandau 1997: 6, 9.

  11. Brendle 1999.

  12. Schmoll 2004: 399

  13. Nohl 2015

  14. Bürger-Arndt und Reeh 2006

  15. Zucchi 2014

  16. Zucchi 2014

  17. Plachter 1991: 255

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  19. BfN 2016

  20. Hubo et al. 2007

  21. Hubo et al. 2007: 118

  22. Nießlein 1992: 22

  23. Hupke 2020: 31

  24. Bick und Obermann 2000

  25. Hey/Brendle 1994, S.133

  26. Hubo und Krott 2007, Nilsson und Eckerberg 2007

  27. Hubo und Göhrs 2021

Lizenz

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Weitere Inhalte

Dr. Christiane Hubo studierte Politik-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften in Hamburg, Göttingen und Speyer. Seit mehr als 20 Jahren forscht und lehrt sie als Akademische Rätin an der Georg-August-Universität Göttingen. Ihre Themenschwerpunkte sind Naturschutzpolitik, Landnutzungskonflikte, Politikwandel, politische Parteien, politische Strategieentwicklung, Policy-Forschung.

Prof. Dr. Max Krott leitet seit 1995 die Abteilung Forst- und Naturschutzpolitik an der Georg-August Universität Göttingen. In seinen zahlreichen nationalen, europäischen und internationalen Forschungsprojekten zum Waldnaturschutz liegt der Schwerpunkt auf politischer Steuerung durch internationale Regime sowie nationale Fachverwaltungen und auf dem Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die praktische Naturschutzpolitik.