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Göttlicher Ursprung des Geldes

Caspar Dohmen

/ 4 Minuten zu lesen

Ökonomen erklären die Entstehung des Geldes gewöhnlich mit dessen Tauschfunktion. Aber es gibt wohl bislang keinen Beleg dafür, dass die Leute früher tatsächlich Ware gegen Ware getauscht haben

Auch heute wird noch Gold geschürft. Ihre Arbeit gilt als äußerst gefährlich und findet häufig unter unmenschlichen Bedingungen statt. (© picture-alliance, AA | Sebastian Castañeda)

Die historische Herleitung des Geldes als Ablösung für umständlichen Tausch klingt plausibel. Aber es gibt bislang keinen Beleg dafür, dass die Leute früher irgendwann einmal tatsächlich Ware gegen Ware getauscht haben. Anthropologen weisen darauf hin, dass wir bis heute nicht einmal genau wissen, seit wann wir Geld benutzen.

Von Tempeln und Tausch

Die ersten schriftlichen Zeugnisse über die Nutzung von Geld finden sich vor 3.500 Jahren im Reich der Sumere, das zwischen der heutigen Stadt Bagdad und dem Persischen Golf lag. Diesen Hinweisen zufolge ist die Herkunft des Geldes an die Entstehung eines frühen Kreditsystems gekoppelt, dessen Ursprünge in den Tempeln zu finden sind. Tempel waren das rituelle Zentrum der damaligen Gesellschaften, in denen die Interner Link: Religion die zentrale Stellung hatte. In den Tempeln verwalteten Priester bisweilen auch die Vorräte, die nach Missernten die Gemeinschaft ernährten. Die Bauern erfüllten ihre Pflicht gegenüber der Gesellschaft und gegenüber den Göttern, wenn sie einen Anteil ihrer Ernte in die Tempel brachten. Sie konnten jedoch ihre Verpflichtungen mit diversen Waren begleichen, ob Getreide, Kühe oder auch Werkzeuge. Um die Schulden und Leistungen aller Bauern vergleichbar zu machen, entwickelten die Priester ein System der Buchführung, Maßeinheit war der Silberschekel. „Sche“ bedeutet Weizen und „Kel“ ist eine Maßangabe. Der Wert eines Schekels entsprach etwa einem Sack Weizen mit einem Volumen von 300 Litern. Damals zirkulierten im Alltag laut dem Anthropologen David Graeber aber kaum Silberschekel, „weil Schulden zwar in Silber berechnet wurden, aber nicht mit Silber bezahlt werden mussten – sie konnten praktisch mit allem bezahlt werden, was man gerade zur Verfügung hatte“. Das Wort Schekel lebt heute fort im Hebräischen als Bezeichnung für die Währung in Israel.

Göttliche Metalle: von Silber und Gold

Eine besondere Rolle spielt Gold in der Geldgeschichte. Das Edelmetall hat eine Reihe besonderer Eigenschaften: Es oxidiert nicht, lässt sich leicht formen und Fälschungen sind leicht erkennbar. Damit ist es geradezu als Münzgeld prädestiniert. Das Edelmetall faszinierte Menschen unterschiedlichster Kulturen. Es galt als Zeichen von Macht und Reichtum. Deswegen vergoldeten die Menschen im alten Ägypten die Spitzen von Obelisken [eine freistehende vierkantige Säule mit pyramidenförmiger Spitze] und schmiedeten die Herrscher Kronen und Zepter aus Gold. Viele Völker verehrten im Gold auch Gottheiten. Heute ist Gold für viele ein Statussymbol: Mit auffallendem Goldschmuck wird Wohlstand oft zur Schau gestellt und manch ein Ölscheich lässt sich ein Auto vergolden.

Herrscher führten im Lauf der Geschichte blutige Kriege, um an das Gold anderer zu gelangen. Ganze Völker rotteten sie dafür aus, beispielsweise gingen die spanischen und portugiesischen Eroberer in Südamerika äußerst brutal gegen die indigenen Völker wie Inkas und Azteken vor, erbeuteten ihre mit Gold gefertigten Kunstwerke und schmolzen sie ein – und mit ihnen die meisten Zeugnisse dieser Hochkultur.

Immer wieder erscholl die Klage, Gold versklave die Menschen. Tatsächlich lockte das Gold viele. Wenn irgendwo Nuggets gefunden wurden, machte sich schnell eine Menschenschar auf, um es der Erde zu entreißen. Von einem Goldrausch wurden wiederholt viele Menschen in Europa erfasst, die im 19. Jahrhundert auswanderten, als sie die Nachricht von Goldfunden in Alaska, Kalifornien und Australien erreichte. Immer wieder kursierten Gerüchte über Orte, wo das Gold auf der Straße liege. Bereits in der Bibel wird das sagenumwobene Goldland Ophir erwähnt. Deutschland blieb vom Goldrausch verschont, hier gab es nur wenig Gold. Die Förderung in der größten bekannten Lagerstätte im nordhessischen Korbach war bereits im 17. Jahrhundert eingestellt worden. Trotzdem regierte Gold hierzulande zeitweise. Bestes Beispiel ist die Wahl Kaiser Karls V. 1519. Ihre Stimmen ließen sich die Kurfürsten mit hunderttausenden Goldgulden von den Kaufleuten der Interner Link: Fugger und Welser bezahlen.

Der Preis von Gold und Silber bestimmt sich heute durch Angebot und Nachfrage auf den Märkten. Kaufen mehr Leute eines der Edelmetalle, klettert dessen Preis und umgekehrt. Früher haben die Menschen den Wert der beiden Metalle dagegen nach außerökonomischen Gesetzmäßigkeiten festgelegt. Sie teilten das Gold der Sonne und das Silber dem Mond zu. Die Relation der beiden Metalle bestimmten die Priester etwa im alten Ägypten aus dem Verhältnis der Umlaufzeiten von Sonne und Mond. Ein Gramm Gold entsprach so 13,5 Gramm Silber. Diese Regelung galt fast 2.000 Jahre lang. Weil Sonne und Mond in vielen Religionen als Gottheiten verehrt wurden, hatten Gold-¬ und Silbermünzen entsprechend eine hohe sakrale Bedeutung. Jemand galt als reich im religiösen Sinn, wenn er viel von den göttlichen Substanzen Gold und Silber besaß. Auch aus diesem Grund haben viele Leute in den unterschiedlichsten Epochen die beiden Edelmetalle gehortet. Noch heute steckt ein Quäntchen religiöser Mythos im Geldgewerbe. Man schaue sich die Rückseite der US-Dollarnote an: Das abgebildete Großsiegel hat die Form eines Pyramidenstumpfes, gekrönt mit dem Dreieck des Lichts und darin dem sehenden Auge Gottes – ein Symbol für die spirituelle Macht, die über die Entstehung der Materie gebietet. Lange Zeit orientierte man sich beim Bau von Banken auch an den alten Tempeln.

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Caspar Dohmen ist Wirtschaftsjournalist. Nach seinem Studium der Volkswirtschaft und Politik arbeitete er als Redakteur für den Wiesbadener Kurier, das Handelsblatt und die Süddeutsche Zeitung. Heute schreibt er als freier Wirtschaftsjournalist für die SZ, verfasst Hintergrundberichte für den Deutschlandfunk und die ARD-Sender und arbeitet als Buchautor und Dozent u.a. an den Universitäten Witten-Herdecke und Siegen.