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Das Bretton-Woods-System | Finanzwirtschaft | bpb.de

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Das Bretton-Woods-System

Caspar Dohmen

/ 3 Minuten zu lesen

Vertreter von 44 Ländern trafen sich im Juli 1944 in dem Ort Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire, um über eine neue Architektur der Weltwirtschaft zu diskutieren.

Delegierte beraten auf der Bretton-Woods-Konferenz, um die Währungs- und Finanzstruktur nach dem Zweiten Weltkrieg neu zu definieren. (© picture-alliance, Everett Collection)

In Bretton Woods setzten sich die USA durch. Das Land wollten vor allem erneute Abwertungswettläufe verhindern: Sie plädierten für ein System fester Wechselkurse und für die Schaffung einer neuen Institution, die Ländern mit hohen Handelsdefiziten helfen sollte, ihre Situation auch ohne eine Abwertung in den Griff zu bekommen. Deswegen entstand der Interner Link: Internationale Währungsfonds (IWF). Die währungspolitischen Fehler der Vergangenheit wollten die großen Welthandelsnationen, die meisten im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland vereint, auf jeden Fall vermeiden.

US-Dollar als Anker

Bei der Konferenz spielten die USA ihre neue Macht aus und setzten sich mit ihrer Idee von festen Wechselkursen durch: Der US-Dollar wurde als Leitwährung festgelegt und ermöglichte damit für die Zentralbanken der anderen Länder, ihre US-Dollarreserven jederzeit in Gold einzutauschen. Den Wert des US-Dollar hatten die USA schon in den Dreißigerjahren festgesetzt auf 35 US-Dollar je Unze Gold (31,104 Gramm). Jeder US-Dollarschein hatte also einen realen Gegenwert wie früher bei der Goldwährung.

Feste Wechselkurse

Alle wichtigen Währungsländer legten ihrerseits den Kurs ihrer Währungen gegenüber dem US-Dollar fest und vereinbarten untereinander feste Wechselkurse, sogenannte Interner Link: Paritäten. Der Marktkurs einer Währung sollte von dieser Parität höchstens ein Prozent abweichen.

Das Währungssystem war also asymmetrisch gestaltet: Es erlaubte den Vereinigten Staaten eine autonome Währungs- und Geldpolitik. Die übrigen Mitglieder des neuen Weltwährungssystems mussten dagegen dafür sorgen, dass ihre festen Wechselkurse gegenüber dem US-Dollar stabil blieben. Je nach Lage mussten sie Devisen, zumeist US-Dollar, kaufen oder verkaufen. Bei dauerhaften Ungleichgewichten im Währungssystem konnten die Wechselkurse jedoch verändert, die Währungen auf- oder abgewertet werden. Darüber bestimmten die Regierungen gemeinsam mit dem IWF. Das kam einige Male vor. Der Interner Link: Handel mit Devisen unterlag damals ohnehin staatlicher Aufsicht. Wer große Mengen an Devisen umtauschen oder ins Ausland überweisen wollte, musste sich dies in den meisten Ländern von Behörden genehmigen lassen.

Widerstreitende Interessen

Nachkriegszeit in DeutschlandDas Wirtschaftswunder

Deutschland als Profiteur des neuen Währungssystems Zu den größten Profiteuren des neuen Währungssystems zählte bald Deutschland, zumal Interner Link: die Alliierten entgegenkommend waren bei den Konditionen, zu denen das Land seine Schulden zurückzahlen durfte, die es vor und nach dem Krieg angesammelt hatte. Denn die Alliierten gestatteten dem Verlierer, Reparationen in Sachleistungen z. B. in Form von Kohle statt mit Geld zu zahlen – gleichzeitig erlaubten sie eine Politik der unterbewerteten Interner Link: D-Mark. Beide Faktoren erwiesen sich als Katalysatoren für den Export. Die Ausfuhren trieben das Interner Link: deutsche Wirtschaftswunder in den Fünfziger- und Sechzigerjahren voran. Die Fabriken produzierten VW-Käfer, Aspirin, Persil oder Maschinen für die Welt. Wegen der Unterbewertung der D-Mark konnten die Menschen in vielen anderen Ländern Qualitätsprodukte "Made in Germany" damals sehr günstig kaufen.

Dieses Währungsregime funktionierte zwei Jahrzehnte reibungslos. Dann kam es jedoch zu Turbulenzen. Jetzt rächte sich ein Widerspruch in diesem System: Der Interner Link: Welthandel konnte nur wachsen, wenn zusätzliche US-Dollar in Umlauf kamen. Das setzte jedoch voraus, dass die Leistungsbilanz der Vereinigten Staaten negativ war – das Land also mehr importiert als es exportiert. Das ergab gehörige Probleme. Die Überschussländer wie Deutschland, Frankreich oder Japan konnten entsprechend der Regeln des Interner Link: Bretton-Woods-Systems dagegen immer höhere Goldansprüche bei den USA geltend machen. Allerdings bekamen auch diese Länder mit der Zeit Probleme, wenn die USA ihre Geldmenge drastisch erhöhten, was sie beispielsweise taten, um die hohen Ausgaben für den Interner Link: Vietnamkrieg zu decken.

Gemäß den Regeln von Bretton Woods mussten sie US-Dollar kaufen, um den eigenen Wechselkurs im vereinbarten Spielraum zu halten. Dabei entsprach der Wert des US-Dollars – gemessen an seiner Kaufkraft – längst nicht mehr den ursprünglich vereinbarten Paritäten. In Ländern mit Überschüssen in der Außenwirtschaftsbilanz wie Deutschland und Japan hatte das zwei Folgen: Erstens finanzierten sie indirekt den Vietnamkrieg mit. Zweitens importierten sie Interner Link: Inflation, denn der Kauf von US-Dollar, zu dem die Bundesbank sich gezwungen sah, dehnte die Geldmenge im eigenen Land aus, ohne dass dem ein entsprechend erweitertes Güterangebot gegenübergestanden hätte.

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Caspar Dohmen ist Wirtschaftsjournalist. Nach seinem Studium der Volkswirtschaft und Politik arbeitete er als Redakteur für den Wiesbadener Kurier, das Handelsblatt und die Süddeutsche Zeitung. Heute schreibt er als freier Wirtschaftsjournalist für die SZ, verfasst Hintergrundberichte für den Deutschlandfunk und die ARD-Sender und arbeitet als Buchautor und Dozent u.a. an den Universitäten Witten-Herdecke und Siegen.