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Ein mächtiger Klub: die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich

Caspar Dohmen

/ 3 Minuten zu lesen

Zentrale Spielregeln für Banken denken sich nicht Regierungen oder Parlamente aus, sondern ein ganz besonderer Klub, den viele nicht kennen: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, kurz BIZ.

Die BIZ öffnete zu ihrem 90-jährigen Jubiläum im Oktober 2021 ihre Türen für Besucherinnen und Besucher. (© picture-alliance, KEYSTONE | GEORGIOS KEFALAS)

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ist, vereinfacht gesagt, so etwas wie die Zentralbank der Zentralbanken. Jeden zweiten Monat treffen sich Notenbankpräsidenten aus aller Welt bei der BIZ in Basel. Zu dem wichtigen inneren Kreis, dem Board of Directors (Verwaltungsrat), zählen 18 Notenbanker, darunter EZB-Chefin Christine Lagarde und US-Notenbank Chef Jerome Powell. Wer bei der BIZ entscheidet, ist jedoch nicht demokratisch gewählt und keinem Parlament Rechenschaft schuldig. Kritische Stimmen werfen ihr daher vor, undurchsichtig und antidemokratisch zu sein.

BIZDie Gründung

Ursprünglich wurde die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) 1930 zur Abwicklung deutscher Reparationszahlungen an die Alliierten gegründet. Man entschied sich für Basel als Standort, weil es in der neutralen Schweiz liegt. Als Initiatoren der Bank gelten Montagu Norman, Präsident der Bank von England, und Hjalmar Schacht, Chef der Deutschen Reichsbank. Zu den Mitgründern gehörten aber auch die Notenbanken von Frankreich, Italien und Belgien, eine Gruppe japanischer Geschäftsbanken und die drei US-Banken J. P. Morgan, First National Bank of New York und First National Bank of Chicago. Die Fed stand der Organisation jahrzehntelang sehr skeptisch gegenüber und trat erst 1994 bei. Da hatte sich der Gründungszweck längst erledigt. Schließlich hatte die Weimarer Regierung 1932 einen Stopp der Reparationszahlungen Deutschlands erreicht. Allerdings hatten die Notenbanker Gefallen gefunden an dem Gedanken eines exklusiven Klubs, in dem sie für das Geldwesen wichtige Entscheidungen weitgehend unbeobachtet von der Öffentlichkeit treffen konnten. Bei der BIZ sind wichtige Ausschüsse angesiedelt, in denen Zentralbanker über Themen wie Zahlungsverkehr, Kreditrisiken oder Finanzstabilität beraten. Bis heute spielt der informelle Austausch der Notenbanker eine große Rolle. Da die BIZ sich selbst finanzierte, war sie unabhängig von Regierungen. Schließlich erhielt die Bank sogar den Status einer internationalen Organisation. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genießen entsprechend diplomatische Immunität.

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht

Eines der wichtigsten und einflussreichsten Gremien an der BIZ (formal unabhängig, aber eng mit ihr verbunden) ist der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Er wurde von den zehn wichtigsten Industriestaaten (G-10-Länder, auch Zehnergruppe) nach der Pleite der deutschen Herstatt-Bank 1974 mit dem Ziel gegründet, die Aufsichtsregeln für die Finanzbranche zu vereinheitlichen. In ihm sitzen heute Mitglieder der Notenbanken sowie Bankenaufseher aus mittlerweile 27 Ländern.

Der Ausschuss hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit der Frage beschäftigt, wie viel Eigenkapital die Banken für Kredite vorhalten müssen. Von der Beantwortung dieser Frage hängt viel ab: vor allem die Risikosituation von Banken und die Menge der Kredite, die sie vergeben können. Mit dem 1998 eingeführten Abkommen "Basel I" wurde eine feste Eigenkapitalquote bei Bankkrediten von acht Prozent vorgeschrieben. Bei dem 2007 eingeführten "Basel-II-Abkommen" bestand die alte Quote fort, richtete sich aber jetzt stärker am Risiko eines Geschäfts aus. Einen Kredit für einen Kunden mit guter Bonität musste eine Bank nun mit weniger Eigenkapital unterlegen als einen Kredit gleicher Höhe für einen Kunden mit geringerer Bonität. Damit rückte die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlungsfähigkeit des jeweiligen Kreditnehmers einer Bank in den Mittelpunkt der Regelung – wodurch Ratingagenturen, die die Bonität von Kreditnehmern einschätzen, sehr viel wichtiger wurden.

Die Finanzkrise von 2008 legte erhebliche Regulierungsdefizite von Banken durch Staaten offen. Die Banken hatten mit extrem wenig Eigenkapital ein riesiges Kreditrad drehen können. Weil viele Banken Kredite nur mit einem sehr geringen Anteil Eigenkapital unterlegen mussten, waren sie in der Krise sehr anfällig. Einige gingen pleite, andere wurden von den Staaten gerettet. Nach dem Desaster beschlossen die wirtschaftlich stärksten Staaten, dass Banken künftig ihr Geschäft wieder mit mehr Eigenkapital unterlegen müssen, um auf diese Weise Risiken abpuffern zu können.

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht stellte dazu 2010 in einem ersten Schritt strengere Regeln für das Eigenkapital auf – das Regelwerk trägt den Kurznamen "Basel III". Unter anderem wurden darin die vorgeschriebenen Eigenkapitalquoten für Banken erhöht. Allerdings ist es Sache jeder Regierung, ob und wann sie diese Empfehlungen umsetzt. Im Dezember 2017 beschloss der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht in einem zweiten Schritt die Kapitalanforderungen der Banken weiter zu verschärfen. Das neue Regulierungspaket wird häufig auch als "Basel IV" bezeichnet. Dabei geht es vor allem darum, wie die Banken ihre risikogewichteten Aktiva (Vermögen, das einer Bank zur Verfügung steht) berechnen. Die fünfjährige Einführungsphase soll von Anfang 2022 bis Anfang 2027 dauern.

Ziel solcher Regelungen ist die Stärkung des Vertrauens in das Finanzsystem. Aber das Grundproblem bleibt ungelöst: Auch heute noch – mehr als ein Jahrzehnt nach der Pleite von Lehman – würde der Konkurs gewisser großer Finanzinstitute das gesamte System einstürzen lassen. Das bestreiten auch die Aufseher nicht. Das zentrale Problem der Systemrelevanz von Banken ist weiter ungelöst. Dabei spielt nicht nur die schiere Größe von Banken eine Rolle, die Banken quasi eine Überlebensgarantie gibt ("too big to fail"), sondern auch die Vernetzung von bestimmten Instituten ("too connected to fail"). In die letzte Kategorie gehörten auch die Bank Lehman Brothers, die kein sehr großes Institut war, oder zuletzt die Silicon Valley Bank.

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Caspar Dohmen ist Wirtschaftsjournalist. Nach seinem Studium der Volkswirtschaft und Politik arbeitete er als Redakteur für den Wiesbadener Kurier, das Handelsblatt und die Süddeutsche Zeitung. Heute schreibt er als freier Wirtschaftsjournalist für die SZ, verfasst Hintergrundberichte für den Deutschlandfunk und die ARD-Sender und arbeitet als Buchautor und Dozent u.a. an den Universitäten Witten-Herdecke und Siegen.