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Der Wert des Geldes

Caspar Dohmen

/ 2 Minuten zu lesen

Die Zentralbanken sind dafür zuständig, den Wert des Geldes stabil zu halten. Steigt die Geldmenge schneller als der Zuwachs realer wirtschaftlicher Werte, kann es zu einer Inflation kommen.

In Deutschland sind die Verbraucherpreise deutlich gestiegen. Zucker kostete im Juni 2023 beispielsweise knapp 71 Prozent mehr als im Juni vergangenen Jahres. (© picture-alliance, Klaus Ohlenschläger)

Inflation

Je nach Geschwindigkeit der Geldentwertung spricht man von einer schleichenden, trabenden oder galoppierenden Interner Link: Inflation sowie einer Hyperinflation, bei der sich das Preisniveau binnen eines Jahres mehr als verhundertfacht. Wie in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Interner Link: Preise mit katastrophalen Folgen für die Gesellschaft explodierten. Eine Tageszeitung kostete im Januar 1921 noch 30 Pfennig, zwei Jahre später waren es sage und schreibe 70 000 Mark.

Diese massive Interner Link: Geldentwertung war menschengemacht: Die Regierung hatte die Notenpresse angeworfen, zunächst, um den Interner Link: Ersten Weltkrieg zu finanzieren, und nach der Niederlage, um die hohen Schulden bei den Alliierten abzutragen. Eine Interner Link: Hyperinflation gab es in den westlichen Industrieländern seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Dagegen kommt es in Entwicklungsländern auch in unseren Tagen immer wieder zu großen Geldentwertungen: Im afrikanischen Simbabwe verlor das Geld ab Mitte der Nullerjahre drastisch an Wert. Im Lauf des Jahres 2009 halbierte sich der Wert des Simbabwe-Dollars sogar täglich. Die Menschen hatten längst das Vertrauen in die Währung ihres Landes verloren, nutzten stattdessen ausländische Währungen, vor allem den US-Dollar, und tauschten wieder vermehrt Naturalien. Die Regierung schaffte die eigene Währung ab. Seitdem wird ganz offiziell alles in fremden Währungen (US-Dollar, südafrikanischer Rand, Euro, Renminbi) bezahlt. 2019 führte das Land den Simbabwe-Dollar zwar wieder ein, dieser begann aber direkt zu schwächeln.

Im Jahr 2021 kehrte eine höhere Interner Link: Inflation nach Europa und in die USA zurück. Vier Gründe gab es in der Eurozone: Erstens gaben die Menschen nach dem Abflauen der Pandemie Geld aus, welches sie während Corona gespart hatten. Zweitens kam es coronabedingt zu Ausfällen in den globalen Lieferketten, weswegen manche Waren wie Computerchips deutlich teurer wurden. Drittens senkte Russland während seines Krieges gegen die Ukraine die Gaslieferungen in die EU drastisch, was die Energiepreise in die Höhe trieb. Viertens erhöhten Unternehmen die Preise für ihre Waren mehr als es aufgrund gestiegener Einkaufspreise notwendig gewesen wäre. In Deutschland stieg die Inflation im Herbst 2022 auf über zehn Prozent. Die Bundesregierung beschloss diverse Hilfsmaßnahmen, um Bürgerinnen und Bürgern sowie der Industrie angesichts der hohen Preissteigerungen besonders für Energie zu helfen.

Die Interner Link: Europäische Zentralbank (EZB) verfehlte bis zuletzt deutlich ihr geldpolitisches Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent Inflation. Warum strebt die EZB keine Inflation von null Prozent an? Dafür gibt es einen triftigen Grund: Nur bei einer positiven Inflationsrate können Zentralbanken mit ihren Instrumenten erfolgversprechend eingreifen. Sie können die Interner Link: Leitzinsen senken, wenn die Konjunktur schwächelt. Damit können sich Geschäftsbanken billiger mit Geld bei der Zentralbank eindecken. Und wenn die Banken ihren Zinsvorteil weitergeben und die Zinsen für Kredite an Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher senken, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese mehr investieren und konsumieren, womit wiederum die Wirtschaft befeuert wird. Umgekehrt kann eine Zentralbank in Zeiten eines wirtschaftlichen Booms die Zinsen erhöhen, um ihn damit zu dämpfen. Das Zinsinstrument ist jedoch stumpf, wenn die Zinsen bei null oder darunter liegen. Deswegen versuchen Notenbanken, alles dafür zu tun, eine solche Interner Link: Deflation zu verhindern.

Deflation

Auf den ersten Blick könnten Verbraucherinnen und Verbraucher eine Deflation für eine erfreuliche Entwicklung halten. Schließlich steigt dann der Wert ihres Geldes und sie können entsprechend mehr Waren einkaufen. Es gibt aber auch einige gewaltige Nachteile: Viele Leute halten in solchen Zeiten ihr Geld zusammen, weil sie auf eine anhaltende Deflation setzen, die ihre Kaufkraft noch weiter steigert. Das bremst die Wirtschaftsentwicklung und setzt häufig eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang. Außerdem bedeuten sinkende Preise aus Sicht einer Unternehmerin gewöhnlich schmalere Gewinnmargen. Entsprechend weniger investieren sie in neue Maschinen und Arbeitsplätze, was ebenfalls die Wirtschaftsaktivitäten verlangsamt oder sogar stoppt.

In unserer kapitalistisch organisierten Wirtschaft gibt es mit dem technischen Fortschritt einen zentralen Mechanismus, der Deflation fördert. Das bemerkt der Konsument heutzutage regelmäßig, wenn er beispielsweise elektronische Produkte wie Computer, Smartphones oder Fotoapparate kauft. Zwischen 1981 und 2007 stieg die Rechenleistung eines typischen PCs um den Faktor 74 – parallel sank der Preis etwa um zehn Prozent, schreibt Olivier Blanchard in seinem Buch „Macroeconomics“.

Historisch lassen sich lange Phasen der Deflation feststellen. So gingen in den USA und Europa die Preise von 1880 bis 1896 um mehr als ein Fünftel zurück. Aber auch in jüngerer Zeit kam es zu deflationären Entwicklungen: In Japan sanken die Preise in den Neunzigerjahren. In der Eurozone hatte sich das allgemeine Preisniveau von 2014 bis 2016 der Nulllinie angenähert.

Gefühlte Inflation

Die Entwicklung der Preise sorgt häufig für Gesprächsstoff, vor allem, weil die offiziellen Zahlen und der persönliche Eindruck oft voneinander abweichen. Viele Leute hatten beispielsweise nach der Einführung des Euro den Eindruck, dass die Preise stärker stiegen, als die offizielle Inflationsrate es widerspiegelte. Natürlich gab es keine politisch gesteuerte Vertuschung zur Unterdrückung der Inflationsängste, wie es manch einer vermutete. Die Diskrepanz zwischen gefühlter und ausgewiesener Inflation lässt sich erklären. Zuständig für die Berechnung der Inflation ist das Statistische Bundesamt. Allerdings schauen sich die Prüferinnen nicht die Preisentwicklung aller Produkte an, sondern nur einige ausgewählte Warenkörbe, in denen sie das berücksichtigen, was unterschiedlich strukturierte Privathaushalte gewöhnlich verbrauchen. Dazu zählen etwa Brot und Milch oder Strom, Handy und der Haarschnitt. Die Waren und Dienstleistungen werden gewichtet. Was Leute oft benötigen, geht stärker in die Berechnung ein. Daraus errechnen die Statistiker den Verbraucherpreisindex für Deutschland (früher Preisindex für die allgemeine Lebenshaltung aller Haushalte).

Otto Normalverbraucherinnen fallen Preisänderungen bei Gütern des täglichen Bedarfs wie Obst, Gemüse und Milch eher auf als die von Waren, die seltener gekauft werden. Steigen die Preise einige Wochen in Folge, dann gehen viele Verbraucher bereits davon aus, dass die Inflation insgesamt zunimmt. Dagegen beobachten sie die Preise von langlebigen Konsumgütern wie Autos, Waschmaschinen oder Fernsehern weniger intensiv. Doch gerade elektronische Geräte werden seit Jahren billiger. Zudem haben diese Güter einen relativ hohen Anteil am Warenkorb, beispielsweise die nach der Coronapandemie stark gestiegenen Autokosten 3,5 Prozent. Am stärksten berücksichtigt ist allerdings die Wohnungsmiete mit etwa einem Fünftel des Warenkorbs.

Die Statistiker entwickeln ihren Warenkorb ständig weiter. Dafür können sie auf die Aufzeichnungen von bundesweit rund 2.000 Haushalten zurückgreifen, die stetig über ihre Ausgaben Buch führen. Außerdem werten sie Daten der alle fünf Jahre bei 60.000 Haushalten stattfindenden Haushalts- und Verbrauchsstichprobe aus. Anhand dieser Erkenntnisse sortieren sie neue Produkte oder Dienstleistungen in den Warenkorb, streichen andere oder verändern die Gewichtung. Ausgerüstet mit diesem fiktiven Warenkorb, schauen sich dann jeden Monat 700 Testpersonen in den Läden, Tankstellen und Restaurants der Republik um. Sie erfassen jedes Mal, wie sich die Preise einzelner festgelegter Produkte gegenüber dem Vormonat verändert haben. Innerhalb der Eurozone wird ein „harmonisierter Verbraucherpreisindex“ verwendet, um die gemeinsame, länderübergreifende Inflationsrate zu berechnen.

Ökonominnen messen inzwischen auch die gefühlte Inflation bei Bürgern, um dem Unterschied zwischen der subjektiven Inflationswahrnehmung und der statistisch ermittelten Teuerungsrate auf die Spur zu kommen. Diese fand etwa in der Debatte um Preiserhöhungen nach Einführung des Euro-Bargelds („Teuro“) ihren Niederschlag. So wurde ein Index der wahrgenommenen Inflation errechnet und dafür ein Warenkorb zusammengestellt, der nur diejenigen Güter und Dienstleistungen enthält, die häufig gekauft werden – also Lebensmittel, Kraftstoffe und Bekleidung. Langfristig gleichen sich gefühlte und tatsächliche Inflation jedoch aus. Auf der Homepage des Statistischen Bundesamts kann man seinen persönlichen Inflationsrechner ermitteln: Man kann seinen individuellen Warenkorb zusammenstellen bzw. die Anteile am offiziellen Warenkorb gemäß der eigenen Lebenshaltung variieren (Beispiel: Wer kein Auto besitzt, für den spielt die Entwicklung der Kraftstoffpreise keine so große Rolle).

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Caspar Dohmen ist Wirtschaftsjournalist. Nach seinem Studium der Volkswirtschaft und Politik arbeitete er als Redakteur für den Wiesbadener Kurier, das Handelsblatt und die Süddeutsche Zeitung. Heute schreibt er als freier Wirtschaftsjournalist für die SZ, verfasst Hintergrundberichte für den Deutschlandfunk und die ARD-Sender und arbeitet als Buchautor und Dozent u.a. an den Universitäten Witten-Herdecke und Siegen.