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Aufgaben und Aufbau des Banksystems

Caspar Dohmen

/ 5 Minuten zu lesen

Deutschland verfügt mit 1519 Kreditinstituten (2021) über eines der größten Bankenwesen der Welt. Es gibt sehr unterschiedliche Typen von Banken wie private Großbanken, Sparkassen oder Genossenschaftsbanken. Im Kern betreiben sie jedoch alle das gleiche Geschäft: die Kreditvergabe und den Verkauf von Finanzprodukten.

Deutschland hat ein Dreisäulenmodell, was Banken betrifft: die privaten Geschäftsbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. (© picture-alliance, Jochen Tack)

Kernaufgaben

Banken erfüllen einige wichtige Aufgaben in einer Interner Link: Volkswirtschaft. Erstens sorgen sie für einen unkomplizierten Zahlungsverkehr. Wer ein Girokonto mit Sichteinlagen (Bankguthaben, auf das kurzfristig zugegriffen werden kann) hat, kann jederzeit als Bankkunde Zahlungen tätigen oder erhalten, ob über Scheck, Überweisung oder Kreditkarte. Eine Volkswirtschaft benötigt ein solches Zahlungssystem als Infrastruktur genauso wie ein gut funktionierendes Straßen- und Schienennetz.

Zweite Aufgabe der Banken ist es, Kredite zu vergeben, sowohl an Unternehmen als auch an Privatpersonen, und so die Vorhaben der Kundinnen und Kunden zu ermöglichen. Damit das dauerhaft funktioniert, müssen die Institute bei der Kreditvergabe jedoch genau hinschauen. Denn das Bankgeschäft ist mit erheblichen Risiken verbunden und es ist nicht die Aufgabe von Banken, jedem, der es wünscht, Kredit zu geben.

Die seit Jahrhunderten existierende Praxis, Einlagen und andere kurzfristige Schulden zur Finanzierung von Krediten zu verwenden, ist nach Einschätzung von Ökonominnen und Ökonomen riskant – auch wenn sie den Kern des Bankgeschäfts ausmacht. Denn, wenn die Banken ihre eigenen kurzfristigen Schulden, mit denen sie langfristige Kredite für Dritte finanzieren, nicht erneuern können oder Kunden in großem Umfang Einlagen bei der Bank abziehen, kann das betroffene Geldhaus schnell Liquiditätsprobleme bekommen. Banken sind vor allem deshalb die wichtigste Kreditgeberin, weil sie selbst Geld herstellen können: das sogenannte Interner Link: Buch- oder Interner Link: Giralgeld, das bei der Kreditvergabe entsteht.

Universalbanken und Spezialbanken

Im Lauf der Zeit haben sich unterschiedliche Arten von Banken gebildet. Es gibt Banken, die sich Interner Link: auf einzelne Geschäfte spezialisiert haben. Dazu zählen Interner Link: Bausparkassen, Interner Link: Investmentbanken oder Autobanken. In Deutschland bieten jedoch die meisten Banken die ganze Palette an Dienstleistungen an, weswegen man von Interner Link: Universalbanken spricht. Sie nehmen Interner Link: Einlagen an, geben Interner Link: Kredite aus, übernehmen Interner Link: Bürgschaften und Interner Link: Garantien, handeln mit Interner Link: Aktien, Interner Link: Wertpapieren, Interner Link: Fondsanteilen, Interner Link: Derivaten, Gold, emittieren Wertpapiere, verwahren Wertpapierdepots, beraten Privatleute bei der Vermögensanlage und wickeln den Zahlungsverkehr ab. Wenn Institute darüber hinaus auch noch bankfremde Produkte wie Interner Link: Versicherungen oder Interner Link: Bausparverträge verkaufen, spricht man von Interner Link: „Allfinanzdienstleistern“.

Dreisäulensystem

Hierzulande haben sich, unterschieden durch ihre Rechtsform, Historie und Zielsetzung, drei Typen von Universalbanken gebildet: Man spricht entsprechend vom Dreisäulensystem der Banken. Zur ersten Gruppe, den privaten Kreditbanken, gehören die Interner Link: Großbanken, die privaten Interner Link: Regionalbanken, die in Deutschland tätigen Ableger ausländischer Banken sowie die klassischen Privatbanken. Als ihre Lobby agiert vor allem der Interner Link: Bundesverband deutscher Banken (BdB), kurz Bankenverband. Mit Abstand größtes Mitglied ist die Deutsche Bank, zu der seit 2010 auch die Postbank gehört. Weitere Großbanken sind die Commerzbank, an der seit der Finanzkrise der Bund beteiligt ist und seit der Übernahme der HypoVereinsbank auch die italienische UniCredit.

Daneben existieren als zweite und dritte Gruppe die dezentralen Bankverbünde: zum einen die Interner Link: Sparkassen und zum anderen die Interner Link: Genossenschaftsbanken. Gemeinsam vereinen sie den Löwenanteil des Privatkundengeschäfts auf sich. Als Lobbyorganisation der Genossenschaftsbanken fungiert der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). Für die Belange der Sparkassen setzt sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ein.

Privatisierungstendenzen gebremst

Seit der Finanzkrise 2007/2008 haben sich die Einstellungen in der Gesellschaft gegenüber Banken geändert – das spiegelt sich auch in der Politik wider. In ihrem Koalitionsvertrag schrieben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP im Herbst 2021 das Dreisäulenmodell für Deutschland erhalten zu wollen, womit die privaten Geschäftsbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken gemeint sind.

Digitalisierung und Daten

Die Erfindung des Computers und des Internets hat das traditionelle Finanzgeschäft massiv verändert. Trotzdem dominieren die Großbanken weiter das Geschehen. Mittlerweile sind jedoch neue Unternehmen entstanden, die sich vor allem die neuen Möglichkeiten von Interner Link: Algorithmen zunutze machen, um Finanzdienstleistungen anzubieten. Man fasst sie unter dem Begriff „FinTech“ zusammen, was für Finanztechnologie steht. Investoren haben große Summen in solche Start-ups investiert – sie hoffen auf große Geschäfte.

Maßgeblich ist die Szene in den USA und China, aber auch in Deutschland sind diverse FinTechs entstanden. Sie beschäftigen sich etwa mit neuen Zahlungstechnologien, Plattformen zur Kreditvergabe oder einer automatisierten Anlageberatung – die früher nur wohlhabenden Kunden offenstanden und nunmehr auch Kleinkunden erreichen sollen. Viele FinTechs fußen wie die gesamte digitale Ökonomie maßgeblich auf der kommerziellen Nutzung von Daten ihrer Nutzerinnen. Auf Datenbergen sitzen bislang vor allem die herkömmlichen Finanzdienstleisterinnen wie Banken oder Versicherer, doch auch andere Dienstleister gewinnen immer mehr hinzu.

Privatsphäre Wie sicher sind die Daten bei Banken?

Für Aufsehen sorgte 2018 ein Bericht, demzufolge Facebook mit US-Gro߬banken Gespräche über den Austausch von Kundendaten geführt haben soll. Laut dem Wall Street Journal interessierte sich Facebook unter anderem für den Kontostand und einzelne Transaktionen – wollte also wissen, was jemand wo gekauft hatte. Aber es kam zu keiner Zusammenarbeit. Ganz unabhängig von diesem Fall stellt sich die Frage, inwieweit die Menschen im Zeitalter der digitalen Ökonomie noch selbstbestimmt über ihre Daten verfügen und ihre Privatsphäre bewahren können. Noch vertrauen die Menschen den Banken eher ihr Geld an als einem der neuen FinTech-Unternehmen. Denn Banken sind strenger reguliert als die Neulinge, werden durch die Interner Link: Bankenaufsicht überwacht und verfügen auch häufig über eine bessere Einlagensicherung.

Italienischer Ursprung

Wo entstand dieses Bankensystem, das wir alle selbstverständlich nutzen und an dem wir immer früher teilnehmen? Begriffe wie Interner Link: Giro, Konto, Bankrott, Interner Link: Saldo und Kredit zeugen von der Interner Link: italienischen Herkunft des modernen Bankwesens: Seine Geburtsstunde schlug in den Stadtstaaten Genua, Florenz, Pisa und Venedig. Dort entwickelten im 14. Jahrhundert einige Handelsfamilien, Kommissare und Spediteure die Grundzüge unseres heutigen Geldgeschäfts. Die „Monte dei Paschi“ in Siena gilt als älteste noch existierende Bank der Welt. Sie residiert noch heute im dortigen Palast „Salimbeni“. 1472 zog dort ein kommunal betriebenes Leihhaus ein, aus dem dann die Bank hervorging.

Die Kundschaft der Privatbankiers bestand ursprünglich vor allem aus Adligen: Sie brauchten regelmäßig Geld wegen ihres leidenschaftlichen Geltungsbedarfs vor allem aber zur Finanzierung ihrer Fehden und Kriege, in die sie sich häufig verstrickten – oft genug auch mit verheerenden Ausmaßen für die Länder und Völker Europas. Private Bankiers haben über Jahrhunderte hinweg entsprechend auch die Politik mitgeprägt. Die Kaufleute der Fugger und Welser sowie das Adelsgeschlecht der Grimaldi und weitere deckten den Finanzbedarf der Herrschaftshäuser durch gewaltige Darlehen. Dank ihrer Gelder wurden Könige gekrönt. Sie finanzierten auch die Eroberung der „Neuen Welt“, also des amerikanischen Erdteils.

So viel Geld die Bankiers der Interner Link: Renaissance den Königen und Kaisern jedoch auch leihen mochten, so viel Silber und Gold durch die Konquistadoren (Eroberer Süd- und Mittelamerikas im 16. Jahrhundert) Almagro, Cortez und Pizarro in die königlichen Kassen Spaniens und Portugals floss – es schien nie genug zu sein. Heutzutage würde man sagen: Die Neuverschuldung des Staates wuchs unaufhaltsam.

Zum Beispiel war die spanische Krone wegen hoher Ausgaben derart belastet, dass die Herrscher regelmäßig die zu erwartenden Schiffsladungen Silber oder Gold im Voraus an die deutschen, genuesischen, flämischen und spanischen Bankiers übertragen mussten. Man ging sogar noch weiter: In einigen Fällen traten die Herrscher das Recht zur Ausbeutung von Minen an die Banken ab, ursprünglich eine hoheitliche Angelegenheit. So schloss etwa der Augsburger Kaufmann Bartholomäus Welser mit Kaiser Karl V. im Jahr 1528 einen Generalvertrag über die Ausbeutung des heutigen Interner Link: Venezuela. Welser, der die Flotten, die Ausrüstung und die Besatzung finanzierte, erhielt das Land praktisch zum Lehen (Grundbesitz, der anderen zur Nutzung überlassen wurde).

Der Wechsel

Entscheidend veränderte sich das Bankgeschäft durch eine Erfindung aus dem Handel: den Wechselbrief. Er ermöglichte es einem Kaufmann, beispielsweise bei einer lokalen Bank in Florenz eine Summe einzuzahlen, die sein Gläubiger dann in Paris, London oder Frankfurt abheben konnte. Nun brauchten die Kaufleute keine Kisten mit Münzen mehr auf ihre Reisen mitzuschleppen, auf denen Straßenräuber und Piraten ihnen auflauerten. Die Händler benötigten angesichts der damaligen Reisemittel und schlechten Wege viel Zeit, um ihre Waren an den Bestimmungsort zu transportieren. Abhängig von der Distanz galten deswegen unterschiedliche Fristen für einen in Florenz ausgestellten Wechsel, beispielsweise 60 Tage für Brügge oder 90 Tage für London. In dieser Frist musste ein Kaufmann seine Waren an den Bestimmungsort schaffen und verkaufen und das Geld des Bankiers an dessen Agenten auszahlen.

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Caspar Dohmen ist Wirtschaftsjournalist. Nach seinem Studium der Volkswirtschaft und Politik arbeitete er als Redakteur für den Wiesbadener Kurier, das Handelsblatt und die Süddeutsche Zeitung. Heute schreibt er als freier Wirtschaftsjournalist für die SZ, verfasst Hintergrundberichte für den Deutschlandfunk und die ARD-Sender und arbeitet als Buchautor und Dozent u.a. an den Universitäten Witten-Herdecke und Siegen.