"Den haben sie totgemacht" – Gift im Strafvollzug
Kontraste beleuchtet Zwangseinsätze von Strafgefangenen im Chemiekombinat Bitterfeld. Die Arbeitsbedingungen dort führten zu Krankheiten und in einigen Fällen auch zum Tod.
Zu den Verurteilten zählten zum Beispiel Aufständische vom 17. Juni 1953, Protestierende gegen den Mauerbau 1961 und die Zwangskollektivierungen in der Landwirtschaft, Schüler, die freie Wahlen forderten, und Arbeiter, die gegen die militärische Unterdrückung des "Prager Frühlings" 1968 demonstrierten. Die Liste möglicher Delikte war lang: versuchte "Republikflucht" oder Beihilfe dazu, das Erzählen politischer Witze, öffentliche Kritik an den Herrschaftsverhältnissen, "Meckern", nicht genehmigte Demonstrationen, unerlaubte Kontakte zu westlichen Politikern oder Journalisten, Bildung unabhängiger politischer Gruppen und viele andere Dinge.
Eine besondere Form der Bestrafung im sozialistischen "Arbeiter-und-Bauernstaat" bestand ironischerweise darin, die Delinquenten zur Arbeit zu zwingen. Studenten oder Philosophen zum Beispiel, die politisch aufgefallen waren, konnten mehrere Jahre zur "Bewährung in die Produktion" geschickt werden. In der Werkhalle oder auf dem Bauplatz hatten sie dann unter Beweis zu stellen, dass sie das marxistisch-leninistische Bewusstsein besaßen, um später auf untergeordneten Positionen in Wissenschaft und Forschung wirken zu können. Wer allerdings strafrechtlich verfolgt und abgeurteilt wurde, den traf es noch viel härter, denn der konnte zur Zwangsarbeit herangezogen und in Haftarbeitslager eingewiesen werden.
Da es für Politik und Justiz in der DDR aus ideologischen Gründen offiziell keine politischen sondern nur kriminelle Häftlinge gab, mussten aus politischen Gründen Verurteilte doppelte Erniedrigungen hinnehmen. Zum einen wurden sie wie Schwerverbrecher, wie Mörder und Kinderschänder behandelt. Zum anderen mussten sie oft außerordentlich gefährliche Arbeiten ausführen. Bei Arbeiten an maroden Maschinen oder durch das Einatmen von giftigen Dämpfen wurden viele Häftlinge verletzt, manche verstarben sogar.
Solche Menschenrechtsverletzungen waren Bestandteil des politischen Systems der DDR, aber insbesondere im Strafvollzug sichtbar für die Betroffenen. An der Wahrung der Menschenrechte auch in den der Öffentlichkeit meistens verschlossenen Bereichen wie der Armee, der Polizei oder den Haftanstalten kann man ablesen, wie demokratisch und freiheitlich ein Gesellschaftssystem ist. In der DDR zeigte sich gerade hier, dass das System eine Diktatur war.