Kroatien ist 2013 der EU beigetreten und ist damit ihr jüngster Mitgliedstaat. Mit seiner über 1.700 Kilometer langen Adriaküste und den vielen davor liegenden Inseln ist es ein beliebtes Urlaubsland. Doris Akrap gibt einen Überblick über Geschichte, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Ethnische Gruppen: 90,4 Prozent Kroaten, 4,4 Prozent Serben, 0,7 Prozent Bosniaken, weitere Minderheiten (Volkszählung 2011)
Religionen: 86,3 Prozent katholisch, 4,4 Prozent orthodox, 1,4 Prozent muslimisch, 0,3 Prozent protestantisch (Volkszählung 2011)
Mitgliedschaften in internationalen Organisationen (Auswahl): EU (seit 2013), NATO (seit 2009), OSZE (seit 1992), Europarat (seit 1996)
Verwaltungsgliederung: 20 Gespanschaften (županija) und Hauptstadt Zagreb
Anteil der Stadtbevölkerung: 56,9 Prozent (2018)
BIP pro Kopf (kaufkraftbereinigt): 30.140 US-Dollar (Deutschland: 56.278; 2019)
Währung: Kuna (1 EUR = 7,57 HRK; 2021)
Arbeitslosigkeit: 9,1 Prozent (2019)
Jugendarbeitslosigkeit: 22,3 Prozent (2019)
Quellen: UN, UN DESA, IOM, World Bank, ILO
Geschichte
Das Gebiet des heutigen Kroatiens bildete Interner Link: bis zum 20. Jahrhundert nie eine homogene Einheit. Nach der Auflösung des Römischen Reiches gehörten die größten Teile Kroatiens (Dalmatien, Istrien, Slawonien) zum oströmischen Reich. Ab 925 wurde Kroatien unter Tomislav ein eigenständiges Königreich, das 1102 eine "Personalunion" mit dem König von Ungarn einging. Hierzu gehörte bis ins 19. Jahrhundert die Region Slawonien, während beispielsweise die Republik Dubrovnik staatlich unabhängig war und Dalmatien und Istrien zur Republik Venedig gehörten und ab 1815 zum Habsburger Reich.
Jahrhundertelang war die Region geprägt von Abwehrkriegen gegen das Osmanische Reich. Bis heute spielt die Vorstellung, als "Bollwerk gegen die Islamisierung Europas" gedient zu haben, eine wichtige Rolle für die nationale Identität.
Am Ende des Interner Link: Ersten Weltkriegs 1918 wurde ein Großteil des heutigen Kroatiens Teil des neugegründeten "Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen" unter dem serbischen König Aleksandar I. Karađorđević. Die Kroatinnen und Kroaten strebten allerdings mehr Eigenständigkeit an, zum Beispiel durch Forderungen nach einer weniger zentralistischen Ordnung oder die Gründung einer eigenen Republik. 1928 wurden mehrere kroatische Politiker im Belgrader Parlament erschossen, darunter der Gründer der bis heute bestehenden kroatischen Bauernpartei (HSS), Stjepan Radić. 1929 erklärte sich Aleksandar I. zum alleinigen Herrscher über das "Königreich Jugoslawien". Kroatische Politiker, darunter der Faschist Ante Pavelić, gingen ins Exil. Vom italienischen faschistischen Staat unterstützt, gründete Pavelić die faschistische Bewegung der "Ustaša", die am tödlichen Attentat auf König Aleksandar I. bei einem Staatsbesuch 1934 in Marseille beteiligt war.
Nach der Kapitulation des Königreichs Jugoslawien vor den Achsenmächten 1941 wurde Ante Pavelić von Deutschland und Italien als "Poglavnik" (Führer) und Oberhaupt des sogenannten "Unabhängigen Staates Kroatiens" installiert. Die kroatischen Küstengebiete kamen großteils unter italienische Herrschaft, auf dem restlichen Gebiet ließ Pavelić rund 20 Konzentrationslager errichten, in denen systematisch Serbinnen und Serben, Jüdinnen und Juden, Romnija und Roma, Musliminnen und Muslime sowie Oppositionelle ermordet wurden. Allein im größten KZ Jasenovac kamen ungefähr 80.000 Menschen ums Leben. Die deutschen und italienischen Besatzungstruppen betrieben weitere Lager in Kroatien. Im gesamten Gebiet des ehemaligen Königreichs Jugoslawien herrschte ein Bürgerkrieg, in denen slowenische, kroatische, serbische und albanische Ultranationalisten ihre politischen Ziele gewaltsam durchsetzen wollten. Auf der anderen Seite kämpfte die Partisanenbewegung gegen die serbischen Četniks, die kroatischen Ustaša und die deutschen und italienischen Besatzer.
Im November 1945 Interner Link: gründeten die siegreichen Partisanen der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) die "Föderative Volksrepublik Jugoslawien", in der Kroatien eine von sechs Teilrepubliken wurde. Präsident war bis zu seinem Tod der in Kroatien geborene Marschall der jugoslawischen Partisanen Josip Broz, genannt Tito. Als einziger Staat im sozialistischen Einflussbereich der Sowjetunion brach Tito 1948 mit Stalin und entwickelte einen eigenen Sozialismus – den sogenannten Dritten Weg – der zum kapitalistischen Westen gute Beziehungen hatte, ökonomisch auf dem Prinzip der Arbeiterselbstverwaltung fußte und außenpolitisch in der Gründung der Bewegung der Blockfreien Staaten mündete.
Ende der 1960er Jahre entwickelte sich mit dem "Kroatischen Frühling" eine Reformbewegung von Intellektuellen, die ökonomische und politische Liberalisierungen und mehr Autonomie forderte. Auch der spätere erste kroatische Präsident, der Offizier und Historiker Franjo Tuđman gehörte ihr an. Die Bewegung wurde jedoch von der jugoslawischen Zentralregierung zerschlagen.
Nach dem Tod Titos 1980 und vor dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise gewannen nationalistische Strömungen in den jugoslawischen Republiken immer mehr an Zulauf. Die ersten Mehrparteienwahlen in Kroatien 1990 gewann die von Tuđman gegründete nationalistisch-völkische Partei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft), die eine antiserbische, antisemitische und nationalistische Stimmung förderte.
Am 25. Juni 1991 erklärte die kroatische Regierung Kroatien für unabhängig. Serben riefen in einem mehrheitlich von ihnen bewohnten Gebiet, das etwa ein Drittel des kroatischen Staatsgebiets ausmachte, die "Republik Serbische Krajina" aus. In den folgenden Jahren wurden sie von der Jugoslawischen Volksarmee (JVA) und paramilitärischen Verbänden gegen kroatische Angriffe unterstützt. Der Krieg wurde durch die die militärische Operation "Oluja" (Sturm) zwischen dem 4. und 7. August 1995 beendet. Rund 200.000 Kroatinnen und Kroaten wurden vertrieben oder mussten aus den serbisch kontrollierten Gebieten fliehen. Kroatien erlangte dadurch die Kontrolle über den Großteil seines Staatsgebiets zurück – bis auf Ostslawonien, das zunächst unter UN-Verwaltung gestellt wurde und nach zwei Jahren an Kroatien übergeben wurde. Rund 200.000 Serbinnen und Serben flohen oder wurden vertrieben, mehr als 600 Zivilistinnen und Zivilisten ermordet. Die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen kroatischer und serbischer Militärs und Paramilitärs ist immer nicht abgeschlossen.
Politisches System
Das kroatische Parlament verabschiedete 1990 eine eigenständige Verfassung, die sich am deutschen Interner Link: Zwei-Kammer-System (national und regional) orientierte. Die ursprünglich semipräsidentielle Verfassung wurde im Jahr 2000 reformiert. Die Machtfülle des Präsidenten oder der Präsidentin wurde beschränkt, ein parlamentarisches Regierungssystem etabliert. Mit dem Sabor gibt es seitdem nur noch eine Parlamentskammer mit Sitz in der Hauptstadt Zagreb.
Der Sabor ist das Parlament der Republik und kontrolliert die Exekutive. Es wird alle vier Jahre gewählt und hat 151 Sitze, davon sind drei für Kroaten im Ausland und acht für Minderheiten reserviert (drei davon für die serbische Minderheit). Gewählt wird nach einem Verhältniswahlrecht. Es gilt eine Fünf-Prozent-Hürde bezogen auf den jeweiligen Wahlbezirk. Das Land ist in 10 Wahlbezirke sowie je einen Wahlbezirk für die im Ausland lebenden Kroatinnen und Kroaten und die Minderheiten unterteilt. Diese sind nicht identisch mit den 21 regionalen Verwaltungseinheiten, den Gespanschaften (županije). Jede županija hat eine gewählte Gespanschaftsversammlung, der ein Gespan (župan) vorsteht. Innerhalb dieser Gespanschaften gibt es eine zweite administrative Ebene, die aus insgesamt 564 Städten und Gemeinden besteht.
Der Präsident oder die Präsidentin ist Staatsoberhaupt, ernennt formal die Regierung und kann Neuwahlen anordnen. Außerdem kontrolliert er oder sie die Streitkräfte und Nachrichtendienste. Alle fünf Jahre wird er oder sie direkt vom Volk gewählt und vertritt gemeinsam mit dem oder der Regierungschef/-in (Premier) die Exekutivgewalt und den Staat nach innen und außen.
Innenpolitik
Seit dem Tod des Staatsgründers Tuđman 1999 wechseln die Mehrheiten in Kroatien regelmäßig zwischen der konservativ-nationalistischen HDZ (Hrvatska Demokratska Zajednica) und der sozialdemokratischen, liberalen SDP (Socijaldemokratska partija Hrvatske). Während die Sozialdemokraten ihrer kritischen Haltung zu Nationalismus, Geschichtsfälschungen, Korruption und Rassismus treu bleiben, konnten sie in den von ihnen gestalteten Regierungen kaum nennenswerte Reformen durchsetzen. Die HDZ musste sich im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen seit 2003 dem Druck politischer Reformen anpassen und ihre Haltung zur kroatischen Geschichte und Kriegsverbrechen, zu Korruption, ethnischen Minderheiten und Gleichberechtigung zumindest oberflächlich ändern. Der seit 2016 amtierende Regierungschef (Stand September 2020) Andrej Plenković war schon einer der Verhandlungsführer des EU-Beitritts und hat die ehemals rechtskonservative HDZ in die politische Mitte geführt.
Die Zusammensetzung des Sabor ist traditionell vielfältig: Sowohl die regionale als auch die politische Polarisierung ist sehr stark und äußert sich immer wieder in der Gründung und Wahl von Bürgerinitiativen und Kleinstparteien. Es ist dabei üblich, dass sich mehrere Parteien zu einer Liste zusammenschließen, um ihre Wahlchancen zu erhöhen. Als Reaktion auf politische Liberalisierung und Demokratisierung und unterstützt von konservativen Kroatinnen und Kroaten und der gesellschaftlich und politisch stark verankerten katholischen Kirche hat sich im Frühjahr 2020 die nationalkonservative "Heimatbewegung" DPMŠ (Domivinski pokret Miroslava Škore) des Sängers Miroslav Škoro gegründet. Sie wurde bei den Wahlen von 2020 auf Anhieb drittstärkste Partei. Škoro ist ehemaliges Mitglied der HDZ, er setzt sich unter anderem für ein traditionelles Familienbild und gegen Abtreibung ein und schürt Ressentiments gegen Serbien und in Kroatien lebende Serbinnen und Serben.
Immer wieder kommt es in den letzten Jahren aber auch zu Gründungen eher fortschrittlicher Bürgerbewegungen wie dem links-grünen Bündnis Možemo ("Wir können"), das 2020 als erste grüne Partei in das kroatische Parlament einzog und 2021 die Kommunalwahl in Zagreb gewann. Entstanden ist das Bündnis mehrerer linker und grüner Parteien vor allem durch die Kritik an der alles überschattenden Korruption, dem Dauerproblem der politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Sphäre in Kroatien. Sie führt zu einem immer größer werdenden Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in Rechtsstaatlichkeit und politische Institutionen. Kroatien hat in dieser Frage einen der niedrigsten Werte in der gesamten EU.
Gleichzeitig gibt es eine lebendige Zivilgesellschaft, die sich unter anderem im Bereich Interner Link: LGBT Gehör verschafft. Immer wieder kommt es auch zu Streiks von Lehrerinnen und Lehrern, Lohnforderungen im öffentlichen Dienst und Demonstrationen gegen die Repression von Journalisten und Journalistinnen. Die ehemals ebenfalls lebendige und vielfältige Medienlandschaft mit der in Split produzierten und politisch unabhängigen Zeitung "Feral Tribune", ist seit einigen Jahren aufgrund von politischer Beeinflussung und Investorenübernahmen ausgedünnt, dafür in ihren regionalen Erscheinungen immer noch stark ausgeprägt.
Außenpolitik
Seit Juli 2013 ist Kroatien EU-Mitglied. Die größten Interner Link: Hürden in den Beitrittsverhandlungen waren Korruption, mangelnde Unabhängigkeit der Justiz, die stockende Privatisierung staatlicher Betriebe und vor allem die mangelhafte Kooperation mit dem Interner Link: Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien bei der Aufarbeitung schwerer Kriegsverbrechen. In einem Referendum im Januar 2012 stimmten zwei Drittel der Kroaten für einen Beitritt zur EU bei einer Wahlbeteiligung von rund 44 Prozent.
Bereits seit April 2009 ist Kroatien Mitglied der NATO und an der Mission KFOR im Interner Link: Kosovo und der Mission ISAF in Interner Link: Afghanistan beteiligt. Für den Beitritt zum Schengen-Raum hat die EU-Kommission 2019 grünes Licht gegeben. Die Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten steht jedoch noch aus. Von Januar bis Juni 2020 hatte Kroatien zum ersten Mal den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft inne.
Die Beziehungen zu den ehemaligen Republiken der jugoslawischen Föderation sind teilweise schwierig. Mit Serbien streitet Kroatien über die Klärung der Vermisstenfälle aus der Zeit des Jugoslawienkriege und fordert eine konsequente juristische Aufarbeitung der von Serben begangenen Kriegsverbrechen. Mit Bosnien-Herzegowina gibt es immer wieder Streit um den Status der dort lebenden Kroaten und wegen der mit EU-Geldern finanzierten Pelješac-Brücke, die als Umgehung der zu Bosnien-Herzegowina gehörenden Bucht von Neum gedacht ist. Der schwierigste Grenzkonflikt ist die Demarkation zu Slowenien, die bis heute in Teilen umstritten ist. Beide Länder haben indes den "Brdo-Brijuni-Prozess" initiiert, der zur besseren regionalen Verständigung der Länder des ehemaligen Jugoslawiens und des Westlichen Balkans beitragen und sie auf ihrem Weg in die EU unterstützen soll.
Ein besonders enges Verhältnis hat Kroatien zu Deutschland – auch weil seit den 1960er Jahren im Zuge der Anwerbung von Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern Hunderttausende nach Deutschland kamen, von denen viele dauerhaft geblieben sind. Heute leben rund 415.000 kroatische Staatsangehörige in Deutschland.
Wirtschaft
Nach einem schweren Einbruch in Folge der Finanzkrise 2008, stabilisierte sich die kroatische Wirtschaft. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) lag 2019 bei knapp drei Prozent und hatte ein Gesamtvolumen von 60,4 Milliarden US-Dollar. Seit Juli 2020 ist Kroatien in den "Wechselkursmechanismus II" der Europäischen Kommission aufgenommen. Erfüllt es bis 2022 kontinuierlich die Konvergenzkriterien, kann 2023 der Euro eingeführt werden. Bis dahin bleibt die Währung die Kroatische Kuna. Wichtigste Handelspartner Kroatiens sind Deutschland, Italien und Slowenien, unter den Nicht-EU-Ländern sind es die Nachbarrepubliken Serbien sowie Bosnien und Herzegowina.
Der Anteil der Dienstleistungen am BIP (2019) beträgt fast 60 Prozent, Industrie und Tourismus machen jeweils 20 Prozent aus, die Landwirtschaft nur noch 2,8 Prozent (2006: 9 Prozent). Aufgrund der Verpflichtung Kroatiens, subventionierte landwirtschaftliche Produkte aus der EU zuzulassen, kriselt die kroatische Landwirtschaft.
Die Arbeitslosenquote betrug 2015 noch 20 Prozent, aktuell liegt sie bei gut acht Prozent (August 2020). Dieser starke Rückgang dürfte allerdings auch mit der immer größer werdenden Abwanderung von Kroatinnen und Kroaten ins Ausland zu erklären sein. Vor allem junge Menschen verlassen das Land (40.000 im Jahr 2019), so dass es stellenweise bereits einen akuten Arbeitskräftemangel gibt. Das durchschnittliche Nettoeinkommen steigt und lag im Juni 2020 bei knapp 900 Euro. Allerdings schätzen unabhängige Quellen diese Summe niedriger sein.
Die hohe Mehrwertsteuer von 25 Prozent (ermäßigter Satz: 13 Prozent), das langsame Gerichtssystem, die ausufernde Bürokratie und die Korruption machen Kroatien für Geschäfte und Investitionen weiterhin unattraktiv. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International wandert Kroatien kontinuierlich nach unten (2019: Platz 63 von 180 Ländern). Als weiteres Hemmnis gilt die "mangelnde Innovationsfreude". Das EU-Ziel, drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung auszugeben, unterschreitet Kroatien mit lediglich einem Prozent deutlich. Zudem hat Kroatien von allen EU-Mitgliedern eine der niedrigsten Abrufquoten von EU-Geldern.
Gesellschaft
Kroatien hat 4,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Schätzungen zufolge leben zusätzlich bis zu 3 Millionen weitere Kroatinnen und Kroaten im Ausland, davon rund eine halbe Million in Bosnien und Herzegowina. Die größte Diaspora gibt es in den USA, gefolgt von Chile und Argentinien. Innerhalb der EU leben die meisten Auslandskroatinnen und -kroaten in Deutschland. Die Geburtenrate ist seit Jahren stark rückläufig. Kroatinnen und Kroaten machen 90,42 Prozent der Bevölkerung aus, der Rest sind Angehörige von 22 nationalen Minderheiten. Die größte nationale Minderheit sind Serbinnen und Serben mit 4,36 Prozent der Bevölkerung. Bis zum Beginn des Krieges 1991 machte die serbische Minderheit etwa 12 Prozent der Bevölkerung Kroatiens aus.
Dass der 5. August als "Tag des Sieges und der heimatlichen Dankbarkeit" der höchste Staatsfeiertag in Kroatien ist, macht die Integration der Serbinnen und Serben nicht einfacher. Mit ihm wird die "Befreiung" der Stadt Knin 1995 gefeiert, die während des Kriegs von serbischen Paramilitärs besetzt worden war. Im Zuge der Beitrittsverhandlungen mit der EU wurde zumindest formal an der rechtlichen, ökonomischen und sozialen Gleichberechtigung der Minderheiten in Kroatien gearbeitet.
Die katholische Kirche ist durch ihre Mitgliederzahl (86 Prozent der Bevölkerung) und ihre üppige staatliche Finanzierung eine einflussreiche politische Kraft in Kroatien, die durch Kampagnen beispielsweise gegen Abtreibung und die gleichgeschlechtliche Ehe den gesellschaftlichen Diskurs prägt.
Doris Akrap, geboren 1974, studierte südosteuropäische Geschichte, Religions- und Kulturwissenschaften. Sie ist als Redakteurin der taz in Berlin tätig.