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Kommentar: 2020 wird geprägt sein von Versprechungen und Versuchungen | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Deutsche Medien zu Ukraine, Krim-Annexion und Russlands Rolle im Jahr 2014 Analyse: Die Qualität der Medienberichterstattung über Russlands Krieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Aggression gegenüber der Ukraine in den deutschen Talkshows 2013–2023. Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. Ein Erfahrungsbericht Statistik: Auswirkungen des Krieges auf Forschung und Wissenschaft der Ukraine Innenpolitik / Eliten (26.05.2023) Analyse: Zwischen Kriegsrecht und Reformen. Die innenpolitische Entwicklung der Ukraine Analyse: Die politischen Eliten der Ukraine im Wandel Statistik: Wandel der politischen Elite in der Ukraine im Vergleich Chronik: 5. April bis 3. Mai 2023 Sprache in Zeiten des Krieges (10.05.2023) Analyse: Die Ukrainer sprechen jetzt hauptsächlich Ukrainisch – sagen sie Analyse: Was motiviert Ukrainer:innen, vermehrt Ukrainisch zu sprechen? Analyse: Surschyk in der Ukraine: zwischen Sprachideologie und Usus Chronik: 08. März bis 4. April 2023 Sozialpolitik (27.04.2023) Analyse: Das Sozialsystem in der Ukraine: Was ist nötig, damit es unter der schweren Last des Krieges besteht? Analyse: Die hohen Kosten des Krieges: Wie Russlands Krieg gegen die Ukraine die Armut verschärft Chronik: 22. Februar bis 7. März 2023 Besatzungsregime / Wiedereingliederung des Donbas (27.03.2023) Analyse: Etablierungsformen russischer Herrschaft in den besetzten Gebieten der Ukraine: Wege und Gesichter der Okkupation Karte: Besetzte Gebiete Dokumentation: Human Rights Watch: Torture, Disappearances in Occupied South. Apparent War Crimes by Russian Forces in Kherson, Zaporizhzhia Regions (Ausschnitt) Dokumentation: War and Annexation. The "People’s Republics" of eastern Ukraine in 2022. Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. März, Feminismus und Krieg in der Ukraine: Neue Herausforderungen, neue Möglichkeiten Umfragen: Umfragen zum Internationalen Frauentag Interview: "Der Wiederaufbau braucht einen geschlechtersensiblen Ansatz" Statistik: Kennzahlen und Indizes geschlechterspezifischer Ungleichheit Korruptionsbekämpfung (08.03.2023) Analyse: Der innere Kampf: Korruption und Korruptionsbekämpfung als Hürde und Gradmesser für den EU-Beitritt der Ukraine Dokumentation: Statistiken und Umfragen zu Korruption Analyse: Reformen, Korruption und gesellschaftliches Engagement Chronik: 1. bis 10. Februar 2023 Kriegsentwicklung / Jahrestag der Invasion (23.02.2023) Analyse: Unerwartete Kriegsverläufe Analyse: Die Invasion der Ukraine nach einem Jahr – Ein militärischer Rück- und Ausblick Kommentar: Die Unterstützung der NATO-Alliierten für die Ukraine: Ursachen und Folgen Kommentar: Der Krieg hat die Profile der EU und der USA in der Ukraine gefestigt Kommentar: Wie der Krieg die ukrainische Gesellschaft stabilisiert hat Kommentar: Die existenzielle Frage "Sein oder Nichtsein?" hat die Ukraine klar beantwortet Kommentar: Wie und warum die Ukraine neu aufgebaut werden sollte Kommentar: Der Krieg und die Kirchen Karte: Kriegsgeschehen in der Ukraine (Stand: 18. Februar 2023) Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Chronik: 17. bis 31. Januar 2023 Meinungsumfragen im Krieg (15.02.2023) Kommentar: Stimmen die Ergebnisse von Umfragen, die während des Krieges durchgeführt werden? 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Kommentar: 2020 wird geprägt sein von Versprechungen und Versuchungen

Gerhard Simon Köln Von Gerhard Simon

/ 3 Minuten zu lesen

Alles anders, alles besser? Die im vergangenen Jahr gewählte Regierung hat sich große Ziele gesteckt: Die Ukraine soll zum führenden Land in Osteuropa aufsteigen. Umsetzbar oder nur eine Luftnummer? Der Kommentar schaut mit nüchternem Blick auf die aktuellen Möglichkeiten in der Ukraine.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Ukraine zur führenden Nation in Osteuropa machen. (© picture alliance / Photoshot)

Bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Ukraine im vergangenen Jahr haben die Wähler die bisherige politische Klasse weggefegt und neue Frauen und Männer an die Schaltstellen von Regierung und Parlament befördert. Ihr Enthusiasmus und der Wille zur Macht sind ebenso offensichtlich wie ihr Dilettantismus und ihre Naivität. Alles im Land soll anders und natürlich besser werden: Wirtschaftswachstum und Wohlstand, Ausrottung der Korruption und Frieden mit Russland. Die Ukraine wird vom ärmsten zum führenden Land in Osteuropa aufsteigen, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj vor wenigen Tagen beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos ankündigte. Das alles klingt bekannt und vertraut: 2004/5 war von der "Orangen Revolution" in der Ukraine die Rede, 2014 folgte die "Revolution der Würde" und jetzt also führen Selenskyjs "Diener des Volkes" das Land in die lichte Zukunft.

Die Wirtschaft

Ein nüchterner Blick mahnt zur Zurückhaltung. Vom angekündigten Wachstum des BIP um 40 Prozent in den kommenden fünf Jahren ist bislang nichts zu erkennen; vielmehr ist die Industrieproduktion 2019 gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozent zurückgegangen. Die notwendige Privatisierung notleidender Staatsbetriebe kommt nicht voran. Die Machtstellung der Oligarchen ist ungebrochen. Ihor Kolomojskyj, der politische Ziehvater des jetzigen Präsidenten, besteht vor Gericht auf der Restitution seiner "PrivatBank", die nach seiner Meinung unrechtmäßig enteignet worden ist. Von der Konsolidierung des Bankensektors hängt die weitere Zusammenarbeit des IWF mit der Ukraine ab.

Frieden im Donbas?

Der Frieden im Osten der Ukraine liegt offenbar in weiter Ferne, obwohl es nach sechs Jahren russischer Aggression große Sehnsucht nach Frieden gibt. Aber die neue Führung hat bislang keine nachhaltigen Fortschritte auch nur in Richtung auf einen Waffenstillstand zustande gebracht. Dabei ist die Selenskyj-Mannschaft den russischen Forderungen beim Gefangenenaustausch und beim Rückzug der Waffen weit entgegengekommen. Aber Frieden wird es nicht geben, solange der Kreml keinen Frieden will. Während die neue ukrainische Führung offenbar glaubt, Russland sei wie sie selbst an Konsolidierung und Ausgleich interessiert, sieht der Kreml im Krieg im Donbas das zentrale Instrument zur Destabilisierung der Ukraine. Russland erkennt die Ukraine nicht als selbständigen Staat an, es sieht in der Existenz der Ukraine vielmehr eine Bedrohung für sich.

Versuchungen der Macht

Die neue Führung in Kiew hat die Macht vor einem halben Jahr mit erheblichen Vorschusslorbeeren übernommen: der Präsident wurde mit beinahe einer Dreiviertelmehrheit gewählt; im Parlament hat seine Partei eine satte absolute Mehrheit. Eben dieser "glänzende" Start wird jetzt zum Problem und zur Versuchung. Nicht nur die Opposition im Parlament ist marginalisiert, die neue Mehrheit rühmt sich, auf Prozeduren keine Rücksicht nehmen zu müssen. Parlamentspräsident Dmytro Rasumkow stellte fest, wenn das Parlament die Geschäftsordnung eingehalten hätte, dann hätte es nicht einmal ein Viertel der Gesetze verabschieden können, die tatsächlich verabschiedet wurden. Es gibt kein Verständnis dafür, dass Demokratie wesentlich auf Verfahren beruht. Auch ist nicht zu erkennen, wie die Justiz die Manipulationen durch das "Turboregime", wie sich die neue Regierung selbstbewusst nennt, unter Kontrolle bringen könnte.

"Die Ukraine lieben, heißt alle Ukrainer lieben", konstatierte Selenskyj in seiner Neujahrsbotschaft, ganz gleich ob sie "Patrioten sind, Kleinrussen, Wattejacken-Träger ["Watniki", kritisch-sarkastischer Begriff für Anhänger prorussischer Positionen, Anm. d. Red.] oder Anhänger von Bandera". Diese erstaunlich großzügige Inklusivität kontrastiert allerdings damit, dass die Vorgängerregierung unter Generalverdacht steht: Gegen den ehemaligen Präsidenten Poroschenko sind mehrere Verfahren wegen Hochverrat anhängig, unter anderem weil er die Minsker Vereinbarungen unterzeichnet hat. Es würde die Ukraine ein gutes Stück auf den Weg in die europäische Normalität zurückführen, wenn diese Verfahren möglichst umgehend eingestellt würden.

Fussnoten

Prof. em. Dr. Gerhard Simon ist Historiker. Er war Leitender Wissenschaftlicher Direktor des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln und lehrte an den Universitäten Köln und Bonn.