Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Wer trägt die Schuld? - Schießbefehl und Mauertote | Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur | bpb.de

Kontraste - Auf den Spuren einer Diktatur Die Sendung Aufbruch im Osten Jugend in Jena Rebellion am Brandenburger Tor Drang nach Pressefreiheit Friedensbewegung Vom Staatskünstler zum Staatsfeind Ausreise als Ausweg Flucht unter Lebensgefahr Zeitungen der Kirche Wahlen als Farce Wo sind die Reformer? Leipziger Montagsdemonstration Wendezeiten Auflösung des Geheimdienstes Überwachung der Staatsfeinde Stasi-Akten als Zeitbombe Justizminister Wünsche Schießbefehl und Mauertote Karriere von DDR-Juristen Stasi-Offiziere im "besonderen Einsatz" Bekenntnisse einer Stasi-Agentin Alte Schnüffler in neuen Uniformen Eröffnung der Gauckbehörde Alles schon vergessen? Vom Stasi-Offizier zum Rechtsanwalt Tod in Stasi-Haft Gift im Strafvollzug Arzt im Dienste der Stasi Kein Schadenersatz für Opfer Staatsführung auf der Anklagebank Deserteure der NVA 10 Jahre nach der Revolution DDR-Doping und die Folgen Stasi-Vorwürfe gegen Gysi Links ins Internet Glossar Redaktion Sendemanuskripte 2. Januar 1990: Stasi am Ende? 6.Februar 1990: Überwachung der Staatsfeinde 13. März 1990: Stasiakten als Zeitbombe 29. Mai 1990: Justizminister Wünsche 3. Juli 1990: Schießbefehl und Mauertote 7. August 1990: Karriere von DDR-Juristen 11. September 1990: Stasi-Offiziere im "besonderen Einsatz" 16. Oktober 1990: Bekenntnisse einer Stasi-Agentin 2. Juli 1991: Alte Schnüffler in neuen Uniformen 6. Januar 1992: Eröffnung der Gauckbehörde

Wer trägt die Schuld? - Schießbefehl und Mauertote

Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk

/ 2 Minuten zu lesen

28 Jahre lang war die DDR-Grenze ein Todesstreifen. Die Hinterbliebenen der Mauertoten klagen an. Kontraste fragt nach, warum die Verantwortlichen für das Grenzregime nicht zur Rechenschaft gezogen werden.

Fluchtversuch am Grenzübergang Chausseestraße in Berlin 1988 (© KONTRASTE, Rundfunk Berlin-Brandenburg)

Die Berliner Mauer war das Symbol des Kalten Krieges und der in Ost und West geteilten Welt schlechthin. Die illegale Überwindung dieser Mauer wie auch der innerdeutschen Grenze von Ost nach West konnte nur unter Lebensgefahr versucht werden. Das Grenzregime der DDR umfasste daneben auch noch die Ostsee und die westlichen Landesgrenzen der Tschechoslowakei, Ungarns, Rumäniens und Bulgariens.

Insgesamt kamen über eintausend Menschen ums Leben bei dem Versuch, die DDR "illegal" für immer zu verlassen. Großes Aufsehen erregte der Tod des achtzehnjährigen Peter Fechter, der beim Versuch, die Sperren in Richtung Westen zu durchbrechen, am 17. August 1962 angeschossen wurde. Er verblutete im Niemandsland zwischen Ost und West. Weder die Westberliner Polizei noch die Alliierten griffen ein: Sie hatten Angst, die Russen zu provozieren, lag Fechter doch auf deren Gebiet. Erst als der junge Mann qualvoll vor den Augen der gesamten Weltöffentlichkeit gestorben war, bargen DDR-Grenzer seinen leblosen Körper aus dem Stacheldrahtverhau.

Aus urheberrechtlichen Gründen kann das KONTRASTE-Video derzeit nicht an dieser Stelle gezeigt werden. Dafür bitten wir um Verständnis. [d. Red., 17.04.2014]

Jeder wusste, dass an der Grenze und an der Mauer scharf geschossen wurde. Und dennoch leugnete die SED-Führung vor und nach 1989, dass es jemals einen Schießbefehl gegeben habe. Damit wollten die politisch Verantwortlichen jenen allein die Schuld zuschieben, die die Grenzen bewachten. Tatsächlich gab es aber seit Oktober 1961 de facto einen Schießbefehl, der zudem täglich in der Vergatterung der Wacheinheiten erneuert worden ist, 28 Jahre lang.

"Politbüro- und Mauerschützenprozess"

Als am 9. November 1989 die Berliner Mauer geöffnet wurde, kam es erstaunlich schnell zu Wandlungen, die nur wenige Wochen zuvor unmöglich gewesen wären. Uniformträger ließen sich plötzlich einen Bart stehen, waren freundlich, zeigten sich unsicher und ließen ihr einstiges Autoritätsgehabe vermissen. Sie wussten nicht genau, was ihnen die Zukunft bringen würde. Einig schienen sie sich aber darin zu sein, dass sie keine individuelle Verantwortung für die Vergangenheit zu tragen hätten. Sie beriefen sich auf einen "Befehlsnotstand", der ihnen gar keine andere Wahl gelassen habe, als zu machen, was befohlen worden sei. Dass dies längst nicht nur die Hinterbliebenen von Mauertoten bestürzte und erregte, lässt sich leicht nachvollziehen.

Erst nach der deutschen Einheit wurden die politisch verantwortlichen Täter im "Politbüroprozess" sowie die individuellen Todesschützen in "Mauerschützenprozessen" verurteilt. Entscheidend bei diesen Prozessen war nicht die Strafhöhe, sondern der Umstand, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch dann noch bestraft werden, wenn sie von der damals gültigen Rechtslage scheinbar gesichert waren. Diese Botschaft hat eine Bedeutung, die weit über innerdeutsche Belange hinausreicht.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Deutschland Archiv

The Wall: 1961-2021 - Part One

Sixty years ago, on August 13, 1961, the German Democratic Republic started to build a wall across Berlin. Today, in the age of social media, it’s even harder to believe that the leaders of eastern…

Deutschland Archiv

Die Mauer. 1961 bis 2023

Anlässlich des 62. Jahrestags des Mauerbaus erinnert das Deutschland Archiv mit 46 Bildmontagen und einer Virtual-Reality-Animation an das Bauwerk, das die Stadt über 28 Jahre lang teilte.

Deutschland Archiv

Ein Flüchtling, der keiner sein sollte

Wenige Tage vor der Eröffnung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Ost-Berlin unternimmt Klaus Gomert einen Fluchtversuch. Doch die Flucht scheitert. Entgegen aller Erwartungen wird Gomert…

Deutschland Archiv

Mauerbilder in Ost und West

Bilder von der Mauer erlangten schon bald nach deren Bau einen festen Platz im kollektiven Bild-Gedächtnis des Kalten Krieges in Ost und West. Es etablierte sich ein "Set" von Motiven, die als…

Artikel

Die Stille nach dem Schuss

Mehr als 1000 Menschen starben bei ihrem Fluchtversuch aus der DDR – mindestens 136 allein an der Berliner Mauer. Im allgemeinen Vereinigungsrausch fehlte oft der Platz für das Gedenken an die…