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Augmented Reality im Museum | Veranstaltungen | bpb.de

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Augmented Reality im Museum

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Mit einem "Digitorial" den Ausstellungsbesuch im Museum bereichern oder mit Spielen Wissenschaft erfahrbar machen – auch an informellen Lernorten geht die Digitalisierung nicht vorüber. Damit wird vor allem einem veränderten Informationsverhalten des Publikums Rechnung getragen.

Museen oder Ausstellungen mit einem "Digitorial" bereichern. ( Nico Kaiser / bearbeitet / Externer Link: flickr / Externer Link: CC BY 2.0 )

Der Beitrag entstand im Nachgang des Bildungspolitischen Forums "Bildungspotenziale in Zeiten digitalen Wandels" der Leibnitz-Forschungsverbundes Bildungspotenziale (LERN). Die Veranstaltung fand am 5. Oktober 2017 in Berlin statt. Mehr Informationen zur Veranstaltung Externer Link: finden Sie hier.

Kurz & knapp:

  • Informelle Lernorte wie Museen oder Gedenkstätten begegnen den veränderten Interessen und dem durch alltäglichen Medienkonsum geprägten Verhalten der Besucherinnen und Besucher mit digitalen Medien.


  • Digitale Medien müssen eine Ergänzung zur Ausstellung bieten, keine Reproduktion derselben. Sie sollten keinen Selbstzweck erfüllen, sondern funktional eingesetzt werden.


  • Digitale Rekonstruktionen historische Exponate können Originale nicht ersetzen.

Anders als der klassische Schulunterricht oder die frontale Vorlesung in der Universität beleuchten Museen und Gedenkstätten Kunst und historisch-politische Themen nicht nur theoretisch, sondern machen sie erfahrbar. Als informelle Lernorte müssen diese öffentlichen Bildungsträger für Besucherinnen und Besucher auch im Zeitalter der Digitalisierung attraktiv bleiben und neue Technologien nutzen, um bestehende Formen der Didaktik zeitgemäß aufzubereiten und zu verbessern. Dabei spielen auch die veränderte Interessenlage und das von alltäglichem Medienkonsum geprägte Verhalten der Besucherinnen und Besucher eine Rolle. So stellt Dr. Chantal Eschenfelder vom Frankfurter Städel Museum in einem Workshop des Leibniz-Forschungsverbundes Bildungspotenziale (LERN) auf Grundlage hausinterner Untersuchungen fest, dass Besucherinnen und Besucher einen wesentlichen Teil der Zeit, die sie einem ausgestellten Kunstwerk widmen, nicht eben jenes eingehend betrachten, sondern die optimale Position für das beste Selfie suchen.

Digitale Lösungen für neue Ansprüche


Was für einige Ohren befremdlich klingt, wird von Leiterinnen und Leitern informeller Lernorte als Aufforderung dazu verstanden, sich neuen Bedürfnissen (potentieller) Besucherinnen und Besucher anzupassen. Wer etwa Interesse für Wissenschaft wecken und Menschen neue Trends und Erkenntnisse näherbringen will, der sollte dies am besten mit einer Spaßerfahrung verbinden, meint Dr. Christian Sichau von der Experimenta, einem Science Center in der Region Heilbronn-Franken. Erlebbare Einrichtungen dürften nicht nur das intellektuelle, sondern müssten auch das affektive Lernen fördern, also Menschen in Staunen versetzen, sie begeistern und ihnen Freude bereiten.
Das Städel Museum in Frankfurt reagiert auf diese Anforderungen mit Augmented Reality und einem sogenannten "Digitorial". Dabei handelt es sich um eine Art digitales Portfolio aktueller Ausstellungen, in dem Hintergrundinformationen zu allen Werken sowie Künstlerinnen und Künstlern enthalten sind, die man sich bereits vor dem Besuch auf dem Endgerät ansehen kann. Es gehe darum, einen digitalen Mehrwert für Besucherinnen und Besucher zu schaffen, so Dr. Eschenfelder. Dieser entstehe nicht dadurch, einen kompletten Museumsrundgang online zugänglich zu machen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass ein Online-Rundgang nicht interessant sei, wenn die Ausstellung auch real begehbar ist. Stattdessen müssten digitale Angebote die Ausstellung klug ergänzen, indem digitale Inhalte sowohl vor und während, als auch nach dem Besuch der Ausstellung zur Verfügung gestellt werden. So ließe sich auch einem weiterführenden Interesse der Besucherinnen und Besucher gerecht werden. Auch Museumsbestände, die nicht in der jeweils aktuellen Ausstellung zu sehen sind, könnten durch digitale Angebote zugänglich gemacht werden: Museen stellen heutzutage gerade einmal durchschnittlich 1% ihrer Bestände aus, wobei die anderen 99% häufig ungenutzt in Lagerräumen verbleiben.

Historische Echtheit und digitale Rekonstruktion


Eschenfelder analysiert darüber hinaus, dass neben der Anspruchshaltung gegenüber dem Einsatz digitaler Medien, auch das Informationsbedürfnis vieler Menschen ansteige – bei gleichsam wachsender Skepsis gegenüber Medien, Institutionen und den von ihnen vermittelten Inhalten. Die Form der Wissensvermittlung müsse natürlich der Thematik der jeweiligen Einrichtung entsprechen, sagt Dr. Axel Decroll vom Institut für Zeitgeschichte in München. In diesem Zusammenhang betonen sowohl Decroll als auch Eschenfelder die Bedeutung von Authentizität einer Ausstellung: Eine digitale Rekonstruktion historischer Exponate oder von Kunstwerken würde von Besucherinnen und Besucher grundsätzlich anders wahrgenommen, als reale Objekte. Eine 3D-Rekonstruktion eines heute zerstörten Konzentrationslagers erfülle zwar durchaus den Zweck der Veranschaulichung, da der reale Ort nicht mehr begehbar sei; der Impulscharakter eines Originals, also die Wirkung, die echte erhaltene Exponate auf Menschen ausüben, könne virtuell jedoch nicht erreicht werden.

Notwendigkeit wissenschaftlicher Grundlagen


Problematisch bei der Einschätzung der Wirkung digitaler Mittel in Museen, Science Centers oder Gedenkstätten sei jedoch die fehlende Rezeptionsforschung, meint Prof. Dr. Peter Gerjets vom Institut für Wissensmedien in Tübingen. In der Regel würden sich informelle Lerneinrichtungen bei der Einführung neuer Technologien auf ihre eigenen Erfahrungen stützen und auf "trial and error" setzen. Dabei bestünde die Gefahr, dass digitale Lösungen nicht den Zweck ihres Einsatzes erfüllen, sondern zunächst am Ziel vorbei wirken: Während sich ein Science Center nach eigenem Verständnis als Wissenschafts-Vermittlungszentrum betrachtet, sei nicht klar, ob tatsächlich auch der Zweck der Wissenschaftsvermittlung durch Digitalisierung erreicht, oder nicht lediglich der Spaß-Faktor erhöht würde. Gleichermaßen sei unklar, inwieweit Digitalisierung die Wirkung echter Exponate in Kunstmuseen oder Gedenkstätten riskiert. Anders als in formalen Lerneinrichtungen wie Schulen, in deren Kontext dauerhaft evaluative Forschung betrieben wird, fehle es dort an empirischer beziehungsweise evidenzbasierter Bildungsforschung in den Einrichtungen des informellen Lernens. Klar sei, dass dies einerseits von bereitgestellten finanziellen Ressourcen abhänge. Darüber hinaus sei jedoch auch eine institutionalisierte Beratungsstelle eine mögliche Maßnahme, um die Digitalisierung solcher Einrichtungen zweckorientiert umzusetzen.

Die Perspektive: Zielorientierung statt Selbstzweck


Museen, Science Centers und Gedenkstätten haben nicht den Anspruch, ihren Besucherinnen und Besuchern eine absolute Wahrheit zu vermitteln. Gerade im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen ist ihr Ziel stattdessen, ein Ort für Debatten und Kontroversen zu sein, so Eschenfelder und Sichau. Die Zugänglichkeit ihrer Inhalte stützt sich dabei derzeit auf eine Mischung aus analogen Exponaten und Ausstellungen sowie sich weiterentwickelnden digitalen Angeboten – und obwohl sich die Zukunft der Digitalisierung informeller Lernorte heute noch im Prozess befinden mag, scheinen sich die Leiterinnen und Leiter der Einrichtungen darüber einig, wie sich ihr genähert werden sollte: Nur, weil etwas digital ist, sei es nicht gleich gut. Der Einsatz digitaler Mittel dürfe nicht aktionistisch stattfinden, sondern müsse funktional abgeleitet und durch viel konzeptionelle Arbeit begleitet werden. Durch eine solche Herangehensweise könne zum einen eine zielgruppengerechte Ansprache der Besucherinnen und Besucher gewährleistet und zum anderen digitale Mittel nicht nach dem Versuchsprinzip aufgesetzt werden. Erfolgreiche Digitalisierung wäre somit kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, die Zwecke informeller Lernorte zu stützen.