Im Folgenden wird eine allgemein gehaltene Einführung zur Medienpolitik gegeben. Dazu wird zunächst der Begriff "Medienpolitik" definiert. Es wird auf Kernprobleme des Politikfeldes hingewiesen, insbesondere auf Regulierungsdimensionen, Konfliktlinien und historische Bezüge. In diesem Zusammenhang werden wesentliche Akteure und Organisationen mit ihren Aufgaben und Interessenlagen vorgestellt sowie die Beziehung von nationaler zu internationaler Medienpolitik. Ein abschließender Abschnitt skizziert die Frage der grundlegenden Orientierung von Medienpolitik: Sollte sie sich primär an der wirtschaftlichen Marktlage orientieren oder an gesellschaftsbezogenen Werten wie beispielsweise Informationsvielfalt?
Was ist Medienpolitik?
Nach einem knappen, in den Sozialwissenschaften verbreiteten Verständnis ist Politik jener Teil der Gesellschaft, der allgemein verbindliche Regeln für das Zusammenleben der Menschen aufstellt. Insofern soll hier unter Medienpolitik jenes Handeln verstanden werden, das auf die Herstellung und Durchsetzung verbindlicher Entscheidungen zur Organisation, Funktion und Gestaltung von Medien und medialer öffentlicher Kommunikation abzielt .
Akteure und Gemeinwohlbezug der Medienpolitik:
Meist sind Akteure und Organisationen beteiligt, die nicht dem politischen System zuzuordnen sind, sogenannte Intermediäre wie Verbände, Kirchen, Organe der Selbstregulation, Stiftungen und mehr. Politik sollte hier also nicht mit Staat oder staatlichem Handeln gleich gesetzt werden (Intermediäre = Vermittler zwischen zwei oder mehr Parteien). Dabei unterscheidet sich Medienpolitik prinzipiell nicht von anderen Politikfeldern und wird dem Wirkungsbereich eines in der Regel korporatistischen "politisch-administrativen" Systems zugeordnet .
Das medienpolitische Handeln basiert hierzulande auf einem besonderen Gemeinwohlbezug: Medienpolitik folgt einem Gewährleistungsauftrag. Das heißt, dass durch den Staat die Vielfalt der individuellen oder kollektiven Meinungsbildung sicher zu stellen ist über die Kommunikationsfreiheiten des Artikels 5 GG. Damit wird einem historisch begründeten, normativen Funktionsverständnis von Medien gefolgt. Sie bedeutet eine positive Ordnungsvorstellung, die einem eigenen Gestaltungsanspruch Raum (und Pflichten) gibt, der unmittelbar an demokratietheoretische Ideen koppelt.
Anders ausgedrückt: Nach diesem Verständnis soll der Staat im Vorhinein ("positiv") garantieren, dass sich innerhalb der Gesellschaft eine freie, öffentliche Aussprache auch um seine eigenen Belange entwickeln kann. Dies geschieht etwa dadurch, dass er Eigentums- und Beteiligungsrechte bezüglich der Medien reguliert. Es dürfen nicht erst konkrete Entwicklungen (z. B. Meinungsmonopole) abgewartet werden, auf die dann im Nachhinein reagiert werden würde (= "negative" Interner Link: Ordnungsvorstellung).
QuellentextGrundgesetz
Artikel 5: Meinungs-, Informations-, Pressefreiheit; Kunst und Wissenschaft
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Vor allem in der Kommunikationswissenschaft ist gelegentlich statt von Medienpolitik von Kommunikationspolitik die Rede . Damit ist meist ein breiteres Verständnis gesellschaftlicher Kommunikation gemeint, das auch Individualkommunikation, d. h. die Kommunikation des einzelnen Bürgers, umfasst . Steht die mediale Kommunikation im Mittelpunkt, was in der politischen Debatte überwiegend der Fall ist, so ist meist der engere Begriff Medienpolitik gebräuchlich.
Das politisch-administrative System im Blick, wurde Medienpolitik strukturiert in :
die Ordnungspolitik (z. B. »duale Rundfunkordnung«),
die Infrastrukturpolitik (z. B. Zurverfügungstellung von Sendefrequenzen),
die Medien-Organisationspolitik (z. B. Formen der Rundfunkorganisation sowie -kontrolle),
die Personalpolitik (z. B. Besetzung von Positionen in Aufsichtsgremien öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter oder die Besetzung von Positionen in den Aufsichtsgremien der für die Privatfunkaufsicht zuständigen Landesmedienanstalten) und
die Programm- und Informationspolitik (z. B. durch politische PR).
Eine staatszentrierte Sicht auf Medienpolitik mag dann hilfreich sein, wenn es um Grundsatzentscheidungen, z. B. Rahmengesetzgebung geht. Ansonsten konstituiert sich Medienpolitik meist als "offenes Handlungssystem", da gesellschaftliche Akteure wir Kirchen, Sozialverbände und Interessengruppen in die Bearbeitung komplexer Probleme eingebunden werden. Das System steht also mit seiner Umwelt in Beziehung . So werden auch nicht-staatliche, ökonomische wie nicht-ökonomische Motive und Ziele in die Medienpolitik integriert.
QuellentextMedienpolitik
Sinnvollerweise kann nicht (...) von Medienpolitik gesprochen werden, wenn es um Wirkungen von Medien auf Politik geht oder wenn sich Politik der Medien bedient, sondern erst dann, wenn es um Entscheidungen über mediale Kommunikation geht.
Quelle: Vowe S. 213
Abzugrenzen von diesem Verständnis von Medienpolitik ist hier noch "Politik mit Medien", oder "politische Kommunikation". Sie hebt darauf ab, mit Medien oder mittels Medien politische Programme und Positionen durchzusetzen und zu vermitteln. Dies geschieht durch Interviews, Hintergrundgespräche mit Journalisten, Kampagnenkommunikation etc.
Die drei Regulierungsebenen der Medienpolitik
Das medienpolitische Feld lässt sich zudem noch in drei Regulierungsebenen unterteilen (vgl. Abb. unten). In deren Folge ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte der politischen Auseinandersetzung:
Die Regulierung publizistischer Beziehungen (z. B. durch eine gesetzlich verankerte "Staatsfreiheit" des Rundfunks),
die Regulierung wirtschaftlicher Beziehungen (z. B. zu Urheberrechten) und
die Regulierung der Beziehungen zwischen und in Medienorganisationen (z. B. zu arbeitsrechtlichen Bedingungen von Redaktionsarbeit).
Regulierungstechnisch wiederum lassen sich drei Formen der "Liberalisierung" unterscheiden:
Non-Regulation, bei der der Staat gar nicht erst in Erscheinung tritt und sich vollkommen zurück hält (z. B. bei neuen Technologien),
formelle Deregulierung (die Verringerung oder Abschaffung von vorhandenen Regelungen) und die
faktische Deregulierung, bei der formelle Vorgaben in der Praxis mehr oder weniger nicht angewendet werden .
Zur Mehrdimensionalität gegenwärtiger Medienpolitik kommt hinzu, dass sich neben den klassischen Mediensektoren von Presse-, Rundfunk- und Telekommunikationspolitik seit etwa Mitte 1990er Jahre eine Online-Politik entwickelte, z. B. zur Datensicherheit, zu digitalen Signaturen, zu Innovationen in der Internet-Struktur. Sie wird in besonderem Maße durch internationale und transnationale Prozesse geprägt . Beispiele hierfür sind die überarbeiteten Richtlinien der EU-Kommission vom Mai 2016 zu den audiovisuellen Medien. Sie tragen, als Teil einer Strategie für den digitalen Binnenmarkt u. a. dem Umstand Rechnung, dass Video-Inhalte nicht mehr allein über traditionelle Fernsehveranstalter verbreitet werden. Vielmehr berücksichtigt die Kommission neue Akteure wie Video-Abrufdienste (z. B. Netflix) und Video-Plattformen (z. B. YouTube) .
Ausgewählte historische Bezüge
In einem weiten Sinne gibt es Medienpolitik, seit es Medien gibt: Schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte sich ein (kirchliches wie weltliches) System der Kommunikationskontrolle etabliert – zunächst zu Flugblättern, dann bezogen auf die ersten Periodika .
Später wurde zuerst in England die Presse- und Meinungsfreiheit im Zuge der Aufklärung landesherrlich gewährt. In Deutschland wurde die Presse- und Meinungsfreiheit während der Nationalstaatsbildung im deutschen "Vormärz" und durch die Revolution von 1848 Teil der politischen Auseinandersetzung um bürgerliche Freiheiten . Bezeichnend für das Kaiserreich war die Institutionalisierung einer staatlichen Informationspolitik in staatlichen "Pressebüros". Zur Illustration: Bismarck etwa vertrat die Meinung, Zeitungen hätten die vornehme Funktion, der Regierung stets "ein Quantum weißes Papier zur Disposition" zu stellen, wo dann die Meinung der Regierung zu stehen habe .
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts, den Weltkriegen und den jeweils "neuen" Medien (Film, Radio, Fernsehen) stellen sich auch neue Fragen medienpolitischen Handelns: Mit dem aufkommenden Filmwesen in der Weimarer Republik weitete sich das medienpolitische Feld aus, konkret erstmals mit einem Reichslichtspielgesetz von 1920 , das z. B. Stellen zur (Vor-) Prüfung von Filmen einrichtete, weil man einer Verrohung der Gesellschaft vorbeugen wollte. Der Film entwickelte sich ansonsten aber – wie zuvor schon die Presse – auf privatwirtschaftlicher Basis. Demgegenüber wurde der Rundfunk aufgrund einer bis ins 19. Jahrhundert zurückreichenden Regelung zur Fernmeldehoheit des Staates gleichsam in staatlicher Obhut geboren: Der Staat beanspruchte hier von Beginn an die medienpolitische Kontrolle, etwa durch die Frequenzvergabe .
In den Weltkriegen und der nationalsozialistischen Diktatur waren medienpolitische Fragen primär Fragen der Pressekontrolle, Zensur und Propaganda. Der Nationalsozialismus war dabei geprägt durch Presselenkung, Sprachregelung, Berufsverbot sowie die Verfolgung systemkritischer Journalisten.
Ein Bezug zur NS-Medienpolitik lässt sich heute im Hinblick auf die Lizensierungspolitik der Alliierten in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland herstellen: Die Alliierten betrieben bei der Presse eine aktive Lizensierungspolitik, für den Rundfunk griff man auf eine schon in Weimar betriebene Dezentralisierung zurück. Vorbild war die Konstruktion der British Broadcasting Corporation (BBC) die den Rundfunk der staatlichen Kontrolle weitgehend entzog: "Er sollte weder vom Staat noch von einer einzelnen privaten Interessengruppe beherrscht, sondern als öffentliche Einrichtung von allen bedeutsamen Kräften des öffentlichen Lebens getragen werden". Umgesetzt wurde das durch dezentrale Rundfunkanstalten in den Ländern der westlichen Zonen.
In der Bundesrepublik wurden Medien vornehmlich als Kulturaufgabe verstanden – verfassungsbestimmt als eine Angelegenheit der Länder, was im Übrigen für die Vielzahl medienpolitischer Gesetze und Staatsverträge mitverantwortlich war und ist. Dabei war medienpolitisches Handeln lange eine Frage der Regulierung elektronischer Massenkommunikation in seinen traditionellen Erscheinungen: Radio und Fernsehen. Die Länder gestalteten mit dem Rundfunkstaatsvertrag bzw. den Staatsverträgen über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Landesmediengesetzen den gesetzlichen Rahmen .
Mit dem Aufkommen des Internets wurde rasch deutlich, dass der klassische Rundfunkbegriff und die darunter zusammengefassten Rundfunkdienste überdacht werden mussten. Nun wurde der Bund verstärkt medienpolitisch tätig: Mit der technologischen Differenzierung medialer Verbreitungsformen (z. B. Individualkommunikation im Netz, Werbung, Film- und Musikangebote, Suchmaschinen, Interner Link: Social Media) ergaben sich im Vergleich zum Fernsehen auch verstärkt anders gelagerte oder gänzlich neue Aufgabenfelder. Diese umfassen etwa den Kinder- und Jugendmedienschutz, die Medienkompetenz, die Netzpolitik, die Verantwortung von Internet-Providern oder "klassische" Aufgaben wie die Interner Link: Medienkonzentrationskontrolle.
In der Interner Link: DDR war Medienpolitik geprägt durch eine staatliche, zentrale Kontrolle mit Sprachregelungen, einer strikten Lizensierungspolitik und einem Monopol auf den Vertrieb von Medien.
Nationale Akteure
Medienpolitik folgt auch ökonomischen Motiven, da privatwirtschaftliches Handeln grundsätzlich zugelassen und auch wünschenswert ist. Deswegen wird in der Fachliteratur gelegentlich sogar bestritten, dass Medienpolitik überhaupt ein eigenständiges Politikfeld sei. Doch es sind die Organe des politischen Systems, die Parlamente und Regierungen (und nicht die Wirtschaft), die die zentralen Entscheidungen treffen.
Allerdings charakterisiert Medienpolitik sich eben nicht durch einen allein politischen Zugriff: Beteiligt sind sehr unterschiedliche Akteure, die eigene Ziele und Interessen haben. Sie suchen Einfluss zu nehmen auf die Regeln, die die mediale Kommunikation und ihre Organisation (mit-)bestimmen: Beispielsweise sind das die Intermediären, die Medienunternehmen selbst und soziale Bewegungen. Sie konkurrieren, auch in Form von Lobbyismus, um Einfluss auf die Herstellung, Durchsetzung und Umsetzung medienpolitischer Entscheidungen .
Bundesverfassungsgericht
Neben den Parlamenten und (Länder-)Regierungen mit ihren Ministerien – bzw. Staats- und Senatskanzleien der Bundesländer – hat sich vor allem das Bundesverfassungsgericht als wichtig erwiesen. So hat es beispielsweise die Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit in maßgeblichen Rundfunkurteilen mit- und zu einem eigenständigen Kommunikationsgrundrecht ausgestaltet (z. B. im "Spiegel-Urteil" von 1966). Auch hat es das duale Rundfunksystem und die Bestands- und Entwicklungsgarantie der öffentlich-rechtlichen Sender näher bestimmt .
InfokastenRundfunkurteile / Fernsehurteile
Seit Beginn der 60er Jahre hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt Grundsatzurteile zur Rechtsordnung des Rundfunks gefällt. In diesen Rundfunkurteilen werden die verfassungsrechtlichen Kommunikationsfreiheiten zeit- und kontextgemäß interpretiert und auf die aktuelle rundfunkpolitische Praxis übertragen. So haben die Urteile z. B. die rechtliche Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks exakter bestimmt.
Politische Akteure
Politische Akteure (Parteien) dominieren die Rundfunk- und Medienräte der Länder , die die öffentlich-rechtlichen und privaten Interner Link: Rundfunkanbieter kontrollieren. Zwar sollen diese Räte die Gesellschaft spiegeln; Intermediäre wie die Kirchen, Gewerkschaften, Sozialverbände sind dort integriert. Faktisch gleichwohl sind die Gremien parteipolitisch geprägt, weil z. B. Parlamente, Parteien, Regierung je eigene Entsendungsrechte besitzen . Im März 2014 hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang angeordnet, dass die Zusammensetzungen des ZDF-Fernseh- und -Verwaltungsrates geändert werden müssen, und zwar dahingehend, dass der Anteil der "unpolitischen" Mitglieder erhöht werden muss: ein Grundsatzurteil, dass auch auf die Konstellationen in anderen öffentlich-rechtlichen Veranstaltern ausstrahlt .
Der Bund und die Länder sitzen auch in unterschiedlicher Konstellation in den Verwaltungsräten der öffentlich-rechtlichen Sender; der im Bundeskanzleramt angesiedelte Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien konzentriert sich auf Filmpolitik. 2015 hat eine Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz ihre Arbeit aufgenommen, – mit dem Ziel – etwa zum Jugendschutz, Kartellrecht und zur Plattformregulierung –, die Medienentwicklung auf nationaler wie auf europäischer Ebene regulationspolitisch zu begleiten – einheitlich zu begleiten, denn insbesondere gegenüber der Europäischen Kommission sucht die deutsche Medienpolitik damit, sich mit einer Stimme für ihre Positionen einzusetzen. Fünf Arbeitsgruppen – Audiovisuelle Mediendienste Richtlinie, Jugend- und Jugendmedienschutz, Kartellrecht und Vielfaltsicherung, Plattformregulierung, Intermediäre – haben dabei je ein, meist ambitioniertes Positionspapier erarbeitet . Im Juni 2016 hat diese Kommission dann erste und konkretere Eckpunkte vorgestellt .
Die Länderregierungen wiederum koordinieren ihre Rundfunkpolitik über eine eigene "Rundfunkkommission der Länder", in der die Rundfunkreferenten der Regierungen wichtige Vorarbeiten leisten und der Ministerpräsidentenkonferenz vorlegen.
InfokastenRundfunkkommission
Die Rundfunkkommission der Länder ist die Fachkommission der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder, die für die Abstimmung in Rundfunkfragen zuständig ist. Ihren Vorsitz hat traditionsgemäß der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
Hier werden Staatsvertragsentwürfe erarbeitet und politische Entscheidungen vorbereitet z. B. zu Fragestellungen des Jugendmedienschutzes, des Medienkonzentrationsrechtes und der Umsetzung des neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrages.
Die Landesmedienanstalten haben die Aufgabe, die privaten elektronischen Medien und Anbieter zu kontrollieren. Darüber hinaus sollen sie auch medienpolitische Akzente setzen, z. B. durch Fördermaßnahmen.
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich
1996 wurde die "Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich" (KEK) ins Leben gerufen, die als Beschlussorgan der Landesmedienanstalten Fragen der Sicherung der Meinungsvielfalt durch private Rundfunkanbieter behandelt.
Kommission für Jugendmedienschutz
Die "Kommission für Jugendmedienschutz" (KJM) ist ebenfalls mit den Landesmedienanstalten assoziiert. Sie setzt sich auf der Grundlage eines Staatsvertrages mit inhaltlichen Fragen des Jugendmedienschutzes und solchen der Menschenwürde bei den privaten Rundfunkveranstaltern auseinander.
Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten
Die "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF) setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die von den Ministerpräsidenten der Länder bestimmt werden. Sie berichten den Länderparlamenten und geben vor allem Empfehlungen zur Entwicklung der Rundfunkgebühren, die für die öffentlich-rechtlichen Sender erhoben werden. Für die Telekommunikation ist die Bundesnetzagentur zu nennen, die unter bundesministerieller Aufsicht über den Telekommunikationsmarkt wacht, aber auch spezifischen Aufgaben nachkommt.
Verband Privater Rundfunk und Telemedien
In der Medienpolitik agieren jenseits solcher Institutionen noch medienpolitische Interessensgruppen wie etwa der "Verband Privater Rundfunk und Telemedien" (VPRT), der sich nach der Einführung des dualen Rundfunksystems 1985 als zentraler Gegenpart der öffentlich-rechtlichen Medien etablierte. Hinzu kommen weitere Verbände z. B. der Kabelanbieter, der Filmschaffenden oder der Journalisten mit je fachspezifischer Orientierung .
Vielfalt der Akteure
Schon diese Skizzierung nur der nationalen Akteure zeigt: Der medienpolitische Sektor ist trotz einiger Reformbemühungen (z. B. durch das Telemediengesetz) in den letzten Jahren ausnehmend fragmentiert. Das erschwert gelegentlich die Aufgabendefinitionen und Entscheidungsfindungen. Deutlich wird: Das Feld der Medienpolitik lässt sich nicht einer Entscheidungsebene zuordnen. Dies würde man ob des Kulturföderalismus (d. h. Medien als Kulturgut sind "eigentlich" Aufgabe der Länder) oder der Hoheit des Bundes über Telekommunikation zunächst vielleicht vermuten.
Aber je nach Gegenstand sind Bund und Länder sowie zentrale und dezentrale nicht-politische Akteure an medienpolitischen Entscheidungen beteiligt. Dies auch, weil sich die Produktion, Verbreitung und Anwendung von Kommunikationsinhalten nicht eindeutig der Telekommunikation oder den elektronischen Medien zuordnen lassen. Bedingt durch die politische, wirtschaftliche und technologische Entwicklung seit rund zweieinhalb bis drei Jahrzehnten ("Globalisierung"), spielen dabei internationale Akteure (= auf der staatlichen Ebene) sowie transnationale Akteure (= auf der nicht-staatlichen Ebene) eine immer bedeutendere Rolle. Aktuell treten z. B. mit Akteuren wie Netflix oder YouTube auch neuartige Marktteilnehmer in Erscheinung, die nicht nur international agieren und klassische Angebots- und Nachfrageinstitute wie z. B. Fernsehveranstalter vor neue Herausforderungen stellen, sondern auch regulatorische begleitet werden sollen oder könnten. Das betrifft, beispielsweise bei YouTube, Fragen der (Schleich-)-Werbung durch individuelle Akteure ("YouTuber") mit branchenrelevanten eigenen Kanälen – eine Frage, der sich vermehrt auch die Landesmedienanstalten zuwenden.
Internationale und transnationale Medienpolitik
Ebene der EU
Ein beträchtlicher Teil medienpolitischer Entscheidungen in Deutschland wird durch die Europäische Union (EU) (mit-) geprägt (vgl. Interner Link: Christina Holtz-Bacha: Europäische Medienpolitik). Ein erstes politisches Zeichen setzte die EU (als damals kleinere "Europäische Gemeinschaft") 1989 mit der Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen (Fernsehrichtlinie), die sich mit der Chancengleichheit für private Anbieter auf dem europäischen Fernsehmarkt beschäftigte. Das Datum ist insofern bezeichnend, weil im Zuge der ansetzenden wirtschaftlichen Globalisierung in den 1990er Jahren die Medienpolitik einer Inter- und Transnationalisierung unterworfen war: Akteure jenseits der klassischen Nationalstaaten traten in Erscheinung, z. B. globale Medienunternehmen. Bezeichnend ist aber auch, dass die EU im Kontext von Medien als Marktteilnehmer in Erscheinung tritt, denn die Europäische Union hat hier kein Primärrecht zur Schaffung etwa eines eigenen europäischen Medienrechts, sondern behandelt Medien wie Waren – und damit im Rahmen der Binnenmarktpolitik.
Im Gegensatz zu vielen anderen Politikfeldern charakterisiert sich die europäische Politik von Beginn an nicht durch Harmonisierung der Rundfunkordnungen der Mitgliedsstaaten – was man in der EG hätte vermuten können –, sondern durch umfassende Interner Link: Deregulierungspolitik. Dies geschah, weil sie die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten in den Mittelpunkt stellte: Mit dem europäischen Binnenmarkt rückte die kulturelle Dimension (s. u.) der Medienpolitik zugunsten einer stärkeren ökonomischen Orientierung in den Hintergrund .
Christina Holtz-Bacha hat für die EU die medienpolitische Dynamik in ein schönes Bild gefasst, was im Prinzip das auch für das nationale Feld gilt. Demnach wäre über Medienpolitik zu schreiben, "wie der Lauf des Hamsters im Laufrad: Es lässt sich kein Ende finden". Das liege im Kern daran, dass
zum einen Maßnahmen oder Vorhaben der europäischen Ebene gleich zu Reaktionen in den Mitgliedsstaaten führten, die dann wiederum in die EU zurück gespiegelt würden;
zum anderen das Feld der Medienpolitik durch technische Innovationen einer eigenen Entwicklungsdynamik unterliege.
Darin spiegelt sich natürlich die Problematik, auf übergeordneter Ebene der EU Gegenstände sachlich zu "regeln" oder politisch "zu begleiten", die selbst einem raschen Wandeln unterworfen sind (z. B. kommerzielle Netzanwendungen). Diese Problematik, die natürlich nicht nur für die Medienpolitik gilt, lässt sich nur schwer durchbrechen. Als Beispiel hierzu mag dienen die geradezu "unendliche Geschichte" der Wettbewerbsverfahren, die die EU gegenüber dem Suchmaschinen-Riesen Google seit Jahren führt, meist in Fragen der Wettbewerbsverzerrung durch bevorzugte bzw. nachteilige Trefferanzeigen .
Sachlich beschäftigt sich die EU meist über Richtlinien mit der ganzen Palette medienpolitischer Inhalte: Die Finanzierung eines Public Service-Rundfunks (= öffentlich-rechtlicher Rundfunk), Quotenregelungen, kartellrechtlichen Fragen, der Filmförderung, der Sicherung von Meinungsvielfalt, Werbung, Jugendschutz, Datenschutz, Netzzugang, Netzneutralität und mehr . Zuletzt – im Mai 2016 – hat die Kommission mit einer überarbeiteten Fassung der Richtlinie audio-visuelle Medien (AVMD-Richtlinie) Entwicklungen auf dem Markt der Video-Streaming-Dienste Rechnung getragen. Das umfasst beispielsweise eine Initiative, die Anbieter von Videoplattformen in eine Allianz zum besseren Schutz von Minderjährigen im Internet einzubinden; zugleich gesteht die Kommission den nationalen Regulierungsbehörden mehr Befugnisse zu – zu Lasten von Mechanismen der Selbstregulierung . Zentrales Thema ist derzeit daneben die Überarbeitung des europäischen Urheberrechtes, ein Punkt, der auch in den TTIP-Verhandlungen mit den USA eine Rolle spielt bzw. eine Rolle spielen kann – abhängig davon, ob und inwiefern Medienpolitik in diesen Verhandlungen ausgeklammert wird.
Transnationale, nicht-staatliche Akteure
Neben die EU treten mit spezifischen Aufgaben globale, transnationale (also nicht-staatliche) Akteure wie etwa:
Sie operieren im Gegensatz zu internationalen Organisationen aus einer Perspektive jenseits der Nationalstaatlichkeit, zielen also etwa auf die Beziehung zwischen den Völkern. So regelt der WTO-Normenkomplex GATS (General Agreement on Trade in Services) den Dienstleistungshandel, worunter auch Rundfunk und Telekommunikation zu rechnen sind .
Bei den nicht-staatlichen Akteuren mit erheblicher auch medienpolitischer Reichweite müssen auch einzelne Aktivisten oder Aktivisten-Gruppen genannt werden – beispielsweise Edward Snowden, Glenn Greenwald oder "Reporter ohne Grenzen", die durch Proteste, Kampagnen oder Rechtsverfahren gegen spezifische – aus ihrer Sicht – Probleme vorgehen. Für viel Aufsehen sorgte z. B. am 6. Oktober 2015 ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der das sogenannte "Safe-Harbor-Abkommen" in seiner Praxis für rechtswidrig erklärte – ein Abkommen mit den USA über die Weiterverbreitung personenbezogener Daten. Recht bekommen hatte eine Sammelklage gegenüber der Social Media Plattform fFacebook, initiiert durch den jungen österreichischen Aktivisten Maximilian Schrems. Im Juli 2016 trat in der Folge eine – nach wie vor umstrittene – neue Regelung mit dem Titel "Privacy Shield" in Kraft; nach ihr soll u. a. nun in den USA eine Ombudsmann-Stelle die Weitergabe von personenbezogenen Daten an den Staat (zum Schutz z. B. vor Terrorismus) überwachen .
QuellentextDas Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)
Das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS) trat 1995 in Kraft. Es bezieht den internationalen Handel mit Dienstleistungen in den Prozess der Liberalisierung des Welthandels ein. Ähnlich wie das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) im Güterhandel soll das Übereinkommen die Märkte der Mitgliedsländer für den Dienstleistungshandel öffnen. Zugangsbeschränkungen sollen reduziert oder ganz eliminiert werden.
GATS deckt alle Dienstleistungen ab, vom Tourismus bis zum Bankensektor. Ausgenommen sind nur Dienstleistungen, die "in Ausübung hoheitlicher Gewalt" erbracht werden. Nach Definition des GATS sind darunter nur solche staatlichen Leistungen zu verstehen, die nicht auf kommerzieller Basis oder im Wettbewerb mit anderen Dienstleistern erbracht werden, zum Beispiel das Polizeiwesen.
Die UNESCO beispielsweise war in den 1970er Jahren zentraler Akteure einer Auseinandersetzung um eine "Neue Weltinformationsordnung", einer Diskussion um Ungleichheiten in der internationalen Berichterstattung und die Frage des Einflusses von internationalen Korrespondenten auf das "Image" von Nationen (vgl. Kleinsteuber 1996).
Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN)
Heute stehen andere Herausforderungen im Mittelpunkt inter- und transnationaler Medienpolitik. Sie ergeben sich durch technologische Innovationen und wirtschaftliche Globalisierung, z. B. Fragen der Internet-Regulierung. "Dazu bilden sich national wie global neuartige Entscheidungsstrukturen heraus, die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft umfassen und gemeinsam um Konsensfindung ringen". Eine wichtige Non-Profit-Organisation ist beispielsweise die1998 gegründete Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Sie gewann als private Organisation nach der Anerkennung durch das US-Handelsministerium an Autorität und ist maßgeblich an der technischen Regulierung des Internets beteiligt, z. B. durch die Domaine-Verwaltung .
Wertorientierung oder Marktorientierung?
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Medienpolitik in der Bundesrepublik schon aus historischen Gründen demokratietheoretischen Ideen folgt, also einer Wertorientierung. Nach dieser Wertorientierung ist eine von politischer Einflussnahme weitgehend befreite Informationsvermittlung die vornehmste Aufgabe der Medien. Kurz: Medien sind gut für die Demokratie.
Nachdem technische Innovationen wie z. B. Kabel- und Satellitentechnik in den 1980er und 1990er Jahren die Frequenzknappheit im Rundfunk beseitigt haben, gerieten die durch politische Garantien gestützten Public-Service-Angebote unter Legitimationszwang . Insbesondere wurde hinterfragt, ob die Politik das Mediensystem überhaupt noch normativ beeinflussen könne , da auch die politischen Akteure zunehmend ökonomischen Zwängen unterlägen. Dieser Konflikt ist im Rahmen der Europäischen Union besonders virulent. So beschäftigt beispielsweise die Gerichte die Frage, ob die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik über Gebühren als staatliche Beihilfe zu bewerten wäre (was private Anbieter so sehen).
Hier ist ein Dissens innerhalb der EU selbst zu erkennen: "Obwohl der Europäische Rat mit dem Amsterdamer Protokoll schließlich die besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks festschrieb, blieb die Kommission in ihrer Auseinandersetzung mit den (...) Beschwerden (der Privatfunkveranstalter; K. K.) der Perspektive der Wettbewerbsvorschriften verhaftet (...)".
Ein solch ökonomischer Zugang versteht im Unterschied zur Wertorientierung Medienpolitik als ein Austauschsystem von kommunikativen Gütern und Dienstleistung auf Publikumsmärkten, ist also marktorientiert . Umstritten ist in der medienpolitischen Literatur, ob die Kräfte des Marktes auch ohne jede Regulierung in der Lage wären, eine demokratietheoretisch angemessene Informationsvielfalt der Gesellschaft sicher zu stellen .
So stehen sich im Prinzip zwei Vorstellungen gegenüber:
Eine Sichtweise die durch Regulierungsmaßnahmen die Garantie pluralistischer Vielfalt verfechtet.
Eine Sichtweise die aus ökonomischer Perspektive alle Formen der Begrenzung der wirtschaftlichen Entfaltung durch marktferne politische Akteure (oder Ideen) ablehnt.
In der Bundesrepublik repräsentieren die öffentlich-rechtlichen und die privaten Rundfunkanbieter diese beiden Positionen im dualen Rundfunksystem.
Fazit
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass Medienpolitik ein recht komplexes und fragmentiertes, mehrdimensionales Politikfeld ist. Das kann im Wesentlichen durch eine enorme Vielfalt der Gegenstände bzw. Inhalte erklärt werden: Film, Presse, Fernsehen, Online-Anwendungen und Telekommunikation.
Daraus ergibt sich in der Folge zweierlei:
Eine entsprechende Akteursvielfalt (Organisationen, Institutionen, Unternehmen, soziale Bewegungen, staatliche Organe) auf verschiedenen politischen Ebenen (Länder, Bund, Europa). Hier ist vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten der Trend hervorzuheben, dass sich Medienpolitik inter- bzw. transnationalisiert und zunehmend in Perspektiven jenseits des Nationalstaates gedacht wird und werden muss: Nationale, europäische und internationale Medienpolitik lassen sich kaum noch getrennt voneinander verhandeln und entscheiden.
Eine beeindruckende Innovationsdynamik, die der technologischen Natur der Gegenstände bzw. Inhalte geschuldet ist. Sie stellt die politische (Rahmen-)Gesetzgebung und ihre Abstimmung über die verschiedenen Politikebenen hinweg vor eigene Herausforderungen.
Zum Weiterlesen auf bpb.de
Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West:
Entstehung des dualen Systems
Entstehung von Ost- und Westfernsehen: Prägende Rahmenbedingungen in Ost- und Westdeutschland
Dr. Klaus Kamps ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart. Seine Forschungs- und Lehrschwerpunkte sind Politische, Öffentliche und Informelle Kommunikation, Stereotypenforschung, Medienpolitik, Social Media und Meinungsbildung in der Gesellschaft.
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