Sharit Ha-Platah [sic], auf Deutsch “Holocaust-Überlebende” oder wörtlich “Der Rest der Überlebenden”, wurde 1946 veröffentlicht, als “Umfassende Liste von Überlebenden der Nazi-Tyrannei, [...] damit die Verlorenen gefunden und die Toten zum Leben wiedererweckt werden“.
Der Titel Sharit Ha-Platah (der gerettete Rest) verweist auf eine Wendung im Buch der Chronik des Tanach, mit der die Überlebenden der Zerstörung des Königreiches Israel durch die Assyrer bezeichnet werden. Frei übersetzt bedeutet er so viel wie "Überlebende des Interner Link: Holocaust". Die Erstellung dieser umfangreichen, aber unvollständigen Liste von Überlebenden war eine Idee des amerikanisch-jüdischen Militärseelsorgers Abraham Klausner, als dieser im gerade befreiten Konzentrationslager Dachau dessen vielfältige Bevölkerung sah, unter der sich auch eine erhebliche Zahl an Juden und auch wenige Jüdinnen befanden. Das Projekt erstreckte sich schnell auf die Interner Link: DP-Lager in ganz Bayern und wurde durch Überlebendenlisten aus anderen Orten ergänzt. Zwischen Mai und Oktober 1945 wurden fünf Bände veröffentlicht. Im Zuge ihrer Veröffentlichung wurden laufend weitere Listen erstellt. Das Zentralkomitee der befreiten Juden in der amerikanischen Zone veröffentlichte Anfang 1946 in München einen umfangreichen sechsten Band mit Ergänzungen. Die US-amerikanische Armee hatte die Bedeutung dieser Veröffentlichung erkannt, denn sie besorgte den Druck auf eigenen Buchpressen und auf eigene Kosten.
Historischer Kontext
Millionen suchten nach Angehörigen und Freunden, in der Hoffnung, sie hätten überlebt
Nachdem zuerst die Kommunikationswege abgeschnitten und dann Menschen in riesigen Zahlen deportiert worden waren, gefolgt schließlich von Nachrichten über Interner Link: Massenmorde, waren Millionen Menschen auf der Suche nach ihren Familien und Freunden. Wo waren sie? Was war ihnen zugestoßen?
Die Überlebenden in Europa erschlossen sich eigene Kommunikationswege, um so schnell wie möglich Angehörige ausfindig zu machen oder von diesen gefunden zu werden. Dabei wählte jede und jeder für sich eine jeweils eigene Vorgehensweise und stellte seine oder ihre Fähigkeit zum eigenständigen Handeln unter Beweis. Viele tausende Überlebende warteten nicht darauf, dass eine Organisation tätig wurde, und unternahmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst Schritte, um eine Zusammenführung zu erreichen. Das Büro des gerade gegründete Zentralkomitees der befreiten Juden in Bayern, das sich im ausgebombten Deutschen Museum eingerichtet hatte, bot bald den Rahmen für diese Tätigkeiten. Da dort viel Betrieb herrschte, war es nur folgerichtig, dort nach Informationen zu suchen. "Eines Tages kam ein Jude an diesen Ort der nasskalten Flure, an dem das Komitee seine Arbeit aufgenommen hatte, und schrieb seinen Namen auf die weiße Wand", erinnerte sich der amerikanische Militärseelsorger Abraham Klausner. "Vier Monate später war die Wand schwarz vollgeschrieben mit den Namen derer, die auf der Suche nach ihren Männern oder Frauen hier durchgekommen waren." Zu diesem Zeitpunkt – im Sommer 1945 – machte sich niemand mehr Hoffnung, Kinder finden zu können.
Klausner war in Memphis geboren worden und war am Hebrew Union College zum Rabbiner ordiniert worden. Er war 30 Jahre alt, als er zu einem einmonatigen Sondereinsatz mit dem "116th Evacuation Hospital", einem mobilen Krankenhaus, in das (am 29. April 1945) gerade befreite Konzentrationslager Dachau entsandt wurde. Seinem Vorgesetzten war völlig klar, dass die geringe Anzahl jüdischer Soldaten in dieser Einheit bei weitem nicht den Einsatz eines Rabbiners rechtfertigen konnte. Er ging aber davon aus, dass sich unter den Überlebenden in Dachau Juden befinden würden, sodass Klausners Dienste gebraucht würden. Wie groß diese Dienste Klausners sein würden, davon hatte er allerdings keine Vorstellung.
Das mobile Krankenhaus versorgte die Kranken in Dachau an und zog danach weiter. Ohne Klausner. Der war, so formulierte es sein Kollege, der Militärseelsorger Abraham Hyman, zu einem "herumreisender Rabbiner in Uniform [geworden], der sich irgendwie selbst eine Ausnahme von den Armeevorschriften genehmigt hatte und niemandem mehr Rechenschaft schuldete außer sich selbst".
Aus Sicht Klausners waren die Bemühungen der Interner Link: Überlebenden, ihre Verwandten ausfindig zu machen, von grundlegender Bedeutung für die Zurückerlangung ihrer Identität. "Wird nicht ein jeder von uns erst durch seine Beziehungen zu Eltern, Familie und Land er selbst?" Diese Verbindungen seien gleichsam Fäden, "die sie [die Überlebenden] zurück in die ihnen einst vertraute Realität einweben würden." Klausner hatte seine Aufgabe gefunden. Umgehend begann er sein Vorhaben, eine Liste der Überlebenden zu erstellen. "Ich schlug vor, dass wir als erste Reaktion auf die Befreiung feststellen sollten, wer am Leben war, dass wir eine Zählung vornehmen sollten derer, die in Dachau waren, und sie in einer Liste nach Name, Alter und Geburtsort führen sollten", erinnerte er sich. Er stellte Papier, Bleistifte und Schreibmaschinen zusammen und brachte alles zu den Bewohnern des DP-Lagers. Sie sollten, so seine Bitte, gemeinsam mit ihm an der Erstellung eines umfassenden Verzeichnisses der jüdischen Überlebenden in Dachau mitwirken: Name, Geburtsjahr, letzter Wohnsitz, derzeitiger Aufenthaltsort. Die amerikanische Armee verwandelte Dachau schon bald in ein Interner Link: Internierungslager für Kriegsverbrecher, in dem höherrangige Mitglieder der SS, der NSDAP und der deutschen Armee festgehalten wurden. Die verbleibenden früheren KZ-Gefangenen wurden an andere Orte gebracht. Klausner zog nach Feldafing um. Dorthin ließ er sich die von den in den bayerischen DP-Lagern untergebrachten Holocaust-Überlebenden erstellten Listen senden. Die Angaben wurden dort von ihren Glaubensbrüdern in das alphabetisch geführte Verzeichnis übernommen.
Klausner wurde die ganze Bedeutung dieser Listen bewusst, als er in einem aus einer einzigen Baracke bestehenden DP-Lager am Brennerpass auf eine Interner Link: Gruppe jüdischer Frauen aus Ungarn traf. Als er ihnen eine Abschrift anbot, "fielen sie über die Blätter her und suchten jammernd und weinend nach einem Namen, der für sie eine Verbindung zu den Lebenden schaffen würde." Eindeutig mussten die Listen veröffentlicht und verteilt werden. Klausner machte umgehend einen Drucker ausfindig und bestellte tausend Exemplare, obwohl es verboten war, für andere als militärische Zwecke zu drucken. Für das veröffentlichte Verzeichnis wählte er den Namen Sharit Ha-Platah aus, "der gerettete Rest". Mit diesem Begriff bezeichnete sich das Zentralkomitee der befreiten Juden in der amerikanischen Besatzungszone selbst. Für den Rest der Welt waren sie jüdische Überlebende, DPs oder Flüchtlinge. Aber sie selbst sahen sich als Sherit Hapleita, als diejenigen, die Leid und Verlust biblischen Ausmaßes erlitten hatten, wie in Klausners Verzeichnissen unterstrichen wurde.
"Diese Seiten enthalten einen Teil der Namen des ‚Interner Link: Überrestes des Volkes Israel‘, der über die DP-Lager in Bayern verteilt ist", erläuterte Klausner im Vorwort des ersten, im Juli 1945 veröffentlichten Bandes. "Schnelligkeit war bei der Erstellung wichtiger als Genauigkeit. Daher sind die Listen nicht systematisiert", machte er deutlich, und erläuterte weiter: "Zum größten Teil sind sie alphabetisch nach Lager und nach Abteilung im jeweiligen Lager sortiert". Des Weiteren wies er darauf hin, dass "diese Liste nur die Region Bayern abdeckt". Am wichtigsten allerdings: es waren weitere Bände in Vorbereitung. Der zweite Band wurde am 20. Juli veröffentlicht und der dritte am 1. August. Es folgten die Bände 4 und 5. Diese Bände waren bald so hoch anerkannt, dass die US-amerikanische Armee Klausners zusammengefasste Ausgabe mit sämtlichen in den Bänden 1 bis 5 enthaltenen Namen – insgesamt 30.000 – im Dezember 1945 veröffentlichte. Der Titel der Veröffentlichung nannte ihren Zweck: Sharit Ha-Platah: Eine umfassende Liste der Interner Link: Überlebenden der Nazi-Tyrannei – veröffentlicht, damit die Verlorenen gefunden werden und die Toten in uns fortleben können.
Persönliche Geschichte
"Es fällt mir schwer, meine Gefühle zu beschreiben, als ich ihn lebendig und unversehrt und gleich neben mir sah."
Sara Grossman-Weil überlebte das Sammellager Litzmannstadt, Auschwitz und eine ganze Reihe weiterer Lager. Nach der Interner Link: Befreiung von Bergen-Belsen, wohin sie zuletzt verschleppt worden war, begab sie sich auf die Suche nach ihren Angehörigen. "Am Anfang wusste keiner etwas über irgendeinen von den Menschen, die mir etwas bedeuteten und die ich zu finden hoffte und versuchte. Aber je mehr Menschen nach Bergen-Belsen kamen, desto mehr vertraute Gesichter sah ich. Und einmal kam ein junger Mann zu mir und sagte, ‚Sarenko, ich habe was gehört und hoffe, dass es wahr ist, nämlich dass [dein Mann] Menek lebt‘. Ich konnte es kaum glauben, aber es war die beste Nachricht, die ich jemals bekommen hatte. Und ich hielt mich an diesem Gedanken fest und verkündete im gesamten Lager, dass jemand gehört hat, dass Menek Grossmann am Leben ist.
Ich fing an, jeden und alle, die in das Lager kamen, zu fragen, ob sie ihn gesehen hatten, ob sie ihn kannten oder ob sie von ihm wussten […]. Währenddessen wurden unsere Namen in Bücher aufgenommen, nur die Namen – Vorname, zweiter Vorname, Nachname –, und diese Bücher wurden an verschiedene Orte geschickt, sodass diejenigen, die jemanden suchen, vielleicht einen vertrauten Namen finden können. Und uns wiederum wurden ebenfalls einige Blätter mit Namen gegeben […].
Die mir zugetragenen Gerüchte über Manny zogen immer engere Kreise. Plötzlich hörte ich, er sei befreit und in Ungarn, wo er jungen Leuten bei der Ausreise von Ungarn nach Palästina half. Die anderen Gerüchte über Manny lauteten, er sei in Łódź und wohne dort mit einigen Freunden in einer Wohnung, und er sei für die zionistische Bewegung tätig bemühe sich, junge Leute zu finden, die nach Israel auswandern wollten. Ein anderes Gerücht besagte, er sei am Leben und seine Freunde hätten meinen Namen auf einer der Listen gesehen, die Łódź erreicht hatten. Und mir wurde gesagt, man werde sich mit ihm in Verbindung setzen werden, wo auch immer er sei, da man ja jetzt herausgefunden hatte, dass ich am Leben bin.
Tatsächlich wurde mit einem Boten von Łódź die Nachricht zu Manny nach Ungarn gebracht, dass ich lebe. Er war kurz davor, eine Gruppe junger Menschen nach Palästina zu begleiten. Als er diese Nachricht hörte, schickte er die jungen Menschen sofort unter der Leitung eines anderen los (und wenn ich sage, er schickte sie los, heißt das, dass sie mit gefälschten Papieren gereist sein müssen, denn die Engländer ließen niemanden hinein, der keine Papiere hatte) […].
Ich kann nur schwerlich beschreiben, was ich fühlte, als ich ihn lebend und unversehrt direkt vor mir stehen sah. Für mich war es ein Wunder, und ich bin sicher, ihm ging es genauso [...]. Ich war überwältigt. Ich war die glücklichste junge Frau der Welt. Aber es tat mir auch sehr leid, dass meine Schwägerin Esther ihren Mann nicht gefunden hat."
Debórah Dwork ist die Gründungsdirektorin des Center for the Study of the Holocaust, Genocide, and Crimes Against Humanity am Graduate Center - City University of New York. Zu ihren preisgekrönten Büchern gehören Children With A Star; Auschwitz; und Flight from the Reich. Sie ist auch eine führende Autorität in der universitären Ausbildung auf diesem Gebiet: Sie konzipierte und realisierte das erste Doktorandenprogramm in Holocaust History and Genocide Studies. Dwork erhielt den International Network of Genocide Scholars Lifetime Achievement Award (2020).
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