Das Objekt
Fritz Ascher, Beethoven
Am 25. April 1945 – der Krieg war schon fast vorbei – zerstörten Bomben den Großteil der Kunstwerke, die Fritz Ascher in die Obhut von Freunden gegeben hatte. Sein Bild "Interner Link: Beethoven" überstand die Bomben, wurde vom Künstler überarbeitet und hing stets gut sichtbar in seiner Wohnung. Der Sammler Karl Ellwanger erwarb das Bild vom Künstler. Das Gemälde ist heute Teil einer privaten Sammlung.
Historischer Essay
10.000 bis 12.000 Juden in Deutschland versuchten, der nationalsozialistischen Verfolgung durch Untertauchen zu entkommen, die Hälfte von ihnen in Berlin.
von Marion Kaplan und Rachel Stern
Nach der Machtergreifung Hitlers am 30. Januar 1933 wechselte der expressionistische Maler Fritz Ascher (Berlin, 1893-1970) ständig die Wohnung – er fürchtete, wegen seiner Interner Link: expressionistischen Kunst, seiner jüdischen Abstammung oder wegen beidem verfolgt zu werden. Während des Interner Link: Novemberpogroms in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde er verhaftet, ins Interner Link: KZ Sachsenhausen verschleppt und anschließend in ein Gefängnis in Potsdam verbracht. Nach seiner Entlassung am 15. Mai 1939 musste er sich regelmäßig auf der örtlichen Polizeiwache sowie im Hauptquartier der Interner Link: Gestapo melden. Als Aschers Name auf einer Deportationsliste erschien, warnte ihn der örtliche Polizeihauptwachtmeister. Ascher tauchte unter, unterstützt durch Martha Graßmann, eine Freundin der Familie. Sie lebte in Berlin-Grunewald, wo stattliche Villen auf riesigen Grundstücken mit alten Bäumen standen und so vor Blicken von außen geschützt waren. In diesem Bezirk hatten wichtige NS-Einrichtungen und hochrangige Funktionäre der Nationalsozialisten Häuser bezogen, deren jüdische Besitzer Interner Link: enteignet worden waren. Drei Jahre versteckte sich Ascher dort, zuerst in Martha Graßmanns Wohnung, später in einem winzigen Verschlag im Keller des Gebäudes. Bewegungsmangel und Einsamkeit, Hunger, Angst vor Verrat und Entdeckung, Folter und Tod waren seine ständigen Begleiter. Da er keine Bücher, Gesprächspartner oder die Möglichkeit zu malen hatte, verfasste er Gedichte über Liebe und das Göttliche, in denen er auch seinen Vorbildern in der Interner Link: Kunst huldigte. In anderen Dichtungen befasste er sich mit seinen nicht gemalten Bildern und wandte sich einem neuen Thema zu: der Natur als Ort der Zuflucht und spirituellen Heimat. Interner Link: Am 8. Mai 1945, als Deutschland besiegt worden war, konnte Ascher sein Versteck verlassen. Bis an sein Lebensende unterstützt von Martha Graßmann, konnte er nun wieder zeichnen und malen und schuf die Bilder, die ihm während seiner Zeit im Versteck vor Augen gestanden hatten.
Andere Interner Link: untergetauchte Juden, oft "U-Boote" genannt, kannten ebenso Aschers Einsamkeit, seinen Hunger und seine Ängste. Viele Juden warteten bis zum letzten Moment, um sich zu verstecken – sobald sie glauben konnten, dass ihre Deportation den Tod bedeuten würde. Zwischen 10.000 und 12.000 Juden in Deutschland versuchten sich zu verstecken, die Hälfte davon in Berlin. Untertauchen konnte auch heißen, von der Bildfläche zu verschwinden und eine nichtjüdische deutsche Identität anzunehmen – mit oder ohne offizielle Ausweispapiere. Aus den Erinnerungen von Überlebenden wissen wir, was für eine Qual das illegale Dasein war. Für die meisten war es das erste Mal in ihrem Leben, dass sie sich wie Geächtete fühlten.
Viele jüdische Flüchtige setzten zuerst auf Kollegen, Freunde und nichtjüdische Verwandte, um dort unterzukommen. Andere baten völlig fremde Menschen um Hilfe. Laut einer Studie kannte nur etwa die Hälfte der Flüchtlinge ihre ersten Interner Link: Helfer. Interner Link: Tatsächlich überlegten viele nicht lange, ob sie einen Juden verstecken und ihm Zuflucht gewähren sollten. Erna Puterman stand 1942 bei ihrer Freundin vor der Tür und sagte: "Heute haben sie meine Mutter mitgenommen." Die Antwort: "Dann bleibste hier." Als Gejagte verharrten viele Juden regungslos an dunklen Orten, mit einem Eimer als Toilette und wenigen oder gar keinen Möglichkeiten zum Baden, manchmal von Läusen befallen. Auch in Werkstätten, Lagerräumen oder Scheunen, unter Treppen oder hinter falschen Wänden versteckten sie sich. Die schiere Langeweile im Versteck trieb manche von ihnen auf die Straße, wo sie gefasst wurden, während die, die die Monotonie erduldeten, überlebten. In manchen Fällen mussten die Verfolgten ihren Unterschlupf früh morgens verlassen und durften nur spät abends zurückkehren, um den Nachbarn ihrer Beschützer aus dem Weg zu gehen. In kalten Wintern konnte das den Tod durch Erfrieren bedeuten. Auch das Geld entschied über Leben und Tod. Nach einer Studie verlangte ungefähr ein Viertel der Helfer Geld oder Arbeit von den Menschen, die sie versteckten. Das brauchten sie auch, denn alles war rationiert. Die meisten Juden hatten ohnehin den Wunsch, für ihre Unkosten aufzukommen, und so putzten sie, nähten Kleidung um oder kochten.
Obwohl sich Berlin als wesentlich sicherer herausstellte, sei es auch nur wegen der Anonymität der Großstadt, versteckten sich manche Juden in Dörfern, als die Alliierten anfingen, Städte zu bombardieren. Diese Bombenangriffe waren in einer Hinsicht auch positiv für die Juden im Versteck: Sie konnten sich unter die anderen Bombenopfer mischen und vorgeben, "Interner Link: Arier" zu sein, deren Papiere in Flammen aufgegangen waren. Zudem schürten die Bombardements – bei allem Leid, das sie auch für die untergetauchten Juden bedeuteten – die Hoffnung auf einen Sieg der Alliierten. Tatsächlich wären die meisten lieber den Bombentod gestorben, als den Nationalsozialisten in die Hände zu fallen.
Der Klassiker unter den Geschichten von untergetauchten Juden ist die der Interner Link: Familie Anne Franks, die sich auf dem Dachboden versteckte. Dies war aber keinesfalls typisch. Viele Juden wechselten oft ihre Unterkunft: Sei es, um keine Fragen bei Nachbarn zu provozieren, sei es, weil sie ihren nichtjüdischen Helfern aus Furcht, abgewiesen zu werden, nicht gesagt hatten, dass sie Juden waren, sei es, um zu verhindern, dass ihre Gastgeber ertappt werden, was für diese eine Gefängnisstrafe oder womöglich den Tod bedeutet hätte. Eine Studie kam zu dem Schluss, dass in dieser Zeit 30.000 Nichtjuden ihre Sicherheit aufs Spiel gesetzt haben mussten, wenn auch meistens nicht ihr Leben, um 6.500 Juden zu verstecken.
In Berlin, einer Stadt, die einst 160.000 jüdische Einwohner hatte, überlebten nur 1.700 Juden, was rund einem Viertel der Untergetauchten entspricht.