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Republikanische Volkspartei (CHP) | Türkei | bpb.de

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Republikanische Volkspartei (CHP) Cumhuriyet Halk Partisi

Dr. Yaşar Aydın

/ 4 Minuten zu lesen

Gründungsjahr


1923/1992

Vorsitz


Kemal Kılıçdaroğlu

Parlamentswahl November 2015


25,3%

Parlamentswahl Juni 2015


25,9%

Kommunalwahl 2014


26,3 %

Letzte Regierungsbeteiligung


1995-1996

Internationale Vebindungen


Sozialistische Internationale, Progressive Allianz, Sozialdemokratische Partei Europas (assoziiert)

Die zentralen Prinzipien der Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) sind Republikanismus, Laizismus, Revolutionismus, Etatismus, Populismus und Nationalismus. Die säkulare "Mitte-Links-Partei" versteht sich als Garant der "unabhängigen, republikanischen und laizistischen Türkei" und steht nach eigener Aussage für Menschenrechte, die Herrschaft des Rechts, Gewaltenteilung, die Unabhängigkeit der Justiz und Rechtsstaatlichkeit. In ihrem Parteiprogramm "Veränderung für eine zeitgemäße (moderne) Türkei" verspricht die CHP "demokratische und soziale Reformen" und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.

Die CHP ist seit 2002 die Hauptoppositionspartei der Türkei. 1979 regierte sie zuletzt alleine und 1995 war sie letztmals Teil einer Koalitionsregierung. Ihre Stammwählerschaft besteht überwiegend aus städtischen, säkularen und gebildeten Bevölkerungsschichten, wie auch Aleviten, die in der CHP ein Bollwerk gegen eine Islamisierung sehen sowie Wählern aus Westanatolien, aus Großstädten und aus Thrakien.

Die CHP ging aus der 1919 gegründeten "Gesellschaft zur Verteidigung der Rechte von Rumelien und Anatolien" hervor, die den nationalen Widerstand gegen die Besatzung Anatoliens organisiert hatte, und wurde 1923 als Partei gegründet. Von 1923 bis 1945 war die CHP – mit Ausnahme kurzer Perioden – die einzige Partei der Türkei und mit dem Staat verschmolzen. Unter der Führung des Staatsgründers Interner Link: Atatürk führte sie zahlreiche Reformen durch, wie u.a. die Abschaffung des Sultanats und des Kalifats, die Vereinheitlichung des Unterrichts, die Einführung des lateinischen Alphabets sowie die grundlegende Reform des Zivil-, Straf- und Schuldenrechts. 1946 leitete die CHP unter der Führung von Ismet Inönü den Übergang zum Mehrparteiensystem ein und unterlag jedoch bei der Parlamentswahl 1950 der Demokrat Parti (DP).

In der Opposition erfuhr die CHP eine demokratische Wende. Auf dem CHP-Kongress im Jahr 1957 wurde die "Erklärung der primären Ziele" verabschiedet. Darin wurde für den Fall einer Regierungsbildung die Aufhebung anti-demokratischer Gesetze, eine umfassende Umänderung der Verfassung in Anlehnung an die Prinzipien der Volkssouveränität, soziale Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und soziale Sicherheit sowie die Kontrolle der Legislative über die Exekutive versprochen. 1965 bezeichnete der Parteichef Ismet Inönü die CHP als eine Partei "links von der Mitte". Unter der Leitung von Bülent Ecevit ab 1972 wurde die Bezeichnung "demokratische Linke" gebräuchlich, die Linkswende der Partei setzte sich fort.

Nach der Wiedergründung der CHP im Jahre 1992 – nach dem Interner Link: Militärputsch von 1980 waren alle Parteien verboten worden – übernahm Deniz Baykal (1992–2010) den Parteivorsitz. In dieser Zeit entwickelte sich die CHP zu einer Partei urbaner, säkular eingestellter Türken insbesondere aus der Mittelschicht und der Aleviten. Militanter Laizismus, eine defensive Haltung in der Kurdenfrage und EU-Skepsis waren in dieser Zeit Eckpunkte der Politik der "neuen CHP".

2010 übernahm Kemal Kılıçdaroğlu den Vorsitz der Partei und leitete einen vorsichtigen Wechsel in der etablierten Führungsriege ein. Obwohl die CHP seitdem Fragen der sozialen Sicherheit und Gerechtigkeit betont und sich um die Stimmen konservativer Bevölkerungsteile bemüht, ist sie entgegen ihres Selbstbildes sowohl programmatisch als auch rhetorisch und organisatorisch von einer sozialdemokratischen Partei europäischem Vorbilds noch weit entfernt.

Bei der Parlamentswahl im Juni 2015 konnte die CHP von den Verlusten der Regierungspartei Interner Link: AKP – diese rutschte von 49,9 auf 40,9 Prozent ab – nicht profitieren und lag mit 24,9 Prozent sogar hinter ihrem Ergebnis von 2011. Bei der vorgezogenen Neuwahl im November 2015 konnte die CHP ihren Stimmenanteil auf 25,3 Prozent leicht ausbauen, die AKP jedoch erneut eine absolute Mehrheit erringen.

Im Mai 2016 hat das türkische Parlament dem Vorstoß des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan folgend und mit der Unterstützung des CHP-Vorsitzenden Kılıçdaroğlu die Immunität von 138 Abgeordneten (darunter 51 von der CHP) wegen angeblicher Verbindungen zur PKK aufgehoben. Im Juli 2016 stellte sich die CHP gegen den Putschversuch und unterstütze für eine kurze Dauer die AKP-Regierung gegen mögliche weitere Umsturzversuche. Im Nachhinein wurde der CHP vorgeworfen, sich in dieser Phase nicht kritisch genug gegenüber der AKP-Regierung gezeigt zu haben.

Im Zuge des Verfassungsreferendums im April 2017 positionierte sich die CHP deutlich gegen die von der Regierung vorgeschlagene Verfassungsänderung. Zwei Monate später startete Parteichef Kılıçdaroğlu von Ankara aus den "Marsch für Gerechtigkeit", den er in Istanbul am 9. Juli mit einer Massenkundgebung zum Abschluss brachte. Damit ist es ihm gelungen, auf politische Missstände und auf das Gerechtigkeitsproblem in der Türkei aufmerksam zu machen und sogar AKP-Anhänger anzusprechen. Auslöser war, dass der CHP-Abgeordnete und stellvertretende Parteivorsitzende Enis Berberoğlu zu 25 Jahren Haft wegen Geheimnisverrats verurteilt worden war. Berberoğlu wurde vorgeworfen den Journalisten Can Dündar und Erdem Gül von der Zeitung Cumhuriyet Filmmaterial über illegale Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes nach Syrien übergeben zu haben.

Weitere Inhalte

ist seit April 2013 Mercator-IPC-Fellow an der Stiftung Wissenschaft und Forschung und Mitarbeiter in der Forschungsgruppe EU-Außenbeziehungen. Forschungsgebiete: Migrationsforschung und Zuwanderungspolitik; Türkeiforschung; Nationalismusforschung (Nationalismus, ethnische Konflikte, Fremdheitsproblematik, kollektive Identität); Soziale Philosophie und Politische Theorie (Theorien der Moderne/Modernisierung)