Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) | Türkei | bpb.de

Türkei Politik und Macht Wirtschaftsmodell der AKP Kommunalwahlen 2019 Präsidentschafts- und Parlamentswahl in der Türkei Neuwahlen in der Türkei – das Ende der Republik? Das "neue" politische System der Türkei Militärisch unlösbar Das Präsidialsystem in der Türkei: Nach dem Vorbild der USA? Verfassungsreferendum in der Türkei Putschversuch im Juli 2016 "Es war das erste Mal, dass ein Putsch in der Türkei am Widerstand der Bevölkerung gescheitert ist“ Außenpolitik Kommunalwahlen 2014 Pressefreiheit Interaktive Grafik Gülen-Bewegung Der Kurdenkonflikt Protest und Opposition in der Türkei Der Zypernkonflikt Bildungspolitische Umbrüche in der Türkei Bildungspolitik der AKP Parteien der Türkei Das Parteiensystem der Türkei AKP CHP MHP HDP AP ANAP BBP DP DBP DSP DYP Hüda Par İP KADEP RP SP SHP VP YSGP Landkarten Physische Übersicht Verwaltung Bevölkerungsdichte Bevölkerungsgruppen Wirtschaft Osmanisches Reich - Expansion Osmanisches Reich - Zerfall Gesellschaft und Zusammenleben Heimat Almanya Auf eine Shisha mit.. Die Türkei im Jahr 2017/2018 Der Aufstieg des Recep Tayyip Erdoğan Satire in der Türkei Die Aleviten Fußball in der Türkei Die armenische Gemeinschaft Literatur Frauenrechte Migrationswende Geschichte und Erinnerung Militärputsche in der Geschichte der Türkei Verfassungsgeschichte der Türkei Erster Weltkrieg Genozid an den Armeniern Atatürk Vom Reich zur Republik Vertreibung der türkischen Juden Deutsche im Exil Türkei Pogrom von Istanbul Gastarbeit Infografiken Das "neue" politische System der Türkei Entwicklung des BIP Wirtschaftswachstum Arbeitslosenquote Staatsverschuldung (in % des BIP) Staatsverschuldung (in Mio. €) Währungsentwicklung Handelspartner Direktinvestitionen Wertschöpfung Bevölkerungsstruktur Religionszugehörigkeit Stromproduktion Einkommensverteilung Privatverschuldung Auslandseinsätze Migration aus der Türkei Internationale Mobilität Tourismus Bildergalerien Quiz Videos Redaktion

Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) Milliyetçi Hareket Partisi

Dr. Yaşar Aydın

/ 4 Minuten zu lesen

Gründungsjahr


1969

Vorsitz


Devlet Bahçeli

Parlamentswahl November 2015


11,9%

Parlamentswahl Juni 2015


16,3%

Kommunalwahl 2014


17,8 %

Letzte Regierungsbeteiligung


1999-2002

Die Milliyetçi Hareket Partisi (deutsch: Partei der Nationalistischen Bewegung, MHP) zählt den Schutz der territorialen Integrität des Staates und die Pflege der türkischen nationalen Identität zu ihren wesentlichen Aufgaben und strebt eine Mehrheitsregierung mit der – nicht weiter ausgeführten – Vision einer "türkeizentrierten Zivilisation" an. Damit verbindet sich die Vorstellung der Türkei als eine Regionalmacht, die zum Anziehungspunkt der türkischen und der islamischen Welt werden soll. Zu den Grundwerten der MHP zählen u.a. Nationalismus, Demokratie, Primat des Rechts, Laizismus, nationale Einheit und Integrität, soziale Gerechtigkeit und "türkische" Soziabilität.

1958 wurde die Republikanische Bauern-Volkspartei gegründet (Cumhuriyetçi Köylü Millet Partisi, CKMP). 1965 trat Alparslan Türkeş der Partei bei und übernahm ihre Führung. Zwei Jahre später wurde die Partei in MHP umbenannt. In dieser Zeit orientierte sie sich ideologisch am Interner Link: Turkismus und am Turanismus und stellte sich militant antikommunistisch und anti-sozialistisch ein. Die Partei beteiligte sich bis zum Interner Link: Militärputsch von 1980 mit ihren paramilitärischen Strukturen (Kommandos) und militanten "Idealistenvereinen" (Ülkü Ocakları) an Ausschreitungen und stand der Studentenbewegung sowie anderen linken Gruppen gegenüber.

In den 1970er-Jahren war die MHP an den von Süleyman Demirel geführten Regierungen der Nationalen Front beteiligt. Nach dem Militärputsch 1980 wurde sie, wie alle bestehenden Parteien, verboten. Ihre Anhänger gingen in der Nationalistischen Arbeitspartei (Milli Çalışma Partisi, MÇP) auf. 1992 änderte die MÇP ihren Namen dann wieder in MHP und in den folgenden 1990er-Jahren gewann sie unter der Führung von Alparslan Türkeş erneut an Einfluss. 1999 bildete die MHP mit der Interner Link: DSP und der Interner Link: ANAP eine Koalitionsregierung, die wichtige Reformen durchführte, um die Türkei an die EU heranzuführen. 2002 trat die Partei jedoch mit einem "Anti-EU-Programm" zur Wahl an und ist weiterhin EU-skeptisch eingestellt. Westlichen Regierungen in Europa und den USA wirft sie vor, eine Politik der bewussten Schwächung und Spaltung der türkischen Nation zu betreiben. Sie lehnt den Ausbau von Minderheitenrechten, wie etwa kurdische Forderungen nach ethnisch-kultureller Anerkennung ab. Auch wenn die MHP in den letzten Jahren in der Lage war, städtisch säkulare Bevölkerungsschichten in den westtürkischen Küstenregionen für sich zu gewinnen, gehören zu ihrer Kernanhängerschaft auch größere Gruppen frommer, sunnitisch-türkischer Muslime. Daher ist sie bei der Wahl von Abdullah Gül zum Staatspräsidenten 2007 und der Aufhebung des Kopftuch-Verbots in Universitäten 2013 eine begrenzte Zusammenarbeit mit der Interner Link: AKP eingegangen.

Bei der Interner Link: Präsidentschaftswahl 2014 einigte sich die MHP mit der Interner Link: CHP auf einen gemeinsamen Kandidaten, den Islamwissenschaftler Interner Link: Ekmeleddin İhsanoğlu, der auch von weiteren Parteien unterstützt wurde. Allerdings unterlag dieser mit 38,4 Prozent der Stimmen beim ersten Wahlgang dem heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Bei der Parlamentswahl im Juni 2015 baute die MHP ihren Stimmenanteil auf 16 Prozent aus und wurde drittstärkste Fraktion im Parlament. Auf den Vorschlag der CHP, eine gemeinsame Minderheitenregierung unter Duldung der pro-kurdisch linken Interner Link: HDP zu bilden, ging sie nicht ein. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl im November 2015 rutschte die MHP in der Wählergunst auf 11,9 Prozent der Stimmen und zog als nun viertstärkste Fraktion in das türkische Parlament ein.

Nach dem gescheiterten Militärputsch im Juli 2016 ging sie eine Allianz mit der regierenden AKP ein und sprach sich beim Referendum im April 2016 für eine Verfassungsänderung aus und damit zur Überführung der Türkei in ein Interner Link: Präsidialsystem. Die darauf folgende innerparteiliche Kritik führte zur Abspaltung einer Gruppe um die ehemalige Innenministerin Meral Akşener, die im Oktober 2017 eine neue Mitte-Rechts-Partei – die "Interner Link: Gute Partei" (İyi Parti) - gründete und bei der Präsidentschaftswahl 2019 gegen Staatspräsident Erdoğan antreten will. Umfragen zum Zeitpunkt der Gründung der neuen Partei zeigten, dass insbesondere die MHP große Verluste wegen Wählerwanderungen zur İyi Parti befürchten muss.

Devlet Bahçeli, seit 1997 Parteivorsitzender und Nachfolger des als charismatisch geltenden Alparslan Türkeş, hat es verstanden, die Partei für breitete Gesellschaftsschichten wählbar zu machen - wenngleich die Partei auf eine Auseinandersetzung mit ihrer rechtsextremistischen Vergangenheit und ihren rassistischen Wurzeln bis heute verzichtet hat. Bahçelis Zusammenarbeit mit der AKP und die Neugründung der İyi Parti könnten sich bei der nächsten Wahl für die MHP jedoch negativ auswirken.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Gemeint ist eine rein nationale Solidarität, vgl. Milliyetçi Hareket Partisi Programı (8. November 2009), online unter: Externer Link: www.mhp.org.tr.

  2. Der Turanismus geht zurück auf die Idee eines "Vatan" (Vaterland). Der Begriff wurde von Namık Kemal (1840-1888) in Anlehnung an das französische "patrie" gebildet und war zunächst auf die territorialen Grenzen des Osmanischen Reiches bezogen. Später dann als "Turan" war er mit einer neuen territorialen Orientierung verbunden: "Turan", als die Heimat aller Turkvölker. Diese Vision beschrieb ein sämtliche turksprachigen Völker einschließendes, bis zu den Grenzen Chinas reichendes Land.

  3. Vgl. Hamit E. Beriş, "30 Mart’a Doğru Milliyetçi Hareket Partisi", SETA Analiz, 2/2012, Nr. 84.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Dr. Yaşar Aydın für bpb.de

Sie dürfen den Text unter Nennung der Lizenz CC BY-NC-ND 3.0 DE und des/der Autors/-in teilen.
Urheberrechtliche Angaben zu Bildern / Grafiken / Videos finden sich direkt bei den Abbildungen.
Sie wollen einen Inhalt von bpb.de nutzen?

Weitere Inhalte

ist seit April 2013 Mercator-IPC-Fellow an der Stiftung Wissenschaft und Forschung und Mitarbeiter in der Forschungsgruppe EU-Außenbeziehungen. Forschungsgebiete: Migrationsforschung und Zuwanderungspolitik; Türkeiforschung; Nationalismusforschung (Nationalismus, ethnische Konflikte, Fremdheitsproblematik, kollektive Identität); Soziale Philosophie und Politische Theorie (Theorien der Moderne/Modernisierung)