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Die 1950er Jahre | Deutsche Fernsehgeschichte in Ost und West | bpb.de

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Die 1950er Jahre

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Jugendliche in den 1950er Jahren (© picture-alliance/dpa)

Unspezifische Anfänge im Westen

Wie bei anderen Programmsparten auch, haben sich die Jugendsendungen aus einem sehr undifferenzierten Angebot verschiedener und zunächst experimentell erprobter Formen entwickelt. Als Anregungen und Ideenlieferanten dienten ähnliche Sendungen im Hörfunk. In der Bundesrepublik wurde der Fernsehsendebetrieb ab 1952 beim Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) aufgenommen. Das Fernsehen richtete sich zunächst primär an Erwachsene. Diese waren nämlich maßgeblich, wenn es um den Kauf eines Fernsehapparates und die Bezahlung der Fernsehgebühren ging. 

Dem jungen Publikum widmeten die Fernsehmacher eine sogenannte "Jugendstunde". Diese sollte - mit Beginn des regulären Programmbetriebs am 1. Januar 1953 - zur ständigen Einrichtung werden. Die Ausgabe vom 29. August 1952, deren Ausstrahlung noch auf den Hamburger Raum beschränkt war, wollte die Zuschauer zur Interaktion animieren: "Jugend-Forum mal anders – Du kannst Dich telefonisch beteiligen". Damit scheint die Sendung aus heutiger Sicht ihrer Zeit voraus gewesen zu sein. Diese scheinbare Fortschrittlichkeit hatte aber damit zu tun, dass es kein Massenpublikum gab. Die Zuschauerzahl waren überschaubar (unter 1000) und auf Hamburg begrenzt. 

Die "Jugendstunde" (NWDR)

  Die "Jugendstunde" war ab 1953 zusammen mit Kindersendungen und der Sendung "Für die Frau" in einem Nachmittagsprogramm zwischen 16.30 und 17.30 Uhr angesiedelt. Der Name "Jugendstunde" bildete einen Oberbegriff für ein Themenspektrum, das vielfältige Interessen ansprach. Es gab Foto-, Zeichen-, Tanz- und Töpferkurse ebenso wie Hilfestellung bei der Reparatur von Mopeds. Kinofilme wurden in den halbstündigen Sendungen in Fortsetzungen gezeigt. Regelmäßiger Bestandteil war die in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt konzipierte Reihe "Was soll ich werden?". In Live-Übertragungen informierten die Redakteure über diverse Sportarten, unterhielten mit Dokumentarfilmen oder gingen selbst auf Reisen, so mit der "Kölner Foto-Bande", die eine "Fotofahrt nach Spanien" unternahm und nach ihrer Heimkehr Bericht erstattete. Unter dem Titel "Zauberei oder nicht?!" zeigte Peter Brüls auf humorvolle Art physikalische Experimente – einer der Ursprünge dessen, was Jahrzehnte später in größerem Rahmen unter Titeln wie "Clever! Die Show, die Wissen schafft" gesendet wurde. 

Pädagogisch inspirierte Angebote 

Es ging um pädagogisch inspirierte Angebote. Die Sendungen entstanden im Vorfeld einer in den 1960er Jahren geführten Debatte um ein Schulfernsehen, das auch im Unterricht eingesetzt werden sollte. 

Eine 1957 vom Pädagogen Paul Heimann in West-Berlin erstellte Studie fand im Gesamtangebot der Jugendsendungen 64 % "schulnahe Gegenstandsbereiche" inklusive "Geografie", "Biologie" und "Malen, Basteln, Werken". Sogenannte "Spielhandlungen", "Sport und Tanz", auch "Bücher", "Hobbies" und "Berufe" teilten die Autoren den 36 % "schulferneren Gegenstandsbereichen" zu . Die Jugendsendungen wurden von vielen (nicht nur jugendlichen) Zuschauern genutzt, weil das Angebot an Fernsehsendungen mit täglich 3 bis 4 Stunden insgesamt sehr überschaubar blieb

Information, Diskussion und Styling-Tipps

  Die "Jugendstunde" wurde ab Ende 1954 von mehreren ARD-Anstalten abwechselnd beliefert – das war auch einer der Gründe für ein wechselhaftes Bild der Sendereihe. Der Sender Freies Berlin (SFB) und seine fortschrittliche Moderatorin Elisabeth Leithäuser betrachteten ab 1955 ihre Zuschauer im Vergleich mit den anderen ARD-Redaktionen am ehesten als junge Erwachsene. Sie informierten über Themen wie "Du und die Paragraphen. Rechte und Pflichten junger Menschen" und ließ unter dem Motto "Warum ist das so? Junge Menschen üben Kritik an der Welt der Erwachsenen" die Zielgruppe selbst zu Wort kommen. Dies geschah unter anderem in Diskussionsrunden. Einer der Gäste: der damalige Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses und spätere Bundeskanzler Willy Brandt. Selbst an eine Art "Styling Show", die damals noch nicht so hieß, wagte man sich heran: Unter dem Titel "Warum nicht in den Spiegel sehen? Mode und Kosmetik zwischen 14 und 18" wurde im Jahr 1955 ein Konzept umgesetzt, das an zu dieser Zeit gesendete ähnliche Sendeformen für die erwachsene Frau anknüpfte. 

Programm für die ganze Familie

  Musiksendungen speziell für Jugendliche waren in den 1950er Jahren eine seltene Ausnahme. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass die Programmgestaltung einer bürgerlichen Grundhaltung entsprang. Gegenkulturen wie die der sogenannten "Halbstarken", der Existentialismus oder der Rock'n'Roll kamen in nachmittäglichen Sendungen nicht zur Sprache. Als jugendgeeignet galten hingegen "Musizieren auf alten und neuen Instrumenten" mit Eberhard Werdin (1954) oder Sendungen wie "Tanztee mit Ursula und Herbert Heinrici. Es spielt die Kapelle Victor Reschke" (29.05.1959). 

Kaum Angebote für ältere Jugendliche

  Jugendfernsehen fand bis weit in die 1960er Jahre hinein am späten Nachmittag statt, ab 1960 festgelegt auf die Wochentage Dienstag und Freitag. An dieser Terminierung wie an der vorherrschenden Themenstellung lässt sich bereits ablesen, dass sich die Programme vor allem an Schülerinnen und Schüler wandten. Für die berufstätige Jugend, die am Nachmittag arbeitete, gab es kaum regelmäßige Angebote, es sei denn, man zählte die aus den USA eingekauften Fernsehserien wie "Fury. Die Abenteuer eines Pferdes" hinzu, die ab 1958 am frühen Sonntagmittag zu sehen waren – allerdings waren dies keine Sendungen, die speziell für die 14- bis 21-Jährigen konzipiert waren. Aufgrund seines geringen Umfangs war das Programm noch mehrheitlich für die ganze Familie gedacht. 

Sozialistische Erziehung im Osten

Die FDJ "Schreitet zum Aufbau des Sozialismus voran!" (© Bundesarchiv Bild 183-15903-0002 / Fotograf: Heinz Junge)

Auch im DDR-Fernsehen wandte man sich mit einzelnen Sendungen speziell an jugendliche Zuschauer. Wie im Westen experimentierte man mit unterschiedlichen Angebotsformen. Wusste man doch hier ebenso wenig wie im "anderen" Deutschland, wie das neue Instrument des Fernsehens zu nutzen war. 

Das Verhältnis zur Jugend definierte ein mehrfach überarbeitetes "Jugendgesetz". Das schrieb "die sozialistische Erziehung und Bildung der Jugend in Lehre, Beruf und Freizeit" vor. Auch das Fernsehen hatte sich dieser sozialistischen Erziehung zu verschreiben. Selbst wenn die SED als führende Partei anfangs dem Fernsehen noch distanziert gegenüber stand, weil sie wenig Vertrauen in die Wirkungsmacht des Mediums hatte. Ziel des Fernsehprogramms war es, die Jugendlichen mit der DDR vertraut zu machen und ihnen die Errungenschaften des neuen Staates nahe zu bringen. Es sollte deutlich werden, dass auch die Jugendlichen, einen Beitrag zum Aufbau des Sozialismus zu leisten hatten. 

Programm für ein gesamtdeutsches Publikum

  Frühe Jugendsendungen trugen Titel wie "Die jungen Erbauer des Sozialismus" (23.12.1952) und "Wer ist überall der Erste? Das ist Fritz, der Traktorist" (28.10.1954). Wie das Programm des Deutschen Fernseh-Funks in seinen anderen Angeboten, richteten sich auch die Jugendsendungen in dieser Phase noch an ein gesamtdeutsches Publikum, auch wenn das Fernsehprogramm am Anfang nur im Umkreis von Berlin gesehen werden konnte. Dabei ging es hier schon früh auch um einen Systemvergleich wie in einer Ausgabe der Sendereihe "Atze Icke ... und seine aktuelle Kurbelwelle", in der die "Erholungsmöglichkeiten" ostdeutscher Pionierlager mit weniger vorteilhaften Verhältnissen in West-Berlin verglichen wurden. Die Titelrolle des "Atze Icke" spielte Henry Hübchen. 

Atze Icke

Ausschnitt aus der Sendung vom 20.10.1958

Atze Icke

"Atze Icke" war eines der frühen Jugendprogramme des DDR-Fernsehens in den 50er Jahren, das sich noch an ein gesamtdeutsches Publikum richtete. Die Titelrolle des "Atze Icke" spielte Henry Hübchen. (© Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv, 1958)

Da die Sendung sich als ein gesamtdeutsches Angebot verstand, war sie mit der Einladung an die Westzuschauer verbunden, "die Ferien an den schönsten Orten um Berlin und in der Deutschen Demokratischen Republik zu verbringen". Dies knüpfte daran an, dass noch bis zum Mauerbau für West-Kinder Ferien in der DDR, dann vorzugsweise auf Rügen, von der DDR organisiert wurden – ein Angebot, das vor allem von den Kindern ehemaliger KPD-Mitglieder genutzt wurde.

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