Die Entwicklung des Fernsehens in Deutschland nach 1945 kann man in Phasen einteilen. Diese verlaufen in beiden deutschen Staaten teils parallel, teils unterschiedlich.
Die Entwicklung des Rundfunks (Hörfunk und Fernsehen) in den Jahren 1945 bis 1955 stand wesentlich unter dem Einfluss der Alliierten. Mit ihren medienpolitischen Entscheidungen prägten die Alliierten die Rundfunksysteme in West und Ost. In den westlichen Besatzungszonen entstanden ein öffentlich-rechtliches, also staatsfernes und nicht-kommerzielles System: zentral organisiert in der Britischen und der Französischen Zone, föderal organisiert in der Amerikanischen Zone. In der Sowjetischen Zone dagegen wurde Fernsehen als ein staatliches, zentralistisches System etabliert. Noch vor der Gründung der beiden deutschen Staaten Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik (1949) wurden diese Rundfunksysteme aufgebaut. Die erste der Rundfunkanstalten, die auf der Basis von Landes-Rundfunkgesetzen 1947/48 gegründet wurden, war der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) in Hamburg; es folgten Radio Bremen (RB), der Hessische Rundfunk (HR) in Frankfurt/Main, der Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden, der Süddeutsche Rundfunk (SDR) in Stuttgart und der Bayerische Rundfunk (BR) in München. Der Rundfunk in der Sowjetischen Besatzungszone wurde ab 1945 staatlich organisiert und unterstand den Direktiven der den Staat bestimmenden Partei, der SED.
Geringes politisches Interesse am neuen Medium
Das Fernsehen entstand im Westen wie im Osten erst nach den beiden deutschen Staatsgründungen und nachdem Organisationsstrukturen für den Rundfunk (anfangs nur Hörfunk) geschaffen worden waren. Das Interesse der Politik am Fernsehen als einem neuen Medium war bei den Politikern in Ost und West anfangs wenig ausgeprägt, weil sie mehr auf die vertrauten Medien Presse, Hörfunk und Film setzten. Erst Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre, als sich das Fernsehen als Massenmedium durchgesetzt hatte (in der Bundesrepublik gab es 1958 1,2 Mio. Fernsehteilnehmer; in der DDR 1960 1,03 Mio. Teilnehmer), erkannten die Politiker die Bedeutung des neuen Mediums.
Staatsunabhängigkeit des Rundfunks im Westen
In der Bundesrepublik wurde die Staatsferne des Rundfunks in den Rundfunkgesetzen der Länder festgelegt und später vom Medium Hörfunk auch auf das Fernsehen ausgedehnt. Die Grundlage aller folgenden und bis heute gültigen Rundfunkgesetze der Länder bildet Artikel 5 des Grundgesetzes: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt." Diese Unabhängigkeit soll in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bis heute von drei Instanzen gewährleistet werden: dem Verwaltungsrat, dem Rundfunkrat (im ZDF: Fernsehrat) und dem Intendanten. In den Kontrollgremien, dem Rundfunkrat und dem Verwaltungsrat, hatten und haben politische Interessenvertreter jedoch einen großen Einfluss.
Vorgaben durch Staat und Partei in der DDR
In der DDR war das Fernsehen dem Staatlichen Rundfunkkomitee unterstellt. Staat und Partei machten klare Vorgaben für Kultur- und Bildungsinhalte. Die "Hebung des Bildungsniveaus unserer Werktätigen" durch publizistische Programme stand im Vordergrund, leichte Unterhaltung galt als Zugeständnis an ein "kleinbürgerliches" Geselligkeitsbedürfnis. Das Programm hatte agitatorische Aufgaben zu erfüllen, war "auf kulturell-künstlerischem Gebiet Ausdrucks- und Verbindungsmittel und (musste) das Bedürfnis der Werktätigen nach Unterhaltung und Entspannung befriedigen", wie es in einer internen Studie des Deutschen Fernsehfunks 1955 hieß.
Diskussionen über das Prinzip der Staatsferne
In der Bundesrepublik gab es aufgrund der demokratischen Verfasstheit der Medien – abgesehen von der Verpflichtung auf das Grundgesetz der Bundesrepublik – keine Vorgaben, die bis in die konkrete Programmgestaltung hineinreichten. In langen politischen Auseinandersetzungen musste sich das Prinzip der Staatsferne aber erst entwickeln. So war dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer die von den westlichen Alliierten verfügte staatsferne Struktur des Rundfunks und seine föderale Verfasstheit ein Dorn im Auge. Er wollte ein Bundes-Fernsehen schaffen, das von der Bundesregierung kontrolliert werden konnte. Er wurde letztlich erst 1961 durch das Bundesverfassungsgericht ausgebremst, das den öffentlich-rechtlichen und nichtstaatlichen Charakter des Rundfunks (nicht zuletzt aufgrund einer Knappheit an Fernsehfrequenzen) festschrieb.
Gesamtdeutscher Anspruch
Bis 1972 formulierten die Programme in Ost und West ihren gesamtdeutschen Anspruch noch im Namen: Seit dem 1. November 1954 veranstaltete die ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland) das Gemeinschaftsprogramm "Deutsches Fernsehen" (heute "Erstes deutsches Fernsehen"), und in der DDR bestand vom 3. Januar 1956 bis zum 11. Februar 1972 der "Deutsche Fernsehfunk" (DFF). Danach wurde er in "Fernsehen der DDR" umbenannt. Der "gesamtdeutsche" Anspruch beider Fernsehsysteme blieb jedoch eher ein Lippenbekenntnis.
Die medienpolitische Entwicklung in den 1960er Jahren
In der Bundesrepublik entstand aus den Resten der vom Bundesverfassungsgericht verhinderten Bemühungen der Bundesregierung unter Konrad Adenauer, ein Staatsfernsehen zu schaffen, 1963 das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) als Einrichtung der Länder. Den ARD-Anstalten wurde die Gründung der dann ab 1964 aufgebauten Dritten Fernsehprogramme zugestanden.
Urteile und Rolle des Bundesverfassungsgerichts
Das "Erste Fernsehurteil" des Bundesverfassungsgerichts von 1961 wird als "Magna Carta" des Rundfunks in der Bundesrepublik bezeichnet. Es folgten in den nächsten Jahrzehnten noch weitere Grundsatzurteile, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden können: 1971 das Mehrwertsteuer-Urteil des BVG und das Privatrundfunk-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, 1981 das FRAG-(Freie Rundfunk AG)-Urteil, 1986 das Niedersachsen-Urteil, 1987 das Baden-Württemberg-Urteil, 1991 das NRW-Urteil, 1992 das HR-3-Urteil, 1994 das erste Rundfunkgebühren-Urteil, 1998 das Urteil zur Kurzberichterstattung im Sport, 2007 das zweite Rundfunkgebühren-Urteil, 2008 das Urteil zur Beteiligung von politischen Parteien an privaten Rundfunkveranstaltern und Interner Link: 2014 das Urteil zur Staatsferne des ZDF-Fernsehrates. Medienpolitik wird in der Bundesrepublik von den zuständigen Bundesländern betrieben und auf übergeordneter Ebene durch das Bundesverfassungsgericht (BVG) kontrolliert. Die Rundfunkurteile des höchsten deutschen Gerichts stellen in gewisser Weise eine Brücke zwischen Medienpolitik und Medienethik dar, denn dieser Rechtsprechung liegen ethische Maximen zum Miteinander von Individuum und Gesellschaft zu Grunde. Diese Grundsatzentscheidungen aus fünf Jahrzehnten sind nicht unumstößlich. Nachdem das BVG den öffentlich-rechtlichen Charakter des Rundfunks 1961 festgelegt hatte, ließ es mit der technischen Erweiterung der Fernsehausstrahlung durch Satelliten und Kabel ab 1981 auch privatrechtliche Programmanbieter zu (3. Rundfunk-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1981). Unverändert blieb aber die aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitete Forderung nach Gewährleistung der Rundfunkfreiheit durch eine Medienordnung, in der die "Vielfalt der bestehenden gesellschaftlich existierenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit ihren Ausdruck findet". Höchstrichterliche Grundsatzurteile werden jedoch immer erst dann gefällt, wenn mediale und medienpolitische Veränderungen bereits über längere Zeit eingetreten sind. So wäre es möglich, dass sich das Fernsehen beispielsweise durch das Internet, die Globalisierung oder die Konvergenz (= das einander Annähern) der klassischen Medien so weit verändert und ausdifferenziert hat, dass das Vielfaltsicherungs-Gebot des BVG gar nicht mehr greifen kann.
In der DDR brachte das 11. Plenum des Zentralkomitees (ZK) der SED 1965 einen erheblichen medienpolitischen und medienethischen Einschnitt mit sich. War im Schatten des Mauerbaus 1961 innerhalb der DDR für eine kurze Zeit ein Klima medialer und künstlerischer Liberalität entstanden, so führten dieses Plenum und seine kulturpolitische Ausrichtung zu einer verstärkten Zensur von Programmen und zu Arbeitsverboten. Die Abteilung Agitation und Propaganda des ZK der SED verstärkte ihren Einfluss auf das Fernsehen. Ende 1965 erhielt Intendant Heinz Adameck fast täglich kulturpolitische Weisungen vom ZK bzw. vom Politbüro, die er an seine Mitarbeiter weitergab, die meist Mitglieder der SED oder ihrer Blockparteien waren. In den längerfristigen "Perspektiv-" und den einzelnen "Jahresplänen" spielten "ideologische Leitlinien" zentrale Rollen. Sie steuerten die Themen- und Format-Entwicklungen von Reihen und einzelnen Sendungen, bis in die Genres, die konkreten Aussagen, die formale Umsetzung und die Besetzung hinein. In der tagesaktuellen Berichterstattung gab es Formulierungsvorgaben. Ein "heißer Draht" bestand zwischen der "Aktuellen Kamera", der Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens, und dem ZK-Sekretär für Agitation und Propaganda. Diese klaren Vorgaben und der Vorzensur-Filter wurden ergänzt durch eine Nachzensur.
Farbfernsehen wird zum Politikum
Am 3. Oktober 1969 begann der DFF mit der Ausstrahlung eines zweiten Programms und zugleich des Farbfernsehens. Das westliche Farbfernsehen war zwei Jahre vorher, am 25. August 1967, gestartet. Solche Anlässe wurden zu einem Politikum. Vor allem war die Entscheidung für zwei unterschiedliche Farbsysteme, PAL in der Bundesrepublik und SECAM in der DDR, von politischen Erwägungen gesteuert, denn diese Systeme waren nicht miteinander kompatibel: Auf ostdeutschen Bildschirmen konnte man die westlichen Bilder deshalb lange Zeit nicht in Farbe sehen und umgekehrt. Die Entscheidung für SECAM war der DDR durch die Sowjetunion vorgegeben, und die kontrastive Farbe passte in den neuen Kurs der DDR, der auf internationale Anerkennung und deutsch-deutsche Zweistaatlichkeit zusteuerte.
Staatliche Eingriffe auch im Westfernsehen
Der direkte oder indirekte politische Einfluss sorgte über die Zeit hinweg immer wieder für medienethische Probleme im Osten wie im Westen, wenn auch dort sehr viel weniger ausgeprägt. Ähnlich groß wurde in beiden deutschen Staaten der Einfluss des Fernsehens auf die Menschen eingeschätzt. Deshalb gab es Eingriffe oder versuchte Eingriffe seitens der Politik auch in den Programmen von ARD und ZDF. Allerdings blieben sie punktuell und waren nicht wie im DFF bzw. Fernsehen der DDR in festen Organisations- und Kontrollstrukturen als Vorzensur verankert. Die Rundfunkräte im Westen konnten Programme erst nach ihrer Ausstrahlung rügen. Sporadisch gab es jedoch auch Eingriffe in die Ausstrahlung selbst. In der föderalen ARD war das z. B. durch das Ausschalten einzelner Anstalten aus dem Gemeinschaftsprogramm möglich. Doch selbst der als konservativ geltende Bayerische Rundfunk praktizierte das in den 1960er und 1970er Jahren nur bei wenigen Theaterinszenierungen (Fritz Kortner: "Die Sendung der Lysistrata", 1961), Fernsehfilmen (Rainer Erler: "Das Bohrloch oder Bayern ist nicht Texas", 1968; Rosa von Praunheim: "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Gesellschaft, in der er lebt", 1973; Alexander Ziegler/Wolfgang Petersen: "Die Konsequenz", 1977) und der Jugendsendung "Zoom" (1971).
Medienpolitische Entwicklung in den 1970er Jahren
Eine (medien-)politische Wende in der DDR markierte die Ablösung des Partei- und Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht durch Erich Honecker. Auf dem VIII. SED-Parteitag im Juni 1971 formulierte Honecker Grundsätze einer veränderten und stärker auf Unterhaltung ausgerichteten medialen Kommunikation. Er forderte den DFF auf, in seinen beiden Programmen eine "bestimmte Langeweile zu überwinden". Solche Formulierungen stellten in der DDR nicht irgendwelche unverbindlichen Ideen dar. Sie bildeten Vorgaben, die schließlich zu einer großen Programmreform führten. Eine erste Umorientierung auf Unterhaltung erfolgte Anfang der 1970er Jahre – die zweite folgte in den Jahren 1982/83. Hiernach sollten "ideologische Leitlinien nicht direkt", sondern über Gefühle und Stimmungen vermittelt werden.
Weiterentwicklung zum "Fernsehen der DDR"
Das gewachsene Selbstbewusstsein der DDR drückte sich 1972 in der Umbenennung des DFF in "Fernsehen der DDR" und in einem forcierten ideologischen Programm-Kampf gegen den Westen aus. In den 1970er Jahren gab es keine Sendung mehr, die sich – wie noch in den 1950er und 1960er Jahren – explizit an die Zuschauer im Westen wandte. Das Fernsehen wurde zum Medium für die DDR-Zuschauer ausgebaut. Zugleich wurden aber seit dem Beginn der 1970er Jahre erste informelle Kontakte mit ARD und ZDF geknüpft und auf Film- und Fernsehmessen zu intensiveren Beziehungen weiterentwickelt.
Korrespondentenstellen in Bonn und Ost-Berlin
Nationale politische Entwicklungen wie die neue Ostpolitik der Bundesregierung unter Willy Brandt und Walter Scheel (Grundlagenvertrag BRD/DDR, 1972) und internationale Entwicklungen (wie die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die UNO 1973 und die Helsinki-Vereinbarungen der Schlussakte der KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, 1975) beeinflussten auch die Medienpolitik und die konkreten Programme. So kam es 1974 zur Einrichtung fester Korrespondentenstellen in den Hauptstädten Bonn bzw. Ost-Berlin mit den Korrespondenten Lothar Loewe (ARD), Hans-Jürgen Wiesner (ZDF) in Ost-Berlin und Heinz Grote (Fernsehen der DDR) in Bonn. Die erste Hälfte der 1970er Jahre brachte in beiden Mediensystemen aus verschiedenen Gründen eine Zeit der Öffnung zu neuen Formen und Inhalten – im Westen als Ergebnis der Demokratisierungsbewegungen wie der Studentenbewegung und der neuen Ostpolitik, im Osten als Resultat aus Erich Honeckers Richtungswechsel. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre beeinflusste die Medienpolitik das Klima in beiden deutschen Staaten in unterschiedlicher Weise.
Im Osten führte die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann (1976) zu einem drastischen Stimmungsumschwung unter Künstlern und Intellektuellen, änderte aber auch die Haltung der Partei gegenüber dem Fernsehen: Das Politbüro beschloss das detaillierte Jahresprogramm und weitete seine Kontrolle aus. Eberhard Fensch und seine Mitarbeiter zensierten das Programm verstärkt bis in alle Einzelheiten. Als "schlimmste Zeit" bezeichnet der langjährige Intendant des DDR-Fernsehens, Heinz Adameck, diese Periode: "Selbstzensur, die Einmischung und die Beschlusssituation (nahmen) die Luft zum Atmen." In Folge der Berichterstattung über die Biermann-Ausbürgerung, die Isolierung des Dissidenten Robert Havemann und die Selbstverbrennung des Pfarrers Brüsewitz 1976 stand das ARD-Studio in Ost-Berlin vor der Schließung. Weihnachten 1976 wurde dann "nur" der ARD-Korrespondent Lothar Loewe ausgewiesen, weil er in einem Bericht für die ARD-Tagesschau gesagt hatte: "Hier in der DDR weiß jedes Kind, dass die Grenztruppen den strikten Befehl haben, auf Menschen wie auf Hasen zu schießen."
Medienpolitischer Streit zwischen SPD und CDU
Im Westen kam es zu einem Streit zwischen den politischen Lagern von SPD und CDU um die medientechnologische Zukunft. Der Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten "Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems" (KtK, 1975) war Voraussetzung für politische Weichenstellungen. Technische und inhaltliche "Erprobungen" und "Pilotprojekte", faktisch aber die Einführung neuer Techniken (Videotext, Breitband-Kabelfernsehen, Satellitenfernsehen) wurden ab 1978 diskutiert und ab 1982 in die Wege geleitet. Mit der nun technisch möglichen Vervielfachung der Fernsehkanäle fiel auch die Grundlage für das vom BVG 1961 formulierte Argument der "Frequenzknappheit" weg.
Medienpolitische Entwicklungen in den 1980er Jahren
Durch das Urteil des BVG 1981 und aufgrund der fortgeschrittenen Satelliten- und Kabeltechnik, war der Weg für neue Programmanbieter frei. Damit war auch das Tor für die Kommerzialisierung des Rundfunksystems weit geöffnet. Mit dem sogenannten "Urknall" (Ministerpräsident Bernhard Vogel, CDU) begann 1984 mit dem Start der Kabelfernseh-Pilotprojekte das "Duale Rundfunksystem".
Start der privat-kommerziellen Sender
Nach dem Regierungswechsel 1982 von der sozial-liberalen Schmidt-/Genscher-Regierung hin zur konservativ-liberalen Regierung Kohl/Genscher erreichten medienindustrielle und verlegerische Interessen in der Bundesrepublik endlich ihr lange angestrebtes Ziel, eine privat-kommerzielle Konkurrenz zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk herzustellen. So starteten Sat.1/PKS (Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk, 1. Januar 1984) und RTL plus (Radio Television Luxembourg, 2. Januar 1984) als erste privat-kommerzielle Konkurrenzprogramme, an denen auch Zeitungshäuser wie Bertelsmann, Gruner & Jahr, Springer und der Filmrechtehändler Leo Kirch beteiligt waren. Ab 1987 kamen weitere Programme hinzu. Verbunden mit der medienpolitisch heftig umstrittenen Kommerzialisierung war eine verstärkte Ausrichtung der Fernsehprogramme (auch von ARD und ZDF) hin auf Unterhaltung die Folge.
Medienethisch war diese "Entertainisierung" vor allem bei Bürgerinitiativen wie der BBU (Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz), der BIKK (Bürgerinitiative gegen Kabelkommerz), dem "Klingenmünster Kreis", aber auch beim Verband der Schriftsteller, heftig umstritten. Programmüberflutung, "Illiterarisierung" (= Verlust der Lesefähigkeit), Zerstörung der Einheit der Familie (jeder hat seinen eigenen Fernseher), sexistische und pornographische Programme, Entmündigung und Überwachung des Bürgers standen im Mittelpunkt medienethischer Befürchtungen. Diese Entertainisierung des Fernsehens in der Bundesrepublik hatte auch Auswirkungen auf das DDR-Fernsehen, denn in der insgesamt – vor allem auch ökonomisch – stagnierenden DDR der 1980er Jahre liefen dem DDR-Fernsehen – außer bei den eigenen Shows wie "Ein Kessel Buntes" und "Showkolade" – die Zuschauer davon. Deshalb kam es in den Jahren ab 1982/83 zu einer weiteren Programmreform, der zweiten in Richtung Unterhaltung, die zugleich zu einer Angleichung an westdeutsche und internationale Trends führte.
Abkühlung und Annäherungen im deutsch-deutschen Verhältnis
Mitte der 1980er Jahre entstand die widersprüchliche Situation, dass sich zwar wegen der geplanten Stationierung von Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik das deutsch-deutsche politische Klima abkühlte. Zugleich aber führten ein westdeutscher Milliardenkredit für die DDR, das Luther- und das Berlin-Jubiläum sowie der Besuch Erich Honeckers 1987 in der Bundesrepublik zu zahlreichen Annäherungen. Die Kooperationsverträge zwischen ARD und ZDF auf der einen und dem Fernsehen der DDR auf der anderen Seite (1986/87) führten zu einer Intensivierung des Programmaustauschs und der gegenseitigen Produktionsunterstützung. Dem politischen deutsch-deutschen Zeitgeist am Ende der 1980er Jahre entsprach das Vorhaben, "entstehende Streitfragen gütlich beizulegen". Die ARD wurde für das Fernsehen der DDR zum bedeutendsten Käufer von DDR-Fernsehsendungen außerhalb des Ostblocks.
Ost- und Westfernsehen: von medialen Gegnern zu "Arbeitspartnern"
Seit dem Honecker-Besuch wurden ARD/ZDF und das DDR-Fernsehen von medialen Gegnern partiell zu Arbeitspartnern. Dieses Verhältnis (vor allem bei den nicht-politischen Programmsegmenten wie der Fernsehfiktion und der Unterhaltung) dauerte bis September 1989 an. Auf der Ebene der aktuellen Berichterstattung verschärften sich Ende der 1980er Jahre jedoch die Gegensätze: Westdeutsche Korrespondenten arbeiteten mit DDR-Dissidenten zusammen und strahlten deren Videomaterial – etwa zum Waldsterben und zur Umweltverschmutzung in der DDR – in ARD- und ZDF-Nachrichtensendungen und politischen Magazinen aus. Sie berichteten auch über Demonstrationen, beispielsweise über die Rosa-Luxemburg-Demonstrationen im Januar 1988 und 1989. Nur sehr langsam reagierte das Fernsehen der DDR auf die Ausreisewelle im September 1989 über Ungarn und die Tschechoslowakei und auf den sich zuspitzenden Protest innerhalb der Bevölkerung. Die Ursachen dafür lagen in den (medien-)politischen Vorgaben, in der Fokussierung auf das 40. Gründungsjubiläum der DDR sowie in den starren Strukturen innerhalb des Fernsehens. Bei der Nachrichtensendung "Aktuelle Kamera" dauerten die Veränderungen am längsten.
Verkündung der Maueröffnung in einer Live-Sendung 1989
Ein besonderes Stück Medienpolitik fand am frühen Abend des 9. November 1989 statt: Günter Schabowski, Sekretär des ZK der SED für Informationswesen, hielt zum ersten Mal eine internationale Pressekonferenz ab, die live im DDR-Fernsehen übertragen wurde. Gegen Ende der Pressekonferenz, etwa um 19 Uhr, verkündete er die sofortige Öffnung der Berliner Mauer und der Grenzen zur Bundesrepublik. Aus seinen Unterlagen holte er einen Zettel mit dem soeben beschlossenen Entwurf eines Reisegesetzes und merkte an: "Das Reisegesetz ist ja noch nicht in Kraft, es ist immer noch ein Entwurf. Allerdings ist heute, so viel ich weiß [Schabowski blickte nach rechts zu dem dort sitzenden Mitglied des Politbüros], eine Entscheidung getroffen worden. Es ist eine Empfehlung des Politbüros aufgegriffen worden, dass man aus dem Entwurf des Reisegesetzes den Passus herausnimmt und in Kraft treten lässt, der – wie man so schön oder unschön sagt – die 'ständige Ausreise' regelt, also das Verlassen der Republik. Weil wir es für einen unmöglichen Zustand halten, dass sich diese Bewegung vollzieht über einen befreundeten Staat, was ja auch für diesen Staat nicht ganz einfach ist. Und deshalb haben wir uns dazu entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen. Also, Genossen, mir ist das also hier mitgeteilt worden, dass eine solche Mitteilung eigentlich heute schon verbreitet worden ist. Sie müsste eigentlich schon in Ihrem Besitz sein." Die Öffnung der Mauer und der Grenze wurde damit durch den eigenmächtigen Akt eines politischen Akteurs vorzeitig live im Fernsehen verkündet.
Historische Pressekonferenz mit gezielter Dramaturgie
Zigtausende machten sich daraufhin auf den Weg durch die nach und nach geöffneten Sperranlagen – das Fernsehen hatte live nicht nur einen historischen Moment übertragen, sondern ihn selbst auf die politische Agenda gesetzt. Allem Anschein nach folgte diese historische Pressekonferenz einer Dramaturgie: Günter Schabowski hatte den Verlauf geplant, wie sein Sprechzettel mit handschriftlichen Notizen beweist: "ZEIT! Kurz vor Schluss u. Ende der Debatte Nennung MiRa (d.h. Ministerrats-)Darstellung. Kein PB (d.h. Politbüro-)Papier. Zustimmung MiRa!!! Verlesen Text Reiseregelung". Schabowski war Medienprofi genug um zu wissen: Wenn er das am Anfang der Pressekonferenz verkündet hätte, wäre diese erste vom DDR-Fernsehen live übertragene Veranstaltung für die Weltpresse gleich wieder zu Ende gewesen. Also musste ihm am Ende, zum richtigen Zeitpunkt, jemand das Stichwort "Reiseregelung" geben; diese Rolle übernahm Riccardo Ehrmann, Deutschland-Korrespondent der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, den Schabowski einem britischen Reporter vorzog, während dieser schon mit seiner Frage begonnen hatte. Nachträglich stellte Schabowski dies als 'Kommunikationspanne' dar.
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Folgen der Maueröffnung
Das Fernsehen in Ost und West war durch die Öffnungs-Nachricht wie paralysiert – mit Ausnahme der ARD-Sender WDR und Sender Freies Berlin (SFB). Der SFB befragte bereits 20 Minuten später den Regierenden Bürgermeister Walter Momper (SPD) dazu im Studio; das ZDF und die kommerziellen Sender schätzten die Öffnung der Grenzen am 9. November 1989 zunächst nicht richtig ein. Aber auch die Politiker des Politbüros, des ZK sowie die DDR-Grenztruppen und das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) waren von dieser aus ihrer Sicht verfrühten Aktion völlig überrascht und verfolgten die Ereignisse im West-Radio und -Fernsehen, das dann ab der 20-Uhr-Tagesschau zur Live-Berichterstattung überging. In der DDR hörte mit diesem Datum auch die medienpolitische Steuerung des Fernsehens auf. Medienpolitische "Runde Tische" mit alten und neuen Experten und mit Mitgliedern der Bürgerbewegung diskutierten im Winter 1989 und Frühjahr 1990 über die medialen Perspektiven der DDR. Für eine kurze Zeit akzeptierten die meisten DDR-Zuschauer die ungewohnte, sehr flexible Programmplanung mit neuen, teilweise investigativen Sendungen. Sie suchten einige Wochen lang im eigenen, sich wandelnden Fernsehsystem nach aktuellen Informationen und Diskussionsrunden. Das Fernsehen in West und Ost nutzte seine besondere Fähigkeit zur Live-Berichterstattung und zu einer verstärkten Aktualität und Authentizität aus. Eine kurze Phase einer neuen Freiheit – und zugleich großen Unsicherheit – setzte in der DDR ein, die das sich selbst befreiende DDR-Fernsehen quasi in einer psychotherapeutischen Funktion mediatisierte.
Medienpolitische Entwicklungen in den 1990er Jahren
Am 5. Februar 1990 wurde die uneingeschränkte Informations-, Meinungs- und Medienfreiheit in der DDR beschlossen. Damit unterstanden Rundfunk und Presse insgesamt und speziell das Fernsehen nicht mehr der Regierung und der – inzwischen in "PDS" ("Partei des demokratischen Sozialismus") umbenannten – SED.
Integration des DDR-Fernsehens in das bundesdeutsche System
An den "Runden Tischen", in den Redaktionen des DDR-Fernsehens selbst und hinter den Kulissen wurde nach Interner Link: organisatorischen Überlebenskonzepten für den riesigen Apparat Fernsehen (rund 14.000 Mitarbeiter) gesucht, die rechtlich und ökonomisch tragfähig waren. Doch die Ereignisse veränderten sich rasch. Nach der Währungsunion mit der Bundesrepublik (1. Juli 1990) und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten auf Basis des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 begann die Integration des DDR-Fernsehens in das bundesdeutsche Fernsehsystem. Im Zuge der Gründungen der fünf neuen Bundesländer ab Oktober 1990 erfolgte die Dezentralisierung und Regionalisierung des Fernsehens, die in der "DFF-Länderkette" (auf den Frequenzen des bisherigen zweiten DDR-Programms, nicht in der gesamten DDR empfangbar) im Dezember 1990 ihren Ausdruck fand. ARD und ZDF wurden auf den Frequenzen des bisherigen ersten Programms des DFF ausgestrahlt, was von vielen Bürgern in Ostdeutschland als mediale Okkupation durch den Westen angesehen wurde. Als Rundfunkbeauftragter der neu geschaffenen Bundesländer überführte Rudolf Mühlfenzl, ehemaliger Fernsehchefredakteur des Bayerischen Rundfunks und danach Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien, ab 15. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1991 Personal, Programmvermögen und Immobilien des DFF in die sich neu gründenden Landesrundfunkanstalten Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) und Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg (ORB). Das Land Mecklenburg-Vorpommern trat dem NDR-Staatsvertrag bei. In der Silvesternacht 1991 begannen die neuen Landesrundfunkanstalten mit Sitz in Potsdam bzw. Dresden um 0.00 Uhr ihre Programme.
Neue Zuschauergruppen und Strukturen
Die deutsche Vereinigung verschaffte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine erhebliche Erweiterung seiner Zuschauerschaft und eine Ausdifferenzierung seiner Organisationsstrukturen. Vor allem die ARD erweiterte sich um zwei neue Mitglieder und die entsprechenden Strukturen, aber auch das zentrale ZDF differenzierte sich durch die Gründung neuer Regionalstudios erheblich aus. Die kommerziellen Anbieter erfuhren durch Wende und Vereinigung vor allem eine Erweiterung ihrer Zuschauerschaft. Ihre Marktanteile stiegen stark an, so dass RTL(plus) und etwas später Sat.1 erstmals schwarze Zahlen schrieben. RTL wurde ab 1993 Marktführer. Standen die Jahre 1990 bis 1995 bei den Privat-Kommerziellen im Zeichen des Ausbaus und der Konsolidierung von Programm-Marktanteilen, so drehte sich ab 1996 der Trend wieder zu Gunsten der Öffentlich-Rechtlichen, vor allem der Dritten Fernsehprogramme.
Diskussionen über die Rundfunkgebühr
Dennoch steigerten die Privat-Kommerziellen durch die Programmausweitung auf 24 Stunden und durch die Entwicklung eigener, kostengünstig produzierter, aber attraktiver Formate ihre Werbeeinnahmen. Bei den Öffentlich-Rechtlichen dagegen gingen die Werbeumsätze zurück, sodass für sie die Diskussion über eine Anpassung der Rundfunkgebühren an die Preissteigerungen zu einer medienpolitischen Daumenschraube wurde. So geriet die Gebührenerhöhung um knapp fünf DM im Jahr 1997 auf 28,25 DM zur medienpolitischen Grundsatzdiskussion mit dem Effekt, dass den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von der Politik die Pflicht zu erheblichen Einsparungen auferlegt wurde. Die Rundfunkgebühr (für Hörfunk und Fernsehen) war schon immer ein politischer Preis. Die in der Bundesrepublik 1954 eingeführte Fernsehgebühr betrug zunächst 5 DM und blieb 16 Jahre lang stabil. 1970 wurde die Grundgebühr um 50 Pfennig, die Fernsehgebühr um 1 DM angehoben, und danach erfolgten die Gebührenanpassungen in kürzeren Abständen, seit 1997 alle vier Jahre. Von den 1990er Jahren bis heute wurden die Interner Link: Debatten über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zwischen ARD/ZDF auf der einen und den Ministerpräsidenten der Bundesländer auf der anderen Seite immer heftiger. Eine unabhängige Expertenkommission, die "Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (KEF), berät seit 1975 die Ministerpräsidenten. Ihre Empfehlungen bekamen aber 1997 auf der Basis eines Urteils des BVG eine hohe Verbindlichkeit, was einige Ministerpräsidenten dennoch nicht hinderte, die KEF-Gebührenempfehlung nach unten zu korrigieren. Zum 1. Januar 2009 wurde eine Anhebung der Rundfunkgebühr um 0,95 auf 17,98 Euro vorgenommen. Am 9. Juni 2010 beschlossen die Ministerpräsidenten der Länder, ab 2013 ein neues Gebührenmodell einzuführen. Seit 2013 muss nun ein einheitlicher Rundfunkbeitrag pro Haushalt gezahlt werden. (weitere Informationen: siehe Interner Link: Finanzierung des Fernsehens)
Klagen gegen den Rundfunkbeitrag
Rundfunkbeitrag für private Haushalte mit dem Grundgesetz vereinbar
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nach mündlichen Verhandlungen am 16./17. März 2016 in insgesamt 18 Revisionsverfahren entschieden, dass der Rundfunkbeitrag für private Haushalte verfassungsgemäß erhoben wird. […] Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der Kläger gegen die Berufungsurteile zurückgewiesen. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht umfasst auch die Regelungsbefugnis für den Rundfunkbeitrag. Die Kompetenzregelungen der Finanzverfassung des Grundgesetzes sind nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe handelt. Der Rundfunkbeitrag wird nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können. Das Beitragsaufkommen wird nicht in die Haushalte der Länder eingestellt, um die vom Haushaltsgesetzgeber bestimmten Gemeinlasten zu finanzieren. Nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dient es der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Demzufolge legt der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag fest, dass Überschüsse vom Finanzbedarf für die folgende zweijährige Beitragsperiode abgezogen werden.
Für diese Art der nichtsteuerlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht die verfassungsrechtlich notwendige besondere Rechtfertigung. Dies folgt zum einen daraus, dass der Rundfunkbeitrag den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit abgilt. Die Anknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung ist geeignet, diesen Vorteil zu erfassen. […]
Zum anderen stellt die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe nach der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Finanzierung dar. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass die Rundfunkanstalten dadurch in die Lage versetzt werden, den klassischen, der Vielfaltsicherung verpflichteten Rundfunkauftrag unter den Bedingungen der dualen Rundfunkordnung zu erfüllen, ohne in eine mit der Rundfunkfreiheit unvereinbare, weil die Vielfalt gefährdende Abhängigkeit von Werbeeinnahmen oder staatlichen Zuschüssen zu geraten." […]
Ab etwa 2006 machte der Siegeszug des Internet den Konkurrenzkampf zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Rundfunkanbietern umso härter. Das wirkte sich auch auf den Streit um die Rundfunkgebühren aus. Der VPRT (Verband Privater Rundfunk und Telemedien, inzwischen VAUNET – Verband Privater Medien e. V.), die Interessenvertretung der privat-kommerziellen Sender, hatte geklagt, dass ARD und ZDF die Gebühren, die sie für die Grundversorgung bekommen, auch für aufgabenfremde Zwecke nutzen, z. B. für umfangreiche Internet-/Onlineangebote und den Erwerb teurer Sportrechte. Medienpolitisch wurde daraufhin die Entfaltung des Online-Bereichs bei ARD und ZDF stark beschränkt. 2009 wurden im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag Regeln und Kontrollmechanismen zu den Online- und Web 2.0-Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Sender eingeführt.
Medienpolitische Eingriffe beim Privatfernsehen
Medienpolitisches Eingreifen war gegen Ende der 1990er Jahre auch im privat-kommerziellen Sektor nötig, da sich trotz der äußerlichen Programm-Vervielfachung eine Konzentration auf wenige Anbieter ergeben hatte. Das vielfach verzweigte Netz des Cross-Ownership, der gegenseitigen und medienübergreifenden Besitzverhältnisse, war nicht mehr überschaubar, so dass sich die Gefahr einseitig kontrollierter Medienmacht ergab. Daher trat am 1. Januar 1997 ein veränderter Rundfunkstaatsvertrag in Kraft, der die Begrenzung des Programmeinflusses per Besitz durch die Beschränkung von Zuschauer-Marktanteilen ersetzte, also zu einem publikumsorientierten Modell überging. Eine Quote von 30 % Marktanteil im Jahresdurchschnitt indizierte fortan eine "vorherrschende Meinungsmacht", was vor allem für die beiden großen Medienkonglomerate CLT/Ufa (Bertelsmann) mit den Sendern RTL, Vox, n-tv u. a. und Kirch (Sat.1, ProSieben, kabel eins u. a.) galt.
Pay TV und exklusive Medienrechte
In den 1990er Jahren kam das Bezahlfernsehen (Pay TV) hinzu, zunächst analog in Form des Senders "Premiere", der am 28. Februar 1991 mit seinen Sendungen begann, ab 1997 mit drei digitalen Kanälen, die unter anderem als "DF 1" eine mehr-perspektivische Übertragung von Formel-1-Rennen boten. Mit dem Bezahlfernsehen und seinem 'Motor' Leo Kirch trat das Fernsehen in eine neue Phase des Wettlaufs um exklusive Medienrechte ein. Vor allem aktuelle Spielfilme und attraktive Sportarten wie Fußball, Formel 1-Rennen und Tennis garantierten hohe Zuschauerzahlen. Solange Pay TV – wie in den 1990er Jahren – nicht weit verbreitet war, erschien das Thema "Exklusivität" medienpolitisch nicht bedeutsam; die Bundesligarechte lagen einmal bei den öffentlich-rechtlichen und ein anderes Mal bei den privat-kommerziellen Anstalten. Aber als Leo Kirch Fußballrechte (WM 2002 und 2006) exklusiv für das Bezahlfernsehen erwerben wollte, um diesem Fernsehen zum Durchbruch in der Zuschauerakzeptanz zu verhelfen, trat die Medienpolitik auf den Plan. Sie argumentierte in diesem Fall medienethisch, dass Fußball zur Grundversorgung gehöre und daher in seinen wesentlichen Spielen im frei empfangbaren Fernsehen ("Free TV") vorkommen müsse. Die 1990er Jahre wurden insgesamt zum Jahrzehnt einer Ökonomisierung des Fernsehens, was bedeutet, dass Kosten-Nutzen-Rechnung, Zielgruppen- und Erfolgsorientierung in den Vordergrund rückten: Ein Wandel vom Kulturgut hin zum Wirtschaftsgut, zur Ware Fernsehen, fand statt, der im Westen mit dem Dualen System bereits 1984 begonnen hatte. Im 21. Jahrhundert wirken die lange gültigen, nationalen Dualismen auf dem Fernsehmarkt – hier öffentlich-rechtliche, dort die privaten Anbieter und ihre Interessen – durch die Digitalisierung, das Internet und damit durch den nahezu grenzenlosen Zufluss von kaum noch kontrollierbaren Inhalten und Tech-Konzernen veraltet und überholt.