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Das System als Endgegner | USA | bpb.de

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Das System als Endgegner 100 Tage Trump-Administration 2.0

David Sirakov

/ 16 Minuten zu lesen

Bereits 100 Tage nach Beginn der zweiten Präsidentschaft von Donald Trump zeichnet sich in den USA eine Verfassungskrise und nachhaltige Folgen für das internationale System ab. Eine erste Bilanz.

US-Präsident Donald Trump unterschreibt öffentlich Executive Orders kurz nach seiner Amtseinführung am 20. Januar 2025 in Washington, DC. (© picture alliance/Captital Pictures/RS/MPI)

Die Interner Link: Präsidentschafts- und Kongresswahlen am 5. November 2024 waren ein großer Erfolg für die Republikanische Partei und ihren Präsidentschaftskandidaten Donald J. Trump. Nicht nur gewann Trump wie bereits 2016 die Mehrheit des Wahlpersonengremiums (electoral college), sondern konnte dieses Mal auch Externer Link: die Mehrzahl der abgegebenen Stimmen (popular vote) auf sich vereinigen. Der Sieg seiner Partei in beiden Kammern des 119. Kongresses, sodass im Repräsentantenhaus und Senat eine Republikanische Mehrheit herrscht, komplettierte das Bild. Zumindest verfassungsrechtlich vereinfacht eine solche unified government der Regierung vieles. Und wie viele Beobachter*innen bereits im Wahlkampf anmerkten, hatte sich die kommende Trump-Administration weit im Vorfeld personell wie inhaltlich deutlich besser vorbereitet, als dies noch vor Interner Link: der ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 der Fall war.

Doch welche Auswirkungen hat das alles auf die US-Innen, Außen(wirtschafts)- und Sicherheitspolitik? Traditionell wird neu gewählten Regierungen eine Frist von 100 Tagen gewährt, um die Grundpfeiler ihrer Politik zu entwickeln und zu implementieren. Fast fünf Monate nach den Wahlen und eben 100 Tage nach Interner Link: der Amtseinführung Donald J. Trumps ist es also Zeit, eine erste Bilanz der zweiten Inkarnation einer Trump-Administration zu ziehen. Vorweggenommen: Sie kann für das politische System der Vereinigten Staaten und die internationale Ordnung angesichts der Kürze der Zeit wohl kaum verheerender ausfallen. Der von der Republikanischen Mehrheit im Kongress unterstützte autokratische Griff Donald Trumps nach der Macht im Innern, sein wirtschafts- wie handelspolitisches Irrlichtern sowie ein imperialer Protektionismus samt neuerlichem Andienen an mehrere Autokraten zeigen deutlich, dass es in der zweiten Amtszeit Donald Trumps nicht um die typische Auseinandersetzung zwischen progressiven und konservativen Politikvorstellungen innerhalb des US-amerikanischen Verfassungssystems oder des zuvorderst von den USA geprägten liberalen internationalen Systems geht, sondern dass die Systeme selbst infrage gestellt werden.

Im Folgenden wagen wir den Blick auf eben diese Politikfelder, die politischen Vorstellungen der neuen Administration und nicht zuletzt auf ihr politisches Handeln. Zunächst sollen aber die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur ersten Trump-Administration im Mittelpunkt stehen.

Golden Age of America? Trump und die Fortentwicklung von Make America Great Again und America First

Im Interner Link: Präsidentschaftswahlkampf 2024 knüpfte Donald Trump inhaltlich deutlich an seine Kampagne von 2016 an. Im Zentrum standen erneut die Themen Einwanderung und Wirtschaft. Seine Rhetorik gegenüber undokumentierten Einwander*innen, insbesondere aus Lateinamerika, blieb zutiefst konfrontativ und xenophob. Die wirtschaftliche Lage der USA wurde weiterhin in düsteren Farben gezeichnet, die Schuldigen verortete Trump bei der „woken Linken“ im Inland, bei angeblich ausbeuterischen internationalen Handelspartnern sowie bei die USA sicherheitspolitisch ausnutzenden Alliierten. Lösungen sah er, wie bereits 2016, in protektionistischen Maßnahmen wie Interner Link: Strafzöllen, im Weiterbau der Grenzmauer zu Mexiko sowie in der massenhaften Abschiebung von Migrant*innen.

Diese bekannten Kernpunkte von Trumps Politik, die er in seiner ersten Amtszeit unter den Slogans Make America Great Again und America First zusammenfasste, wurden jedoch angesichts aktueller geopolitischer Entwicklungen erweitert. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bot Trump erneut Gelegenheit, mangelndes burden sharing (also eine Lastverteilung zugunsten) der europäischen Partner zu kritisieren. Auch die Proteste gegen den Gaza-Krieg nach dem Hamas-Angriff auf Israel sowie antisemitische Anfeindungen an US-Universitäten dienten Trump zur ideologischen Auseinandersetzung mit liberalen Eliten im eigenen Land. Die Reaktion bestand aus der Androhung finanzieller Kürzungen für Hochschulen, denen er vorwarf, Diversität und Meinungsfreiheit als Deckmantel für Antisemitismus zu missbrauchen.

Anders als 2016 zeichnete sich 2024 eine deutlich strukturiertere Vorbereitung auf eine mögliche zweite Amtszeit ab. Die chaotische erste Amtszeit zwischen 2017 und 2021 – geprägt von Personalmangel, internen Machtkämpfen und ineffizienter Politikgestaltung – hatte ultrakonservative Kräfte zur Entwicklung umfassender Pläne veranlasst. Mit dem von der Heritage Foundation, einem rechtskonservativen Think Tank, initiierten „Project 2025“ wurde ein fast 900 Seiten umfassender Masterplan vorgelegt, der konkrete Politikempfehlungen, Umstrukturierungen der Bürokratie und personelle Vorschläge für die ersten 180 Tage einer Republikanischen Präsidentschaft enthielt.

Diese neue strategische Ausrichtung fand ihren Ausdruck auch in Trumps zweiter Antrittsrede. Statt wie üblich bei anderen Inaugurationen an die Einheit der Nation zu appellieren, setzte er auf Konfrontation und kündigte tiefgreifende politische Maßnahmen an, die weitgehend ohne gesetzgeberische Prozesse umgesetzt werden sollten. Dabei griff er die Idee eines „goldenen Zeitalters“ auf – in bewusster Anlehnung an das Gilded Age des späten 19. Jahrhunderts und dessen letzten Vertreter, Präsident William McKinley (1897-1901). Dessen expansive Zoll- und Außenpolitik dient als historisches Vorbild für Trumps Vision eines mächtigen, wirtschaftlich autonomen und sicherheitspolitisch dominanten Landes.

„Gilded Age“

Das Gilded Age bezeichnet die Zeit in den USA zwischen den 1870er Jahren und ca. 1900, welche von rasantem wirtschaftlichem Wachstum, besonders in Industrie, Eisenbahn und Finanzen geprägt war. Gleichzeitig war diese Ära von einer sich verstärkenden sozialen Ungleichheit, politischer Korruption und teils extremem Reichtum weniger Eliten gekennzeichnet, während große Teile der arbeitenden Bevölkerung unter schwierigen Bedingungen lebten. Der Begriff stammt von Mark Twain und verweist darauf, dass diese Zeit äußerlich glänzend wirkte, aber darunter große soziale Probleme verbarg. Als letzter Vertreter dieser Epoche gilt William McKinley, von 1897 bis 1902 25. Präsident der USA, der noch als Abgeordneter im US-Kongress maßgeblichen Anteil an einer extensiven Zollpolitik hatte und aus dem Weißen Haus heraus außenpolitisch imperialistischer als seine Vorgänger agierte.

Quellen:

  • Vgl. u.a. Nichols, Christopher McKnight/Unger, Nancy C. (2017): A Companion to the Gilded Age and Progressive Era (Wiley Blackwell Companions to American History), Hoboken.

Im Kern zielt dieses „Golden Age“ auf eine USA ab, die ihre nationale Stärke kompromisslos geltend macht – gegenüber dem Ausland ebenso wie gegen innergesellschaftliche Widerstände.

Shock and Awe – Die innenpolitische Agenda der Trump-Administration 2.0

Die Antrittsrede Donald Trumps zu Beginn seiner zweiten Amtszeit markierte nicht nur einen neuerlichen Bruch mit politischen Konventionen, sondern setzte auch den Ton für eine innenpolitische Strategie, die auf maximale Durchsetzungskraft und minimale Rücksicht auf institutionelle Gegengewichte zielt. Ähnlich wie in seiner ersten Amtszeit regiert Trump primär über Executive Orders (EOs) – präsidentielle Erlasse, die zwar unter Verfassungsvorbehalt stehen, aber ohne vorherige Zustimmung der Legislative unmittelbare Wirkung entfalten. Allein in den ersten 100 Tagen unterzeichnete er 139 solcher EOs, flankiert von rund 67 Memoranda und präsidentiellen Maßnahmen. Inhaltliche Schwerpunkte dieser Erlasse reichten von der Abschaffung von Programmen für Diversität und Gleichstellung über restriktive Einwanderungspolitik bis hin zur Schließung der Behörde für Entwicklungszusammenarbeit USAID oder der Umbenennung des Golfs von Mexiko in „Golf von Amerika“. Sogar das verfassungsmäßig garantierte Geburtsrecht auf Staatsbürgerschaft wurde übergangen.

Diese Maßnahmen spiegeln in wesentlichen Zügen die Agenda des „Project 2025“ wider. Obwohl Trump im Wahlkampf eine Nähe zu diesem Projekt bestritt, orientiert sich nachweislich mehr als die Hälfte der Erlasse an dessen Vorgaben. Dessen Architekten sind inzwischen in zentralen Regierungsämtern tätig: Russell Vought, ein Hauptautor, leitet das Office for Management and Budget („Amt für Verwaltung und Haushaltswesen“); Peter Navarro verantwortet als wirtschaftspolitischer Berater die handelspolitische Ausrichtung; Brendan Carr, neuer Leiter der Federal Communications Commission (FCC, „Bundeskommunikationskommission“), verfolgt Deregulierung und Budgetkürzungen in der Medienaufsicht.

Zumindest der Prozess der Personalbesetzung des Kabinetts zeigte eine Professionalisierung gegenüber der ersten Amtszeit. Während 2017 fast 100 Tage bis zur vollständigen Besetzung der entsprechenden Posten vergingen, geschah dies nun binnen 49 Tagen – begünstigt durch eine gefestigte Republikanische Senatsmehrheit, die sämtliche Nominierungen bestätigte.

So vorbereitet, begann die Administration mit einer konsequenten Umsetzung ihrer innenpolitischen Agenda – vielfach von Beobachter*innen als „Shock and Awe“ (Schrecken und Ehrfurcht) charakterisiert. Die schiere Menge an Maßnahmen durch die Regierung, spontane Politikwechsel oder Rücknahmen von bereits getroffenen Entscheidungen und eine grundlegende Unberechenbarkeit der Administration machten und machen es schier unmöglich, den Überblick zu behalten. Daher sollen im Folgenden eine Auswahl an Entwicklungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt werden.

Besonders sichtbar wurde dies in der Einwanderungspolitik: Vermeintlich undokumentierte Migrant*innen wurden ohne rechtsstaatliches Verfahren abgeschoben. Der Fall des zu Unrecht deportierten Kilmar Ábrego García, der bis heute in einem Gefängnis in El Salvador inhaftiert ist, ging bis vor den Supreme Court (Obersten Gerichtshof), dessen Urteil zur Rückführung durch die Administration ignoriert wurde. Der salvadorianische Präsident Nayib Bukele erklärte bei einem Besuch im Weißen Haus, García nicht ausliefern zu wollen – ein Akt, der das außenpolitische Gewicht der USA relativiert und die Wirksamkeit des US-Einwanderungsrechts grundsätzlich hinterfragt.

Die Aberkennung von Studierendenvisa ohne Anhörung und häufig ohne Angabe von Gründen stellt eine weitere bedenkliche Entwicklung dar. Die Inhaftierung einiger betroffener Studierender erfolgte teils unter dem Vorwand nationaler Sicherheitsbedrohung – in mehreren Fällen im Zusammenhang mit pro-palästinensischem Aktivismus. Dass eine Regierung, die im Wahlkampf liberale „Cancel Culture“ kritisierte, nun selbst gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstößt, lässt zumindest auf eine selektive Interpretation verfassungsmäßiger Rechte schließen.

Zielscheibe ist insbesondere der akademische Sektor. Mehrere Eliteuniversitäten wie Harvard, Columbia und Princeton wurden mit der Streichung staatlicher Fördermittel bedroht. Die Begründung: Duldung „anti-israelischer“ Proteste. Tatsächlich fordern offizielle Schreiben aber die Abschaffung von Programmen für Diversität, Gleichstellung und Inklusion (DEI) und knüpfen sogar die Hochschulakkreditierung an die Umsetzung dieser Forderungen.

Einen besonders ambitionierten Zugriff auf die Exekutive stellt die Gründung des Department of Government Efficiency (DOGE) dar – geleitet von Tech-Milliardär und großzügigen Trump-Wahlkampfspender Elon Musk. DOGE verfolgt das Ziel, Personal im öffentlichen Dienst abzubauen und Ausgaben drastisch zu kürzen. Musk versprach Einsparungen von bis zu zwei Billionen US-Dollar, die er nach und nach auf inzwischen 150 Milliarden reduzierte. Studien, u. a. der New York Times, zeigen jedoch, dass selbst diese Summe auf fehlerhaften Berechnungen oder bewusster Irreführung beruht.

DOGE„Department of Government Efficiency“

Das Department of Government Efficiency (DOGE) wurde durch die Executive Order 14219 Präsident Donald Trumps im Januar 2025 ins Leben gerufen. Offizielles Ziel der Initiative ist es, die Effizienz der Bundesverwaltung durch Verbesserung der IT-Infrastruktur zu steigern, Bürokratie abzubauen und Kosten zu senken.

Auch wenn die Bezeichnung DOGE den Begriff department (Ministerium) beinhaltet, handelt es sich dabei nicht um ein offizielles Ministerium, da solche nur durch den Kongress und mithilfe eines Gesetzes geschaffen werden können. Stattdessen ist DOGE eine bis zum 4. Juli 2026 eingerichtete Organisation innerhalb des Executive Office of the President (US-Präsidialamts), die auf der Umstrukturierung des United States Digital Service (USDS) basiert.

Für die temporäre Leitung von DOGE hat der Präsident seinen engen Wahlkampfunterstützer und Berater Elon Musk, Tech-Milliardär und Besitzer von Unternehmen wie Tesla, SpaceX und Starlink, im Rang eines special government employee ernannt.

Entgegen dem Auftreten und offenkundigem Selbstverständnis in den ersten Monaten von Trumps zweiter Amtszeit soll DOGE lediglich eine beratende Aufgabe zukommen. Dabei weist DOGE Überschneidungen mit bestehenden Behörden auf, insbesondere mit der General Services Administration (GSA „allgemeine Dienstleistungsverwaltung“), die traditionell für die Verwaltung von Regierungsimmobilien und Beschaffung zuständig ist. Durch die Umstrukturierung des USDS und die Einrichtung von DOGE-Teams in verschiedenen Bundesbehörden entstanden Parallelstrukturen, die teils zu Kompetenzüberschneidungen führten. Die kompromisslose Vorgehensweise samt fristloser Kündigungen oder Beurlaubungen von Regierungsangestellten bis hin zu teilweisen oder vollständigen Schließungen von Regierungseinrichtungen rief schnell deutliche Kritik sowie eine Vielzahl an Gerichtsverfahren hervor.

Quellen:

Tatsächlich aber sind die Folgen gravierend: Rund 260.000 Bundesangestellte wurden entlassen, kündigten oder gingen in Frührente, was zu empfindlichen Personallücken in den Behörden führt. Das Einfrieren sowie Aufkündigen von Verträgen hatte zudem Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit von Institutionen wie den Centers for Disease Control and Prevention (CDC, „Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention“), einer Behörde des US-Gesundheitsministeriums. Und die wohl größten Auswirkungen der Sparmaßnahmen spürte die US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (USAID). Hier wurden nahezu 80 Prozent der Mittel gestrichen, was zu Massenentlassungen und kaum abzuschätzenden Folgen in den Regionen der Welt führt, die am dringendsten auf die Hilfen von USAID angewiesen sind. In einer besonders heiklen Situation wurden innerhalb weniger Stunden hunderte Beschäftigte der nationalen Nuklearsicherheitsbehörde entlassen – eine Maßnahme, die erst auf Intervention der kommissarischen Leiterin weitgehend rückgängig gemacht wurde.

Auffällig ist zudem die selektive Struktur der Einsparungen, die einen Interessenskonflikt augenfällig machen: Verträge mit Musks Unternehmen wie SpaceX oder Starlink blieben unangetastet; gleichzeitig erfuhren zuständige Aufsichtsbehörden wie die Umweltschutzbehörde (EPA) massive Kürzungen. Raumfahrtprogramme wurden so beschnitten, dass Privatisierung vormals öffentlicher Aufgaben nun erleichtert wird – ein klarer Vorteil für Musks Firmen.

Die beschriebenen Maßnahmen offenbaren eine Agenda, die nicht nur auf administrative Effizienz abzielt, sondern tiefgreifende ideologische und mitunter unternehmerische Ziele verfolgt. Die Missachtung gerichtlicher Entscheidungen, die Unterwanderung des Checks-and-Balances-Prinzips sowie die systematische Einschränkung individueller Freiheitsrechte markieren eine deutliche Erosion demokratischer Standards. Interner Link: Die Republikanische Partei spielt dabei eine zentrale Rolle: Sie unterstützt die Exekutive nicht nur parlamentarisch, sondern diskreditiert auch die Judikative durch aussichtslose Amtsenthebungsverfahren gegen Richter*innen, die die Rechtmäßigkeit einzelner Regierungsmaßnahmen anfechten.

Die Demokratische Partei zeigte sich lange defensiv – geprägt durch die bittere Wahlniederlage und begrenzte Handlungsspielräume im Kongress. Inzwischen jedoch formiert sich politischer und gesellschaftlicher Widerstand: Landesweite Proteste und eine strategischere Nutzung legislativ-prozeduraler Mittel zur Blockade Republikanischer Vorhaben zeugen von einem zunehmenden Bewusstsein für die negativen Folgen dieser Politik.

Die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Agenda sind bereits deutlich spürbar: Rücknahmen investiver Maßnahmen der Vorgängerregierung, Einschränkungen im Gesundheitssystem und die Verteuerung von Medikamenten treffen breite Bevölkerungsschichten unmittelbar. Die Methode dahinter bleibt gleich: Zunächst erfolgt eine Maßnahme per Dekret, dann die Missachtung richterlicher Auflagen – in der Hoffnung auf ein günstiges Urteil durch den Supreme Court oder die politische Stilllegung kritischer Instanzen. Und auch wenn die Administration personell wie inhaltlich besser vorbereitet ist, offenbaren viele Politikumsetzungen eine fatale Mischung aus Verachtung für den demokratischen Prozess und fehlender Expertise.

Was bleibt, ist ein beispielloser Angriff auf die institutionelle Infrastruktur der US-Demokratie – ein administrativer Feldzug, dessen Ziel weit über eine konservative Wende hinausgeht und der die USA nachhaltig verändern dürfte.

Macht und Stärke – Die Außenpolitik der Trump-Administration 2.0

Die Unterminierung, teils sogar Sabotage bestehender Systeme und Ordnungen durch Donald Trump und seine Administration findet ihre Fortsetzung auch mit Blick auf die US-Außenpolitik. Wie bereits in der ersten Amtszeit erfolgte der Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation durch Executive Orders – Ausdruck der Ablehnung multilaterale Foren, in denen die USA nicht zwangsläufig bestimmende Führungsnation oder zumindest an erster Stelle sind. Stattdessen präferiert die Administration bilaterale Formate, in denen asymmetrische Machtverhältnisse zugunsten Washingtons ausgenutzt werden können.

Symbolhaft für diesen unilateralistischen Ansatz steht die vollmundige Ankündigung Trumps, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden nach Amtsantritt durch persönliche Gespräche mit Wladimir Putin zu beenden – ebenso wie der Versuch eines neuen Iran-Abkommens oder eines Friedensschlusses im Nahostkonflikt. Diese Vorhaben eint ein machtpolitisches Verständnis von Diplomatie, das sich nicht an normativen Prinzipien, sondern an der Durchsetzung nationaler Interessen mithilfe militärischer und wirtschaftlicher Stärke orientiert.

Dieses Prinzip macht auch vor langjährigen Partnern nicht halt. Trumps Äußerung, Grönland kaufen zu wollen, ohne die Anwendung militärischer Mittel explizit ausschließen zu wollen, oder seine Forderung an Kanada, sich als 51. Bundesstaat den USA anzuschließen, illustrieren die Verschiebung außenpolitischer Rationalität zugunsten geopolitischer Dominanzbestrebungen. Besonders deutlich wird dies im Umgang mit der Ukraine: Die US-Administration setzt Kyjiw massiv unter Druck, Verhandlungen mit Russland aufzunehmen. Der öffentliche Eklat bei einem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, bei dem Trump und Vizepräsident J.D. Vance dem ukrainischen Präsidenten Undankbarkeit vorwarfen, demonstriert die neue Rhetorik und Strategie – politische Erpressung unter dem Deckmantel von Friedensinitiativen.

Auch gegenüber europäischen Partnern vollzieht sich eine strukturelle Entfremdung. Während erneut höhere Verteidigungsausgaben eingefordert werden, attackierte Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz offen die bisherigen Grundlagen transatlantischer Zusammenarbeit. Anstelle gemeinsamer Werte rückte er den Umgang mit rechtspopulistischen Kräften in Europa in den Mittelpunkt und sprach sich indirekt gegen eine politische Ausgrenzung der AfD in Deutschland aus – eine Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten, flankiert von öffentlicher Unterstützung Elon Musks eben jener Partei.

Diese Außenpolitik wird von einer wirtschaftspolitischen Strategie begleitet, die auf protektionistische Maßnahmen und bilateralen Druck setzt. Trumps Erhebung von Strafzöllen – zunächst gegen Kanada und Mexiko, später gegen China sowie nahezu den gesamten Rest der Welt – soll Handelsdefizite abbauen, löst jedoch umfassende Gegenmaßnahmen aus. Peking antwortete mit massiven Zöllen und Exportstopps strategisch wichtiger Rohstoffe, was insbesondere Schlüsselindustrien der USA trifft. Die Einführung reziproker Zölle gegenüber anderen Handelspartnern verschärfte die Lage zusätzlich. Die Reaktion der Finanzmärkte war deutlich: Der Dow Jones verlor zeitweise 10 Prozent, der S&P 500 12 Prozent, der NASDAQ sogar 18 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang. Die versuchte Beruhigung durch Ankündigung „großartiger Deals“ konnte die Unsicherheiten kaum eindämmen. Die mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf die Konsumpreise, aktienbasierten Rentenfonds vieler US-Bürger*innen und die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft bleiben erheblich – ebenso wie der Vertrauensverlust in die Stabilität US-amerikanischer Außen- und Handelspolitik. Analog zur Innenpolitik zeigt sich auch in der Außenpolitik, dass Loyalität zum Präsidenten und seiner Agenda deutlich schwerer wiegt als langfristiges strategischen Denken.

Verfassungskrise? Die USA nach 100 Tagen Donald Trump 2.0

Die ersten 100 Tage der zweiten Trump-Administration sind verheerend, doch nicht wirklich überraschend. Donald Trump hatte in seinem Wahlkampf seine Ziele für eine neue Amtszeit klar und deutlich gemacht. Die Überraschung, die sich trotz dessen zeigte, ist vor allem einem noch immer weit verbreiteten Beschwichtigungsreflex geschuldet. Es bleibt bei dem Bonmot aus der ersten Amtszeit: Trumps Anhänger nehmen ihn ernst, aber nicht wörtlich. Seine Gegner nehmen ihn wörtlich, aber nicht ernst. Und beide liegen falsch: Man muss Trump ernst und wörtlich nehmen.

Denn in der Innenpolitik zeichnet sich ein hochgradig autokratisches Regierungsverständnis ab, mit dem an bestehenden Gesetzen und klaren verfassungsrechtlichen Kompetenzzuweisungen vorbei sowie unter Missachtung richterlicher Urteile die eigene politische Agenda durchgesetzt wird. Die Frage nach der Verfassungskrise ist dabei mit einem klaren Ja zu beantworten, wobei sich daraus die weitere Frage ergibt: Was bedeutet es, wenn die Exekutive die beiden anderen Gewalten im Staat marginalisiert, deren Gesetze und Urteile nicht umsetzt? Das Vorgehen der Trump-Administration ist kein Kampf um bestimmte Politikinhalte, es ist ein Kampf gegen das bestehende politische System, und die USA laufen Gefahr, sich alsbald außerhalb ihres im kommenden Jahr 250 Jahre währenden Verfassungsrahmens zu bewegen.

Erste Auswirkungen des eigenen Tuns bekommt Trump bereits zu spüren. In Umfragen des Pew Research Center stürzten seine Zustimmungswerte von 47 Prozent im Februar 2025 auf 40 Prozent ab. Und sogar eine Umfrage des Trump-freundlichen Senders Fox News sieht ein Abrutschen des Präsidenten in der Gunst der Befragten von 49 Prozent im März auf aktuell 44 Prozent. Die Kongresswahlen im November 2026 werden in vielerlei Hinsicht der Lackmus-Test. Gelingt es den oppositionellen Demokraten, das verlorene Vertrauen der Wählerschaft wiederherzustellen? Wie werden die Machtverhältnisse im Senat und Repräsentantenhaus aussehen und wären die Demokraten in der Lage, mit möglichen Mehrheiten effektive Oppositionspolitik gegenüber Donald Trump zu gestalten? Und nicht zuletzt, würden die Republikaner im Falle einer Niederlage das Wahlergebnis anerkennen?

Wie gezeigt haben die innenpolitischen Entwicklungen und offenen Fragen fundamentale Auswirkungen auch auf die Außenpolitik der USA. Die Außen-(wirtschafts-) und Sicherheitspolitik der USA unter der zweiten Trump-Administration spiegelt viele Entwicklungen der ersten Amtszeit wider, jedoch sehr viel schneller, tiefgreifender und in der Durchsetzung der eigenen Vorstellungen deutlich konsequenter. Der bereits bekannte Interner Link: realistische Isolationismus à la Andrew Jackson erfährt nun eine weitere Machtkomponente, die imperiale Impulse in das außenpolitische Gebaren Washingtons einfließen lassen. War die Durchsetzung eigener Vorstellungen lange Zeit auch und gerade durch die soft power (weiche Macht) der Anziehungskraft des US-amerikanischen Modells verfolgt worden, tritt in den vergangenen Jahren die hard power (harte Macht) als Mittel der Wahl in den Vordergrund. Dies wird nachhaltige Folgen für das internationale System insgesamt haben. Der Umgang mit den USA als internationalem Akteur wird deutlich interessengeleiteter und mithin transaktionaler gestaltet werden müssen – auch über die bestehende Trump-Administration hinaus.

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David Sirakov ist Politikwissenschaftler und Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz. Seine Forschungsschwerpunkte sind u.a. die US-Innenpolitik mit besonderem Schwerpunkt auf die politische und gesellschaftliche Polarisierung, den Aufstieg des Populismus in Europa und den USA sowie die Außen- und Sicherheitspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika.