Wachsender Einfluss der Opposition seit der Aufdeckung der Wahlfälschungen
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Stimmabgabe bei den DDR-Kommunalwahlen am 7. Mai in einem Wahllokal in Ost-Berlin. Der ausgehändigte Wahlzettel wurde gewöhnlich nur einmal gefaltet
und in die bereitgestellte Wahlurne eingeworfen, ohne eine Wahlkabine aufzusuchen. Geheim und demokratisch waren diese Wahlen nicht.
Eine Pflichtwahl ohne "Auswahl". Stimmauszählung in einem Ost-Berliner Wahllokal am 7. Mai 1989 – von DDR-Bürgern kritisch beäugt.
Rund 300 Ostdeutsche demonstrieren am 8. Juni 1989 in Berlin gegen die offiziellen Ergebnisse der Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989. Die Kommunalwahlen
waren ein wichtiger Auslöser für die gewaltlose Umwälzung. Es war die letzte Wahl, zu der die SED-Machthaber die Gelegenheit hatten, die Ergebnisse zu fälschen. Den Zorn auf das System fachte das weiter an.
Transparent zum Volksbegehren anlässlich der Kommunalwahl am 7. Mai 1989, vermutlich aufgenommen im November 1989 im Rahmen einer Großdemonstration
in Plauen.
Bei den Kommunalwahlen am 7. Mai 1989 gelang es oppositionellen Gruppen erstmals zu belegen, dass die Wahlergebnisse manipuliert waren. Diese Wahl unterschied sich zunächst nicht von allen anderen in der DDR. Es kandidierten ausnahmslos Vertreter der Einheitsliste der Externer Link: „Nationalen Front“, in der die SED mit den faktisch gleichgeschalteten Externer Link: „Blockparteien“ zusammengefasst war. Wollten Wählerinnen und Wähler mit „Ja“ stimmen, mussten sie den Wahlzettel lediglich falten und abgeben. Eine Nein-Stimme zählte nur dann, wenn alle Kandidaten der Liste einzeln durchgestrichen wurden. Um sich keiner „staatsfeindlichen“ Gesinnung verdächtig zu machen, stimmten die meisten der Liste zu. Im Volksmund hieß der Gang zur Wahlurne deshalb auch „Zettelfalten“.
Die Wahl am 7. Mai 1989 fand jedoch in einem veränderten politischen Klima statt. In der Sowjetunion warb Staats- und Parteichef Externer Link: Michail Gorbatschow seit seinem Amtsantritt 1985 für eine Politik von Transparenz und Umgestaltung („Glasnost und Perestroika“). Auch in der DDR hofften die Menschen nun auf Reformen und forderten freie, geheime Wahlen.
Am Tag der Kommunalwahlen organisierten Oppositionelle nach dem Vorbild der polnischen Bürgerbewegung in vielen Städten Wahlkontrolle: In mehr als 1.000 Wahllokalen wurde die Auszählung der Stimmen beobachtet. Der Vergleich von Stichproben mit dem amtlichen Endergebnis zeigte, dass die offiziell verkündeten Wahlergebnisse geschönt waren. Oppositionsgruppen machten die Wahlfälschung publik, und auch westliche Korrespondenten berichteten darüber.
Die Bevölkerung reagierte empört, noch am Wahlabend kam es zu Protesten in Ost-Berlin und Leipzig. An jedem Siebten der folgenden Monate demonstrierten vor allem junge Leute auf dem Alexanderplatz. Mit der Aufdeckung der Wahlfälschung büßte das SED-Regime weiter an Glaubwürdigkeit ein, der Opposition hingegen gab sie Auftrieb.
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Dr. Ilona Schäkel ist selbstständige Autorin und PR-Redakteurin für zeithistorische Themen. Sie hat bereits an zahlreichen Erinnerungsprojekten und Angeboten der historisch-politischen Bildung mitgewirkt. Ihre Schwerpunkte sind Diktaturgeschichte und -aufarbeitung. Sie studierte Germanistik, Geschichte und Kulturwissenschaft an der Universität Bremen und der Humboldt-Universität zu Berlin.
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