Im 5. Armutsbericht der Bundesregierung (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2017) wird festgestellt, dass bisher ein deutlicher Unterschied in den Wissensbeständen über Armut und Reichtum besteht. Das beginnt bereits damit, dass keine Festlegungen (wie bezogen auf Armut seitens der EU) darüber bestehen, ab wann jemand als reich zu gelten habe und welche Einkommen dabei einzubeziehen sind (z. B. der Mietwert einer selbst genutzten Immobilie). Dass die gängigen Datenquellen EVS und Mikrozensus keine Angaben von Beziehern hoher Einkommen (ab 18.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen) enthalten und andere Befragungen wie das SOEP trotz spezieller Zusatzstichproben die "wirklich" Reichen auch nicht repräsentativ erfassen können, erschwert Reichtumsanalysen zentral (vgl. "Reichtumsquoten" und "Datenprobleme").
Noch grundlegender ist aber ein weiterer Unterschied zwischen der Armuts- und Reichtumsforschung: In der Armutsforschung geht es um Fragen wie die, wie groß denn die Armutspopulation sei − Armutsrisikoquoten werden ermittelt, weil Armut mehrheitlich auch in der Politik als ein Problem angesehen wird. Das ist beim Thema Reichtum, bzw. allgemeiner beim Thema soziale Ungleichheit, nicht so eindeutig.
Das Profitstreben der Unternehmer wird seit Adam Smith als grundlegender Motor des Handelns in einer Marktordnung angesehen, das zu einer größtmöglichen "Wohlfahrt der Nationen" führe − wenn Wettbewerb herrscht. In seinem zweiten Hauptwerk, der "Theory of Moral Sentiments", legt er dar, dass die Sicherstellung des Wettbewerbs, Verbraucherschutz etc. Aufgabe des Staates sei, um die Grenzmoral der Unternehmer einzuhegen. (Das Streben nach) Reichtum ist in einer Marktordnung also nichts Unmoralisches, Ungleichheit an sich ist in diesem Sinne kein Problem, sondern sie wirke motivierend, fördere Innovationen usw. Der amerikanische Traum: "Vom Tellerwäscher zum Millionär" bringt das plastisch zum Ausdruck. Kritik an Ungleichheit und Reichtum lässt sich vor diesem Hintergrund leicht als "Sozialneid" desavouieren (vgl. Kasten).
Zweifel sind angebracht
Ob die Annahme eines funktionierenden Wettbewerbs tatsächlich realistisch ist, kann hier nicht näher diskutiert werden. Zweifel sind jedoch angebracht, insbesondere seit im Rahmen der Globalisierung die großen Mitspieler am Weltmarkt gefördert werden und nicht erwiesen ist, dass der so entstehende oligopolistische Wettbewerb auch funktioniert.
Mit Totschlag-Argumenten à la "Sozialneid", dem Kapital als "scheues Reh", der Drohung mit Investitionsabstinenz oder der Erpressung mit Arbeitsplatzverlusten lässt sich die Debatte um die Einkommens- und Vermögensverteilung bzw. um die Folgen von Reichtum und Ungleichheit jedenfalls nicht führen.
Eine solche Debatte ist aber angesichts der neueren Ergebnisse zu den Folgen einer zu großen Ungleichheit bzw. einer zu starken Einkommens- wie Vermögenskonzentration unverzichtbar. Es gibt, so die Kernbotschaft vieler neuer Untersuchungen, ein optimales Maß an Ungleichheit bzw. privaten Reichtums. Werden diese Grenzen überschritten, so treten negative Konsequenzen auf. Diese betreffen auf der subjektiven Ebene Reaktionen wie Motivationsverlust bei denen, die keine Hoffnung darauf haben (können), reich zu werden, Vertrauensverlust in das wirtschaftliche und politische System, bis hin zur Radikalisierung (vgl. "