Die Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden werden weit überwiegend aus den Steuereinnahmen finanziert. Steuern haben deshalb vorrangig die fiskalische Aufgabe, ergiebig und nachhaltig zu sein, um den (Sozial)Staat handlungsfähig zu halten. Auf ausreichende öffentliche Einnahmen kann deshalb nicht verzichtet werden.
Zu den steuerfinanzierten Sozialleistungen zählen vor allem folgende Komplexe (mit der jeweiligen Finanzierungsverantwortung):
Elterngeld (Bund),
Wohngeld (Bund und Länder),
Ausbildungs- und Aufstiegsförderung (Bund und Länder),
Unterhaltsvorschuss (Bund und Länder),
Beamtenpensionen (Bund, Länder und Gemeinden),
Beamtenbeihilfe (Bund, Länder und Gemeinden),
Grundsicherung für Arbeitsuchende/SGB II (Bund und Gemeinden),
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung/SGB XII (Bund),
Sozialhilfe (Gemeinden),
Kinder- und Jugendhilfe (Gemeinden),
Freiwillige soziale Leistungen (Gemeinden),
Kindergeld und Familienleistungsausgleich (Bund, Länder und Gemeinden),
Zuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung, gesetzlichen Krankenversicherung (Bund),
Rentenversicherungsbeiträge für Zeiten der Kindererziehung (Bund).
Diese Liste bietet allerdings nur einen groben Überblick. Im Detail sind die Zusammenhänge durchaus kompliziert: Bei den Sozialleistungen handelt es sich nämlich nicht nur um direkte Transfers, sondern auch um Steuererleichterungen, die sog. indirekten Transfers: Beim Vorliegen bestimmter Lebensumstände oder besonderer Aufwendungen mindert sich die Steuerlast, so dass sich eine relative Besserstellung hinsichtlich der Nettoeinkommensposition im Vergleich zu anderen Personen bzw. Haushalten mit gleichem Bruttoeinkommen ergibt. Die Liste der einzelnen Sonderregelungen ist umfänglich. Das Einkommensteuerrecht kennt u.a.:
Kinderfreibeträge,
Freibeträge für Betreuung, Erziehung und Ausbildung von Kindern,
Freibeträge wegen erhöhter Sonderausgaben oder außergewöhnlicher Belastungen (z.B. bei Krankheitskosten, Behinderungen, Heimunterbringung, Unterhaltsleistungen gegenüber bedürftigen Angehörigen).
Berücksichtigung von Sonderausgaben (Förderung der privaten Altersvorsorge: Riester-Rente und Rürup-Rente),
Steuerbefreiung bei der Entgeltumwandlung.
Die Berücksichtigung von Freibeträgen und Sonderausgaben bedeutet, dass sich das zu versteuernde Einkommen, also die steuerliche Bemessungsgrundlage, um den entsprechenden Betrag vermindert. Entsprechend dem Tarifverlauf der Einkommensteuer wirken sich die Freibeträge sehr unterschiedlich aus: Je höher das Einkommen liegt, umso höher fallen die Entlastungen aus, da im oberen Einkommensbereich die Steuersätze hoch sind. Personen, die mit ihrem Einkommen nur im Eingangsbereich der Steuerprogression liegen, können hingegen mit nur einer sehr geringen Steuerersparnis rechnen.
Fördermaßnahmen über Steuerentlastungen haben immer den Effekt, dass jene völlig leer ausgehen, die überhaupt keine Steuern zahlen, sei es, weil kein steuerpflichtiges Einkommen vorliegt oder weil das Einkommen den Grundfreibetrag nicht übersteigt. In diesen Fällen kann eine Förderung nur über direkte Transfers erfolgen. Dies ist beim Kindergeld der Fall, das dann in Anspruch genommen werden kann, wenn die steuerliche Entlastung durch den Freibetrag nicht greift oder niedriger als das Kindergeld ausfällt. Rechtlich und systematisch ist das Kindergeld also eine einkommensteuerrechtliche Leistung; es ist eine Art Negativsteuer, die vom Staat ausgezahlt wird. Vergleichbar verläuft die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge: Die Anspruchsberechtigten können entweder eine Zulage beantragen, oder – wenn sich dies bei höheren Einkommen als günstiger erweist – private Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben von der Steuer absetzen. Es gilt die jeweils günstigste Variante, wobei das Finanzamt die Prüfung vornimmt.
Diese Steuererleichterungen bzw. direkten Zuwendungen mindern das Aufkommen aus der Einkommensteuer. Bei der Einkommensteuer handelt es sich um eine Gemeinschaftsteuer, die anteilig dem Bund, den Ländern und den Gemeinden (42,5 Prozent; 42,5 Prozent; 15,0 Prozent) zufließt. Insofern sind alle Gebietskörperschaften an der Finanzierung der indirekten Transfers beteiligt. Bei Kommunen ist zu beachten, dass ein wesentlicher Teil ihrer Einnahmen (gut 40 Prozent) aus Zuweisungen aus den Länderhaushalten (und mittelbar aus dem Bundeshaushalt) besteht, um ihre Aufgaben finanzieren zu können.
Im Unterschied zu den Sozialleistungen, die direkt aus den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden finanziert werden, handelt es sich bei den Leistungen der Sozialversicherungsträger (gesetzliche Rentenversicherung, gesetzliche Krankenversicherung, soziale Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung und gesetzliche Unfallversicherung) um beitragsfinanzierte Leistungen. Die Zweige der Sozialversicherung finanzieren sich im Wesentlichen durch lohnbezogene Beiträge, die paritätisch von den Versicherten und den Arbeitgebern gezahlt werden. Im Unterschied zur Privatversicherung mit ihren strengen Äquivalenzgrundsätzen werden die Beiträge aber nicht nach der individuellen Risikowahrscheinlichkeit (risikoäquivalente Beiträge) bemessen, sondern machen bei allen Versicherten den gleichen Prozentsatz vom versicherungs-pflichtigen Einkommen aus. Die Belastung erfolgt damit einkommensproportional.
Bemessungsgrundlage für die Beitragserhebung ist das versicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelt. Andere persönliche Einkommen wie Gewinne, Mieten oder Vermögenseinkünfte bleiben außerhalb der Bemessungsgrundlage. Im Unterschied zur Tarifgestaltung der Einkommensteuer unterliegt das Bruttoarbeitsentgelt bereits ab dem ersten Euro voll der Beitragspflicht; einen Grundfreibetrag oder die Berücksichtigung von Werbungskosten und speziellen Freibeträgen kennt das Beitragsrecht nicht. Der Teil der Arbeitsentgelte, der oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, bleibt allerdings beitragsfrei. Aufgrund der Beitragsbemessungsgrenze fällt die relative Einkommensbelastung umso geringer aus, je mehr das Arbeitsentgelt den Grenzwert überschreitet.
Allerdings lassen sich die Ausgaben sowohl der Rentenversicherung wie auch die der Krankenversicherung nicht ohne steuerfinanzierte Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Bei der Rentenversicherung belaufen sich die Bundeszuschüsse auf 72,3 Mrd. Euro (2019), bei der Krankenversicherung sind es 14,5 Mrd. Euro.
Schaut man sich die Ausgabenstruktur des Bundeshaushaltes 2019 (Soll) an (vgl. Abbildung "Ausgabenstruktur des Bundeshaushalts 2019"), wird deutlich, dass sich die direkten Sozialausgaben auf gut 170 Mrd. Euro belaufen, das entspricht in etwa der Hälfte der Gesamtausgaben des Bundes (hier ohne Steuermindereinnahmen).