Das duale System der Berufsausbildung eröffnet besonders Personen mit niedrigen und mittleren Schulabschlüssen berufliche Perspektiven, die idealtypisch auf die dauerhafte Integration in einem Betrieb ausgerichtet sind. Es verfügt also über eine besondere Integrationsfunktion. In vielen Staaten ist aber nicht das duale Ausbildungssystem, sondern ein schulisches Ausbildungssystem oder "training on the job" das vorherrschende System der Berufsausbildung.
2020 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem Bildungsbericht Bildung auf einen Blick 2020 der dualen Berufsausbildung einen besonderen Stellenwert zugemessen. Besonders die berufspraktischen Elemente sorgt nach Einschätzung der OECD für gute Arbeitsmarktergebnisse. Verbesserungsbedarf gebe es hingegen bei den geringeren Verdienstmöglichkeiten im Vergleich zu einer akademischen Qualifikation. Das duale System der Berufsausbildung eröffnet insbesondere Personen mit niedrigen und mittleren Schulabschlüssen berufliche Perspektiven, die idealtypisch auf die dauerhafte Integration in einem Betrieb ausgerichtet sind. Es verfügt also über eine besondere Integrationsfunktion. In vielen Staaten ist aber nicht das duale Ausbildungssystem, sondern ein schulisches Ausbildungssystem oder "training on the job" das vorherrschende System der Berufsausbildung.
Systeme der Berufsausbildung
Eine Berufsausbildung wird in Deutschland traditionell in Anbindung an einen Ausbildungsbetrieb im dualen System oder in Vollzeitschulform an Berufs(fach)schulen (siehe hierzu den Text zum Interner Link: Schulberufssystem) absolviert. Derzeit (2020) existieren 325 staatliche anerkannte Ausbildungsberufe in Deutschland. Für Jugendliche und junge Erwachsene, die nach ihrem Schulabschluss keine Ausbildungsstelle finden konnten, wird im sogenannten Übergangssystem eine Vielzahl von Bildungsgängen angeboten, die eine berufliche oder persönliche Qualifizierung vermitteln sollen und die Eingliederung in eine Berufsausbildung zum Ziel haben. Berufsberatung, Berufsorientierung und Ausbildungsstellenvermittlung werden per Gesetz auch von den Arbeitsagenturen und ihren Berufsberaterinnen und Berufsberatern erbracht, um Schülerinnen und Schülern frühzeitig beim Übergang von allgemeinbildender Schule in eine Berufsausbildung zu begleiten. Der Gesetzgeber sieht hierzu auch finanzielle Fördermöglichkeiten vor.
Schulberufssystem und duale Berufsausbildung sind im europaweiten Vergleich die dominierenden Formen der beruflichen Ausbildung. Dennoch ist die Berufsausbildung international von großer Heterogenität geprägt. Zwar werden in allen EU-Staaten überwiegend entweder duale Berufsausbildung oder vollzeitschulische Berufsausbildung angeboten, jedoch unterscheiden sich die Ausbildungsstruktur und insbesondere die Relevanz der Berufsausbildungssysteme von Staat zu Staat deutlich. So existieren beispielsweise in Belgien, Frankreich und Finnland analog zu Deutschland ein duales sowie ein schulisches Ausbildungsmodell. Die duale Berufsausbildung nimmt jedoch in beiden diesen Staaten nur einen sehr geringen Stellenwert ein, das Vollzeitschulberufssystem ist hingegen weit ausgebaut. In anderen Staaten, wie beispielsweise Island und Estland, wird Berufsausbildung ausschließlich an Berufsschulen angeboten. Auch die Zugangsbedingungen variieren zwischen den Nationalstaaten. In Norwegen gilt eine Ausbildungsplatzgarantie und die Berufsausbildung wird ausschließlich schulisch durchgeführt. In Litauen gilt ein Mindestalter von 14 Jahren, was im EU-Vergleich besonders niedrig ist. Einige Staaten bieten eine Berufsausbildung in verschiedenen Qualifizierungsstufen an, die unterschiedliche Abschlüsse vermitteln, welche je nach Land von beruflicher Grundbildung (niedrigste Stufe) bis hin zum Gesellenbrief oder der Hochschulreife (höchste Stufe) reichen. Aber auch hier sind die Systeme sehr heterogen: In Rumänien müssen die Auszubildenden für die Zulassung zur höchsten Qualifikationsstufe bereits das Abitur nachweisen.
Marius Busemeyer, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Konstanz, unterscheidet die Berufsausbildungssystem entlang zweier Dimensionen: dem Engagement der öffentlichen Hand und dem Engagement der Betriebe in der beruflichen Erstausbildung.
Das Engagement der öffentlichen Hand unterscheidet sich hinsichtlich der Höhe der öffentlichen Ausgaben für die berufliche Erstausbildung (öffentliche Ausgaben können beispielsweise für die Unterhaltung von staatlichen Berufsschulen, Lehrpersonal und –material getätigt werden, aber auch für staatlich finanzierte Ausbildungsvermittlung), der unterschiedlich stark ausgeprägten Mechanismen der Zertifizierung von beruflichen Fertigkeiten und einer unterschiedlich starken Verknüpfung der beruflichen Erstausbildung mit Weiterbildung und aktiver Arbeitsmarktpolitik. Das Engagement der Betriebe kann vor allem hinsichtlich der Beteiligungsbereitschaft der Betriebe an der beruflichen Erstausbildung unterschieden werden. Inwieweit ist ein Betrieb dazu bereit, Ressourcen (vor allem Zeit, Geld und Arbeitsmittel) in die Berufsausbildung zu investieren, auch wenn die in der Berufsausbildung erworbenen Fähigkeit zu einer überbetrieblichen Mobilität der Arbeitnehmenden führen, sie ihre beruflichen Kenntnisse also nach erfolgreich absolvierter Berufsausbildung auch in anderen Unternehmen als dem Ausbildungsbetrieb verwenden können. Anhand dieser Kriterien können vier Ausbildungssysteme unterschieden werden:
liberales Ausbildungssystem (niedriges öffentliches und betriebliches Engagement),
segmentalistisches Ausbildungssystem (niedriges öffentliches Engagement, hohes betriebliches Engagement und
kollektive Ausbildungssysteme (hohes öffentliches und hohes betriebliches Engagement).
Je nach Ausbildungssystem dominiert ein schulisches oder ein duales Ausbildungssystem. In liberalen Systemen ist auch ein vorrangig betriebliches Ausbildungssystem zu identifizieren. Als Beispiel für Staaten mit etatistischem System ist Frankreich zu nennen. Die Berufsbildung obliegt dort überwiegend dem zuständigen staatlichen Ministerium und den Regionen. Die Sozialpartner sind ebenfalls beteiligt. Sie haben Regulierungsinstanzen geschaffen und fungieren bei Fragen der Berufsbildung als beratender Gesprächspartner für die öffentliche Hand. Die Berufsbildung in Frankreich wird vorrangig von staatlichen Berufsschulen und technischen Fachschulen durchgeführt. Eine Art der dualen Berufsausbildung existiert auch in Frankreich. Etwa jede/r vierte Auszubildende ist dem dualen System zuzuordnen. Die duale Berufsausbildung endet mit einem Zertifikat, das den Ausbildungsabsolventen die berufliche Qualifikation für ein relativ weites Berufsfeld, z.B. Gesundheitswesen oder Einzelhandel, bescheinigt.
Das Ausbildungssystem Großbritanniens kann als liberales Ausbildungssystem bezeichnet werden. In England und Wales können berufliche Prüfungen nicht nur von Auszubildenden, sondern von jeder Person abgelegt werden. Wie und wann die geprüften beruflichen Kenntnisse erworben wurden, spielt keine Rolle. Ausbildungsangebote werden sowohl von privaten und staatlichen Instituten als auch von Arbeitgebern angeboten. Letztere bieten teilweise nicht nur die Ausbildung im Betrieb an, sondern darüber hinaus auch außerbetriebliche Ausbildung in Weiterbildungszentren. Die nach bestandener Prüfung erworbenen Zertifikate werden durch verschiedene Zertifizierungsagenturen vergeben und sind daher nicht landesweit standardisiert. Am weitesten verbreitet sind die Part One GNVQs für 14 bis 16-Jährige und GNVQs (General National Vocational Qualification). Erstgenannte bieten eine berufsbezogene Vorbereitung für eine Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit, zweitgenannte führen in bis zu zweijährigen Ausbildungsgängen zu berufsqualifizierenden Zertifikaten – je nach gewählten Fächern – im kaufmännischen, sozialen oder informationstechnologischem Bereich. Beide Varianten richten sich an Schüler/-innen, die nach ihrem Schulabschluss weiter an einem Vollzeitausbildungsprogramm teilnehmen. Berufsbegleitend und insbesondere auch als Angebot für Ältere konzipiert, werden die NVQs (National Vocational Qualifications) verstärkt praxisbezogen angeboten und die Auszubildenden dual in Betrieben und staatlichen Angeboten ausgebildet. Eine Vergütung erhalten sie in den Praxisphasen durch die Betriebe. In England und Wales versucht man also eine betriebsübergreifende Zertifizierung beruflicher Kenntnisse zu erreichen, ohne den Ausbildungsweg zu stark formalisieren zu wollen.
Das japanische Ausbildungssystem entspricht dem segmentalistischem System. Das staatliche Angebot zur beruflichen Ausbildung umfasst eine Vielzahl schulischer Angebote. An den Fachoberschulen werden berufliche Kenntnisse in Form von theoretischem Unterricht vermittelt. Es existieren zum Beispiel Programme in den Bereichen Hauswirtschaft, Pflege, Fischerei, Informatik, Kunst, Musik etc. Beliebter als die Berufsfachschulen sind jedoch die akademische Ausbildung an Universitäten und der Besuch allgemeinbildender Oberschulen. Für eine Vielzahl von Berufsfachschülerinnen und -schülern ist die Ausbildung die Alternative zu einer Hochschulausbildung, die sie nicht beginnen konnten (z.B. wegen fehlender schulischer Qualifikation). Ein zweites Ausbildungssegment, das jedoch nicht mit dem staatlichen System systematisch verzahnt ist, wird durch die Betriebe angeboten. Sie engagieren sich stark für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter/-innen. Eine Standardisierung oder betriebsübergreifende Zertifizierung der Kenntnisse wird jedoch nicht angestrebt. Das japanische Ausbildungssystem stellt sich demnach zweigeteilt, also segmentiert, dar.
Das deutsche Ausbildungssystem gehört zu den kollektiven Ausbildungssystemen, d.h. ein hohes Engagement der öffentlichen Hand trifft auf ein ebenso starkes betriebliches Engagement. Das öffentliche Engagement drückt sich überwiegend durch die Bereitstellung finanzieller Mittel aus: Berufsschulen, Lehrpersonal und Unterrichtsmaterial sowie die dazugehörige Infrastruktur werden den Betrieben und Auszubildenden kostenlos zu Verfügung gestellt. Dies gilt sowohl für die theoretische Ausbildung im dualen System als auch für die Ausbildungsgänge des Schulberufssystems. Die Betriebe übernehmen im dualen System die Kosten der praktischen Berufsausbildung in ihren eigenen und externen Betriebsstätten, die Personalkosten (inkl. Bewerberauswahl und Ausbildungsvergütungen) und stellen sicher, dass die Ausbildungsinhalte den zentral festgelegten Standards entsprechen. Diese dienen der Sicherung einer bundesweiten Vergleichbarkeit der durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten und somit der Einhaltung von Qualitätsstandards. Der Berufsbildungsforscher Martin Baethge sieht das kollektive System der Berufsausbildung durch das Berufsprinzip geprägt. Auszubildende werden frühzeitig in einem konkreten Berufsbild ausgebildet und spezialisieren sich auf ebendieses. Gleichermaßen erhalten die Auszubildenden aufgrund der – am Beispiel Deutschlands bundesweit einheitlichen – Zertifizierung der Berufsausbildung betriebsübergreifende Kenntnisse, sodass nach Berufsabschluss eine Mobilität der Nachwuchsfachkräfte innerhalb ihres erlernten Berufs betriebsübergreifend weitestgehend hindernisfrei möglich ist.
Internationale Berufsbildungszusammenarbeit (iBBZ)
Die in einigen europäischen Staaten hohe Jugendarbeitslosenquote ist ursächlich dafür, dass die betroffenen Staaten verstärkt nach Lösungsmodellen zur Bekämpfung und Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit suchen. Deutschland wird aufgrund seiner besonders niedrigen Jugendarbeitslosigkeitsquote dabei eine Vorbildrolle zugesprochen, die national sowie international auf das Vorherrschen der dualen Berufsausbildung zurückgeführt wird. Durch die hohe Betriebsnähe und die kooperativen Prinzipien stellt sie eine Besonderheit dar, die ein wichtiger Faktor der wirtschaftlichen Stabilität Deutschlands, auch in ökonomischen Krisen, zu sein scheint.
Das duale System der Berufsausbildung ist in Deutschland ein bereits lange Zeit tradiertes System, sodass fraglich ist, ob und wie es sich in anderen Staaten implementieren lässt. Die Ausbildungsbetriebe schreiben der dualen Berufsausbildung einen hohen Wert zu, auf Grund dessen sie sich nicht nur maßgeblich an den Ausbildungskosten beteiligen, sondern auch Bereitschaft zur Vermittlung strukturierter Ausbildungsinhalte zeigen. Dies führt jedoch auch dazu, dass Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen nach einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung den Betrieb wechseln. Gleichermaßen bringt sich die öffentliche Hand ein, vorrangig die Bundesländer, die den überwiegenden Anteil der Kosten für die theoretische Ausbildung in den Berufsschulen tragen. Die Schaffung und Anerkennung dieser kollektiven Struktur stellt eine der größten Herausforderungen für die Staaten dar, die die duale Berufsausbildung einführen oder stärken wollen.
Die Bundesregierung kooperiert mit Staaten, die die duale Berufsausbildung (teilweise) einführen wollen in der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit (iBBZ). Die beteiligten Nationalstaaten lernen im Rahmen des internationalen Austauschs voneinander und prüfen, inwieweit Elemente der (dualen) Berufsausbildung in das eigene nationale Berufsbildungssystem integriert werden können. Im Rahmen der iBBZ wurden seit 2013 verschiedene Instrumente und Austauschformate geschaffen. Das Kernstück der iBBZ stellt der „Runde Tisch für internationale Berufsbildungszusammenarbeit“ dar. Laut Bundesregierung dient er der Information und Koordination der Aktivitäten des iBBZ. Zu den Mitgliedern des Runden Tisches sind die Bundesministerien, die in ihrem Bereich tätigen Organisationen, die das deutsche Berufsbildungssystem tragenden Organisationen (insbesondere Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Zentralverband des Deutschen Handwerks sowie das Bundesinstitut für Berufsbildung), die Kultusministerkonferenz und die Wirtschaftsministerkonferenz und die Bildungswirtschaft.
QuellentextStrategie der Bundesregierung zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit
„Die Bundesregierung unterstützt politische Akteure der Partnerländer bei der Schaffung und Implementierung eines Rahmens für die Gestaltung und Weiterentwicklung beruflicher Bildung. Innerhalb dessen stärkt sie staatliche Institutionen, Unternehmen und Wirtschaftsverbände sowie Sozialpartner. Dabei bezieht die Bundesregierung deutsche staatliche und nichtstaatliche Akteure wie die Länder, Kammerorganisationen, Sozialpartner, zivilgesellschaftliche Akteure sowie die Bildungswirtschaft systematisch und strategisch in die iBBZ ein.“
Die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation (German Office for International Cooperation in Vocational Education and Training, GOVET) im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ist nicht nur die Geschäftsstelle des Runden Tisches, sondern auch für das Information und Beratung der ausländischen Interessenten an der deutschen iBBZ zuständig. In diesem Rahmen betreibt GOVET mit dem BIBB das Externer Link: BIBB-GOVET-Länderportal, das nach eigenen Angaben Informationen zur Berufsbildungszusammenarbeit mit Deutschland und dem nationalen Berufsbildungssystem von mehr als 100 Ländern zusammenführt.
Jugendarbeitslosigkeit
Für den internationalen Vergleich von beruflichen Bildungssystemen und ihrer Effektivität im Hinblick auf Arbeitsmarktintegration werden vor allem zwei Indikatoren herangezogen: Die Quote der NEETs (NEET: Not in Education, Employment or Training, übersetzte: nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung) und die Jugendarbeitslosenquote.
In der europäischen Union lag die NEET-Quote für die 15 bis 24-Jährigen im Jahr 2019 bei 10,1 Prozent. Dabei reichte die Spannweite zwischen den 27 EU-Mitgliedstaaten von 4,3 Prozent in den Niederlanden bis zu 18,1 Prozent in Italien. Laut dem Bericht „Bildung auf einen Blick: 2020“ gehören Zugewanderte und Frauen überdurchschnittlich oft zur Gruppe der NEETs. Auch die vorangehende schulische Bildung beeinflusst laut OECD die NEET-Quote. So zählten vor allem Personen ohne einen Schulabschluss des Sekundarbereichs II zur Gruppe der NEETs. Diese Beobachtung unterstreicht die Bedeutung eines aufnahmefähigen und effizienten beruflichen Bildungssystems, das die Schnittstelle zwischen schulischer Bildung und Eintritt in den Arbeitsmarkt institutionell bewältigen muss.
Neben der NEET-Quote variiert auch variiert der Anteil der Arbeitslosen im Alter zwischen 15 und 24 Jahre gemessen an allen Erwerbspersonen dieser Altersklasse innerhalb der Europäischen Union stark. Im Juni 2020 betrug die Jugendarbeitslosenquote in Deutschland 6,2 Prozent. Dies stellt den niedrigsten Wert aller EU-Mitgliedsstaaten dar. Die Europäische Statistikagentur Eurostat meldete die höchsten Quoten für Spanien (41,6 Prozent) und Griechenland (39,9 Prozent). Einen Überblick über die Jugendarbeitslosenquote der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bietet die folgende Abbildung.
Infolge der Corona-Pandemie ist in nahezu allen 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen angestiegen. Dies könnte insbesondere für die Südeuropäischen Staaten Griechenland und Spanien problematisch werden, die seit Jahren die höchsten Jugendarbeitslosenquoten innerhalb der EU verzeichnen. In den Jahren nach der Wirtschafts- und Finanzkrise waren die Jugendarbeitslosenquoten in diesen Ländern bis Juni 2019 auf 32,7 Prozent in Spanien und 35,5 Prozent in Griechenland abgesunken.
Jugendgarantie und verstärkte Jugendgarantie
Um die in einigen europäischen Staaten vorherrschende hohe Jugendarbeitslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen und den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Chance zur Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt geben zu können, wurde 2013 ein europaweites Programm zum Abbau und zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit entwickelt: die Jugendgarantie. Ziel des Programmes war es, allen Ausbildungssuchenden oder arbeitslosen Menschen unter 25 Jahre innerhalb von vier Monaten nach Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit ein Angebot für eine Arbeits-, Ausbildungs- oder Praktikumsstelle zu unterbreiten. Im November 2017 wurde die Jugendgarantie als Grundsatz 4 in die Europäische Säule Sozialer Rechte überführt. 2020 wurde die Jugendgarantie schließlich basierend auf einem Externer Link: Vorschlag der Europäischen Kommission und nach einer Externer Link: Empfehlung des Rats der EU zur „verstärkten Jugendgarantie“ weiterentwickelt und die Zielgruppe auf bis unter 30-jährige Personen erweitert. Anlass hierfür waren die (erwarteten) Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Jugendarbeitslosigkeit in Europa.
Die Europäische Kommission führte hierzu aus: "Die Frühjahrsprognose 2020 der Kommission deutet darauf hin, dass die Wirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2020 um 7,4 % schrumpfen wird; das ist die tiefste Rezession in der EU-Geschichte, und für junge Berufseinsteiger dürfte es derzeit schwieriger sein, ihre erste Arbeitsstelle zu finden. Frühere Krisen zeigen, dass jungen Menschen tatsächlich am härtesten von der Krise getroffen werden dürften."
Die verstärkte Jugendgarantie soll die nach Einschätzung der Kommission positiven Ergebnisse des Vorläuferprogramms verfestigen. So habe die Jugendgarantie zum starken Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit in der EU beigetragen. Nach Angaben der Kommission erhielten über 24 Millionen Jugendliche und junge Erwachsene im Rahmen eines nationalen Jugendgarantier-Programms ein Jobangebot oder nahmen Weiterbildungen, Ausbildungsgänge oder Praktika auf. Als besondere Herausförderung für die verstärkte Jugendgarantie wurde die Gleichstellung von jungen Männern und Frauen formuliert, wobei sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in den vorangegangenen Jahren verstärkte und Frauen häufiger nicht erwerbstätig und/oder in Ausbildung waren.
QuellentextAus der Empfehlung des Europäischen Rats vom 30.10.2020
„Die COVID-19-Pandemie hat die Union in eine beispiellose Rezession gestürzt, die aller Voraussicht nach dramatisch hohe Jugendarbeitslosenquoten und NEET-Quoten mit sich bringen wird. Die Wirtschaft der Union könnte im Jahr 2020 signifikant schrumpfen — dies wäre der Beginn der tiefsten Rezession in der Geschichte der Union. Junge Menschen, die sich schon vor Beginn der Pandemie auf dem Arbeitsmarkt in einer in prekären Lage befanden oder mit Beschäftigungshindernissen konfrontiert waren, dürften am meisten darunter leiden, und auch für Berufseinsteiger dürfte es in dieser Zeit schwieriger sein, den ersten Arbeitsplatz zu finden. Daher muss vor dem Hintergrund der aktuellen Krise die Jugendgarantie unbedingt gestärkt werden.“
In Deutschland wurde der "Nationalen Implementierungsplan zur Umsetzung der EU-Jugendgarantie" im April 2014 verabschiedet. Da Deutschland im EU-Vergleich eine sehr geringe Jugendarbeitslosigkeitsquote aufwies (und auch immer noch aufweist) und vergleichsweise viele Jugendliche und junge Erwachsene über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügten, lag der Fokus des deutschen Programms in der Stärkung des Abwärtstrends der Jugendarbeitslosigkeit. Vorrangig wird der Zugang zu den Unterstützungsangeboten über die Arbeitsagenturen und Jobcenter gewährleistet. Aber auch Personen, die bei keiner der beiden Institutionen arbeitslos gemeldet sind, sollten über die freien Träger der Jugendhilfe oder über Bundes- und Landesprogramme Zugang zu den Unterstützungsangeboten erhalten. Von besonderer Bedeutung für das Gelingen der durchgeführten Programme ist die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten vor Ort und eine verstärkte lokale Vernetzung der relevanten Akteure, beispielsweise die Partnerschaft mit den Sozialpartnern und Jugendorganisationen. Eine Übersicht über die in den EU-Mitgliedsstaaten und Kroatien aufgelegten Programme wurde 2012 von der Europäischen Kommission veröffentlicht und kann online Externer Link: hier eingesehen werden.
Übergang von Berufsausbildung in Erwerbstätigkeit
Der Abschluss einer Berufsausbildung wirkt sich positiv auf den Übergang in eine erste Erwerbstätigkeit aus. Das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (Centre européen pour le développement de la formation professionnelle - CEDEFOP), eine Europäische Agentur, die ihren Sitz in Griechenland hat und die Entwicklung der europäischen Berufsbildungspolitik fördert, untersuchte in unregelmäßigen Abständen die Bedeutung der Berufsausbildung auf den Arbeitsmarkt auf europäischer Ebene. Die zentralen Ergebnisse der Studie lassen sich folgendermaßen darstellen:
In Einer Analyse von 2017 fanden die Forscher/-innen des CEDEFOP heraus, dass Personen, die über einen mittleren Berufsabschluss verfügen, schneller eine Beschäftigung finden als Personen, die über einen mittleren allgemeinbildenden Abschluss verfügen. Umgekehrt zeigte sich jedoch, dass bei allgemeinbildenden Abschlüssen die langfristigen Arbeitsmarkperspektiven stabiler sind. Die Arbeitsmarkteffekte von mittleren Berufsabschlüssen hängen dabei jedoch stark von den jeweiligen nationalen beruflichen Bildungssystemen ab. In Ländern wie Deutschland, in denen berufliche Bildung insgesamt einen hohen Stellenwert hat, erzielen Absolventen mit mittleren Berufsabschlüssen gute Ergebnisse beim Eintritt in den Arbeitsmarkt. Für Zypern, Island, Irland und das Vereinigte Königreich zeigt sich ein umgekehrtes Bild: Dort gelingt Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung der Übergang schneller. Die Chance einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, steigt in allen untersuchten Ländern mit dem Abschluss einer Ausbildung (allgemeinbildend sowie berufsbezogen). In Ländern, in denen die Berufsausbildung eine große Tradition hat (z.B. Deutschland, Niederlande und Schweiz) ist der Unterschied zwischen den beiden Personengruppen am größten.
Einer Analyse des CEDEFOP von 2013 zufolge gelang die Aufnahme einer ersten Beschäftigung denjenigen Ausbildungsabsolventen, die eine praxisorientierte Berufsausbildung, z.B. in Betrieben, absolviert haben schneller als denjenigen, die eine schulische Berufsausbildung absolvierten: Erstgenannten gelang der Übergang 14 % schneller als den schulisch ausgebildeten Personen. Ebenso gelang es allen Ausbildungsabsolventen häufiger, unmittelbar eine Vollzeitstelle anzunehmen als Personen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können.
Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Kenntnisse
Die Heterogenität der Berufsausbildungssysteme, der Berufsabschlüsse und insbesondere der Ausbildungsinhalte stellt die internationale Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor ein Problem: Ihre Kenntnisse werden nicht in jedem Staat gleichwertig anerkannt. Um die internationale Mobilität von Hochschulabsolventen zu verstärken, wurde im Rahmen des Bologna Prozesses die Vergleichbarkeit der Studieninhalte und -abschlüsse vorangetrieben (siehe hierzu auch den Text zur (Fach-)Hochschulausbildung). Das Bestreben, die Vergleichbarkeit von Berufsabschlüssen zumindest europaweit voranzutreiben, erstarkte in den letzten Jahren ebenfalls.
Am 20. Oktober 2005 trat die EU-Berufsanerkennungsrichtlinie (2005/36/EG) in Kraft. Sie regelt die Anerkennung der Berufe von Personen, die Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der EU, des EWR oder der Schweiz sind. Sie gilt jedoch nur für die sogenannten reglementierten Berufe, also Berufe, für deren Ausübung oder Aufnahme eine bestimmte Berufsqualifikation zwingende Voraussetzung ist (z.B. Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Lehrer/-innen, aber auch zulassungspflichtige Handwerksmeisterberufe). Alle Berufe, die in Deutschland im dualen System ausgebildet werden gehören hingegen nicht zu den reglementierten Berufen. Die EU-Staaten hatten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben der EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Für sieben Berufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Krankenpfleger, Hebammen, Architekten) ist es gelungen, die Ausbildungsstandards europaweit so weit zu vereinheitlichen, dass eine automatische Berufsanerkennung erfolgen kann. In anderen reglementierten Berufen muss zunächst geprüft werden, inwiefern die Gleichwertigkeit im betreffenden Staat festgestellt werden kann. Dieses Prüfverfahren wird durch Anerkennungsstellen durchgeführt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass berufliche Teilqualifikationen anerkannt werden. Am Bespiel Deutschlands wird im Folgenden gezeigt, welche Regelungen auf nationalstaatlicher Ebene getroffen werden können.
Wie alle EU-Mitgliedsstaaten hat Deutschland eine zentrale informationsstelle zur Berufsanerkennung eingerichtet, die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB). Neben allgemeinen Informationen zur Berufsanerkennung reglementierter Berufe, stellt die ZAB auf Antrag Gleichwertigkeitsbescheide für nicht reglementierte Berufe aus. So soll die Verwertung der im Ausland erworbenen beruflichen Kenntnisse auf dem deutschen Arbeitsmarkt erleichtert werden. Dazu werden die erworbenen beruflichen Qualifikationen mit einem deutschen Referenzberuf, also dem Beruf, der den Kenntnissen am weitesten entspricht, verglichen und die Gleichwertigkeit des Berufsabschlusses oder von Teilqualifikationen bescheinigt. Die Anerkennung der Gleichwertigkeit für nicht-reglementierte Berufe ist rechtlich nicht notwendig. Zur Anerkennung der reglementierten Berufe sind in jedem Bundesland zuständige Anerkennungsstellen eingerichtet worden, in Deutschland beispielsweise bei den zuständigen Kammern (Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer, Ärzte- und Apothekerkammern) und Bezirksregierungen. Die Anerkennung wird von den zuständigen Stellen geprüft, teilweise existieren Abkommen für bestimmte Berufe mit Österreich und Frankreich, die die Berufsanerkennung erleichtern.
Die nationalstaatlichen Regelungen unterscheiden sich europaweit jedoch deutlich voneinander. Die Anerkennung der Mehrheit von Berufen ist daher in jedem Staat unterschiedlich geregelt und eine Vereinheitlichung noch in weiter Ferne. Um diese Mobilität der erworbenen Qualifikationen zu stärken ist der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) entwickelt worden. Er stellt einen Metarahmen für die Nationalen Qualifikationsrahmen der Nationalstaaten dar, in Deutschland unter dem Begriff Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR). Die Fach- und personale Kompetenz kann acht Qualifikationsstufen zugeordnet werden und erfolgt in Anlehnung an den EQR. Den einzelnen Niveaustufen wurden in Deutschland geltende formale Qualifikationen zugeordnet, um eine Vergleichbarkeit mit im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen zu vereinfachen.
Internationale Mobilität
Die internationale Mobilität von Auszubildenden und im Bereich der Ausbildung beschäftigtem Personal wird bereits seit vielen Jahren EU-weit gefördert. Während des Auslandsaufenthaltes bietet sich Betroffenen eine gute Chance zum Erwerb interkultureller Handlungskompetenzen und zur Erweiterung ihrer Sprach- und Fachkenntnisse. Zu diesem Zweck ist u.a. das EU-Programm Erasmus+ (gesprochen: ErasmusPlus) aufgelegt worden. Erasmus+ war dabei als Folgeprogramm mehrerer EU-Förderungen für lebenslanges Lernen, unter anderem dem Programm Leonardo da Vinci, konzipiert worden. Erasmus+ richtete sich nicht ausschließlich an Auszubildende, bot aber Fördermöglichkeiten für Auslandspraktika und andere Lernaufenthalte im Ausland, die von Auszubildenden in Anspruch genommen werden konnten. Die Laufzeit von Erasmus+ begann im Jahr 2014 und endete mit Ablauf des Jahres 2020. Ende 2020 wurde eine Einigung zur Fortsetzung von Erasmus+ in den Jahren 2021 bis 2027 erzielt.
Das Erasmus+-Programm soll die Lernmobilität von Bürgerinnen und Bürgern – darunter auch Auszubildenden – in der EU fördern. Für die Förderphase ab 2021 liegen noch keine Einzelheiten zu förderfähigen Aktivitäten und Zielgruppen vor. Diese werden laut der Nationalen Agentur für die Sektoren Berufsbildung und Erwachsenenbildung von Erasmus+ in Deutschland, die beim Bundesinstitut für Berufsbildung angesiedelt ist, frühestens ab Februar 2021 veröffentlicht. Laut Externer Link: BIBB ist von einer grundsätzlichen inhaltlichen Übereinstimmung mit „einzelnen ergänzenden Neuerungen“ auszugehen. Im Folgenden werden daher die bis einschließlich 2020 gültigen Fördermöglichkeiten für Auszubildende dargestellt.
Für Lernende in der Berufsbildung konnten Lernaufenthalte im Ausland in beruflichen Praktika, Ausbildungsabschnitten und Weiterbildungsmaßnahmen gefördert werden. Zielgruppe waren Personen in nichttertiären, beruflichen Aus- und Weiterbildungsgängen. In Deutschland zählen hierzu zum Beispiel Auszubildende oder Berufsfachschüler/-innen. Bezuschusst wurden Auslandsaufenthalte einer Dauer von zwei Wochen (mindestens zehn Arbeitstage) und zwölf Monaten in einem der derzeit 28 EU-Mitgliedsstaaten sowie den Programmländern Island, Liechtenstein, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien, Türkei. Die Zuschüsse für Lernende beinhalteten Fahrtkosten, Aufenthaltskosten, Sprachkurse, Zuschüsse für Begleitpersonen (z.B. bei Menschen mit Behinderungen), besondere Bedarfe und außergewöhnliche Kosten (z.B. für Visa).
Nach Angaben der Europäischen Kommission betrug das gesamte Erasmus+-Budget der EU im Jahr 2019 3,37 Milliarden Euro. Die Gesamtzahl der Förderungen in der EU für Lernende in der beruflichen Bildung lag zuletzt (2018) bei 148.000. Im Jahr 2019 erhielten laut BIBB knapp 27.000 Lernende im Bereich der Berufsbildung in Deutschland ein Stipendium, wobei die Teilnehmendenzahl in den vergangenen 24 Jahren rapide anstieg. Die häufigsten Zielländer für Teilnehmende aus Deutschland waren das Vereinigte Königreich, Spanien, Irland und Italien.
Die Internationalisierung der Berufsausbildung nimmt also nicht nur formal zu, indem EU-weit Ausbildungsrahmenpläne angepasst werden, sondern auch auf individueller Ebene. Es kann bei Auszubildenden in der gesamten Europäischen Union ein steigendes Interesse an Auslandsaufenthalten während der Berufsausbildung festgestellt werden.
Zukunftsszenarien der Berufsbildung
Das CEDEFOP veröffentlicht nicht nur Jahresberichte zur Entwicklung der Berufsbildungssysteme in den EU-Mitgliedsstaaten, sondern begleitet auch die Umsetzung von europäischen Strategien der Berufsbildung (mehr im Abschnitt „Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher Kenntnisse“).
Zur Zukunft der Berufsbildung in Europa zeichnet CEDEFOP zwei Szenarien: In einem pessimistischen Szenario wird sich die Berufsbildung langfristig eine nachrangige Position gegenüber höherer Bildung einnehmen, wobei das Berufsbildungssystem in weniger angesehene und qualifizierte Arbeit führen wird. Hierbei liegt die Annahme zugrunde, dass Digitalisierungs- und Automatisierungsprozesse den Arbeitsmarkt und Ausbildungssysteme polarisieren werden und der Kernbereich der Berufsbildung im mittleren Qualifikationssegment wegfallen wird.
Demgegenüber stehe laut CEDEFOP ein optimistisches Szenario, dass eine Ausdehnung beruflicher Bildung auf hochqualifizierte Tätigkeiten beschreibt. Dieses Szenario wird von der Annahme geleitet, dass sich berufliche Kompetenzen in Zukunft schneller wandeln werden und daher ein hoher Bedarf an passgenauen Arbeitskräften durch das Berufsbildungssystem befriedigt werden muss. Das CEDEFOP unterscheidet dabei zwischen optimistischen Szenarien die (i) ein das lebenslange Lernen und (ii) berufliche und fachliche Kompetenzen beim Berufseintritt in den Vordergrund stellen. Jenes Szenario wäre eine Stärkung der charakteristischen Berufsbildung. Die erste Variante hingegen eine pluralistische Berufsbildung hervorbringen, die sich gleichermaßen auf Aus- und Weiterbildung erstrecken würde.
Bedeutet dies also, dass sich alle nationalen Bildungssysteme entlang eines der genannten Szenarien entwickeln und damit angleichen werden? Ob und in welchem Ausmaß die beschriebenen Szenarien zur Realität werden, ist laut CEDEFOP nicht vorhersagbar. Allerdings sei davon auszugehen, dass nicht ein Szenario für alle verschiedenen Berufsbildungssysteme eintreten werde. Vielmehr führen die bereits bestehenden Unterschiede in den verschiedenen nationalstaatlichen Ausbildungssystemen dazu, dass die zukünftigen Anforderungen an Arbeitskräfte von den dafür zuständigen Ausbildungssystemen entsprechend ihrer jeweiligen institutionellen Rahmenbedingungen verarbeitet werden. Die bestehenden Unterschiede in den einzelnen Ausbildungssystemen würden demnach auch teilweise ihre Zukunft bestimmen.
Kathrin Schultheis ist Sozialwissenschaftlerin und war von 2012 bis 2015 am Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz beschäftigt. Seit August 2015 ist sie als Projektleiterin für das ESF-Bundesprogramm "Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" am Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung tätig.
ist Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz. E-Mail Link: sell@hs-koblenz.de
ist Politikwissenschaftlerin, seit Juni 2020 Beraterin in der Abteilung Arbeitsgestaltung und Fachkräftesicherung bei der G.I.B. mbH. Zuvor war sie von April 2017 bis Mai 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung der Hochschule Koblenz (ISAM) und verantwortliche Redakteurin von Externer Link: O-Ton Arbeitsmarkt.