Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung waren schon früh Teil der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Sie unterlagen jedoch einem stetigen Wandel. Vor dem Hintergrund der immer schneller voranschreitenden technischen Entwicklung gewinnen Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung zunehmend an Bedeutung. Lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen hat in der Informations- und Wissensgesellschaft eine große Bedeutung, der durch die Förderung beruflicher Weiterbildung Rechnung getragen wird.
Berufliche Weiterbildung von Beschäftigten und Arbeitslosen kann in verschiedenen Formen erfolgen:
Beschäftigte können an betrieblicher Weiterbildung durch den Arbeitgeber teilnehmen. Diese Weiterbildung kann in Form externer Kurse, Lehrgänge, Tagungen oder in Form interner Kurse, Lehrgänge, arbeitsplatzbezogener Einweisungen etc. organisiert werden. Unter bestimmten Bedingungen kann der Arbeitgeber für die Weiterbildung der Beschäftigten eine Förderung aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung oder aus Steuern erhalten.
Beschäftigte und Arbeitslose können an außerbetrieblicher beruflicher Weiterbildung teilnehmen. Beide Gruppen können dafür finanzielle Unterstützung aus verschiedenen Quellen erhalten.
Dabei lässt sich zwischen Förderungen zu unterscheiden, die sich jeweils verschiedenen Aspekten der beruflichen Weiterbildung widmen. So können die Lehrgangskosten gefördert werden, die Ausfallkosten für die Zeit, in der während einer Schulung die Beschäftigten dem Betrieb nicht zur Verfügung stehen, oder die Lebenshaltungskosten von Arbeitslosen und Beschäftigten während der Zeit der Weiterbildung. Daneben können Fahrkosten zwischen Wohnort und Weiterbildungsstätte, notwendige Arbeitsmaterialien, eventuelle Prüfungsgebühren oder auch zusätzlich notwendige Kinderbetreuung während der Zeit der Weiterbildung gefördert werden. Die Fördermöglichkeiten für beide Formen beruflicher Weiterbildung sind sehr ausdifferenziert. Dazu die folgende Abbildung:
Links zu den Fördermöglichkeiten der beruflichen Weiterbildung
Aufstiegs-BaföG zur Finanzierung von Fortbildungen nach Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnung oder Gleichwertigem: Externer Link: www.aufstiegs-bafoeg.de
Im Folgenden werden ausschließlich die Instrumente betrachtet, die im Rahmen der Förderung durch die Arbeitslosenversicherung (SGB III) und die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) zur Verfügung stehen.
Bildungsgutscheine und Qualitätssicherung der Angebote
Seit 2003 vermittelt die Arbeitsagentur nicht mehr in Kurse, sondern vergibt – analog zum Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (siehe hierzu den Text zu Interner Link: privater Arbeitsvermittlung) – Gutscheine für ein bestimmtes Bildungsziel und eine bestimmte Lehrgangsdauer. Der Bildungsgutschein sichert die Übernahme von Weiterbildungskosten bei Teilnahme an beruflicher Weiterbildung zu. Er setzt persönliche Beratung und die Feststellung eines individuell nötigen Qualifizierungsbedarfs voraus und muss, nach Ausgabe durch die Arbeitsagentur oder das Jobcenter, innerhalb von drei Monaten bei einem frei wählbaren Bildungsträger im Tagespendelbereich eingelöst werden. Gelingt dies nicht, kann ein zweiter Gutschein ausgegeben werden.
Mit dem Gutschein sollen sich Arbeitslose die passende Weiterbildung nun selbst suchen. Dies sollte eine „Vermarktlichung“ der Weiterbildungsdienstleistungen herbeiführen und die Anbieterlandschaft durch mehr Wettbewerb untereinander effizienter gestalten. Sie ging einher mit der Verkürzung der Weiterbildungsdauer bei abschlussorientierten Umschulungsmaßnahmen und einer Modularisierung der Weiterbildung, zuletzt auch mit einer schrittweisen Verlagerung der Förderung von außerbetrieblicher in betriebliche Weiterbildung. Eine Studie des IAB zeigt einerseits Probleme beim Einlösen des Bildungsgutscheins auf, andererseits eine hohe Selektivität bereits bei der Ausgabe des Gutscheins. Personen ohne Schul- und/oder Berufsausbildungsabschluss erhielten demnach in den ersten Jahren nach der Einführung des Gutscheins wesentlich seltener einen Bildungsgutschein als Personen mit Schul- und Berufsabschluss. Auch hier ist angesichts fehlender Studien aber unklar, ob sich dieses Selektionsproblem bis heute fortsetzt und welche Ursachen es hat. Ein Grund könnte sein, dass die zugelassenen Bildungsmaßnahmen eine Integrationswahrscheinlichkeit von 70 Prozent erreichen müssen. Das bedeutet umgekehrt, dass die Teilnehmenden die Kurse erfolgreich absolvieren müssen, um dann mit einem beruflichen Abschluss oder einem Zertifikat eine neue Tätigkeit zu finden. Die Fachkräfte, die die Gutscheine ausgeben, müssen abschätzen, ob eine Person das Maßnahmeziel erreichen kann. Und dies mag umso wahrscheinlicher erscheinen, wenn die geförderte Person in der Vergangenheit schon bewiesen hat, dass sie bildungsaffin ist.
Seit 2003 müssen Maßnahmeträger ein System zur Qualitätssicherung anwenden und nachweisen. Die Träger müssen seitdem von einer so genannten Fachkundigen Stelle nach den Regeln der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung Weiterbildung (AZWV) zertifiziert sein. Seit April 2012 erfolgt die Zertifizierung nach der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV), nach der auch die Gutschein-Maßnahmen zugelassen werden. Deren Kosten dürfen dabei in der Regel nicht einen so genannten Bundesdurchschnittskostensatz überschreiten, mit dem die Preisentwicklung gedeckelt werden soll.
Zu den Effekten des Gutschein-Verfahrens ist wenig bekannt. Über viele Jahre war ein Effekt der Vermarktlichung der beruflichen Weiterbildung ein enormer Kostendruck auf die Anbieter, die diesen häufig an ihre Mitarbeitenden oder die in ihrem Auftrag tätigen selbständigen Honorarkräfte weitergaben. Seit der Einführung eines Branchen-Mindestlohns für die Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II und III über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zum August 2012 sind die Personalkosten nun nach unten gedeckelt. Dies soll einem immer wiederkehrenden Unterlaufen der Arbeitsstandards in der Weiterbildungsbranche entgegenwirken.
Die Debatte um Weiterbildungsförderung
In den letzten Jahren wurde angesichts der absehbaren Herausforderungen des digitalen Wandels der Arbeitswelt einerseits und der Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf andererseits verstärkt diskutiert, die berufliche Weiterbildung noch stärker als bisher mit öffentlichen Mitteln zu fördern.
Dabei werden verschiedene Ansätze vorgeschlagen, von denen einige hier skizziert werden und die noch in sehr unterschiedlicher Tiefe ausdefiniert sind.
Aus der SPD und später auch aus dem BMAS kam der Vorschlag, mit einem so genannten persönlichen Chancenkonto bzw. unter dem Begriff der Arbeitsversicherung entweder allen Personen im erwerbsfähigen Alter oder nur den neu in den Arbeitsmarkt eintretenden Jahrgängen aus Steuermitteln ein individuelles Budget auf einem persönlichen Konto zu Verfügung zu stellen, aus dem jede Person bis zum Renteneintritt Ressourcen zur Finanzierung von außerbetrieblicher beruflicher Weiterbildung, Existenzgründungen, Familienzeiten oder Sabbaticals entnehmen kann. Dieses Konto soll das lebenslange Lernen unterstützen und zugleich zur sozialen Sicherung der Übergänge zwischen Arbeits-, Bildungs- und Familienphasen dienen.
Professor Gerhard Bosch von der Universität Duisburg-Essen entwickelte den Vorschlag eines zentralen Weiterbildungsfonds zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung, der von Teilen der Gewerkschaften unterstützt wird. In diesen Fonds sollen, ähnlich der Ausgleichsabgabe, alle Betriebe einzahlen. Die Mittel sollen dann, nach noch unklaren Kriterien, an branchenspezifische Weiterbildungsfonds umverteilt werden, die wiederum innerhalb einer Branche die Mittel zwischen kleinen und großen Betrieben so verteilen, dass die bisherigen Unterschiede in der Beteiligung an betrieblicher Weiterbildung sinnvoll nivelliert werden.
Einige Gewerkschaften fordern eine Förderung von Lernzeiten nach dem Vorbild der österreichischen Bildungsteilzeit und Bildungskarenz aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung, um Erwerbstätigen die Möglichkeit zu eröffnen, sich für eine außerbetriebliche Weiterbildung freistellen zu lassen und anschließend in den Betrieb zurückkehren zu können.
Die Gewerkschaften fordern ebenso die Förderung eines bundesweiten Netzes von Weiterbildungsberatungsstellen aus Steuermitteln des Bundes, die unabhängig von der BA oder den Kammern und Verbänden einzelner Branchen agieren und die bestehenden Fördermöglichkeiten aus den verschiedenen Quellen besser als bisher bündeln.
Um die Interessen der an Fragen der beruflichen Weiterbildung beteiligten Akteure nach vielen Jahren der Debatte zusammenzubringen, entwickeln das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit Ende 2018 gemeinsam mit den Sozialpartnern, Ländern, Kammern und der Bundesagentur für Arbeit eine so genannte Nationale Weiterbildungsstrategie. Das gemeinsame Strategiepapier aus dem Sommer 2019 enthält zehn Handlungsziele, zu denen die beteiligten Akteure Impulse, Prüfaufträge oder konkrete Handlungszusagen vereinbart haben. Seither haben die Akteure verschiedene Projekte und Programme gestartet und wurden zur vertieften Bearbeitung einzelner Handlungsziele sogenannte Themenlabore durchgeführt. Ein neuer Bund-Länder-Ausschuss zur Verbesserung der Abstimmung von Förder- und Beratungsmaßnahmen des Bundes und der Länder hat im Juni 2020 seine Arbeit aufgenommen. Im Juni 2021 soll erstmals Bilanz gezogen werden, inwiefern die Ziele der Nationalen Weiterbildungsstrategie erreicht wurden.
Entwicklung der Weiterbildungsförderung für Arbeitsuchende
Die Entwicklung der Förderinstrumente zur beruflichen Weiterbildung von Arbeitsuchenden ist von einem immer wiederkehrenden Wechsel zwischen der Ausweitung der Förderung und – vor dem Hintergrund der dann stark gestiegenen Kosten – einer erneuten Eingrenzung des Teilnehmerkreises gekennzeichnet.
Im Rahmen der Arbeitslosenversicherung ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung seit dem Gesetz für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) von 1927 möglich. Lange Zeit war Voraussetzung, dass die Förderung zur Beendigung der Arbeitslosigkeit beitrug. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit kam diesen Maßnahmen eine große Bedeutung zu. So wurden 1932 fast 530.000 Teilnehmende an beruflicher Weiterbildung gefördert.
Seit 1962 wurde mit neuen Programmen versucht, der gestiegenen Bedeutung der beruflichen Aus- und Weiterbildung Rechnung zu tragen. Die bescheidenen Ausweitungen standen allerdings in keinem Verhältnis zur Bedeutung, die die Thematik mittlerweile erlangt hatte.
Das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) von 1969 unterschied dann zwischen der individuellen Förderung der einzelnen Arbeitnehmenden bei der beruflichen Aus- und Fortbildung sowie Umschulung und der institutionellen Förderung geeigneter Bildungseinrichtungen durch Darlehen und Zuschüsse. Ziel der individuellen Förderung war es, auf dem inländischen Arbeitsmarkt die berufliche Mobilität zu sichern oder zu verbessern, einen beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften zu vermeiden oder zu beheben und Arbeitslosigkeit sowie qualitative und quantitative Unterbeschäftigung zu verhüten oder zu beenden. Der entscheidende Unterschied zum AVAVG lag darin, dass mit dem AFG die damalige Bundesanstalt für Arbeit zur Gewährung der im Gesetz vorgesehenen individuellen Förderung verpflichtet wurde, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt waren. So musste die Bildungsmaßnahme bestimmten Mindestanforderungen entsprechen und die antragstellende Person geeignet sein, die Weiterbildung zu durchlaufen. Die Förderung musste angesichts der Lage und der Entwicklung des Arbeitsmarktes sowie der beruflichen Neigung der antragstellenden Person mindestens zweckmäßig erscheinen und die Person musste die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können. Das Unterhaltsgeld als Lohnersatzleistung während der Weiterbildung wurde auf zwischenzeitlich bis zu 90 Prozent des Arbeitslosengeldes erhöht, um Mehraufwendungen während der Weiterbildung abzufedern. In der Folge stiegen die Teilnahmezahlen stark an und berufliche Weiterbildung wurde zum größten Ausgabeposten innerhalb der Arbeitsförderung der BA.
Durch die im Zuge der Öl- und Weltwirtschaftskrisen steigende Arbeitslosigkeit geriet der Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit immer stärker in eine Schieflage und daher wurde die Förderung der relativ teuren beruflichen Weiterbildung bald unter den Vorbehalt der arbeitsmarktpolitischen Zweckmäßigkeit gestellt und der förderungsberechtigte Personenkreis wurde sukzessive eingeschränkt. Eine Pauschalierung und Höchstgrenzen zur institutionellen Förderung sollten die Maßnahme-Anbieter zur Kostenreduktion veranlassen. Mitte der 1980er Jahre wurden dann wieder höhere Teilnahmezahlen verzeichnet, nachdem die Bundesregierung, die Verbände der Wirtschaft, die Gewerkschaften und die BA gemeinsam eine Qualifizierungsoffensive ausgerufen hatten. Seitdem wurden an den Instrumenten der beruflichen Weiterbildung immer wieder Änderungen vorgenommen. Auf regulative und finanzielle Einschnitte folgten Verbesserungen, auf Verbesserungen wieder Einschnitte. Für die alte Bundesrepublik lässt sich aber summieren, dass die Förderung der beruflichen Weiterbildung mit Mitteln der Arbeitslosenversicherung eine recht bedeutsame Rolle gespielt hat.
Nach 1990 wurde von den Arbeitsämtern in den neuen Bundesländern berufliche Weiterbildung in großem Umfang eingesetzt. Zwar war das formale Qualifikationsniveau in der DDR-Bevölkerung vergleichsweise hoch. Der grundlegende Umbau der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur verlangte aber neue und andere Qualifikationen. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt nicht klar, welche Qualifikationen die transformierte Wirtschaft ausreichend nachfragen würde. Zudem führte der anhaltende Beschäftigungsabbau dazu, dass die neu erworbenen Qualifikationen nicht vor Arbeitslosigkeit schützten. Insofern war die Wirksamkeit der beruflichen Weiterbildung begrenzt und das Instrument geriet in Verruf. In der Folge reduzierten sich die Eintritte in geförderte Weiterbildungsmaßnahmen deutlich, für die gesamte Bundesrepublik erreichten sie nun maximal den Umfang der Förderung in den alten Bundesländern vor der Vereinigung. Um Kosten zu sparen wurde 1994 zudem das Unterhaltsgeld für Teilnehmende zum Ausgleich der Lebenshaltungskosten während einer Weiterbildung auf die Höhe des Arbeitslosengeldes abgesenkt.
Der bis dahin – und jenseits des vereinigungsbedingten Sondereffektes – stärkste Einbruch in den Teilnahmezahlen wurde durch die "Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (Hartz I bis III) ab dem Jahr 2002 ausgelöst. Nun wurde die institutionelle Förderung der Bildungsträger abgeschafft und das System der individuellen Förderung der Arbeitsuchenden mit der Einführung des so genannten Bildungsgutscheins im März 2003 grundlegend verändert. Das Unterhaltsgeld wurde in das Arbeitslosengeld integriert und hälftig mit dem nach einer Weiterbildung noch verbleibenden Restanspruch auf Arbeitslosengeld verrechnet. Einen Bildungsgutschein konnten nun weiterbildungsinteressierte Arbeitsuchende oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen erhalten, für die eine Fachkraft in der Arbeitsvermittlung von Arbeitsagentur oder Jobcenter nach entsprechender Beratung eine Notwendigkeit und Eignung entsprechend § 81 SGB III festgestellt hatte.
Mit dem Gutschein, in dem Maßnahmeziel, Förder- und Gültigkeitsdauer sowie der Förderbetrag definiert sind, kann sich die Person dann einen Bildungsträger suchen, der entsprechend dem Qualitätssicherungssystem der BA (siehe Abschnitt Bildungsgutscheine und Qualitätssicherung der Angebote) zugelassen ist. Der Bildungsträger löst den Gutschein dann bei der Arbeitsagentur bzw. dem Jobcenter ein. Die Arbeitsagenturen müssen seither jährlich eine Bildungszielplanung erstellen, mit der die Anbieter von Weiterbildung ein Signal erhalten sollen, in welchen Bereichen die Arbeitsverwaltung Qualifikationsbedarfe sieht.
Die Umstellung auf das Gutscheinsystem und das insgesamt mit der Hartz-Gesetzgebung eingeführte betriebswirtschaftliche Denken in der BA haben für die Jahre unmittelbar nach seiner Einführung die Teilnahmezahlen massiv absinken lassen. Hinzu kam, dass nun die ersten Wirkungsanalysen für die geförderte berufliche Weiterbildung vorgelegt wurden, die eher negative Beschäftigungseffekte auswiesen – weil die berufliche Weiterbildung zu kurzfristig ausgerichtet war (siehe Abschnitt Wirkungen).
Mit der Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende („Hartz IV“) und der gleichzeitigen Abschaffung der Arbeitslosenhilfe im Jahr 2005 wurden die Instrumente zur Förderung der beruflichen Weiterbildung über das SGB II auch für jene Sozialhilfeempfangende zugängig, die zuvor keine Leistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen. Allerdings wurden die ehemaligen Arbeitslosenhilfe-Empfangenden nun nicht mehr im Rahmen der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung gefördert, sondern ebenfalls über die Eingliederungsmittel der steuerfinanzierten Grundsicherung. Und weil versicherte Arbeitslose nun maximal für zwei Jahre Arbeitslosengeld I erhielten, lohnte sich eine zweijährige Umschulung aus Sicht der auf betriebswirtschaftliche Steuerungslogik umgestellten BA nun noch weniger als schon zuvor. Nach Stabilisierung des neuen Systems und heftiger Kritik an den sinkenden Weiterbildungsaktivitäten der Arbeitsagenturen und Jobcenter stiegen die Teilnahmezahlen an geförderter beruflicher Weiterbildung zwischen 2007 und 2010 deutlich an und erreichten kurzzeitig in etwa die Werte vor den Hartz-Reformen.
In der Folge der Banken- und Finanzkrise 2008/2009 geriet der Haushalt der BA immer stärker in die roten Zahlen und die Eingliederungsmittel für das SGB II wurden gekürzt, um den Haushalt des Bundes zu entlasten. In der Folge sank der Einsatz der aktiven Arbeitsförderung deutlich und damit sanken auch die Teilnahmezahlen an beruflicher Weiterbildung erneut massiv.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurde zum April 2012 das Instrumentarium der beruflichen Weiterbildung gestrafft und in § 81 ff. SGB III gebündelt. Nun können Weiterbildungskosten über Bildungsgutscheine gefördert werden, wenn die Förderung notwendig ist, um Arbeitslosigkeit zu beenden oder zu verhindern oder wenn bei fehlendem Berufsabschluss die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist. Zudem können Arbeitsuchende nach Familien- und Pflegezeiten einfacher durch eine berufliche Weiterbildung gefördert werden. Wer die gesetzlich geregelten Fördervoraussetzungen erfüllt, hat nun einen Rechtsanspruch auf die Übernahme der Weiterbildungskosten zum nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung aller anderen Formen beruflicher Weiterbildungen besteht weiterhin nicht, auch wenn die individuellen Voraussetzungen erfüllt sind.
Trotz der Erweiterungen der Fördermöglichkeiten blieben seither die Teilnahmezahlen der beruflichen Weiterbildung relativ konstant, wobei der Anteil der Geförderten im SGB III relativ zu denen im SGB II leicht zunimmt.
Auch das Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz (AWStG) vom Sommer 2016 hat die Teilnahmezahlen nicht wesentlich erhöht. Seither erhalten Arbeitsuchende, die an einer mindestens zweijährigen, abschlussbezogenen beruflichen Weiterbildung teilnehmen, beim Bestehen einer durch die Ausbildungsverordnung vorgeschriebenen Zwischenprüfung eine Prämie von 1.000 Euro und beim Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1.500 Euro (§ 131a Abs. 3 SGB III). Damit wurde auf die Kritik reagiert, dass die Anreize für eine berufliche Weiterbildung für Arbeitsuchende zu gering seien. Im SGB III werden seit der Streichung des Unterhaltsgeldes 1994 Mehraufwendungen während einer Weiterbildung nur in begrenztem Umfang durch die Förderung zusätzlicher Fahrt-, Unterkunfts- und Kinderbetreuungs-Kosten gedeckt. Im SGB II können Arbeitsuchende die gleichen Unterstützungsleistungen für Mehraufwendungen erhalten. Während sie aber in einer Arbeitsgelegenheit etwas hinzuverdienen können, wurde die Beteiligung an einer Weiterbildung bis dahin nicht honoriert.
Auf den Befund, dass sich Menschen ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung häufiger als andere eine berufliche Weiterbildung gar nicht zutrauen, wurde damit reagiert, dass diese nun zur Vorbereitung auf eine abschlussbezogene berufliche Weiterbildung Förderleistungen zum Erwerb notwendiger Grundkompetenzen in den Bereichen Lesen, Schreiben, Mathematik und Informations- und Kommunikationstechnologien erhalten können. Außerdem kann nun auch im SGB III (§ 131a Abs. 2) der Erwerb von Grundkompetenzen – und das auch kombiniert mit einer abschlussorientierten Weiterbildung – sowohl über den Bildungsgutschein als auch im Rahmen einer Maßnahme im Auftrag der Jobcenter gefördert werden. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass gerade Geringqualifizierte Schwierigkeiten haben, ihren Bildungsgutschein für eine passende berufliche Weiterbildung einzulösen. Dass sich die Teilnahmezahlen seither trotzdem nicht wesentlich verändert haben, liegt wohl vor allem daran, dass rund 85 Prozent der geförderten beruflichen Weiterbildung gar nicht zu einem beruflichen Abschluss führen. Und für diese Mehrzahl der Weiterbildungen gelten die Erfolgsprämien dann nicht.
Exkurs Betriebliche Weiterbildung
Neben der betrieblichen dualen Ausbildung ist die betriebliche Weiterbildung die wichtigste Strategie der Betriebe zur Fachkräftesicherung.
Etwas mehr als die Hälfte aller Betriebe stellt Beschäftigte zur inner- oder außerbetrieblichen Weiterbildung von der Arbeit frei bzw. übernimmt die Weiterbildungskosten ganz oder teilweise. Nach den Daten des IAB-Betriebspanels gilt das nur für 44 Prozent aller Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten, in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten hingegen für mehr als 90 Prozent. Auch nach Branchen zeigen sich große Unterschiede. In allen Betriebsgrößen werden am häufigsten externe Kurse, Seminare und Lehrgänge genutzt. Je größer der Betrieb, desto häufiger werden auch interne Kurse, Seminare und Lehrgänge sowie Kurse am Arbeitsplatz genutzt. Insgesamt bieten Unternehmen eher betriebliche Weiterbildung an, wenn sie Fachkräftemangel erleben, Innovationen oder Prozessveränderungen initiieren wollen oder eine positive Ertragslage haben. Innerhalb des verarbeitenden Gewerbes setzten exportorientierte Unternehmen mit rund 60 Prozent deutlich häufiger betriebliche Weiterbildung ein als Betriebe, die ihre Güter nicht exportieren.
Nach den Erhebungen des Adult Education Survey nahmen 2016 rund 36 Prozent aller Personen zwischen 18 und 64 Jahren an einer betrieblichen Weiterbildung teil. Darunter waren 18 Prozent der Personen ohne Berufsabschluss und mehr als 50 Prozent aller Personen mit Meister-, Fachschul-, Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Rund zwei Drittel aller betrieblichen Weiterbildungen dauerten demnach weniger als 40 Stunden. Nach den Daten der CVTS (Continuing Vocational Training Survey) nahmen im Jahr 2015 rund 30 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten an betrieblich veranlassten Weiterbildungs-Seminaren und Lehrveranstaltungen teil, in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten waren es 43 Prozent. Weiterbildungen am Arbeitsplatz erhielten rund sieben Prozent der Beschäftigten in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten, in Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten waren es rund 21 Prozent.
Entwicklung der Weiterbildungsförderung für Beschäftigte
2006 initiierte der Verwaltungsrat der BA ein Sonderprogramm zur Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitskräfte in Unternehmen (WeGebAU) aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung, das mehrmals verlängert und aufgestockt wurde. Die Grundidee knüpft daran an, dass die damalige Bundesanstalt für Arbeit in den 1970er Jahren auch (und teilweise überwiegend) Beschäftigte aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung qualifiziert hatte. Seit Beginn des Jahres 2007 zahlte die BA mit diesem Programm an Arbeitgeber einen Entgeltzuschuss für Geringqualifizierte und auch die Weiterbildungskosten für Geringqualifizierte und Beschäftigte über 50 Jahre. Die Gruppe der förderbaren Personen wurde 2009 erweitert. Mitunter wurden auch Entgeltzuschuss und Kostenübernahme für gering qualifizierte Ältere gewährt. Kurzarbeiter in Qualifizierung konnten mit WeGebAU unterstützt werden, wenn die Fortsetzung der Weiterbildung sinnvoll erschien.
Im Rahmen der „Initiative 50plus“ wurde im Jahr 2007 die Förderung der beruflichen Weiterbildung Beschäftigter verlängert, nun für Personen ab dem vollendetem 45. Lebensjahr geöffnet und die Betriebsgröße der Betriebe, die diese Förderung erhalten konnten von 100 auf 250 Beschäftigte ausgeweitet. Insbesondere durch zusätzliche Fördermöglichkeiten aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) nahm die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Beschäftigten nach der Banken- und Finanzkrise 2008 für kurze Zeit deutlich zu, um dann wieder abzuebben. Mit dem Konjunkturpaket II im Jahr 2009 hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, auch qualifizierte Mitarbeiter in die Weiterbildungsförderung mit einzubeziehen, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind, z.B. wenn die Berufsausbildung und letzte öffentlich geförderte Weiterbildung mindestens vier Jahre zurückliegt. Damit wurde auch der Anwendungsbereich des BA-Programms WeGebAU deutlich erweitert.
Im Jahr 2010 wurde das Programm WeGebAU von der Selbstverwaltung der BA durch die Initiative zur Flankierung des Strukturwandels (IFLAS) ergänzt und erweitert. Nun standen zusätzliche Mittel aus dem Haushalt der Arbeitslosenversicherung bereit, um auch Arbeitslose ohne Berufsabschluss zu einem qualifizierten Abschluss zu führen.
Mit dem Beschäftigungschancengesetz von 2011 wurde die bis dahin befristete Förderung der beruflichen Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmer ab dem 45. Lebensjahr um ein Jahr (und später nochmal) verlängert. Die im Rahmen des Konjunkturpaketes II eingeführten Sonderregelung zu den erweiterten Möglichkeiten der Weiterbildungsförderung von Leiharbeitnehmern bei Wiedereinstellung bei demselben Verleiher und zur Förderung der beruflichen Weiterbildung Beschäftigter ohne erhöhtes Arbeitsmarktrisiko wurden wieder aufgehoben.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt wurden im April 2012 die kleineren Instrumente zur Weiterbildungsförderung für ältere und gering qualifizierte Beschäftigte (ehemals § 417 und § 235c SGB III) und damit auch das Sonderprogramm WeGebAU in das zentrale Förderinstrumentarium der beruflichen Weiterbildung (§§ 81 und 82 SGB III) integriert. Bei der Förderung der Weiterbildung von älteren Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen wurde die Möglichkeit einer anteiligen Übernahme der Weiterbildungskosten durch die Bundesagentur für Arbeit eröffnet. Befristet auf drei Jahre wurde diese Weiterbildungsförderung auch für Beschäftigte unter 45 Jahren ermöglicht. Der Arbeitgeber muss mindestens 50 Prozent der Kosten übernehmen.
Mit dem Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz (AWStG) wurde zum August 2016 die befristete Weiterbildungsförderung für Beschäftigte unter 45 Jahren in kleinen und mittleren Unternehmen weiter flexibilisiert, indem fortan auch berufliche Weiterbildungen bezuschusst werden konnten, die außerhalb der Arbeitszeit stattfinden.
Mit dem Qualifizierungschancengesetz von 2019 (QCG) wurden die Möglichkeiten der Förderung einer Weiterbildung Beschäftigter aus den Mitteln des SGB III auf alle Beschäftigten unabhängig von formaler Qualifikation und Lebensalter in Unternehmen aller Größenklassen ausgeweitet. Dabei sind nun nach § 82 SGB III sowohl die Weiterbildungskosten für die Beschäftigten als auch ein Zuschuss an den Arbeitgeber zum Arbeitsentgelt für Vertretungslösungen förderfähig. Die Förderung ist nach Unternehmensgröße degressiv gestaffelt und kann bei Vorliegen einer Betriebsvereinbarung über die berufliche Weiterbildung oder eines Tarifvertrages, der betriebsbezogen berufliche Weiterbildung vorsieht, aufgestockt werden. Die Weiterbildung darf eine definierte Anzahl von Stunden nicht unterschreiten (aktuell 120) und soll außerhalb des Betriebes oder von einem externen Bildungsanbieter im Betrieb durchgeführt werden. Unabhängig von der Betriebsgröße können die Kosten für Beschäftigte, die bei Beginn der Weiterbildung das 45. Lebensjahr vollendet haben oder schwerbehindert sind, vollständig gefördert werden. Für Beschäftigte ohne Berufsabschluss können Arbeitgeber den Arbeitsentgeltzuschuss für 100 Prozent der förderfähigen Kosten erhalten.
In der durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Krise versuchte der Bund, noch stärkere Anreize zur beruflichen Weiterbildung Beschäftigter zu setzen. Dazu wurde geworben, dass Betriebe während der Kurzarbeit verstärkt ihre Beschäftigten qualifizieren sollten und sie dazu auch Möglichkeiten des QCG nutzen könnten. Mit dem sogenannten „Arbeit-von-Morgen-Gesetz“ aus dem Jahr 2020 ("Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung") wurde dazu die notwendige Mindestzahl der Weiterbildungsstunden auf 120 reduziert und die möglichen Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit zu Lehrgangskosten und Arbeitsentgelt angehoben. Und mit dem Beschäftigungssicherungsgesetz von 2021 wurde der finanzielle Anreiz erhöht, Zeiten des Arbeitsausfalls für berufliche Weiterbildung zu nutzen, indem die für diese Fälle geregelte hälftige Erstattung der Beiträge zu den Sozialversicherungen nicht mehr daran geknüpft wird, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.
Entwicklung der Weiterbildungsberatung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA)
Auch die Weiterbildungsberatung der BA hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt. Ende der 2000er Jahre initiierte die BA verschiedene Modellprojekte, die die Qualifizierungsberatung als Dienstleistung für Unternehmen (insbesondere KMU) vorantrieb. Seit 2013 ist Qualifizierungsberatung im Rahmen der Arbeitsmarktberatung nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 SGB III in allen Agenturen für Arbeit eingeführt. Ziel ist es, gerade KMU hinsichtlich einer systematischen und strategischen Personalplanung und entwicklung zu befähigen. Neben alternativen Rekrutierungsstrategien steht vor allem die Personalbindung und entwicklung im Vordergrund, um die Potenziale der Beschäftigten systematisch zu entwickeln und besser zu nutzen.
Um den steigenden Bedarfen an lebensbegleitendem Lernen gerecht zu werden, hat die Bundesagentur für Arbeit neben der Qualifizierungsberatung von Unternehmen ab dem Jahr 2017 sukzessive die sogenannte Lebensbegleitende Berufsberatung (LBB) für Erwerbspersonen eingeführt. Sie zielt insbesondere auf
eine qualitative und quantitative Aufwertung der Berufs- und Studienorientierung für Schülerinnen und Schüler,
eine Implementierung der Präsenzberatung an weiterführenden Schulen, an Berufsschulen und Hochschulen zur präventiven und begleitenden Beratung und
eine Implementierung lebensbegleitender Berufsberatung von Personen im Erwerbsleben.
Binnenorganisatorisch sieht das Konzept eine Überführung der bisherigen Trennung der arbeitnehmerorientierten Beratung in „U 25“ (für Menschen unter 25 Jahren) und „Ü 25“ (für Menschen ab 25 Jahren) in Beratungsteams „vor dem Erwerbsleben“ und „im Erwerbsleben“ vor. „Beratung vor dem Erwerbsleben“ ist dabei zuständig für die Aufgaben im Zusammenhang mit Ausbildung und Studium und betrachtet die Zeit bis zu deren Abschluss. „Beratung im Erwerbsleben“ verantwortet die Aufgaben im Kontext beruflicher Weiterbildung nach dem Start ins Berufsleben. Die „Beratung im Erwerbsleben“ soll die im SGB III definierten Aufgaben der Beratung zur beruflichen (Um-)Orientierung, zu Wegen und Fördermöglichkeiten der beruflichen Weiterbildung, zu Entwicklungen am Arbeitsmarkt usw. bündeln und künftig stärker als bisher initiativ anbieten. Gleichzeitig beinhaltet das Konzept aber auch Neuerungen, wie die detaillierte Planung und adressatengerechte Gestaltung von themenspezifischen Gruppenveranstaltungen mit anschließender Evaluation, die Durchführung von Potenzialanalysen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder die konkrete Recherche zu externen Förderungen von Qualifizierungsmaßnahmen.
Wirkungen
Die Förderung der beruflichen Weiterbildung wurde in der Vergangenheit immer wieder evaluiert. Dabei spielt der so genannte Einsperr-Effekt („Lock-In-Effekt“) eine wichtige Rolle für die Bewertung der Ergebnisse: Während Personen an einer geförderten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, sinkt zunächst die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme einer ungeförderten Beschäftigung im Vergleich zu Personen, die weiterhin arbeitslos sind – denn die Teilnehmenden sollen ja gerade lernen und die Maßnahme nicht vor dem erfolgreichen Abschluss abbrechen. Nach Ende der Maßnahme können sich dann aber positive Integrationseffekte für die Teilnehmenden im Vergleich zu ähnlichen Personen, die nicht an einer Weiterbildung teilgenommen haben, zeigen.
Für die 1990er Jahre standen noch keine Prozessdaten der BA zur Verfügung, um die individuellen Wirkungen der Teilnahme im Vergleich zu nicht teilnehmenden vergleichbaren Personen zu ermitteln, denn damals begann die Digitalisierung der BA gerade erst. Die Studien aus den 1980er und 1990er Jahren für Westdeutschland und aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre für Ostdeutschland basierten deshalb auf Befragungsdaten aus dem Sozio-Ökonomischen Panel (SOEP) und dem Arbeitsmarktmonitor Ost (AMM Ost) mit kleinen Stichproben mit teilweise nur knapp über 100 Teilnehmenden. Die mikroökonometrischen Wirkungsanalysen wiesen je nach Methode und Datensatz mal positive und mal negative Effekte nach, aus denen insgesamt geschlossen wurde, dass die geförderte berufliche Weiterbildung zu geringe Wirkung auf die (Re-)Integration in Arbeit habe. Auch wenn die Wissenschaftler teilweise auf die unzureichende Datenbasis, zu kurze Beobachtungsdauern und methodische Probleme hinwiesen, wurden die Ergebnisse im politischen Prozess schließlich doch so interpretiert, dass geförderte berufliche Weiterbildung wenig wirksam sei. Das führte dann auch zu den beschriebenen Änderungen in der Förderung durch die Hartz-Gesetzgebung.
Die Einschätzung der Wirkungen beruflicher Weiterbildung änderte sich erst mit einer längeren Betrachtung und nach der Umstellung der mikroökonomischen Evaluationen auf die Nutzung administrativer Prozessdaten der BA Anfang der 2000er Jahre . Nun wurde in Studien mit einer größeren Datengrundlage und längeren Beobachtungszeiträumen festgestellt, dass sich die Chancen der Teilnehmenden an beruflicher Weiterbildung im Vergleich zu nicht Teilnehmenden deutlich erhöhen, sobald die Teilnehmenden die Weiterbildung erfolgreich durchlaufen haben. Weil diese Ergebnisse zumeist (aber nicht ausschließlich) mit Daten gewonnen wurden, die nach der Einführung des Bildungsgutscheins generiert wurden, wurden sie zumindest auch als Erfolg der Umstellung auf den Gutschein interpretiert – was aber angesichts fehlender Studien zu vergleichbaren ausgeschriebenen Weiterbildungsmaßnahmen nicht erwiesen ist.
Weitere Studien aus den Folgejahren bestätigten im Wesentlichen diese Ergebnisse. So zeigte eine Studie des IAB über Umschulungen, die in den Jahren 2005 bis 2007 begonnen wurden, deutlich positive Beschäftigungswirkungen unmittelbar nach Abschluss der Umschulungen sowohl im SGB III als auch im SGB II, wobei die Wirkung für Frauen etwas höher ausfiel als für Männer. Zudem wurden auch positive Einkommenseffekte festgestellt.
Eine Studie zur Auswertung von Weiterbildungsmaßnahmen im Rechtskreis des SGB II des IAB zeigte für die Jahre 2005 bis 2007, dass Alleinerziehende von der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung im Vergleich zur Teilnahme an anderen Maßnahmen am stärksten profitierten.
Eine Studie zu den Effekten des BA-Sonderprogramms WeGebAU ergab, dass ältere Beschäftigte, deren berufliche Weiterbildung zwischen Juli 2007 und Dezember 2008 mit WeGebAU gefördert wurde, im Vergleich zu Beschäftigten ohne Weiterbildung mit höherer Wahrscheinlichkeit in Beschäftigung blieben und ein höheres Einkommen erzielten. Auch hier hatten länger dauernde Maßnahmen eine stärkere Wirkung und Teilzeitbeschäftigte profitierten besonders von der Förderung. Neuere veröffentlichte Studien zur Wirkung der Weiterbildungsmaßnahmen liegen allerdings nicht vor. Dies ist angesichts des in den letzten zehn Jahren immer wieder veränderten Instrumentes (siehe oben) durchaus erstaunlich.
Innerhalb der BA wird seit Mitte der 2000er Jahre das so genannte Treatment Effects and Prediction-Verfahren (TrEffeR) eingesetzt, um Maßnahmewirkungen auf Basis aller Teilnehmenden aus den Prozessdaten der Jobcenter und Arbeitsagenturen mikroökonometrisch zu schätzen. Eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2015, die einzige ihrer Art, weist für die Zugänge in berufliche Weiterbildungsmaßnahmen von weniger als sechs Monaten Dauer in den Jahren 2010 und 2011 positive Effekte aus.
Frank Oschmiansky ist Diplom Politologe und Partner in der Partnerschaftsgesellschaft ZEP – Zentrum für Evaluation und Politikberatung. Seine Forschungsschwerpunkte sind Implementation und Evaluation der Arbeitsmarktpolitik; Geschichte der Arbeitsmarktpolitik; atypische Beschäftigungen; Entwicklung der Sozialpolitik und Übergangssystem Schule-Beruf.
Petra Kaps ist Politikwissenschaftlerin und geschäftsführende Partnerin am Zentrum für Evaluation und Politikberatung (ZEP) Berlin. Sie beschäftigt sich in wissenschaftlichen Studien und Beratung mit Fragen der politischen Steuerung, des Verwaltungshandelns und der Umsetzung politischer Programme in den Feldern der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.
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