Teilzeitarbeit macht in Deutschland mehr als ein Viertel der Gesamtbeschäftigung aus. Das Besondere an Teilzeitarbeit ist, dass ihre Bedeutung je nach Geschlecht, Alter, Lebensphase und Qualifikation sowie Branche und Betriebsgröße unterschiedlich hoch ist. Auch wenn Teilzeitarbeit für die Beschäftigten die Vereinbarung von beruflichen und außerberuflichen Verpflichtungen erleichtern kann, birgt sie gerade bei einer dauerhaften Ausübung Risiken für die finanzielle und soziale Absicherung der Beschäftigten.
Teilzeitbeschäftigung hat in den letzten Jahren eine zunehmend große Bedeutung in Deutschland erlangt. 2019 betrug ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge 27,2 Prozent. Für die Zunahme der Teilzeitbeschäftigungen sind nachfrage- und angebotsseitige Faktoren verantwortlich. Betriebe schätzen die mit Teilzeitarbeit verbundene Flexibilität, Teilzeitkräfte können z.B. eingesetzt werden, um Arbeitsspitzen aufzufangen oder erweiterte Öffnungszeiten zu ermöglichen (wie z.B. im Gastgewerbe oder im Einzelhandel). Arbeitnehmer*innen wiederum bietet Teilzeitarbeit die Möglichkeit, die verschiedenen Lebensbereiche besser zu vereinbaren. Teilzeitbeschäftigung ist in Deutschland vor allem für Mütter das Arbeitsverhältnis der Wahl, um frühzeitig wieder in den Beruf einzusteigen und berufliche und private Verpflichtungen abzustimmen. Denn es sind zum ganz überwiegenden Teil Frauen, die unter dem Eindruck von privaten Präferenzen und sozialstaatlichen Anreizen in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen arbeiten. Das Besondere an Teilzeitarbeit ist, dass sie nicht unabhängig von den Dimensionen Geschlecht, Alter, Lebensphase und Qualifikation verläuft und zudem mit betrieblichen Spezifika wie Branchenzugehörigkeit und Größe des Betriebs verbunden ist.
Dabei sind die Auswirkungen von Teilzeitbeschäftigung mit abnehmender Stundenzahl zunehmend widersprüchlich. Einerseits trägt eine geringe Stundenanzahl dazu bei, verschiedene berufliche und außerberufliche Verpflichtungen zu vereinbaren, andererseits führt sie direkt in die sogenannte Teilzeitfalle, d.h. Teilzeitbeschäftigte bleiben am Rande des Arbeitsmarkts stecken. Denn Teilzeitarbeit wohnt ein Klebeeffekt inne. Ursache hierfür sind auf der einen Seite Unternehmen, die Teilzeitbeschäftigten die Rückkehr oder Stundenaufstockung auf einen Vollzeitarbeitsplatz nicht ermöglichen, auf der anderen Seite aber auch die „Spezialisierung“ der Partner auf bestimmte Lebensbereiche – der eine Partner, überlicherweise die Frau, übernimmt stärker familiäre „Care“-Aufgaben, der andere Partner ist vor allem zuständig für die finanzielle Sicherheit – die eine Neuorganisation der familiären Arbeitsteilung erschweren. Mit dauerhafter Teilzeitererwerbstätigkeit, insbesondere wenn sie mit einem geringen Stundenvolumen eingehergeht, sind aber einige Nachteile verbunden, zu denen neben dem verringerten Verdienst, mangelnde Aufstiegschancen, ein niedriges Rentenniveau und letztlich ein höheres Armutsrisiko zählen. Wegen dieser stark ausgeprägten Ungleichheit stehen regelmäßig nicht nur die Chancen, sondern auch die Probleme von (dauerhafter) Teilzeitarbeit – sowohl auf die aktuelle als auch zukünftige Einkommenssituation – im Blickfeld der Debatten.
Im folgenden Beitrag widmen wir uns daher der Frage, was eigentlich die Besonderheit von Teilzeitarbeit ausmacht, wer Teilzeit arbeitet und was die Gründe für eine Entscheidung für Teilzeitbeschäftigung sind. Zudem geben wir einen Einblick in rechtliche Grundlagen und wagen einen Blick über den Tellerand hinaus: Welchen Stellenwert hat Teilzeitarbeit in den anderen europäischen Ländern?
Was ist Teilzeitarbeit?
Statistisch ist Teilzeitarbeit nicht klar abgegrenzt. Im weiter unten erläuterten Teilzeit- und Befristungsgesetz heißt es (§ 2, 1): „Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Ist eine regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht vereinbart, so ist ein Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, wenn seine regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraums unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers liegt.“ Zudem zählt auch die Interner Link: geringfügige Beschäftigung zur Teilzeitarbeit.
Für eine statistische Bestimmung der Größe Teilzeitbeschäftigung ist diese Definition jedoch zu unspezifisch, was wahrscheinlich der Grund ist, warum die Definitionen über Befragungen hinweg variieren. Während bspw. die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Grenze in der Regel bei 30 Stunden setzt (weniger als 30 Stunden = Teilzeit), werden in vielen anderen Publikationen Selbsteinschätzungen der Befragten zur Definition verwendet. So wird in Deutschlands größter repräsentativer Haushaltsbefragung, dem Mikrozensus, ohne eine Stundengrenze gefragt, ob man voll- oder teilzeitbeschäftigt sei. Der konkrete Stundenumfang spielt also für die Definition keine Rolle.
Die Definitionen von Teilzeit variieren aber nicht nur mit der Datenquelle, sondern es besteht insgesamt auch eine bemerkenswerte Vielfalt an arbeitszeitbezogenen Begrifflichkeiten. Unter dem Schlagwort der „Standardvollzeit“ wird beispielsweise eine Tätigkeit von 40 Wochenstunden gemeint. Da es keine einheitliche Definition für den Begriff der Teilzeit (oder auch Vollzeit) gibt, stellen wir im Folgenden gängige Definitionen vor. 50 Prozent der Standardarbeitszeit beziehen sich demnach auf 20 Wochenstunden und bilden die klassische Definition von Teilzeit. Die sogenannte kurze Vollzeit umfasst Tätigkeiten mit 30-34 Wochenstunden. Mit einer langen Vollzeit sind 41-47 Wochenstunden gemeint, mit einer überlangen Vollzeit bezeichnen wir Arbeitszeiten, die über der im Externer Link: Arbeitszeitgesetz festgelegten wöchentlichen Höchststundenzahl von 48 Wochenstunden liegen. In Abgrenzung dazu bezieht sich der Begriff der kurzen Teilzeit auf eine Tätigkeit von bis zu 20 Wochenstunden und der der langen Teilzeit auf Tätigkeiten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 21-29 Stunden. Die folgende Abbildung stellt die Verteilung von Männern und Frauen auf unterschiedliche Arbeitszeitformen dar.
Wie auf den ersten Blick deutlich wird, unterscheiden sich die Arbeitszeitrealitäten von Frauen und Männern diametral voneinander. Im Vergleich zu Männern sind Frauen überproportional häufig in den verschiedenen Teilzeitformen präsent, während Männer sich häufiger als Frauen in den verschiedenen Vollzeitformen finden lassen. Auffällig ist dabei der mit 35,6 Prozent vergleichsweise hohe Anteil von Frauen, die in Arbeitszeitformen arbeiten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit den Verdienst eines zweiten Erwerbstätigen im Haushalt notwendig machen. Der Zeitvergleich macht deutlich, dass es in den letzten Jahren zu einer Verschiebung hin zu längeren Teilzeitformen gekommen ist (siehe Abschnitt „Aktuelle Entwicklung und Verbreitung von Teilzeitarbeit “, auch Kümmerling 2018 in „Zum Weiterlesen“).
Rechtliche Grundlagen
Nicht zuletzt um das Risiko der „Teilzeitfalle“ zu minimieren, haben Gesetzgeber und Tarifparteien in den letzten Jahren Instrumente eingeführt, die die Teilzeitarbeit durch Rückkehrrechte und Befristungen auf kurze Episoden im Lebenslauf beschränken sollen, wodurch sie auch für Männer attraktiver werden soll. Denn Studien zu Geschlechterrollenverteilung zeigen immer wieder, dass Väter sich gerne stärker in die Kinderbetreuung und -erziehung einbringen und dafür auch ihre Arbeitszeiten reduzieren würden, allerdings langfristig negative Konseqeunzen für ihre berufliche Entwicklung befürchten (Bünning/ Fulda/ Hipp 2020). Der seit 2019 geltende gesetzliche Anspruch auf eine zeitlich befristete Arbeitszeitverkürzung (sog. Brückenteilzeit) soll diesen Nachteilen entgegenwirken. Der Bedarf an lebensphasenspezifischer Arbeitszeitverkürzung wird auch von den Tarifparteien gesehen und unterstützt. So bieten die neueren Tarifverträge der EVG, IG Metall und ver.di Beschäftigten so genannte Optionsmodelle oder Wahlarbeitszeiten an. Diese Wahlarbeitszeiten sind in der Regel in zwei Varianten verfügbar. In Variante 1 wird den Beschäftigten bzw. in einigen Fällen auch nur bestimmten Beschäftigtengruppen die Wahl zwischen einer monetären Entgelterhöhung und frei verfügbarer Zeit angeboten. Variante 2 stellt das Angebot an die Beschäftigten dar, die tarifliche Regelarbeitszeit für einen festgelegten Zeitraum mit entsprechender Anpassung des Einkommens zu verkürzen.
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz
Mit dem Ziel Teilzeitarbeit zu fördern, die Voraussetzungen für die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge festzulegen und die Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten und befristet beschäftigten Arbeitnehmern zu verhindern (§ 1), ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zum 1.1.2001 eingeführt worden. Es regelt den Anspruch auf Arbeitszeitreduzierung für Beschäftigte in Betrieben mit mindestens 15 Arbeitnehmern, die mindestens sechs Monate in einem Arbeitsverhältnis zu dem betreffenden Betrieb stehen. Zentrale Inhalte des Gesetzes sind das Diskriminierungsverbot. Dieses besagt, dass ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen seiner Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden darf als ein Vollzeitbeschäftigter (außer es wird durch sachliche Gründe gerechtfertigt); dies bezieht sich insbesondere auch auf das Entgelt (§ 4, 1). Außerdem wird explizit festgehalten, dass Teilzeit auch in leitenden Positionen zu ermöglichen sei (§ 6). Der Arbeitgeber darf einen Wunsch nach Arbeitszeitverringerung nur ablehnen, wenn diesem betriebliche Gründe entgegenstehen. Ablehnungsgründe können in Tarifverträgen festgehalten werden. Anträge auf Arbeitszeitreduzierungen müssen spätestens drei Monate vor dem geplanten Beginn der Teilzeitarbeit in schriftlicher Form eingereicht werden, der Arbeitgeber wiederum muss seine Entscheidung dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor Beginn mitteilen. Versäumt er die Frist, verringert sich die Arbeitszeit automatisch zum geplanten Termin. Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeit aufgrund betrieblicher Gründe wieder ändern, der Ankündigungszeitraum hierfür beträgt einen Monat. Eine erneute Arbeitszeitreduzierung kann nach zwei Jahren wieder beantragt werden. Das TzBfG regelt auch den Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung. §9 besagt, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die einen schriftlichen Antrag auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit gestellt haben, bei der Besetzung einer Stelle zu bevorzugen sind.
Zum 1.1.2019 wurde mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts die Einführung der so genannten Brückenteilzeit durchgesetzt. Damit erhalten Beschäftigte in Unternehmen ab 45 Mitarbeiter*innen einen Rechtsanspruch auf eine bis zu fünf Jahre befristete Teilzeit, die nicht spezifisch begründet werden muss. Eine Ausnahme gilt für Unternehmen zwischen 46 und 200 Beschäftigten, die nur einen Antrag pro 15 Mitarbeiter*innen berücksichtigen müssen.
Wie es auch für das bisherige Teilzeitrecht Gültigkeit hatte, ist Voraussetzung für den Anspruch auf Brückenteilzeit, dass das Arbeitsverhältnis seit mindestens sechs Monaten besteht. Ein schriftlicher Antrag auf Brückenteilzeit muss spätestens drei Monate im Voraus erfolgen. Der Gültigkeitsrahmen des Gesetzes (mindestens 45 Mitarbeiter) und die Zumutbarkeitsgrenze (über 46 bis 201 Beschäftigte) haben zu Kritik am Gesetz geführt, weil es einen Großteil der abhängig Beschäftigten ausschließt. Laut der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeiteten Ende 2017 35,6 Prozent der Männer und 42 Prozent der Frauen in Betrieben mit bis zu 45 Beschäftigten und weitere 26,4 Prozent der Männer und 24,9 Prozent der Frauen in Betrieben mit bis zu 200 Beschäftigten. Die Beschäftigtengruppe, die vor allem in Teilzeit arbeitet, hat also seltener Anspruch auf eine Rückkehr zur Vollzeit. Um die sich aus den Schwellenwerten der Betriebsgröße für die Beschäftigten ergebenden Nachteile zumindest etwas aufzufangen, sieht das Gesetz vor, dass alle „Arbeitgeber unabhängig von der Anzahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Wunsch nach Änderung von Dauer und/oder Lage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer zu erörtern hat“. Wird ein Antrag auf Brückenteilzeit aus betrieblichen Gründen abgelehnt, kann ein erneuter Antrag erst nach Ablauf von zwei Jahren gestellt werden. Erfolgt die Ablehnung aufgrund der Zumutbarkeitsregelung, darf der Antrag bereits nach einem Jahr wieder gestellt werden.
Über die aktuelle Nutzung der Brückenteilzeit ist derzeit noch nicht viel bekannt. Eine Umfrage des ifo Instituts und Randstad unter Personalleitern etwa sechs Monate nach Einführung der Brückenteilzeit ergab, dass nur in etwas mehr als einem Drittel der Firmen das neue Instrument genutzt wurde (darunter in drei Prozent „häufig“, in weiteren elf Prozent „gelegentlich“ und in 22 Prozent der Firmen „selten“) (ifo Institut 2019). Weitere Informationen finden Sie auch im Interner Link: Text zum Thema „Ernährermodell“.
Aktuelle Entwicklung und Verbreitung von Teilzeitarbeit
Die Verbreitung von Teilzeitarbeit in Deutschland unterlag in den letzten Jahrzehnten einem starken Wandel und unterscheidet sich sowohl auf regionaler als auch auf individueller und betriebs- bzw. berufsspezifischer Ebene:
Die Entwicklung von Teilzeitbeschäftigung in Deutschland von 1991 bis 2019 – gestiegene Quoten und wöchentliche Arbeitszeiten
Im Jahr 2019 betrug der Anteil der Teilzeitbeschäftigten an allen abhängig Beschäftigten laut Mikrozensus etwa 29,2 Prozent. Die Teilzeitquote der Frauen lag hierbei bei etwa 48 Prozent, die Teilzeitquote der Männer lediglich bei 11,5 Prozent. Der Anteil der Frauen an allen Teilzeitbeschäftigten war mit fast 80 Prozent weit über dem der Männer (20,5 Prozent). Wie in der folgenden Abbildung ersichtlich wird, war die Teilzeitquote aber nicht immer so hoch.
Im Jahr 1991 lag die Teilzeitquote insgesamt noch bei knapp unter 14 Prozent (Männer: 2,1 Prozent, Frauen: 30,2 Prozent). Im Zeitverlauf stieg die Teilzeitquote mit einzelnen Ausnahmen in fast jedem Jahr weiter an, wenn auch der Anstieg insbesondere in den letzten Jahren weniger stark ausgeprägt war. Betrachtet man die Entwicklung zwischen 1991 und 2019 in einer geschlechtervergleichenden Perspektive, so fällt auf, dass die Teilzeitquote der Frauen stets weit über der der Männer lag und dass auch der Anstieg stärker ausfiel.
Nicht nur die Teilzeitquoten haben sich in den letzten drei Jahrzehnten verändert, sondern auch die von Teilzeitbeschäftigten durchschnittlich geleistete Wochenarbeitszeit.
Die Entwicklung der durchschnittlichen Arbeitszeiten Teilzeitbeschäftigter verläuft vergleichsweise unstetig und für Männer und Frauen nicht parallel, was auch die unterschiedliche Zusammensetzung der männlichen und weiblichen Beschäftigtengruppen widerspiegelt. Während die durchschnittliche Stundenanzahl, die Teilzeitbeschäftigte wöchentlich leisten, im Jahr 1991 mit 20 Stunden noch vergleichsweise hoch war, nahm diese sowohl für Männer als auch für Frauen von 1991 bis 2005 zunächst ab. Der anschließende Anstieg der Arbeitsstunden fällt in etwa mit der Einführung des Elterngeldes 2007 zusammen. Allerdings muss hierbei berücksichtig werden, dass eine Umstellung der Erhebungsweise des Mikrozensus 2005 die Zahlen nicht mehr direkt vergleichbar macht. Dieser Anstieg war bei den Frauen stärker und relativ kontinuierlich, während er bei den Männern später stattfand. Insbesondere in den letzten Jahren ist ein Trend zu längeren Arbeitszeiten bei Teilzeitbeschäftigten festzustellen, der wahrscheinlich auch von den Berufsrückkehrerinnen getragen wird, sodass die durchschnittlichen Arbeitszeiten von Teilzeitbeschäftigten im Jahr 2019 bei 19,8 Stunden lag (Frauen 20,5 Stunden, Männer 17,3 Stunden). Auffällig ist dabei, dass sich die Arbeitszeitdifferenz von Frauen und Männern im Zeitverlauf deutlich erhöht hat (1991: 2,7 Wochenstunden; 2019: 3,2 Wochenstunden).
Merkmale von Teilzeitbeschäftigung – Unterschiede auf diversen Ebenen
So wie sich Männer und Frauen unterschiedlich auf Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen verteilen, verteilen sie sich auch geschlechtsspezifisch auf unterschiedliche Berufe (sogenannte horizontale Segregation, vgl. z.B. Achatz 2005). Wenig überraschend ist deswegen auch, dass sich hinsichtlich der Teilzeit auch allgemeine und geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Wirtschaftszweige und Berufe finden lassen. So kann allgemein gesagt werden, dass in den Bereichen in denen der Frauenanteil hoch ist, auch der Teilzeitanteil hoch ausfällt, was insbesondere den Dienstleistungsbereich betrifft, wobei die Teilzeitquote der Frauen in allen Wirtschaftszweigen wesentlich höher ist als die der Männer.
Bei Berufen lassen sich ebenfalls Unterschiede hinsichtlich der Verbreitung von Teilzeitarbeit ausmachen. Insbesondere bei Handelsberufen ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigten hoch. Darüber hinaus ist ein hoher Anteil Teilzeitbeschäftigter bei den versorgungsrelevanten Berufen zu verzeichnen. Diese Bereiche zeichnen sich ebenfalls durch einen vergleichsweise hohen Frauenanteil aus. Unterschiede bestehen auch hinsichtlich der Betriebsgröße: fast die Hälfte aller Teilzeitbeschäftigten arbeitet in Betrieben mit maximal 49 Beschäftigten. Die restlichen Teilzeitbeschäftigten sind gleichmäßig auf mittelgroße mit maximal 249 Beschäftigten und große Betriebe mit mehr als 250 Beschäftigten aufgeteilt (siehe Abschnitt „Rechtliche Grundlagen“).
Der Anteil an Teilzeitbeschäftigungen steht zudem in Zusammenhang mit der Betriebszugehörigkeitsdauer: je länger Personen in einem Betrieb arbeiten, desto seltener arbeiten sie in einem Teilzeitverhältnis. Während knapp über 36 Prozent der erwerbstätigen Personen mit einer Betriebszugehörigkeit von weniger als einem Jahr Teilzeit arbeiten, sind es bei Personen mit einer Betriebszugehörigkeitsdauer von mindestens zehn Jahren nur noch 26,4 Prozent. Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse haben darüber hinaus insgesamt kürzer Bestand als Beschäftigungsverhältnisse in Vollzeit. Im Jahr 2014 wurden beispielsweise 18,5 Prozent der Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse bereits vor Ablauf des ersten Monats beendet (Vollzeit: 12,1 Prozent). Beschäftigungsverhältnisse, die sich 2014 bereits mindestens zwei Jahre oder auch mindestens zehn Jahre im Bestand befanden, waren ebenfalls häufiger im Bereich der Vollzeitbeschäftigung zu finden.
Die Qualifikationsstrukturen innerhalb von Teilzeitbeschäftigungen unterscheiden sich ebenfalls geschlechtsspezifisch. So liegt 2019 sowohl der Anteil der teilzeitbeschäftigten Männer, die einen akademischen Berufsabschluss haben, als auch der Anteil von Männern in Teilzeit ohne Berufsabschluss höher als die jeweiligen Anteile bei den teilzeitarbeitenden Frauen. 67 Prozent der Frauen in Teilzeit verfügen über einen anerkannten Berufsabschluss, bei den teilzeitbeschäftigten Männern sind es lediglich 44 Prozent.
Das gleiche Phänomen lässt sich auch hinsichtlich der beruflichen Stellungen (z.B. einfache, mittlere, höhere und gehobene Angestellte) beobachten. Je höher die berufliche Stellung ist, desto geringer ist auch der Anteil an Teilzeitbeschäftigungen innerhalb dieser. Zudem hatten im Jahr 2014 lediglich 9 Prozent aller Führungskräfte in Deutschland eine Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 30 Stunden inne. Eine wesentliche Rolle hierbei spielt auch eine nach wie vor etablierte Unternehmenskultur, in welcher Anwesenheit mit Leistung gleichgesetzt und Teilzeitarbeitenden fälschlicherweise z.B. weniger Ambitionen, Engagement und Flexibilität zugesprochen werden.
Unterschiede finden sich zudem hinsichtlich der Entlohnung. Im Vergleich zur Vollzeitbeschäftigung sind die Bruttostundenlöhne der Teilzeitbeschäftigten unabhängig von den jeweiligen Leistungsgruppen niedriger. Innerhalb der Teilzeitbeschäftigten lassen sich wesentliche Unterschiede in den Bruttostundenverdiensten von Männern und Frauen in allen Leistungsgruppen finden. So fallen die Verdienste der Frauen beispielsweise im Dienstleistungsbereich und im Produzierenden Gewerbe deutlich geringer aus als die der Männer, auch wenn man nach einzelnen Leistungsgruppen differenziert. Zudem sind teilzeitbeschäftigte Frauen seltener in den höheren Leistungsgruppen vorzufinden als teilzeitbeschäftigte Männer.
Teilzeitbeschäftigung im Lebensverlauf
Weibliche Teilzeitarbeit ist abhängig von der aktuellen Lebensphase oder Haushaltssituation - und das auch gegen Ende des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts. Dagegen bleiben die Arbeitszeiten der Männer davon nahezu unbeeinflusst (siehe Abbildung unten).
Erwerbstätigkeit von Müttern wird stark durch das Alter des jüngsten Kindes beeinflusst. Während die Frauenerwerbstätigenquote mit höherem Alter des jüngsten Kindes steigt, bleibt der Anteil der Mütter, die Teilzeit arbeiten unabhängig davon sehr hoch, was wohl auch daran liegen mag, dass Frauen nicht nur stärker für die Kinderbetreuung verantwortlich sind, sondern auch für die Pflege Angehöriger. So waren im Jahr 2019 32,8 Prozent der Mütter, deren jüngstes Kind unter drei Jahre alt war, aktiv erwerbstätig, davon 72,5 Prozent in Teilzeit. Wenn das jüngste Kind zwischen 3 bis 6 Jahre alt ist, liegt der Anteil der aktiv erwerbstätigen Mütter bei 66,3 Prozent, die ungleiche Aufteilung in Voll- und Teilzeitbeschäftigungen bleibt aber unverändert. Ab dem sechsten Lebensjahr des jüngsten Kindes liegt die Frauenerwerbstätigenquote bei über 70 Prozent, der darauf bezogene Anteil der aktiv teilzeiterwerbstätigen Frauen aber ebenfalls. Der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen an allen aktiv erwerbstätigen Frauen liegt bei einem Maximalwert von knapp unter 40 Prozent, wenn das jüngste Kind zwischen 15 und 18 Jahren alt ist. Einen weiteren relevanten Aspekt stellt die Anzahl der Kinder dar. Eine höhere Anzahl an Kindern ist ebenfalls mit einer höheren Teilzeitquote, allerdings wieder insbesondere bei Müttern, assoziiert. Der Anteil der teilzeitbeschäftigten Väter steigt zwar auch je mehr Kinder vorhanden sind, allerdings vergleichsweise geringfügig. So üben bei mindestens drei Kindern immerhin 9,5 Prozent der Väter eine Teilzeitbeschäftigung aus. Teilzeitarbeit hat durchgängig eine untergeordnete Rolle für Väter. Sowohl die Erwerbstätigenquote als auch der Anteil der vollzeitbeschäftigten Väter liegt auf einem durchgängig sehr hohen Niveau. Teilzeitarbeit spielt bei Männern dagegen bei Arbeitsmarkteintritt (z.B. parallel zum Studium) oder vor der Rente (z.B. Altersteilzeit) eine vergleichsweise größere Rolle.
Die Effekte der lebensphasenspezifischen Teilzeitarbeit lassen sich eingängig anhand der mittleren Arbeitszeiten illustrieren (siehe folgende Abbildung). Zwar arbeiten Männer in jeder Lebensphase länger als Frauen, aber die Unterschiede sind vergleichsweise gering bei Männern und Frauen, die noch keine festen Partnerschaften eingegangen sind bzw. keinen gemeinsamen Haushalt gegründet haben. Das typische Badewannenmuster in der grafischen Abbildung ergibt sich durch das dramatische Abfallen der durchschnittlichen Arbeitszeiten von Frauen in den Lebensphasen, in denen Kinder im Haushalt leben. Dieses wiederum kommt durch den hohen Teilzeitanteil von Müttern zustande. Dagegen weisen Väter etwas höhere Arbeitszeiten als Männer ohne Kinder im Haushalt auf, wobei die Arbeitszeiten insgesamt bis kurz vor dem Eintritt in die Rentenphase vergleichsweise stabil sind.
Gründe für Teilzeitbeschäftigung
Die Dauer der Erwerbsarbeitszeit gibt dem Alltag Struktur, indem sie vorgibt, wie viel Zeit jenseits der Erwerbsarbeit für Familie, Freizeit, Pflege, Hobbies, Bildung, Ehrenamt und nicht zuletzt Regeneration zur Verfügung steht. Zum anderen ist die Dauer der Arbeitszeit, wie oben schon angeklungen ist, eng mit der Höhe des Verdienstes, der beruflichen Weiterentwicklung und nicht zuletzt und auch mit der Höhe der zu erwartenden Altersrente verbunden. Männer und Frauen geben im Allgemeinen unterschiedliche Gründe für die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung an, wobei das generelle Muster zeitlich stabil ist. 28 Prozent der Frauen geben an, dass sie aufgrund von Kinderbetreuung Teilzeit arbeiten, weitere 18 Prozent geben andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen an. Im Vergleich dazu geben nur vier Prozent der Männer an, aufgrund von Kinderbetreuung und sieben Prozent aufgrund von familiären und persönlichen Verpflichtungen Teilzeit zu arbeiten. Der wichtigste Grund für Männer, Teilzeit zu arbeiten, ist dagegen Aus- und Weiterbildung (25 Prozent), 13 Prozent geben an, eine Vollzeitbeschäftigung sei nicht zu finden gewesen und sieben Prozent arbeiten aufgrund von Unfall, Krankheit oder Behinderung in einer Teilzeitform. Bei Frauen spielt dagegen Aus- und Weiterbildung nur eine untergeordnete Rolle für die Entscheidung für Teilzeitarbeit (sieben Prozent). Acht Prozent geben an, eine Vollzeitstelle nicht gefunden zu haben und weitere drei Prozent haben sich aufgrund von gesundheitlichen Erwägungen für Teilzeit entschieden. Unabhängig vom Vorhandensein von Kindern zeigt sich in einer Studie von Sperber und Walwei aus dem Jahr 2017, dass vor allem dann häufiger in Teilzeit gearbeitet wird, „wenn es einen weiteren Erwerbstätigen im Haushalt gibt“, und zwar unabhängig von der Existenz von Kindern im Haushalt.
Die starke Beschränkung von Frauen auf Teilzeitarbeitsplätze hängt aber nicht nur mit persönlichen, aus der aktuellen Lebenslage resultierenden Entscheidungen zusammen. Vielmehr fokussieren Familien-, Arbeits-, Sozial- und Einkommenssteuerrecht nach wie vor stark auf das so genannte (modifizierte) Ernährermodell [an HB: hier Link setzen zu https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/arbeitsmarktpolitik/306053/ernaehrermodell], und setzen so Verhaltens- bzw. Teilzeitanreize. Das gilt in besonderem Maße für die Ressourcenverteilung, die im Rahmen des Steuersystems und Ehegattensplittings dann besonders günstig ausfällt, wenn ein Ehepartner*in ein deutlich geringeres Einkommen aufweist, als der andere (weiterführend siehe Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung 2017). Daneben werden aber stets auch die Ausgestaltung des Sozialversicherungssystems und hier insbesondere die Möglichkeit der kostenlosen Mitversicherung in der Krankenversicherung für nicht-erwerbstätige Familienmitglieder und die Kinderbetreuungsinfrastruktur als Gründe für die eingeschränkte Erwerbsteilhabe von Frauen diskutiert. Aktuelle, auch international vergleichende Forschungsergebnisse zeigen beispielsweise, dass Frauen dann höhere Arbeitszeiten aufwiesen, wenn sie in Ländern mit egalitäreren Steuergesetzen leben und die herrschende Geschlechterkultur nicht traditionell ist (siehe Hipp/ Leuze 2014; Kümmerling/ Postels 2020).
Ein Blick über den Tellerrand: Wie wird in anderen Ländern gearbeitet?
Im Kontext des deutschen Wohlfahrtsstaats mit seinem traditionell starken Familienernährer-Leitbild, das sich aktuell in der Variation „Zuverdienst-Modell“ ausprägt, erscheint die hohe Teilzeitquote unter Frauen und die damit verbundene geringe durchschnittliche Wochenstundenanzahl der Preis für eine hohe Frauen- und Müttererwerbsquote. Die Einbindung von Frauen und Müttern in den Arbeitsmarkt muss aber nicht notwendigerweise durch ein geringes Stundenvolumen erfolgen (siehe nachfolgende Tabelle). Die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten variiert im europäischen Vergleich stark. Während in den Niederlanden jeder zweite Erwerbstätige in einer Teilzeitform arbeitet, sind es in Bulgarien insgesamt nicht einmal zwei Prozent der Beschäftigten. Insgesamt ist Teilzeitarbeit in den Ländern Nord- und Westeuropas deutlich verbreiteter als in Süd-Ost-Europa. Interessanterweise sind in diesen Ländern auch die Geschlechterunterschiede in der Teilzeitarbeit am stärksten ausgeprägt. Am höchsten sind sie in den Niederlanden, Österreich und Deutschland, fast gar nicht vorhanden dagegen in Bulgarien und Rumänien.
Die Bewertung dieser Unterschiede ist vor dem Hintergrund der unterschiedlichen politischen und ökonomischen Situation in den Ländern schwierig. Denn oftmals hängt die mangelnde Nutzung von Teilzeitarbeit nicht mit einer persönlichen Präferenz zusammen, sondern mit der Tatsache, dass es kein Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen von den Unternehmen gibt. Dies kann in der Konsequenz dazu führen, dass insbesondere Müttern der Wiedereinstieg in den Beruf erst spät oder überhaupt nicht mehr gelingt. Auf der anderen Seite kann wiederum eine „erzwungene“ Vollzeitarbeit aller Familienmitglieder zu starker zeitlicher Belastung und Stress führen. Fakt ist aber, dass die Einbindung von Frauen und Müttern in den Arbeitsmarkt unterschiedlich gut gelingt, wie auch folgende Tabelle zeigt:
Ausblick
Teilzeitarbeit hat für die Beschäftigten Vor- und Nachteile. Die Vorteile liegen in einer individuelleren zeitlichen Gestaltung des Erwerbslebens und einer besseren Vereinbarkeit von Sorgearbeit aber auch privaten Interessen und beruflichen Verpflichtungen; die Nachteile betreffen die eigene finanzielle Absicherung, verminderte berufliche Entwicklungen und das Risiko der (Alters-)Armut. Aktuell wird dieses Risiko vor allem von Frauen getragen. Aber, wie im Gutachten der Sachverständigenkommission für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung formuliert wird, „auch für Männer bringt die geschlechterstereotype Arbeitsteilung Einschränkungen in ihren Verwirklichungschancen mit sich“. In diesem Zusammenhang wird von der Sachverständigenkommission das „Erwerb-und-Sorge-Modell“ vorgeschlagen, das eine gleichberechtigte Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit ermöglichen soll. Gesetzliche (oder tarifliche) Regelungen, die dazu beitragen, den Rahmen von Teilzeitarbeit zu definieren und diese zeitlich zu begrenzen, können dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.
Dr. Angelika Kümmerling ist Soziologin und seit 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsabteilung „Arbeitszeit und Arbeitsorganisation“ am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören die Themenfelder Arbeitszeiten, Vereinbarkeit und Entgrenzung, wobei sie besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der Arbeitszeit in einer sich verändernden Arbeitswelt legt. In diesen Themengebieten hat sie mehrere nationale und international vergleichende Projekte durchgeführt und geleitet.
Vanessa Schmieja ist Soziologin und seit 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsabteilung „Arbeitszeit und Arbeitsorganisation“ am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen beschäftigt. Zuvor war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Bergischen Universität Wuppertal tätig, wo sie aktuell auch promoviert. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung und der Gestaltung von gesundheitsgerechten Arbeitsbedingungen.