Der Arbeitsmarkt in Europa ist von einer starken Heterogenität in den einzelnen Mitgliedstaaten geprägt. Nach Jahren des Wachstums und der wirtschaftlichen Erholung stellen nun geopolitische, demografische und ökologische Entwicklungen sowie die Corona-Pandemie die Europäische Union vor neue Herausforderungen.
Aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 geriet der Arbeitsmarkt in der Europäischen Union über Jahre in eine massive Schieflage, geprägt von hoher Erwerbslosigkeit und einer hohen Jugenderwerbslosigkeit. Obwohl sich der Arbeitsmarkt seitdem wieder erholte, ist er auch heute noch von einer starken Heterogenität geprägt. Während einzelne Mitgliedsstaaten auch 2019 noch Erwerbslosenquoten bis zu 17 Prozent verzeichneten, lag der Anteil der Erwerbslosen in zehn Mitgliedsstaaten sogar unter vier Prozent. Nach Jahren des Wachstums und der wirtschaftlichen Erholung stellen nun geopolitische, demografische und ökologische Entwicklungen sowie die Pandemie des Coronavirus die Europäische Union vor neue Herausforderungen.
Arbeitslosigkeit
Im Dezember 2019 lag die Erwerbslosenquote in der Europäischen Union (EU) bei 6,7 Prozent. Die Erwerbslosenquote war seit 2013 in den 27 Mitgliedstaaten der EU (EU-27, ohne Großbritannien) jedes Jahr gesunken. Dieser Entwicklung ging ein Anstieg der Erwerbslosigkeit infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 voraus. Während im Dezember 2019 rund 14 Millionen in der EU-27 erwerbslos waren, traf dies Ende des Jahres 2013 auf knapp 24 Millionen Menschen zu. 2013 lag die Erwerbslosenquote gemäß Daten der Europäischen Statistikbehörde Eurostat im Dezember 2013 noch bei 11,4 Prozent.
Die Arbeitsmarktkrise infolge der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise traf die einzelnen Mitgliedsstaaten dabei sehr unterschiedlich. Während Griechenland, Portugal, Spanien und Italien stark unter ihr litten, blieb die Lage beispielsweise in Deutschland, Österreich, Luxemburg und den Niederlanden sehr stabil. Entsprechend heterogen verlief auch die Arbeitsmarktentwicklung. In Deutschland, Österreich, Luxemburg und den Niederlanden ging die Erwerbslosenquote in den darauffolgenden Jahren deutlich zurück. Im Dezember 2013 lag sie in diesen Ländern bei um die fünf Prozent. Die südlichen Krisenstaaten hingegen erreichten Werte zwischen 13 und 27 Prozent.
Arbeitsmarktstatistik der Europäischen Union: Eurostat
Externer Link: Eurostat ist das statistische Amt der Europäischen Union mit Sitz in Luxemburg. Es wurde 1953 für die Zwecke der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) gegründet. Im Laufe der Jahre verbreiterte sich sein Aufgabengebiet und mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1958 wurde es zu einer Generaldirektion (GD) der Europäischen Kommission. Die Hauptaufgabe von Eurostat ist es, andere Generaldirektionen mit Statistiken zu versorgen sowie der Kommission und anderen europäischen Institutionen Daten für Konzeption, Durchführung und Analyse der Gemeinschaftspolitik zu liefern.
Die international vergleichbaren Arbeitsmarktdaten von Eurostat ermöglichen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten das Monitoring und Benchmarking der nationalen Arbeitsmarktsituation. „Arbeitsmarktstatistiken werden dazu eingesetzt, um die Europa 2020-Strategie und die Europäische Beschäftigungsstrategie zu verfolgen und werden dem Bedarf der Wirtschafts- und Währungspolitik in der Europäischen Union gerecht“, heißt es auf der Eurostat-Website. Die monatlichen Arbeitslosenquoten gehören, gemeinsam mit dem Arbeitskostenindex und den vierteljährlichen Statistiken der offenen Stellen, zu den „wichtigsten Europäischen Wirtschaftsindikatoren" (WEWI). Sie liefern Kerninformationen zur Konjunkturanalyse und für politische Entscheidungen.
Im Unterschied zu den nationalen Arbeitsmarktzahlen, die mittels Vollerhebung aus Registerdaten ermittelt werden, basiert die Arbeitsmarktstatistik von Eurostat auf einer Stichprobenerhebung, der so genannten Arbeitskräfteerhebung (Labour Force Survey). Die Definition von Erwerbslosigkeit und Erwerbstätigkeit folgt dem Konzept der International Labour Organization (ILO). Dieses weicht wesentlich von der Systematik der Bundesagentur für Arbeit (BA), die die nationale Arbeitslosenquote in Deutschland herausgibt, ab. So fällt die Arbeitslosenzahl der BA beispielsweise regelmäßig deutlich höher aus, als die Erwerbslosenzahl von Eurostat.
Von 2013 bis 2019 nahm die Zahl der Erwerbslosen in der EU-27 um fast zehn Millionen ab. Doch obwohl in allen Mitgliedsstaaten in der EU die Erwerbslosenquote in diesem Zeitraum sank, fiel der Rückgang der Erwerbslosigkeit nicht in allen Mitgliedsstaaten der EU gleich groß aus. So reicht die Spanne des Rückgangs in der Erwerbslosenquote von -71,4 Prozent in der Tschechischen Republik bis zu -5,1 Prozent in Luxemburg.
Im Gesamtbild zeigt sich, dass Mitgliedsstaaten, die einen geringeren Rückgang der Erwerbslosigkeit verzeichneten, bereits 2013 eher eine unterdurchschnittlich hohe Erwerbslosenquote meldeten. Umgekehrt gilt aber nicht, dass Mitgliedsstaaten mit einer hohen Erwerbslosenquote im Dezember 2013 in den folgenden Jahren einen überdurchschnittlich starken Rückgang der Erwerbslosigkeit verzeichneten. Darüber hinaus existieren mit Griechenland und Spanien zwei Beispiele für Staaten mit einem sehr hohen Niveau der Erwerbslosenquote in 2013, bei denen das Ausmaß des Rückgangs etwa im EU-Durchschnitt lag. Demnach zeigt sich also, dass die positive Entwicklung der Erwerbslosenquote in einzelnen Staaten nicht mit einer prekären Ausgangslage erklärt werden kann.
Im November 2020 war die Erwerbslosenquote laut Eurostat in der Tschechischen Republik (2,9 Prozent), Polen (3,3 Prozent) und den Niederlanden (vier Prozent) am niedrigsten. Die höchsten Werte wurden für Griechenland (16,2 Prozent), Spanien (16,1 Prozent) und Litauen (10,4 Prozent) gemeldet. Die Zahlen verdeutlichen einmal mehr, dass trotz der Existenz eines EU-weiten Binnenmarktes kein homogener EU-Arbeitsmarkt besteht.
Erwerbstätigkeit
Auch die Erwerbsbeteiligung in der EU-27 hat sich seit 2013 positiv entwickelt. Während die Erwerbstätigenquote im EU-Durchschnitt bis 2013 auf nur noch 67,5 Prozent gesunken war, stieg sie in den folgenden Jahren auf bis 73,1 Prozent im Jahr 2019.
Die Beschäftigungspolitik der Europäischen Union
Im Bereich der Beschäftigungspolitik hat die Europäische Union koordinierende Aufgaben, die sie mittels der Festlegung von Leitlinien umsetzt. Die ersten beschäftigungspolitischen Leitlinien verabschiedete der Europäische Rat im November 1997. Die Europäische Beschäftigungsstrategie (EBS) wurde auf dem Beschäftigungsgipfel in Luxemburg ins Leben gerufen. Im Rahmen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung wurde sie geändert und fand in neuer Form Eingang in die Grundzüge der Europäischen Union. Die Europäische Beschäftigungsstrategie zielt darauf ab, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. Sie ist zentraler Bestandteil der wirtschaftlichen Zehnjahresstrategie Europa 2020, der Wachstumsstrategie der EU für die Dekade ab 2010. Europa 2020 formuliert unter anderem das Ziel einer 75-prozentigen Erwerbsbeteiligung der 20- bis 64-Jährigen. Dieses Ziel soll erreicht werden, indem junge Menschen, ältere Arbeitnehmer, gering qualifizierte Arbeitskräfte und legale Migranten besser am Erwerbsleben beteiligt werden.
Beschäftigungspolitische Leitlinien entsprechen dem System der Offenen Methode der Koordinierung. In ihrem Rahmen werden gemeinschaftlich politische Ziele definiert, deren Umsetzung in den Zuständigkeitsbereich der Nationalstaaten fällt. Die politischen Maßnahmen und die damit erreichten Ergebnisse unterliegen allerdings dem Monitoring und Benchmarking durch die EU. Hintergrund ist die Bestrebung des Lernens von Best Practices in den einzelnen Mitgliedstaaten.
Die seit 2018 gültige Version soll die Leitlinien mit der europäischen Säule sozialer Rechte harmonisieren. Die Leitlinien sind im originalen Wortlaut:
Ankurbelung der Nachfrage nach Arbeitskräften, vor allem durch Empfehlungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und gerechtere Arbeitsbesteuerung und Lohnfestsetzung.
Verbesserung des Arbeitskräfteangebots und der Qualifikationen durch Behebung struktureller Schwächen in der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie der Verringerung der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit.
Verbesserung der Funktionsweise der Arbeitsmärkte vor allem durch Abbau der Segmentierung des Arbeitsmarkts sowie Verbesserung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und der Arbeitskräftemobilität.
Fairness, Armutsbekämpfung und Chancengleichheit für alle.
Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten differieren die Anteile wiederum sehr deutlich. So erreichte der Spitzenreiter Schweden 2019 eine Erwerbstätigenquote von 82,1 Prozent und übertrifft das Europa 2020-Ziel damit um sieben Prozentpunkte. Auch Deutschland hat die Zielvorgabe übererfüllt. 2019 lag der Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung der entsprechenden Altersgruppe gemäß ILO-Konzept bei 80,6 Prozent, Platz zwei im EU-27-Vergleich. 17 der 27 EU-Mitgliedsstaaten haben die 75-Prozent-Marke ebenfalls überschritten. Sechs Mitgliedsstaaten erreichten eine Erwerbstätigenquote von über 70 Prozent. Demgegenüber liegen die Erwerbstätigenquoten in vier Mitgliedsstaaten wiederum sehr viel niedriger. Zu ihnen gehören neben Kroatien (66,7 Prozent) auch die von der Wirtschafts- und Finanzkrise besonders stark betroffenen Mitgliedsstaaten Spanien (68 Prozent), Italien (63,5 Prozent) und Griechenland (61,2 Prozent).
Problemgruppen am Arbeitsmarkt
Am 17. November 2017 wurde auf dem Sozialgipfel für faire Arbeitsplätze und Wachstum in Göteborg die Externer Link: Europäische Säule sozialer Rechte verkündet. In ihr werden in drei Kapiteln (1. Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, 2. Faire Arbeitsbedingungen und 3. Sozialschutz und soziale Inklusion) 20 Grundsätze und Rechte für den Arbeitsmarkt in der EU festgeschrieben. Zur Chancengleichheit heißt es dort: „Unabhängig von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung hat jede Person das Recht auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit im Hinblick auf Beschäftigung, sozialen Schutz, Bildung und den Zugang zu öffentlich verfügbaren Gütern und Dienstleistungen.“ Bestimmte Personengruppen haben es am Arbeitsmarkt deutlich schwerer als andere. Zu ihnen gehören beispielsweise Jugendliche, Ältere und Langzeitarbeitslose.
Jugendarbeitslosigkeit
EU-weit sind Jugendliche stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als die Gesamtbevölkerung. Die Erwerbslosenquote der 15- bis 24-Jährigen lag im Dezember 2019 in der EU-27 bei 15 Prozent, mehr als doppelt so hoch wie die der gesamten Erwerbsbevölkerung. In den Jahren nach der Wirtschafts- und Finanzkrise stieg die Jugendarbeitslosigkeit, vor allem in den südlichen EU-Mitgliedstaaten, stark an und erreichte 2013 ihren Höhepunkt: In Griechenland und Spanien waren im Dezember 2013 über die Hälfte aller Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren erwerbslos, in Italien erreichte die Erwerbslosenquote der jungen Generation über 40 Prozent, in Portugal rund 35 Prozent. Demgegenüber standen wiederum sehr niedrige Werte von 8 bis 10 Prozent in Deutschland, Österreich und den Niederlanden.
Auch im Dezember 2019 war die Jugenderwerbslosigkeit in Griechenland, Spanien und Italien noch deutlich erhöht. In diesen Staaten war jeweils ca. ein Drittel in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren erwerbslos. Insgesamt ist die Jugenderwerbslosigkeit in allen Mitgliedsstaaten – mit Ausnahme von Luxemburg – von 2013 bis 2019 gesunken. Die geringste Erwerbslosenquote für die Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen im Dezember 2019 gab es Eurostat zufolge in Tschechien (5,6 Prozent), Deutschland (5,8 Prozent) und der Niederlande (6,7 Prozent).
Arbeitslosigkeit Älterer
Anlässlich des Europäischen Rates in Stockholm von 2001 setzte sich die Europäische Union das Ziel einer Steigerung der Beschäftigungsquote älterer Menschen zwischen 55 und 64 Jahren auf 50 Prozent bis zum Jahr 2010. Auch im Rahmen von Europa 2020 waren Ältere wieder explizite Zielgruppe der Wachstumsstrategie, diesmal allerdings ohne eine bestimmte Zielquote zu nennen.
2010 lag die Erwerbstätigenquote der älteren Bevölkerung EU-27-weit bei nur 44,7 Prozent. Bis 2019 wuchs die Quote allerdings auf 59,1 Prozent. Zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten differieren die Werte wiederum stark. So erreichen die Spitzenreiter bei der Erwerbsbeteiligung der älteren Menschen Werte 2019 über 70 Prozent, darunter Schweden mit 77,7 Prozent, Deutschland mit 72,7 Prozent und Estland mit 72,5 Prozent, während in Staaten wie Luxemburg, Griechenland und Kroatien lediglich zwischen 43,1 und 43,9 Prozent der Bevölkerung im entsprechenden Alter erwerbstätig sind.
Langzeiterwerbslosigkeit
Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise nahm auch die Langzeiterwerbslosigkeit in der EU deutlich zu. 2013 und 2014 betrug der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Erwerbspersonen in der EU-27 5,5 Prozent – ein historischer Höchstwert. Seitdem hat aber auch die Langzeiterwerbslosigkeit wieder abgenommen und lag im Jahr 2019 noch bei 2,8 Prozent, was ca. 5,9 Millionen Menschen entspricht. Zum Vergleich: 2013 gab es in der EU-27 11,4 Millionen Langzeiterwerbslose. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen lag in der EU-27 in 2019 bei 41,4 Prozent. Damit zählte mehr als ein Drittel der Erwerblosen in der Europäischen Union zu den Langzeiterwerbslosen.
Unter den Mitgliedstaaten weist Griechenland mit 12,2 Prozent im Jahr 2019 den mit Abstand höchsten Anteil Langzeiterwerbsloser an der Erwerbsbevölkerung auf. Es folgen Italien mit 5,6 Prozent und Spanien mit 5,3 Prozent. Die niedrigsten Anteile von Langzeiterwerbslosen finden sich in der Tschechischen Republik mit 0,6 Prozent, Polen mit 0,7 Prozent und schließlich Dänemark mit 0,8 Prozent.
Aktuelle Herausforderungen der Europäischen Beschäftigungspolitik
Die zentralen Herausforderungen am Europäischen Arbeitsmarkt benennt die Europäische Kommission in ihrem aktuellen Jahreswachstumsbericht (JWB) 2020. Er beschreibt die wirtschaftliche und soziale Lage in Europa und legt die politischen Prioritäten der EU für das kommende Jahr dar. Die wichtigste Herausforderung für die europäische Wirtschaft liege zum jetzigen Zeitpunkt in der Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft, heißt es dort. Die Europäische Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sei strukturellen Veränderungen ausgesetzt, die sich aus dem Klimawandel, technologischem Fortschritt und der demografischen Entwicklung einer alternden Gesamtbevölkerung ergeben. Daher plädiert die Kommission für die Umsetzung des „europäischen Green Deal“, der (ökologisch) nachhaltige Wachstumsziele formuliert.
Trotz der zurückliegenden Jahre des Wirtschaftswachstums ergeben sich nach Einschätzung der Kommission darüber hinaus Risiken aus den globalen handelspolitischen Spannungen und geopolitischer Unsicherheit. Es ist unstrittig, dass diese Risiken unter anderem aus den angespannten Handelsbeziehungen mit den USA in den letzten Jahren einerseits aber auch aus dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (umgangssprachlich „Brexit“) hervorgehen. Auch ein dreiviertel Jahr nach dem Austritt am 1. Februar 2020 gibt es aktuell (November 2020) noch keinen Konsens zwischen der EU und Großbritannien über die Ausgestaltung der zukünftigen (Handels-)Beziehungen.
QuellentextAuszug aus der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 (Jahreswachstumsbericht) der EU-Kommission
„Wirtschaftswachstum ist kein Selbstzweck. Vielmehr muss die Rechnung für die Menschen und den Planeten aufgehen. Die Klima- und Umweltproblematik, der technologische Fortschritt und der demografische Wandel werden unsere Gesellschaften von Grund auf verändern. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten müssen jetzt mit einem neuen Wachstumsmodell auf diese strukturellen Veränderungen reagieren, das die Begrenztheit unserer natürlichen Ressourcen respektiert und gleichzeitig die Schaffung von Arbeitsplätzen und anhaltenden Wohlstand für die Zukunft gewährleistet. Die europäische Wirtschaft hat die Jahre, in denen es vor allem um die Bewältigung der Finanzkrise ging, erfolgreich hinter sich gelassen. Sie befindet sich nun im siebten Wachstumsjahr in Folge, doch die außenwirtschaftlichen und geopolitischen Aussichten trüben sich ein, die Unsicherheit ist hoch, und Europa scheint eine Phase gedämpften Wachstums und niedriger Inflation bevorzustehen.“
Entwicklung der Erwerbslosigkeit infolge der Corona-Pandemie
Des Jahreswachstumsbericht 2020 wurde am 17.12.2020 veröffentlicht und konnte daher nicht die Auswirkungen der Pandemie des neuartigen Coronavirus im Jahr 2020 berücksichtigen. Ausgehend von der Entwicklung während der Wirtschafts- und Finanzkrise und der derzeitig stark ausgeprägten Heterogenität der einzelnen nationalen Arbeitsmärkte ist davon auszugehen, dass auch die Pandemie die einzelnen Staaten unterschiedlich stark treffen wird. Hierzu kommt als weiterer Faktor, dass auch die Pandemie selbst in den einzelnen Staaten in sehr unterschiedlichem Maße hinsichtlich der Fall- und Todeszahlen aufgetreten ist. Erste Erhebungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen bereits, dass sich die arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Reaktionen der Nationalstaaten auf die Corona-Krise sehr stark voneinander unterscheiden. Es sei davon auszugehen, dass nicht nur die politischen Reaktionen in der Krise, sondern auch die arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen vor der Krise (z.B. soziale Sicherungssysteme, Struktur der Beschäftigungsverhältnisse) bei den Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt eine Rolle spielen werden (die Publikation finden Sie unter „Quellen/Literatur“).
ist Politikwissenschaftlerin, seit Juni 2020 Beraterin in der Abteilung Arbeitsgestaltung und Fachkräftesicherung bei der G.I.B. mbH. Zuvor war sie von April 2017 bis Mai 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung der Hochschule Koblenz (ISAM) und verantwortliche Redakteurin von Externer Link: O-Ton Arbeitsmarkt.
ist Professor für Volkswirtschaftslehre, Sozialpolitik und Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz. E-Mail Link: sell@hs-koblenz.de
Sabrina Bersheim ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) der Hochschule Koblenz. Die Politikwissenschaftlerin beschäftigt sich hauptsächlich mit Fragen der Arbeitsmarktpolitik und -statistik und leitet die Redaktion "O-Ton Arbeitsmarkt. die alternative Berichterstattung" (Externer Link: www.o-ton-arbeitsmarkt.de).