Nachfolgend werden einige gängige Kennziffern der Vermögensverteilung behandelt sowie a) einige zentrale Befunde zur Vermögensverteilung vorgestellt. Gleichzeitig wird b) die Notwendigkeit des Rückgriffs auf verschiedene Datenquellen deutlich (vgl. "
Verteilungskennziffern im Vergleich Vermögensverteilung
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Für die Messung der Vermögensverteilung werden weitgehend die gleichen Verteilungsmaße wie bei den Einkommen benutzt. Im vorliegenden Text werden aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die gängigsten Kennziffern verwendet.
Verteilung der individuellen Nettovermögen in Deutschland (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Wie dieser Abbildung zu entnehmen ist (untere Linie, linke Skala), schwankt der Gini-Koeffizient im gesamten betrachteten Zeitraum. Er ist zwischen den Jahren 2002 und 2007 angestiegen und liegt im Jahr 2017 mit einem Wert von 0.78 in etwa wieder gleich hoch wie in den Jahren 2002 und 2012. Wobei die 0,78 ein deutlich unterschätzter Wert ist (vgl. Schröder u.a. 2020). Der Rückgang der am Gini-Koeffizienten gemessenen Ungleichheit der Individuellen Nettovermögen zwischen 2007 und 2017 ist ebenso wie der Anstieg in der Fünfjahresperiode zuvor statistisch signifikant.
Die obere Linie in der Abbildung enthält die Werte für das 90:50 Verhältnis der individuellen Nettovermögen (rechte Skala). Wegen des hohen Anteils von Personen bzw. Haushalten mit keinen oder sogar negativen Vermögen wird das 90/50-Verhältnis verwendet, um eine Division durch Null oder eine negative Zahl zu vermeiden. Das Ergebnis: "Das 90/50-Verhältnis lag im Jahr 2017 bei 13,2 und hat sich gegenüber den Vorjahren nicht signifikant verändert.
Die Zahlen weisen eine relativ hohe Stabilität auf und deuten auf eine sehr hohe, im Betrachtungszeitraum trotz der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 kaum veränderte Ungleichverteilung hin. Der Gini-Koeffizient ist beispielsweise nach der Krise sogar leicht gesunken, davor aber auch gestiegen.
Verteilung des individuellen Nettovermögens (pro Person) 2002 – 2017 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Betrachtet man die Verteilung des individuellen Nettovermögens (pro Person) im Zeitraum von 2002 bis 2017 (Datenquelle SOEP) zeigt sich folgendes Bild: Die vermögensreichsten 10 Prozent aller Personen verfügen laut dieser Datenquelle im Jahr 2017 über 59,1 Prozent der individuellen Vermögen. In der Hand von der Hälfte der Bevölkerung finden sich dagegen saldiert gerade einmal 0,7 Prozent des gesamten Nettovermögens. Diese Zahlen stellen noch dazu nur eine Untergrenze der tatsächlichen Ungleichverteilung dar, da die wirklichen Spitzenvermögen und Teile der sehr stark konzentrierten Betriebsvermögen auch mit dem um sehr hohe Vermögen erweiterten SOEP nicht ausreichend erfasst sind.
Eine andere Betrachtungsweise ist die Verteilung der Vermögen auf Haushalte. Im 6. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung werden dazu – basierend auf den Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe – Ergebnisse ausgewiesen (vgl. Verteilung des Nettovermögens der Haushalte 1998 – 2018).
Verteilung des Nettovermögens der Haushalte 1989 – 2018 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
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Zu erkennen ist, dass im Jahr 2018 die Haushalte im obersten Dezil, also 10 % der Haushalte etwa 50 % des gesamten Vermögens auf sich vereinigen. Nimmt man die Personen im 9. und 8. Dezil hinzu, dann lässt sich feststellen, dass 30 % der Haushalte über knapp 85 % des gesamten Vermögens verfügen. Im Umkehrschluss heißt das, dass 70 % der Haushalte nur 15 % des Vermögens besitzen. In der Abbildung kaum sichtbar ist, weil die Anteile zu klein sind, dass die unteren 20 % der Haushalte (1. bis 2. Dezil) überhaupt kein Vermögen besitzen. Im untersten Dezil kommt es sogar zu einem „Negativvermögen“, hier überwiegen die Schulden. Verfolgt man die Entwicklung seit dem Jahr 1998, so ist unübersehbar, dass die obersten 10 % der Haushalte, also die vermögensstärksten Haushalte, zwar bis zum Jahr 2008 steigende Anteile am Gesamtvermögen auf sich vereinigten, ihr Anteil seitdem aber leicht rückläufig ist. Für die anderen Dezile ist die Entwicklung ihres Anteils seit dem Jahr 2003 wenig dynamisch: die Schwankungen der Werte sind nur äußerst geringfügig.
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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.
Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee, verstorben 2021, war Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.