Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland verfügt nur über geringe oder keine Vermögensbestände und ein erheblicher Teil hat vor allem Schulden. Können die Vermögensbestände erfasst werden und kann erfasst werden, wo sie sich konzentrieren?
Um aussagekräftige Informationen zur Vermögensverteilung zu erhalten, ist es erforderlich, die vorhandenen Daten zu schichten. Dazu werden die Personen bzw. Haushalte beispielsweise etwa nach Zehnteln (Dezile) oder Prozent (Perzentile) untergliedert. So kann beantwortet werden wieviel Prozent des Vermögens sich in der Hand des untersten und des obersten Prozents oder Dezils der Bevölkerung befinden. Eine verbreitete graphische Darstellung ist die so genannte Lorenz-Kurve bzw. der Gini-Koeffizient (vgl. "Interner Link: Verteilung der Haushaltsnettoeinkommen insgesamt, im Ost-West-Vergleich und bei ausgewählten soziodemografischen Gruppen ").
Die Abbildung "Verteilung des Nettovermögens in Deutschland nach Dezilen – Anteile am Nettogesamtvermögen 2017" zeigt auf Basis nur einer Datenquelle die Verteilung der Nettogesamtvermögen nach Dezilen. 56,1 Prozent der Nettovermögen (d.h. unter Gegenrechnung der Schulden) befinden sich danach in der Hand des reichsten Zehntels der Bevölkerung. Demgegenüber verfügen die ärmsten 60 Prozent über zusammengerechnet gerade einmal 6,4 Prozent der gesamten Nettovermögen.
Diese deutliche Ungleichverteilung ist auch im internationalen Vergleich auffällig. So weist z.B. der IWF darauf hin, dass das mittlere (Median)Nettovermögen in Deutschland mit 1.000 Euro das sechstniedrigste unter den 18 Ländern des Euroraums ist und dass das oberste, reichste Prozent der Bevölkerung den viertgrößten Anteil an Nettovermögen aller OECD-Länder besitzt (24 Prozent).
Grundproblem bei der Analyse der Vermögensverteilung ist die mangelnde Verfügbarkeit von Daten. Ein großer Teil der Vermögen insbesondere von Superreichen ist statistisch kaum erfasst. Vor allem die Höhe und Verteilung des Betriebsvermögens bleibt üblicherweise unberücksichtigt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Vermögensungleichheit national (wie auch international) sicherlich deutlich höher ausfällt, als dies aus den vorliegenden Daten ersichtlich ist (vgl. "Interner Link: Internationaler Vergleich").
Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.
Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.