Dieses Bild einer geschlechtsspezifischen Verteilung der Arbeitseinkommen wird durch die Ergebnisse der Verdienststatistik unterstrichen: 2019 erhielten die weiblichen Beschäftigten im produzierenden Gewerbe und bei den Dienstleistungen (Vollzeitbeschäftigung) einen durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 21,94 Euro, der um 17,2 Prozent unter dem Stundenlohn der Männer (26,51 Euro) lag. Diese Abweichungen treten in fast allen Wirtschaftszweigen auf; die Frauen verdienen deutlich weniger als die Männer. Die Spanne ist bei den Finanz- und Versicherungsleistungen besonders groß: Hier erhalten die Frauen nur 71 Prozent der Männerverdienste (vgl. Abbildung "Durchschnittliche Bruttostundenverdienste von Männern und Frauen 2019 in ausgewählten Wirtschaftszweigen").
Gender Pay-Gap
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Die durchschnittlichen Stundenverdienste von Frauen liegen deutlich unter denen der Männer. Wenn dabei von Frauenlohndiskriminierung die Rede ist, dann geht es heute weniger um eine offene Diskriminierung, wenn nämlich für identische Arbeiten Frauen weniger als Männer erhalten, sondern um eine versteckte Diskriminierung.
Durchschnittliche Bruttostundenverdienste* von Männern und Frauen 2019, Vollzeitbeschäftigte in ausgewählten Wirtschaftszweigen (Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Dieser so genannte Gender Pay-Gap ist eine Folge der in mehrfacher Hinsicht benachteiligten Stellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt
Der Frauenanteil an den Beschäftigten ist vor allem in den Branchen hoch, die ein insgesamt niedriges Verdienstniveau aufweisen. Dies betrifft u. a. das Gastgewerbe, den Einzelhandel und die Bekleidungsindustrie.
In den Hochlohnbranchen hingegen − so in der Mineralölverarbeitung, der Energieversorgung und in der Automobilindustrie − ist der Frauenanteil gering. In allen Branchen zeigt sich aber gleichermaßen eine − jeweils unterschiedlich hohe − Spanne zwischen Männer- und Frauenstundenverdiensten.
Berücksichtigt man die Einteilung der beruflichen Anforderungen nach Leistungsgruppen, zeigt sich, dass Frauen in den höheren Leistungsgruppen nur schwach, in den unteren, schlecht bezahlten Leistungsgruppen hingegen stark vertreten sind.
Unter den Vollzeitbeschäftigten dominieren die Männer. Bei der Teilzeitarbeit, die im Schnitt mit geringeren Stundenlöhnen einhergeht, verhält es sich dagegen genau umgekehrt. Hier machen Frauen den weit überwiegenden Teil der Beschäftigten aus.
Gründe für die ungleiche Verteilung der Geschlechter auf die Leistungsgruppen liegen in den weiterhin vorhandenen Zugangsbeschränkungen für Frauen zu höheren Positionen und in den oftmals diskontinuierlichen Erwerbsverläufen von Frauen, die aufgrund der Vereinbarkeitsproblematik bestehen und sich negativ auf berufliche Aufstiege auswirken. Auch die Berufswahl, bei der sich Mädchen nach wie vor stark auf frauentypische Berufe konzentrieren, hat einen Einfluss auf die ungleiche Verdiensthöhe.
In die Bewertung von beruflichen Leistungen und Anforderungen auch in Tarifverträgen gehen nicht zuletzt geschlechtsspezifische Vorurteile ein. Die Besonderheiten des Arbeitsvermögens, die vor allem Frauen zugeschrieben werden, wie Geschicklichkeit, Ausdauer oder soziales Engagement, werden eher gering gewichtet. Diese niedrige Bewertung von Frauenarbeit ist nicht zuletzt eine Widerspiegelung traditioneller Rollenmuster. In der Orientierung auf die Hausfrauen- und Versorgerehe gilt das Einkommen der Frau als "Zuverdienst", das Einkommen des Mannes hingegen als "Familienlohn".
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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.
Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.
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