Die Messung von Reichtum erfolgt häufig mit spiegelbildlichen Kennziffern zur Armutsmessung (vgl. "
Schließlich werden immer häufiger Reichtumsquoten verwendet. Dabei wird untersucht wie viel Prozent aller Haushalte/Personen ein Einkommen erzielen, das über dem Zweifachen, Dreifachen, Vierfachen, usw. des mittleren Einkommens liegt (Median). Am häufigsten findet dabei die 200 Prozent-Schwelle Anwendung. D. h.: Bei wie vielen Haushalten beträgt das Nettoäquivalenzeinkommen mindestens das Doppelte des Medians?
Die 200 Prozent-Reichtumsschwelle liegt danach, bezogen auf den Mikrozensus 2022, für einen Einpersonenhaushalt bundesweit bei netto 3.964 Euro. Für einen Paarhaushalt mit zwei Kindern unter 14 Jahren beispielsweise beträgt die Reichtumsschwelle 8.324 Euro (vgl. "Äquivalenzeinkommen und Reichtumsschwellen nach Region und Haushaltstyp"). Wie bei den Armutsrisikoschwellen bzw. -quoten gibt es auch bei der Berechnung der Reichtumsschwelle prinzipiell die Möglichkeit, sich auf den Bundesmedian oder auf den jeweiligen regionalen Median zu beziehen (vgl. "
Äquivalenzeinkommen und Reichtumsschwellen nach Region
Regionaler Median; in Euro
Median der Äquivalenz-einkommen | Reichtumsschwellen | ||
---|---|---|---|
Einpersonen-haushalte | Haushalte mit 2 Erw. und 2 Kindern unter 14 J. | ||
Deutschland insg. | 1.982 | 3.964 | 8.324 |
Quelle: Eigene Berechnungen und Darstellung auf Basis Mikrozensus 2023.
3.964 Euro Nettoeinkommen für eine alleinlebende Person sind zweifellos ein ganz ordentlicher Betrag, ebenso wie die 8.324 Euro für den beschriebenen Vierpersonenhaushalt. Aber: Ist das Reichtum?
Wo beginnt Einkommensreichtum?
Um die Frage etwas plastischer zu beantworten ist es dienlich, den Reichtumsschwellen von ca. 3.964 Euro für Einpersonenhaushalte bzw. 8.324 Euro im Monat für einen Haushalt mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern unter 14 Jahren die folgenden Zahlen für die Vergütung von Mitgliedern der Vorstände in deutschen DAX-Unternehmen gegenüberzustellen:
Im Durchschnitt der deutschen DAX-Unternehmen verdienten die Vorstandsmitglieder inklusive der Vorsitzenden im Jahr 2022 3,242 Millionen Euro (fixe plus variable Gehaltsbestandteile). Bei den Vorstandsvorsitzenden waren es 5,130 Millionen Euro. Der Vorstandsvorsitzende beispielsweise der Volkswagen AG konnte sich über 8,847 Millionen freuen, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank über 9,15 Mio. Hinzu kommen jährliche Pensionsrückstellungen (DSW 2023).
Diese Zahlen sollen hier nicht weiter bewertet werden. Hinzugefügt sei nur, dass man die DAX-Vorstände – im Übrigen waren im Jahr 2022 fast alle Vorstandsvorsitzenden Männer und nur eine Frau! – zweifelsfrei als Bezieher äußerst hoher Einkommen bezeichnen kann. Ähnlich gilt dies auch für nicht wenige Sportler, Showstars etc. Im Verhältnis zu den leistungslosen Jahreseinkommen von Vermögensmilliardären, laut Presseberichten zum Teil eine Milliarde Euro im Jahr, sind sie dennoch zwar nicht "arme Schlucker", aber sehr wohl „benachteiligt“.
Analytisch sollte sich die Reichtumsforschung (und Politik) auf den engeren Kreis der wirklich Reichen konzentrieren. Anzumerken bleibt andererseits, dass bereits die Schwelle von 200 Prozent des mittleren Äquivalenzeinkommens die abgegrenzte Gruppe von "Reichen" auf 7,7 Prozent der Personen in Deutschland im Jahr 2022 begrenzt (in den neuen Ländern: 5,1 Prozent). Hochgerechnet − vom Baby bis zum Greis − entspricht das ca. 6,4 Millionen Personen in Deutschland.