Die Reichtumsquote in Deutschland unterliegt laut Mikrozensus − gemessen an der Schwelle von 200 Prozent des mittleren (Median)Nettoäquivalenzeinkommens − in den Jahren seit 2005 leichten Schwankungen. (vgl. "Einkommensreichtumsquote 2005 bis 2022"). Dies lässt die nachfolgende Abbildung erkennen.
Zeitliche Entwicklung und regionale Unterschiede Einkommensreichtum
/ 2 Minuten zu lesen
Deutschlandweit steigt die Reichtumsquote langsam an. Der Anteil der Reichen an der Bevölkerung ist in Westdeutschland höher als in Ostdeutschland, jedoch nähert sich der Osten dem Westen langsam an.
Zu erkennen ist, dass der Anteil der so definierten Reichen im Osten marginal stärker angestiegen ist, aber immer noch − unter Verwendung des regionalen Medians wie des Bundesmedians − unterhalb der westdeutschen Quote liegt. Bei Verwendung des Bundesmedians würden die Werte für 2022 in Westdeutschland 7,9 bzw. 8,3 Prozent in 2022 und in Ostdeutschland 6,6 bzw. 5,1 Prozent in 2022 betragen. Der Angleichungsprozess des Ostens an die westdeutschen Verhältnisse schreitet in dieser Hinsicht ganz langsam fort.
Bemerkenswert ist, dass die Reichtumsquoten im Vergleich zu den Armutsquoten von Jahr zu Jahr weniger schwanken. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte sein, dass die Stabilität der Beschäftigungsverhältnisse auch in Krisenzeiten bei den hier relevanten Personen höher ist als im Bereich des unteren Endes der Einkommenshierarchie.
Wechselt man die Perspektive und fragt danach, ab welchem Einkommen Haushalte in der Skala ganz oben stehen, zeigt sich, wie breit die Streuung ausfällt: Nach einer Berechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (bezogen auf das Jahr 2017) zählen zu den oberen 10 Prozent (!) der Bevölkerung Paare ohne Kinder ab einem Nettoäquivalenzeinkommen von etwa 5294 Euro (IW 2020).
Bundesländer
Auf der Ebene der Bundesländer ist die Streuung der Reichtumsquoten 2020 etwas größer. Die höchste Reichtumsquote verzeichnet im Jahr 2022 gemessen am Bundesmedian mit 10,2 Prozent Hamburg vor Bayern (9,73 Prozent), Baden-Württemberg (9,7 Prozent) und Berlin (9,7 Prozent). Die niedrigsten Quoten finden sich in den östlichen Bundesländern, so am unteren Ende in Thüringen mit einer Einkommensreichtumsquote von 3,1 Prozent.
Bei Verwendung des Landesmedians ergeben sich deutlich andere Werte und eine andere Reihenfolge. Im Jahr 2022 verzeichnen Bremen, Hamburg und Berlin die höchsten Reichtumsquoten. Am geringsten sind wiederum die Werte in den östlichen Bundesländern (vgl. "Einkommensreichtumsquoten 2022 nach Bundesländern").
Es lassen sich einige, auch über die Jahre hinweg betrachtet stabile Muster gruppenspezifischer Unterschiede bei den Einkommensreichtumsquoten identifizieren, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
Frauen haben deutschlandweit eine geringere Einkommensreichtumsquote als Männer.
Im Kernerwerbsalter (25 bis 65 Jahre) ist diese Quote höher und bei den unter 18- bzw. über 65-Jährigen geringer als der Durchschnitt. Bei letzteren ist das in Ostdeutschland besonders ausgeprägt.
Einpersonenhaushalte haben die geringsten Anteile.
Ist die haupteinkommensbeziehende Person verwitwet, so ist die Einkommensreichtumsquote geringer als bei Geschiedenen und als bei Verheirateten.
Die Personen aus Haushalten mit einer in Vollzeit haupterwerbstätigen Person haben den höchsten Anteil, gefolgt von Haushalten Teilzeitbeschäftigter bzw. Nichterwerbstätiger.
In West- wie in Ostdeutschland ist die Einkommensreichtumsquote von Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. Personen ohne Migrationshintergrund höher als bei Ausländern bzw. Personen mit Migrationshintergrund.
Wohlgemerkt: Einkommensreichtum ist – vgl. oben – mit der recht niedrigen Grenze von 200 Prozent des Medians der Nettoäquivalenzeinkommen definiert. Wirklicher "Reichtum" ist etwas anderes!
Weitere Inhalte
Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.
Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee, verstorben 2021, war Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.