Eine Betrachtung der Armutsrisikoquoten aller Bundesländer (vgl. Abbildungen "Armutsgefährdungsquoten 2022 nach Bundesländern, gemessen am Bundes- und am jeweiligen Landesmedian") legt eine erhebliche Varianz offen. Die Ergebnisse unterscheiden sich deutlich, wenn als Referenzgröße entweder der Bundesmedian oder der jeweilige Landesmedian angelegt wird. Beim Bundesmedian streuen die Armutsrisikoquoten 2022 zwischen 28,4 Prozent in Bremen und 12,7 Prozent in Bayern. Bei Zugrundelegung der Landesmediane fallen die Quoten insgesamt deutlich geringer aus und auch die Rangfolge der Länder verschiebt sich: An der "Spitze" mit 20,4 Prozent und 19,9 Prozent stehen Hamburg und Bremen, während Sachsen nur noch eine Quote von 12,5 Prozent aufweist. Bayern steht mit 15 Prozent noch über Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.
Armutsrisikoquoten im regionalen Vergleich Einkommensarmut
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Eine wirtschaftsstarke Raumeinheit hat keineswegs automatisch eine niedrige Armutsrisikoquote. Die Menschen dort − und gerade die Armen − müssen trotz tendenziell höherer Einkommen oft auch viel mehr für Wohnen und Konsum ausgeben, da das Preisniveau höher ist.
Eine Analyse für eine Reihe west- und ostdeutscher Städte zeigt, dass in Großstädten (über 500.000 Einwohner) tendenziell höhere Armutsrisikoquoten beobachtet werden können. Gemessen am Bundesmedian sind in Duisburg (30,3 Prozent) und Bremen (27,6 Prozent) mehr als ein Viertel der Bevölkerung vom Armutsrisiko betroffen (vgl. Abbildung "Armutsgefährdungsquoten in Großstädten 2022, Bundesmedian der jeweiligen Bevölkerung, Großstädte mit über 500.000 Einwohnern"). Am unteren Ende steht München mit einer Quote von 10,5 Prozent.
Berechnet man die Quoten hingegen an den jeweiligen mittleren Einkommen der untersuchten Städte, ändert sich wiederum das Bild. Auffällig ist, dass vor allem in den vier ostdeutschen Großstädten relativ niedrigere Armutsrisikoquoten auftreten. Diese Befunde reiben sich etwas mit gängigen Trendbeschreibungen in der Soziologie bzw. Sozialgeographie wie der von in die Städte strömenden Gutverdienern, die ärmere Gruppen aus den Städten geradezu vertreiben. Anderweitige Befunde zeigen jedoch auch, dass es keinen so klaren Zusammenhang zwischen Verstädterungsgrad und Armutsquoten gibt
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Prof. Dr. rer. pol., geb. 1952; Direktor am INIFES.
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Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.