Altersübergänge: Berufsaufgabe und Renteneintritt
Die Regelaltersgrenze lag bis Ende 2011 bei 65 Jahren. Die Vorstellung, dass alle ArbeitnehmerInnen bis dahin gearbeitet haben und bruchlos von ihrer (versicherungspflichtigen) Beschäftigung in den Rentenbezug übergegangen sind, stimmt jedoch nicht mit der Realität überein.
Mehrere Faktoren sprechen dagegen:
Der (endgültige) Erwerbsaustritt und der Renteneintritt sind nicht identisch. Die Zeitpunkte der Aufgabe der Berufstätigkeit und des Erstbezugs einer Rente können weit auseinander liegen.
Mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze muss die Erwerbstätigkeit nicht aufgegeben und eine Rente beantragt werden. Eine Weiterarbeit ist durchaus möglich und wird durch die Zahlung von Zuschlägen sogar honoriert.
Neben dem Bezug einer Altersrente kann weiterhin einer Erwerbsarbeit nachgegangen werden. Dieser Hinzuverdienst ist bei vorgezogenen Altersrenten durch Hinzuverdienstgrenzen limitiert; ab Erreichen der Regelaltersgrenze aber uneingeschränkt möglich.
Neben der Regelaltersgrenze von 65 Jahren gab und gibt es eine Reihe alternativer Altersgrenzen, die zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente berechtigen. Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente ist nicht an ein fortgeschrittenes Lebensalter gebunden, sondern kann je nach Gesundheitszustand und Erwerbsfähigkeit schon in frühen Jahren erfolgen.
Wege des vorzeitigen Erwerbsaustritts
Ein endgültiger Berufsaustritt deutlich vor Erreichen der jeweiligen Altersgrenzen ist auf verschiedenen Wegen möglich:
Zum einen gab und gibt es seit den 1980er Jahren – teilweise bis in die Gegenwart hineinreichend – eine Reihe betrieblicher und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und Programme einer betrieblichen Frühausgliederung, um einen Personalabbau sozialverträglich zu gestalten und jüngeren Menschen eine Beschäftigungschance zu bieten. Zu nennen sind hier vor allem der Vorruhestand und die Altersteilzeit. Bei der in den zurückliegenden Jahren intensiv in Anspruch genommenen Altersteilzeit handelt es sich um eine Arbeitszeitverkürzung, die in aller Regel geblockt in Anspruch genommen wurde: Bei diesem Blockmodell folgt im Anschluss an eine Aktivphase, in der die Arbeitszeit beibehalten wird, eine Passivphase, in der die Arbeitszeit auf "Null" reduziert wird. In beiden Phasen wurde das reduzierte Bruttoentgelt durch Zuschüsse aufgestockt, so dass die Einkommenseinbußen begrenzt blieben. Beginn und Ende der Altersteilzeit wurden so gelegt, dass im Anschluss an die Passivphase ein vorzeitiger Altersrentenbezug möglich ist.
Für viele ältere ArbeitnehmerInnen ist das Verweilen in Langzeitarbeitslosigkeit gleichbedeutend mit einem vollständigen, aber unfreiwilligen Rückzug vom Arbeitsmarkt. Da mit steigendem Lebensalter und in Abhängigkeit von der Qualifikation und der Gesundheit der Betroffenen sowie von der Arbeitsmarktlage häufig keine Möglichkeit einer Wiederbeschäftigung besteht, erfolgt der Übergang in den Rentenbezug aus einer langjährigen Arbeitslosigkeit und dem Bezug von Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV) heraus.
Immer noch unterbrechen viele Frauen (in den alten Bundesländern) wegen der Kindererziehung dauerhaft ihre Berufstätigkeit. Sie kehren auch dann nicht wieder ins Erwerbsleben zurück, wenn die Kinder älter geworden sind, sei es weil sie keinen Arbeitsplatz finden oder weil sich an die Phase der Kindererziehung eine Phase der Pflege von älteren Familienangehörigen anschließt. Der Renteneintritt erfolgt in diesen Fällen aus der Nicht-Erwerbstätigkeit und einem so genannten passiven Versicherungsverhältnis heraus.
Weiterarbeit
Eine Weiterarbeit auch über die Regelaltersgrenze hinaus ist durch das Rentenrecht ausdrücklich vorgesehen. Dem Beschäftigten werden keine Beiträge mehr einbehalten, hingegen muss der Arbeitgeber weiterhin den Beitragsanteil abführen, der zu zahlen wäre, wenn der beschäftigte Vollrentenbezieher versicherungspflichtig wäre. Dieser Beitrag hat jedoch keine Auswirkungen mehr auf die Rentenansprüche des Rentners. Für jeden über die Regelaltersgrenze hinaus versicherungspflichtig länger gearbeiteten Monat wird ein monatlicher Rentenzuschlag von 0,5 Prozent gezahlt. Dass diese Möglichkeit de facto aber kaum genutzt wird, hängt insbesondere von nach wie vor ungünstigeren Beschäftigungschancen für ältere ArbeitnehmerInnen ab, und auch davon, dass viele ArbeitnehmerInnen aus gesundheitlichen Gründen nicht bis in dieses Alter arbeiten können (vgl.
Hinzuverdienste und Hinzuverdienstgrenzen
Für alle Renten, die vor der Regelaltersgrenze bezogen werden, gelten Hinzuverdienstgrenzen (seit 2012 in Höhe von 450 Euro im Monat). Bei einem flexiblen bzw. gleitenden Übergang in den Ruhestand durch Bezug einer Teilrente bestehen besondere Regeln. Grundsätzlich orientieren sich die Hinzuverdienstgrenzen hierbei an der Höhe des Einkommens vor Rentenbeginn. Der in Anspruch genommene Rententeil wird um Abschläge gemindert.
Ab Erreichen der Regelaltersgrenze gibt es keine Hinzuverdienstbeschränkungen mehr, d.h. neben der Rente kann ein Erwerbseinkommen in unbegrenzter Höhe erzielt werden.
Regelaltersrente und -grenze
Seit Anfang 2012 liegt das gesetzliche Rentenalter bei 67 Jahren. Die allgemeine Wartezeit beträgt fünf Jahre. Allerdings erfolgt der Übergang von der bisherigen Altersgrenze mit 65 Jahren nicht sprunghaft sondern schrittweise. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, erhöht sich die Altersgrenze in Ein-Monatsschritten und für Jahrgänge ab 1958 in Zwei-Monats-Schritten. Somit gilt für alle Versicherten ab Jahrgang 1964 die Altersgrenze von 67 Jahren. Dies wird im Jahr 2029 der Fall sein. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, erhöht sich die Altersgrenze in Ein-Monatsschritten und für Jahrgänge ab 1958 in Zwei-Monats-Schritten. Somit gilt für alle Versicherten ab Jahrgang 1964 die Altersgrenze von 67 Jahren. Dies wird im Jahr 2029 der Fall sein. Die Tabelle gibt einen Überblick über die Erhöhung nach Geburtsjahrgängen.
Anhebung der Regelaltersgrenze
Geburtsjahr | Regelaltersgrenze ab Jahr | Erreichen der Regelaltersgrenze |
---|---|---|
bis 1946 | 65 | |
bis 1947 | 65 + 1 Monat | 02.2012 bis 01.2013 |
bis 1948 | 65 + 2 Monate | 03.2013 bis 02.2014 |
bis 1949 | 65 + 3 Monate | 04.2014 bis 03.2015 |
bis 1950 | 65 + 4 Monate | 05.2015 bis 04.2016 |
bis 1951 | 65 + 5 Monate | 06.2016 bis 05.2017 |
bis 1952 | 65 + 6 Monate | 07.2017 bis 06.2018 |
bis 1953 | 65 + 7 Monate | 08.2018 bis 07.2019 |
bis 1954 | 65 + 8 Monate | 09.2019 bis 08.2020 |
bis 1955 | 65 + 9 Monate | 10.2020 bis 09.2021 |
bis 1956 | 65 + 10 Monate | 11.2021 bis 10.2022 |
bis 1957 | 65 + 11 Monate | 12.2022 bis 11.2023 |
bis 1958 | 66 | 01.2024 bis 12.2024 |
bis 1959 | 66 + 2 Monate | 03.2025 bis 02.2026 |
bis 1960 | 66 + 4 Monate | 05.2026 bis 04.2027 |
bis 1961 | 66 + 6 Monate | 07.2027 bis 06.2028 |
bis 1962 | 66 + 8 Monate | 09.2028 bis 08.2029 |
bis 1963 | 66 + 10 Monate | 11.2029 bis 10.2030 |
bis 1964 | 67 | 01.2031 bis 12.2031 |
Vorgezogene Altersrenten und Abschläge
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, eine Altersrente auch schon vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze zu beziehen. Dabei sind mehrere vorgezogene Altersgrenzen und -renten zu unterscheiden.
Altersrente für langjährig Versicherte mit 63 Jahren,
Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 65 Jahren,
Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Altersrente für langjährige Versicherte
Diese Altersrente kann ab dem 63. Lebensjahr bezogen werden. Voraussetzung ist, dass eine Wartezeit von 35 Jahren ("langjährig Versicherte") erfüllt worden ist. Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente ist mit Abschlägen verbunden, und zwar in Höhe von 0,3 Prozent je Monat, gemessen an der jeweils maßgeblichen Regelaltersgrenze. Liegt die Regelaltersgrenze (im Jahr 2018) bei 65 Jahren und sieben Monaten, so entspricht dies bei einem Rentenbeginn mit 63 Jahren einer Rentenkürzung von 9,3 Prozent. Im Jahr 2029, wenn die neue Regelaltersgrenze von 67 Jahren erreicht worden ist, hat sich dann der Kürzungsbetrag auf 14,4 Prozent erhöht.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 65 Jahren
Wer eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt hat, kann mit 65 Jahren in Rente gehen - und zwar ohne Abschläge. Auf die Wartezeit von 45 Jahren ("besonders langjährige Versicherte") werden Pflichtbeiträge aus Zeiten einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit und Pflege sowie Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zum 10. Lebensjahr angerechnet. Nicht berücksichtigt werden hingegen Zeiten aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 63 Jahren
Besonders langjährig Versicherte haben seit 2014 (im Rahmen des Rentenversicherung-Leistungsverbesserungsgesetzes) die Möglichkeit, eine abschlagsfreie Rente bereits vor Erreichen des 65. Lebensjahres, frühestens ab 63 Jahren, zu erhalten. Es handelt sich um eine zeitlich befristete Regelung, denn der Rentenbezug ohne Abschläge bereits mit 63 Jahren gilt nur für Versicherte, die zwischen Juli 1951 und Dezember 1952 geboren sind. Für die später geborenen Jahrgänge zwischen 1953 und 1963 wird im Zuge der Anhebung der Regelaltersgrenze das Zugangsalter schrittweise wieder auf 65 Jahre angehoben. Für Jahrgänge ab 1964 gilt dann wieder die bisherige Regelung der Altersgrenze für besonders langjährig Versicherte.