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Organisation und Selbstverwaltung | Rentenpolitik | bpb.de

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Organisation und Selbstverwaltung Grundlagen der Gesetzlichen Rentenversicherung

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 3 Minuten zu lesen

Die Organisation der Gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland ist, wenn auch in den letzten 134 Jahren mehrfach reformiert und verändert – und zwischenzeitlich durch die nationalsozialistische Diktatur praktisch zerschlagen – immer noch zum Teil aus ihrer Entstehungsgeschichte erklärbar.

Stimmzettel zur Sozialwahl der Rentenversicherung: Alle sechs Jahre werden die Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber für die Beschlussparlamente der Selbstverwaltung neu gewählt. (© picture-alliance, Ralph Goldmann)

Die Gesetzliche Rentenversicherung ist trotz einer Organisationsreform 2005 immer noch recht kompliziert aufgebaut, was auch aus ihrer historischen Entwicklung heraus zu verstehen ist. Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die Trägerstruktur/Zuständigkeit und erläutern in Grundzügen, wie die Selbstverwaltung in der GRV funktioniert.

Die Gesetzliche Rentenversicherung und ihre einzelnen Träger waren und sind keine Teile einer zentralstaatlichen Verwaltung, etwa eine nachgeordnete Behörde des Arbeits- und Sozialministeriums. Sie sind selbstständige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigenem Haushalt, die ihre Aufgaben eigenverantwortlich in eigenem Namen durch eigene Organe erfüllen.

So gab es bis 2004 neben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte 23 Landesversicherungsanstalten für Arbeiter:innen und Sondersysteme für Bergleute (Knappschaft) sowie für Arbeiter:innen der Bahn und für Seeleute. Seit 2004 ist die Trennung Arbeiter/Angestellte aufgehoben und die Organisation verschlankt (vgl. Grafik).

Organisation der deutschen Rentenversicherung Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die bei der DRV-Bund beschlossenen Regelungen sind seit 2005 für alle anderen Träger bindend, die Prozesse sind damit auch transparenter geworden. Der politische Kompromiss, die Landesversicherungsanstalten zu erhalten, hat aber zu weniger klaren Regeln für die Versicherten geführt, bei welchem Träger ihr Versicherungskonto geführt wird.

Die gesetzliche Rentenversicherung, d. h. alle Versicherungsträger sind selbstverwaltete Körperschaften. Die Beschlussparlamente der Selbstverwaltung der einzelnen Träger, die Vertreterversammlungen, werden im Rahmen der Sozialwahlen im sechsjährigen Rhythmus von gewählten Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber:innen (in getrennten Wahlen) besetzt. Die Vertreterversammlung wählt, wiederum je hälftig, den Vorstand und die − vom Vorstand dann vorgeschlagenen − Geschäftsführer. Bei der DRV-Bund wird das Direktorium von der Präsidentin und zwei Direktoren geleitet.

Der Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum der Selbstverwaltung ist allerdings begrenzt, da das Leistungs- und Beitragsrecht weitgehend durch Gesetz vorgegeben sind.

Zuständigkeiten

Neuversicherte Arbeitnehmer:innen werden seit dem 1. Januar 2005 durch die Datenstelle der Rentenversicherung einem Rentenversicherungsträger zugeordnet. Die Zuordnung wird nach dem Zufallsprinzip vorgenommen. Versicherte werden also unabhängig davon, ob sie Arbeiter:in oder Angestellte sind, entweder auf die Deutsche Rentenversicherung Bund oder auf Regionalträger zugeteilt. Für bereits versicherte Arbeitnehmer:innen ändert sich grundsätzlich nichts, der bisherige Rentenversicherungsträger bleibt zuständig. Für Versicherte, die einen einzigen Beitrag zur Bahnversicherungsanstalt, Knappschaft oder Seekasse entrichtet haben, ist immer die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zuständig.

Die Versicherten verteilen sich wie folgt auf die Bundes- bzw. Regionalträger (vgl. Tabelle):

Träger der Deutschen Rentenversicherung

Anzahl der Versicherten in Millionen

Versicherte
Deutsche Rentenversicherung Bund23,7
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See2,3
Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg4,2
Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd3,0
Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg2,3
Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover2,4
Deutsche Rentenversicherung Hessen2,3
Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland2,6
Deutsche Rentenversicherung Nord2,4
Deutsche Rentenversicherung Nordbayern1,7
Deutsche Rentenversicherung Oldenburg-Bremen0,7
Deutsche Rentenversicherung Rheinland3,6
Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz1,6
Deutsche Rentenversicherung Saarland0,4
Deutsche Rentenversicherung Schwaben1,0
Deutsche Rentenversicherung Westfalen3,0
gesamte Deutsche Rentenversicherung73

Dabei kommt der Deutschen Rentenversicherung Bund in ihrer Doppelrolle mit Trägeraufgaben und Grundsatz- und Querschnittsaufgaben eine herausragende Bedeutung zu.

Auskunfts- und Beratungsstellen

Die Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung sind regionale Dienststellen der Rentenversicherungsträger in praktisch allen größeren Städten, die trägerübergreifend beraten sowie Anträge und Rechtsbehelfe entgegennehmen (eine wohnortnahe Beratungsstelle findet sich unter Externer Link: http://www.deutsche-rentenversicherung-bund.de). Sie dienen, wie auch die kommunalen Versicherungsämter, dem Servicegedanken und sind Anlaufstellen für Probleme, Hilfestellungen und Auskünfte rund um die gesetzliche Rentenversicherung. Diese Stellen arbeiten kostenlos und neutral. Versicherte und interessierte Personen erhalten hier Hilfe bei der Antragstellung, beim Ausfüllen der Formulare für die Kontenklärung und Reha- oder Rentenanträge sowie Beratung zur gesetzlichen Rentenversicherung und Informationen zur Altersvorsorge und zur Grundsicherung. Für den Bereich Rehabilitation wurden für alle Stadt- und Landkreise von den Rehabilitationsträgern gemeinsame Servicestellen eingerichtet.

Besonders wichtig sind auch die ehrenamtlich tätigen "Versichertenältesten" der Rentenversicherungsträger, die, über das ganze Land verteilt, in allen Fragen der Rentenversicherung helfen, z. B. auch beim Ausfüllen von Rentenanträgen.

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee, verstorben 2021, war Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.