Absenkung des Rentenniveaus
Für das Verständnis der Rentenanpassung sind nicht die Details und die Begründungen der Formel entscheidend. Wichtig ist hingegen das Ergebnis: Die Rentenerhöhungen werden mehr und mehr abgebremst und von den Einkommenszuwächsen der Aktiven abgekoppelt. Grundlegendes Ziel ist es dabei, den demografisch bedingten Ausgabenzuwachs (vgl.
Aufgegeben worden ist mit diesem als "Paradigmenwechsel" bezeichneten Umbruch das Ziel einer Lebensstandardsicherung allein durch die Rente. Die Vorstellung, dass im Alter, nach einem langen Arbeitsleben, der im Lebensverlauf erreichte Lebensstandard (mit Abstrichen) beibehalten werden kann, gilt für das Leistungsniveau der Gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr. Eine Lebensstandardsicherung kann nur noch erreicht werden, wenn die gesetzlichen Renten durch Leistungen der privaten und/oder betrieblichen Vorsorge ergänzt werden. Es kommt also zu einer Verschiebung: Die Leistungsverschlechterungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung sollen durch einen Ausbau der privaten und betrieblichen Altersvorsorge kompensiert werden (vgl.
Standardrente
Das Leistungsniveau der Rentenversicherung, also das Verhältnis von Renten zu Arbeitnehmereinkommen, lässt sich durch das Rentenniveau beziffern. Das Rentenniveau ist eine statistische Maßgröße, die die Renten mit den Arbeitnehmereinkommen vergleicht. Üblich ist es bei diesem Vergleich, sich auf die Rente eines sog. Durchschnittsrentners und auf das durchschnittliche Arbeitnehmereinkommen des laufenden Jahres zu beziehen. Der Durchschnittsrentner (auch als "Standardrentner" bezeichnet) ist definiert als ein Rentner der 45 anrechnungsfähige Versicherungsjahre aufweist und im Verlauf seines Versicherungslebens durchschnittlich verdient hat, also in der Summe 45 Entgeltpunkte aufweist. Es handelt sich dabei um eine Modellrechnung. So könnte man etwa statt der Gegenüberstellung von zwei Durchschnittswerten auch zwei Werte von der Hälfte des Durchschnitts vergleichen: Die Rente eines Versicherten, der 45 anrechnungsfähige Versicherungsjahre aufweist, aber nur die Hälfte des Durchschnitts verdient hat, mit der Hälfte des aktuellen Durchschnittseinkommens der Arbeitnehmer. Die Ergebnisse sind identisch und bei beiden Rechnungen lässt sich erkennen, wie sich im Zeitverlauf das Rentenniveau verändert.
Diese Modellrechnungen sind nicht mit den tatsächlich gezahlten Durchschnittsrenten identisch. Schon die gesetzten Annahme − 45 anrechnungsfähige Versicherungsjahre − trifft in der Realität nur auf einen Teil der RentnerInnen zu.
Verglichen werden beim Rentenniveau Nettogrößen (vgl. im Detail Schmitz/Schäfer 2018). Da aber die Besteuerung der Renten nach Zugangsjahren variiert, also von keiner für alle RenterInnen gleichen Steuerbelastung ausgegangen werden kann (vgl.
Entwicklung der Standardrente netto vor Steuern, nominal und preisbereinigt 1990 – 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Entwicklung der Standardrente netto vor Steuern, nominal und preisbereinigt 1990 – 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Die Nettostandardrente vor Steuern beziffert sich für die alten Bundesländer im Jahr 2017 auf 1.243 Euro. Vergleicht man die Entwicklung der Standardrente seit 1990, so lässt sich erkennen, dass der bis 2003 reichende deutliche Anstieg nahezu zum Stillstand gekommen und sogar zwischen 2004 und 2008 durch ein leichtes Absinken abgelöst worden ist. Ursächlich dafür sind die schwache Lohnentwicklung in diesen Jahren, die steigenden Beitragssätze zur Sozialversicherung und − wie beschrieben − die Einschnitte in der Anpassungsformel. Seit 2008 steigen die Werte aber wieder.
Werden die nominalen Werte um die Erhöhung des Preisniveaus bereinigt, zeigt sich sogar, dass seit 2004 ein erheblicher und kontinuierlicher Rückgang der realen Standardrente zu verzeichnen ist. Die Kaufkraft des "Modellrentners“ ist deutlich gesunken (vgl. Abbildung) und unterschreitet auch 2017 immer noch das Niveau der Jahre vor 2004.
Rentenniveau
Zwar haben sich im Beobachtungszeitraum auch die durchschnittlichen Nettolöhne (vor Steuern) kaum noch erhöht (und sind in ihrer Kaufkraft ebenfalls gesunken), aber bei den Renten ist die Negativentwicklung stärker ausgefallen − mit der Folge eines sinkenden Rentenniveaus. Das Nettorentenniveau vor Steuern liegt im Jahr 2017 bei 48,2 Prozent.
Entwicklung des Netto-Rentenniveaus vor Steuern 1990 - 2030 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Entwicklung des Netto-Rentenniveaus vor Steuern 1990 - 2030 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/
Die Abbildung weist aus, dass das Netto-Rentenniveau vor Steuern in den Jahren seit 1990 nahezu durchgängig gesunken ist. Es wird nach den Vorausberechnungen der Bundesregierung und entsprechend den Zielen der Alterssicherungspolitik weiter absinken - bis 2030 auf 44,5 Prozent. Dieser "Fall nach unten“ soll durch ein Mindestniveau von 43 Prozent ("untere Haltelinie"), das bis zum Jahr 2030 nicht unterschritten werden soll, begrenzt werden (Niveausicherungsklausel). Teilweise soll durch die private und betriebliche Alterssicherung dieser Rückgang ausgeglichen werden (vgl.