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Hinterbliebenenrenten | Rentenpolitik | bpb.de

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Hinterbliebenenrenten

Gerhard Bäcker Ernst Kistler

/ 8 Minuten zu lesen

Leistungen für Hinterbliebene (Witwer-, Witwen- und Waisenrenten), auch als Renten wegen Todes bezeichnet, stellen trotz der ansonsten starken Äquivalenz zwischen Beiträgen und gezahlten Renten in der Gesetzlichen Rentenversicherung wichtige Elemente des solidarischen Ausgleichs dar.

Ältere Frau bei der Grabpflege. Hinterbliebenenrenten machen gut ein Fünftel aller gezahlten Renten aus. (© picture-alliance/dpa)

Hinterbliebenenrenten 2017

Die Hinterbliebenenrenten machen 2017 rund 22 Prozent aller gezahlten Renten und 15,8 Prozent der gesamten Rentenausgaben aus.

Funktion von Hinterbliebenenrenten

Auch heute noch unterscheiden sich Männer und Frauen stark hinsichtlich ihrer Erwerbsbeteiligung. Die Berufstätigkeit von Frauen, gerade von Ehefrauen und Müttern, nimmt seit Jahren zu. Das traditionelle Modell der Hausfrauen- und Versorgerehe, bei dem die Frau sich ausschließlich um den Haushalt und die Kindererziehung kümmert und kein eigenes Einkommen hat, dominiert heute nicht mehr. Aber von der Gleichstellung der Geschlechter sind wir noch weit entfernt. Es dominiert das Modell der modifizierten Versorgerehe: Der Mann ist hauptzuständig für den Einkommenserwerb, die Frau verdient deutlich weniger und ergänzt − häufig auf der Basis von Teilzeitarbeit − das Familieneinkommen.

Damit hängen das Familieneinkommen und zugleich die materielle und soziale Sicherung der Frauen mehr oder minder stark vom Einkommen des Mannes bzw. im Alter von der Rente des Mannes ab. Entfällt durch den Tod des Mannes sein Einkommen oder seine Rente, geraten die Familienangehörigen, die Ehefrau und die Kinder, in eine existentielle Notlage. Solange diese Geschlechter- und Arbeitsmarktverhältnisse so sind, bedarf es zwingend einer Hinterbliebenenversorgung. Durch die Zahlung von Witwen- und Waisenrenten (und seit 1987 auch Witwerrenten) soll im Fall des Todes eines Versicherten oder Rentners für die Existenzsicherung der Hinterbliebenen gesorgt werden.

Hinterbliebenenrenten (in der Gesetzessprache "Renten wegen Todes") haben insofern eine Unterhaltsersatzfunktion (vgl. Kasten). Sie sind ein unverzichtbares Element des solidarischen Ausgleichs in all jenen Alterssicherungssystemen, in denen Rentenzahlung und Rentenhöhe an eine Erwerbstätigkeit und die Höhe des Erwerbseinkommens gebunden sind (also z. B. keine "Grundrente" an alle gezahlt wird).

Die Funktion von Hinterbliebenenrenten

"Den Renten wegen Todes kommt grundsätzlich die Funktion zu, den Unterhalt, zu dem der verstorbene Versicherte gegenüber seinen Hinterbliebenen zu leisten verpflichtet war, auch weiterhin für die berechtigten Hinterbliebenen sicherzustellen. Das Prinzip des Unterhaltsersatzes ist der konzeptionelle Leitgedanke für das Recht der Renten wegen Todes".

Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2012, S. 364.

Ein historischer Rückblick

Renten wegen Todes waren in der ursprünglichen Bismarck'schen Invaliditäts- und Alterssicherung für Arbeiter von 1889/91 noch nicht vorgesehen. Es gab jedoch bereits lange zuvor in Vorläuferformen der Sozialversicherung (bei Bergleuten und Handwerkskassen, lokalen Unterstützungskassen) vereinzelte entsprechende Regelungen. "Diese Kassen standen aber nur Mitgliedern mit relativ sicheren und hohen Wochenlöhnen offen. Fabrikarbeiter und Tagelöhner konnten die Beiträge nicht aufbringen" . Hauptziel der Bismarck'schen Reform war die partielle Absicherung des Invaliditätsrisikos, weniger die Absicherung im Alter und schon gar nicht die Absicherung des Ausfalls des unterhaltspflichtigen Familienernährers. In der 1889/91 installierten gesetzlichen Invaliditäts- und Altersversicherung für Arbeiter gab es daher anfangs nur die Regelung, dass beim Tod des Versicherten bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls (Invalidität, Erreichen der Altersgrenze) die Hinterbliebenen Beitragserstattungen erhielten.

Ab Anfang des letzten Jahrhunderts wurde dann aber schrittweise, wie z. B. ab 1907 bei den Seeleuten, eine Witwen- und Waisenabsicherung eingeführt. Mit der Reichsversicherungsordnung von 1911/12 für Arbeiter und dem Versicherungsgesetz für Angestellte von 1911/13 wurden Hinterbliebenenrenten schließlich in der Breite installiert - mit allerdings wichtigen Unterschieden zwischen Arbeiter- und Angestelltenwitwen: Während die Arbeiterwitwen nur unter der Bedingung eine Rente zustand, wenn sie selbst erwerbsunfähig/invalide waren, wurde bei den Angestelltenwitwen Erwerbsarbeit nicht eingefordert - für die (besser gestellten) Witwen von Angestellten galt Arbeit als nicht zumutbar. Erst 1927 erfolgte eine Gleichstellung der Arbeiterwitwen (vgl. Interner Link: Geschichte der Rentenversicherung in Deutschland).

Mit der Einführung der dynamischen Rente (Rentenreform 1957) wurde die Konzeption des Hinterbliebenenrechts im Grundsatz nicht geändert, Allerdings wurden mit der Reform die Renten allgemein und damit auch die Witwenrenten erheblich erhöht. Von grundsätzlicher und zukunftsweisender Bedeutung ist dagegen die Reform durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz von 1985/86, das durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1975 erzwungen wurde: Hatten zuvor nur Frauen einen unbedingten Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente und Männer nur dann einen Anspruch auf eine Witwerrente, wenn die verstorbene Ehefrau überwiegend das Familieneinkommen verdiente, so wurden ab 1986 Witwen und Witwer gleichgestellt. Um die dadurch entstehende Ausweitung der Rentenausgaben zu begrenzen und zugleich eine Überversorgung von einzelnen Hinterbliebenen zu Lasten der Versichertengemeinschaft zu vermeiden, wurde eine Einkommensanrechnung mit einer Freibetragsregelung eingeführt. Ein weiterer Schritt zur Gleichstellung von Geschlechtern und Lebensformen wurde 2005 gemacht: Seitdem erhalten auch eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner beim Tod des Partners/der Partnerin Leistungen der Hinterbliebenenversorgung.

Rentenarten und Anspruchsvoraussetzungen

Die Hinterbliebenenrente wird grundsätzlich lebenslang – bei Waisen bis zur Volljährigkeit bzw. bis zum Ende der Ausbildung (maximal bis zum 27. Lebensjahr) − gezahlt. Für Witwen- und Witwerrenten gelten im Fall einer neuen Eheschließung Sonderregelungen.

Kleine und große Witwen/Witwerrente

Die Witwen- bzw. Witwerrente hängt in ihrer Höhe vor allem von dem Rentenanspruch des/der Versicherten und vom Alter des/der Hinterbliebenen ab. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Witwen/Witwern, die das 45. Lebensjahr bereits vollendet haben und jüngeren Hinterbliebenen. Bei jüngeren Hinterbliebenen wird davon ausgegangen, dass der/dem Hinterbliebenen die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit (wieder) zugemutet werden kann, sofern nicht Kinder erzogen werden oder Invalidität vorliegt.

Ist die hinterbliebene Person jünger als 45 Jahre, so wird eine kleine Witwen-/Witwerrente gezahlt (25 Prozent der Rente wegen voller Erwerbsminderung des/der Verstorbenen). Der Bezug der "kleinen Witwen/Witwerrente“ ist auf zwei Jahre begrenzt. Sofern später aber ein Grund für die Gewährung einer großen Witwenrente eintritt, wird die große Rente gezahlt.

Ist die/der Hinterbliebene bereits 45 Jahre alt oder älter (oder erreicht nach dem Eintreten des Hinterbliebenenfalls das 45. Lebensjahr), so besteht Anspruch auf die große Witwen-/Witwerrente, die 55 Prozent der Versichertenrente bzw. der Rentenanwartschaften der/des Verstorbenen beträgt. Gleichermaßen erhalten Hinterbliebene die große Witwen-/Witwerrente, wenn sie noch ein minderjähriges oder behindertes Kind erziehen oder selbst erwerbsgemindert sind. Hat der/die Verstorbene zum Zeitpunkt seines/ihres Ablebens selbst noch keine Versichertenrente erhalten, so errechnet sich die Hinterbliebenenrente aus einer entsprechenden unterstellten Rente wegen voller Erwerbsminderung. Tritt der Tod vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze ein, so werden Abschläge in Anrechnung gebracht (maximal 10,8 Prozent). Hat der Ehegatte/die Ehegattin bereits eine um Abschläge gekürzte Rente bezogen, so berechnet sich die Hinterbliebenenrente aus dem gekürzten Betrag.

Der 2001 von 60 auf 55 Prozent reduzierte Leistungssatz gilt aus Vertrauensschutzgründen nicht für Hinterbliebenenrenten, die bereits am 31.12.2001 bestanden haben bzw. bei Ehen, die bereits zu diesem Zeitpunkt bestanden und in denen einer der beiden Ehegatten bereits das 40. Lebensjahr vollendet hat, d. h. vor 1962 geboren wurde. Für die genannten Fälle bleibt es also bei einer großen Witwen-/Witwerrente von 60 Prozent.

Eigene Einkommen der/des Hinterbliebenen werden auf die Hinterbliebenenrente angerechnet (vgl. Interner Link: Rentenberechnung) .

Kinderzuschlag

Die Witwer/Witwenrenten nach neuem Recht (55 Prozent) werden um Kinderzuschläge aufgestockt, wenn Kinder erzogen worden sind. Hat der überlebende Ehegatte ein Kind in dessen ersten drei Lebensjahren erzogen, so erhöht sich die Witwen-/Witwerrente nach dem Sterbevierteljahr um einen Kinderzuschlag. Der Kinderzuschlag dient als Ausgleich für die Niveauabsenkung der Witwenrente bei Neufällen. Er wird Altfällen, die davon nicht betroffen sind, nicht gewährt.

Der Kinderzuschlag errechnet sich durch die Anerkennung zusätzlicher persönlicher Entgeltpunkte für maximal drei Jahre. Bei 36 Monaten Kindererziehung beträgt der Zuschlag zwei Entgeltpunkte (das entspricht im ersten Halbjahr 2018 monatlich 58,42 €/alte Länder bzw. 54,10 €/neue Länder. Für jedes weitere Kind wird ein Entgeltpunkt angerechnet.

Infolge der Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre (schrittweise und beginnend ab 2012) (vgl. Interner Link: Altersrenten und Altersgrenzen) wird auch die Altersgrenze für eine große Witwen-/Witwerrente ab 2012 bis 2029 schrittweise vom 45. auf das 47. Lebensjahr angehoben.

Sterbevierteljahr

Unbenommen der Art der Witwen-/Witwerrente (große oder kleine) erhält die/der Hinterbliebene in den ersten drei Monaten nach dem Tod des/der Versicherten ("Sterbevierteljahr“) grundsätzlich die volle Rente des/der Versicherten.

Erziehungsrente

Neben den Witwen- bzw. Witwerrenten gewährt die gesetzliche Rentenversicherung auch Erziehungsrenten. Diese leiten sich bei Geschiedenen (in den neuen Bundesländern für Scheidungen nach dem 1. Juli 1977) aus der Versicherung des überlebenden früheren Partners ab und sollen den durch Tod entfallenen Unterhalt ersetzen. Erziehungsrenten werden an die Anspruchsberechtigten ausbezahlt, wenn sie wegen Kindererziehung keine Berufstätigkeit ausüben können. Sie enden mit dem 18. Lebensjahr des jüngsten zu erziehenden Kindes.

Versorgungsausgleich

Einen Sonderfall zur Hinterbliebenenversorgung durch Witwen-/Witwerrenten stellt bei Scheidungen der Versorgungsausgleich dar. Bei diesem werden vom Grundprinzip her die während einer Ehe (oder eingetragenen Partnerschaft) erworbenen Renten- bzw. Versorgungsanrechte gleichmäßig auf beide Partner aufgeteilt.

Waisenrente

Kinder von verstorbenen Versicherten die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (oder sich noch – bis zum vollendeten 27. Lebensjahr, gegebenenfalls verlängert um Wehr-/Ersatzdienstzeiten – in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden oder behindert sind) erhalten eine Waisenrente. Lebt noch ein unterhaltspflichtiger Elternteil, so wird eine Halbwaisenrente bezahlt.

Waisenrenten betragen 10 bzw. 20 Prozent (Vollwaisen) der Versichertenrente, ergänzt um beitragsunabhängige Zuschläge, die in einer komplexen Berechnung von der Versicherungsdauer des/der Verstorbenen abhängen.

Rentensplitting statt Hinterbliebenenrente

Im Fall der Einkommensanrechnung kann das Berechnungsverfahren bei der Hinterbliebenenrente zu einer ungerechten bzw. einer als ungerecht empfundenen Ungleichbehandlung zwischen den Ehepartnern führen. Wird nämlich der Mann nach dem Tod seiner Frau Witwer, dann stellt sich seine Gesamtversorgungslage deutlich besser dar als im umgekehrten Fall, bei dem die Frau Witwe wird. Denn da die Renten(-anwartschaften) des Mannes in aller Regel höher sind als die der Frau und die eigenen Anwartschaften immer unangetastet bleiben, bezieht der Mann selbst dann eine höhere Gesamtrente, wenn die Hinterbliebenenrente voll angerechnet wird.

Diese Ungleichbehandlung kann durch ein freiwilliges Rentensplitting-Verfahren vermieden werden. Dies ist von Vorteil, wenn die Frau hohe eigene Anwartschaften hat. Voraussetzung für dieses Verfahren, das alternativ zur Witwen-/Witwerrente wahrgenommen werden kann, ist allerdings, dass beide Partner beantragen, dass die in der Ehezeit gemeinsam erworbenen Rentenansprüche zwischen ihnen aufgeteilt werden. Die übereinstimmende Beantragung des Rentensplittings kann erst erfolgen, wenn beide Partner erstmalig Anspruch auf eine volle Altersrente haben oder zumindest ein Partner diesen Anspruch hat und der andere Ehegatte das 65. Lebensjahr vollendet hat. Mit dieser verbindlichen Entscheidung für das Rentensplitting wird eine spätere Witwen- oder Witwerrente ausgeschlossen. So lange beide Partner noch leben, erhalten beide ihre eigene - durch das Splitting aber veränderte - Versichertenrente.

Vorteile gibt es meist für Frauen, deren durch Rentensplitting erworbenen Rentenansprüche im Gegensatz zur Hinterbliebenenrente nicht der Einkommensanrechnung unterliegen. Auch bei einer möglichen Scheidung und späteren Wiederheirat mit einem anderen Partner entfallen diese erworbenen Rentenansprüche nicht. Das Rentensplitting ist zulässig, wenn die Ehe nach dem 31.12.2001 geschlossen worden ist oder die Ehe am 31.12.2001 bestand und beide Ehegatten nach dem 1.1.1962 geboren sind.

Versichertenrenten und Hinterbliebenenrenten im Bestand 1992 - 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Anspruch auf Durchführung des Rentensplittings besteht, wenn beide Ehegatten Anspruch auf eine Rente wegen Alters haben oder ein Ehegatte zuvor verstirbt. Zusätzliches Erfordernis ist, dass am Ende der Splittingzeit bei beiden Ehegatten, also auch beim überlebenden Ehegatten, jeweils 25 Jahre an rentenrechtlichen Zeiten vorhanden sind. Betrachtet man die Entwicklung der Hinterbliebenenrenten im Zeitverlauf (vgl. Abbildung "Versichertenrenten und Hinterbliebenenrenten im Bestand 1970 - 2017"), so zeigt sich seit 1992 in den alten Bundesländern ein leichter Rückgang und in den neuen Bundesländern eine weitgehende Konstanz der Empfängerzahlen. Da die Zahl der Altersrenten aber gleichzeitig zunimmt, sinkt die relative Bedeutung der Hinterbliebenenrenten kontinuierlich.

Rentenbestand nach Rentenarten, Männer und Frauen, 2017 (Interner Link: Grafik zum Download)

Der weit überwiegende Teil der Hinterbliebenenrenten (2017: 82,5 %) setzt sich aus den Witwenrenten zusammen (vgl. Abbildung "Rentenbestand nach Rentenarten, Männer und Frauen, 2017"). Witwerrenten hingegen haben mit 12,0 Prozent nur eine recht geringe Bedeutung. Dies liegt daran, dass aufgrund der längeren Lebenserwartung von Frauen und der Unterschiede im Heiratsalter (Ehefrauen sind im Schnitt fünf Jahre jünger als ihre Männer) die Männer vor ihren Frauen sterben. Bemerkbar machen sich aber auch die Auswirkungen der Einkommensanrechnung. Da die eigenen Renten der Männer sehr viel höher als die der Frauen liegen, kommt es auch häufiger dazu, dass überhaupt kein Anspruch auf eine Witwerrente besteht. Die Hinterbliebenenrenten "ruhen".

Witwen-/Witwerrenten nach Rentenarten1 2017

Angaben in Prozent aller Hinterbliebenenrenten

kleine große
Witwenrenten 0,366,2
Witwerrenten 0,018,5
Waisenrenten -14,5

Fußnote: 1 ohne Berücksichtigung der vollständig ruhenden Hinterbliebenenrenten

Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund 2018, Rentenversicherung in Zeitreihen, S. 118.

Rentenausgaben nach Rentenarten 1960 - 2017 (Interner Link: Grafik zum Download) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Der Bedeutungsrückgang der Hinterbliebenenrenten findet seine Entsprechung auf der Ausgabenseiten der Gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. Abbildung "Rentenausgaben nach Rentenarten 1960-2017"). Waren 1960 noch 32,5 Prozent aller Rentenzahlungen solche für Renten wegen Todes, so ist dieser Anteil bis 2017 auf 15,8 Prozent kontinuierlich gesunken. Hauptursache hierfür ist die gestiegene Frauenerwerbstätigkeit, mit der Folge eines Ausbaus der eigenen Rentenansprüche von Frauen und entsprechend höherer eigenständiger Altersrenten.

Gemessen in absoluten Euro-Beträgen kann grob von einer Konstanz der Ausgaben für Witwen-/Witwerrenten und auch für die Waisenrenten im vergangenen Jahrzehnt gesprochen werden.

Weitere Inhalte

Gerhard Bäcker, Prof. Dr., geboren 1947 in Wülfrath ist Senior Professor im Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Bis zur Emeritierung Inhaber des Lehrstuhls "Soziologie des Sozialstaates" in der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte: Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates in Deutschland und im internationalen Vergleich, Ökonomische Grundlagen und Finanzierung des Sozialstaates, Systeme der sozialen Sicherung, insbesondere Alterssicherung, Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik, Lebenslagen- und Armutsforschung.

Ernst Kistler, Prof. Dr., geboren 1952 in Windach/Ammersee ist Direktor des Internationalen Instituts für Empirische Sozialökonomie, INIFES gGmbH in Stadtbergen bei Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Arbeitsmarktberichterstattung, Demografie, Sozialpolitik, Armutsforschung.