In der Außenwirtschaft besteht weltweit ein großes Ungleichgewicht bezogen auf die Handelsbilanzen. Das Handelsbilanzdefizit der ökonomisch entwickelten Staaten (2014: 696 Mrd. US-Dollar) ist vor allem auf das Handelsbilanzdefizit der USA zurückzuführen (2014: 787 Mrd. US-Dollar). Nachdem die Handelsbilanz der USA in den 1950er- und 1960er-Jahren in fast jedem Jahr positiv war, war sie in den 1970er-Jahren überwiegend negativ. Anschließend weitete sich das durchschnittliche Handelsbilanzdefizit von Jahrzehnt zu Jahrzehnt aus.
Fakten
Während die USA in den 1950er- und 1960er-Jahren in fast allen Jahren einen Überschuss bei der Handelsbilanz erwirtschafteten, haben sie seit den 1970er-Jahren einen überdurchschnittlich hohen Anteil am Handelsbilanzdefizit der ökonomisch entwickelten Staaten.
Im Jahr 2014 schloss die Handelsbilanz der USA mit einem Defizit in Höhe von 787 Milliarden US-Dollar. Im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2014 lag das Defizit bei gut 700 Milliarden US-Dollar, dabei wurde das bisher größte Defizit im Jahr 2006 erreicht (892 Mrd. US-Dollar). Im Jahr 2014 entsprach das Handelsbilanzdefizit der USA 4,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Zehnjahresdurchschnitt 2000 bis 2009 lag der Wert bei 5,3 Prozent, in den 1990er-Jahren bei 2,3 Prozent und in den 1970er-Jahren noch bei 0,7 Prozent.
Die USA sind hinter China (einschließlich Hongkong und Macao) der zweitgrößte Absatzmarkt für Importgüter (Warenimport USA 2014: 2.410 Mrd. US-Dollar / China: 2.572 Mrd. US-Dollar) und standen auch als Warenexporteur an zweiter Stelle (USA: 1.623 Mrd. US-Dollar / China: 2.868 Mrd. US-Dollar). Nach Angaben der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) machte im Jahr 2014 allein das Defizit beim Warenhandel mit China gut zwei Fünftel des Gesamtdefizits der USA aus (327 Mrd. US-Dollar / 41,6 Prozent). Ein weiteres Fünftel entstand im selben Jahr beim Handel mit der Europäischen Union (149 Mrd. US-Dollar / 19,0 Prozent). Deutschlands Anteil lag dabei bei 76 Mrd. US-Dollar (9,7 Prozent) – das zweithöchste Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber einem einzelnen Staat. Darauf folgten im Jahr 2014 die Handelsbilanzdefizite gegenüber Japan (70 Mrd. US-Dollar / 9,0 Prozent), Mexiko (57 Mrd. US-Dollar / 7,2 Prozent) und Kanada (40 Mrd. US-Dollar / 5,1 Prozent).
Neben den Handelsbilanzdefiziten der USA weiteten sich seit Anfang des Jahrhunderts auch die Defizite des Vereinigten Königreiches (2014: 176 Mrd. US-Dollar), Indiens (143 Mrd. US-Dollar), Frankreichs (96 Mrd. US-Dollar) sowie der Türkei (85 Mrd. US-Dollar) auffällig stark aus. Japan stellt einen Sonderfall dar: Zwischen 1981 und 2010 erzielte Japan dreißigmal in Folge einen Handelsbilanzüberschuss, seitdem wird das Handelsbilanzdefizit von Jahr zu Jahr größer (2014: 138 Mrd. US-Dollar).
Den Handelsbilanzdefiziten stehen zunehmende Handelsbilanzüberschüsse von China (2014: 296 Mrd. US-Dollar) und Deutschland (294 Mrd. US-Dollar) sowie von wichtigen Öl- und Gasexporteuren gegenüber – vor allem Saudi-Arabien (191 Mrd. US-Dollar), Russland (189 Mrd. US-Dollar), Katar (98 Mrd. US-Dollar), Vereinigte Arabische Emirate (97 Mrd. US-Dollar) und Kuwait (76 Mrd. US-Dollar).
Die Handelsbilanzüberschüsse öl- und gasexportierender Staaten haben einen großen Einfluss auf die regionalen Handelsbilanzsalden: Während beispielsweise Venezuela im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2014 einen Handelsbilanzüberschuss von 36 Milliarden US-Dollar hatte, lag der Überschuss Südamerikas bei lediglich 31 Milliarden US-Dollar. In Afrika hatten die vier Hauptexporteure von Öl und Gas im Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2014 einen Handelsbilanzüberschuss von 121 Milliarden US-Dollar, wobei Afrika insgesamt ein Handelsbilanzdefizit von durchschnittlich 33 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2012 bis 2014 verzeichnete.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Die Handelsbilanz ist auf einen Zeitraum bezogen und gibt den Saldo der Warenausfuhren und -einfuhren eines Staates oder einer Staatengruppe an. Bei einem Handelsbilanzüberschuss bzw. -defizit erhöht sich die Gläubiger- bzw. Schuldnerposition gegenüber dem Ausland. Da die Handelsbilanz eine Teilbilanz der Leistungsbilanz ist, kann ein Ungleichgewicht der Handelsbilanz durch die Salden anderer Teilbilanzen ausgeglichen werden.
Innerhalb der Gruppe der ökonomisch sich entwickelnden Staaten fällt nach Definition der UNCTAD ein Staat in die Gruppe der Hauptexporteure von Öl und Gas, wenn der Anteil seiner Öl- und Gasexporte an seinen Gesamtexporten bei mindestens 50 Prozent liegt und der Anteil seiner Öl- und Gasexporte an den weltweiten Öl- und Gasexporten in den Jahren 2004-2006 bei mindestens einem Prozent lag. 2013 gehörten zu dieser Gruppe zwölf Staaten: Algerien, Angola, Libyen, Nigeria, Venezuela, Irak, Iran, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Nach der Definition der UNCTAD haben ökonomisch sich entwickelnde Staaten dann ein hohes Einkommen, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf bei mehr als 4.500 US-Dollar liegt (57 Staaten). Als ein mittleres Einkommen gilt ein BIP pro Kopf zwischen 1.000 und 4.500 US-Dollar (47 Staaten). Als niedrig wird das Einkommen bezeichnet, wenn das BIP pro Kopf unter 1.000 US-Dollar liegt (55 Staaten). Dabei richtet sich die Einteilung in die jeweilige Staatengruppe hier ausschließlich nach dem BIP pro Kopf im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006.