Die globale Finanzkrise, die 2007 als Immobilienkrise in den USA begann, hat fast überall auf der Welt zu einem deutlich abgeschwächten Wirtschaftswachstum oder zur Rezession geführt.
Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg schrumpfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) der ökonomisch entwickelten Staaten.
Die Krise schlug auch auf den Nicht-Finanzbereich durch und führte zu enormen Kosten und steigender Staatsverschuldung.
Nur enorme Liquiditätshilfen der Zentralbanken und unkonventionelle Geldpolitik konnten den vollständigen Zusammenbruch verhindern.
Fakten
Die globale Finanzkrise, die 2007 als Immobilienkrise auf dem Subprime-Markt in den USA begann, hat fast überall auf der Welt zu einem deutlich abgeschwächten Wirtschaftswachstum oder zur Rezession geführt. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) der ökonomisch entwickelten Staaten ist nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IMF – International Monetary Fund) im Jahr 2009 zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg geschrumpft und zwar um 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und während sich das reale BIP der ökonomisch sich entwickelnden Staaten und der GUS in den Jahren 2007 und 2008 noch um 8,5 bzw. 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht hatte, nahm es 2009 um lediglich 2,8 Prozent zu. Weltweit lag das Wachstum des realen BIP in 161 Staaten im Jahr 2009 unter dem Wert von 2007. In nur 29 Staaten fiel es 2009 höher aus als 2007 – darunter vor allem Staaten mit geringer Integration in den Weltmarkt und relativ niedrigem BIP-pro-Kopf.
Die Finanzkrise wurde ausgelöst durch das Platzen der Immobilienblase in den USA, bei der die realen Preise für Immobilien in 18 Monaten um rund 20 Prozent fielen. Die Gründe für das Entstehen der Blase waren eine Kombination aus zu niedrigen Zinsen, der Struktur des Hypothekenmarktes in den USA sowie der unsachgemäßen Verwendung von Kreditverbriefungen. Insbesondere die Verwendung von Kreditverbriefungen, mit denen die Banken das mit den Hypotheken verbundene Risiko weitergeben konnten, erlaubte es, das Volumen der Kredite im besonders riskanten Subprime-Markt exorbitant auszuweiten und so das Risiko exponentiell zu erhöhen. Die verbrieften Immobilienkredite waren zunächst von Rating-Agenturen als "mit geringem Risiko behaftet" bewertet worden – im Verlauf der Immobilienkrise wurden die Papiere jedoch zunehmend schlechter bewertet. Die Spekulation mit Kreditderivaten potenzierte die Investitionsrisiken zusätzlich.
Mehrere große amerikanische Finanzunternehmen, die entweder direkt oder indirekt über die Verbriefung auf dem Immobiliensektor aktiv waren, mussten im Zuge der Krise Insolvenz anmelden oder von der Regierung gerettet werden (Lehman Brothers, Merrill Lynch, AIG, Bear Stearns, Fannie Mae, Freddie Mac). Rasante Kurseinbrüche an den globalen Aktienmärkten verschärften die Krise. Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers (einer der fünf größten Investmentbanken der USA) im September 2008 fror der Interbankenmarkt weltweit nahezu vollständig ein.
Die Verknappung der Liquidität von Banken und die allgemeine Verunsicherung führten letztlich auch zu einem Überspringen der Krise auf den Nicht-Finanzbereich. So verringerte sich beispielsweise der weltweite Warenimport real – also gemessen in konstanten Preisen – von 2008 auf 2009 um 11,8 Prozent. Beim Export lag der entsprechende Rückgang nach Angaben des IMF bei 11,2 Prozent. Durch die Senkung der Zinsen bis auf null, eine nie dagewesene Ausweitung der Basisgeldmengen (EZB: Von 1,5 auf 2 Bill. € innerhalb von 14 Tagen im Okt. 2008 und auf 3 Bill. € bis Anfang 2012 / FED: Von 1 auf über 2 Bill. US$ von Sept. bis Nov. 2008) und weitere Maßnahmen der unkonventionellen Geldpolitik gelang es den Notenbanken aber, den vollständigen Zusammenbruch des Bankensystems und damit des Wirtschaftskreislaufs zu verhindern.
Das Übergreifen der Krise auf Europa geschah auf drei Ebenen: Finanzielle Verluste, Wachstumseinbrüche und Einbrüche im Immobiliensektor. So mussten die Royal Bank of Scotland, die schweizer UBS oder die deutsche Hypo Real Estate mit Staatshilfen gerettet bzw. vom Staat übernommen werden. Auch die Landesbanken Sachsen LB und WestLB überlebten die Krise nicht. Irland kostete die Rettung seines Bankensektors fast ein ganzes BIP – die Schuldenquote stieg von 2007 bis 2012 von 23,9 auf 119,9 Prozent des BIP. Das Wachstum der Eurozone brach von plus 3,6 Prozent im ersten Quartal 2007 auf minus 5,7 Prozent im ersten Quartal 2009 ein. Auch die Immobiliensektoren in anderen europäischen Ländern wurden vom in den USA ausgelösten Schock direkt oder indirekt angesteckt. Am härtesten getroffen wurde wohl Spanien, bei dem der Bausektor mehr als 20 Prozent des BIP ausmachte. Nach einer langen Boomphase, in der der reale Hauspreisindex von 75,4 im ersten Quartal 1999 auf 165,8 im dritten Quartal 2007 gestiegen war, brach er auf 95,6 im letzten Quartal 2013 ein. Der Immobiliensektor war damit in Spanien deutlich stärker und länger von der Krise betroffen als der in den USA.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen (Wertschöpfung), soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Das BIP ist gegenwärtig das wichtigste gesamtwirtschaftliche Produktionsmaß. Das reale BIP ist unabhängig von Preisveränderungen, da es zu den Preisen eines Basisjahres, also in konstanten Preisen, berechnet wird.
Als Kreditverbriefung werden Finanzinstrumente bezeichnet, bei denen eine Vielzahl von Kreditverträgen zusammengefasst und die damit verbundenen Zahlungsströme weiterverkauft werden. Damit wird das Risiko eines Kreditausfalls an den Käufer weitergegeben. Zumeist werden die Bündel in verschiedene Risikotranchen unterteilt, sodass Anleger mit unterschiedlicher Risikobereitschaft partizipieren können.
Ein Collateral Default Swap (CDS) ist eine Kreditausfallversicherung. Wird dieses Instrument jedoch zur Spekulation verwendet, statt zur Risikoabsicherung, dann gleicht das Finanzinstrument einer Wette auf den Ausfall des Kreditnehmers.
Auf dem Subprime-Markt erhalten auch Kreditnehmer mit geringer Bonität ein Hypothekendarlehen.
EZB – Europäische Zentralbank
Die Abkürzung FED (Federal Reserve Districts) steht für das Zentralbank-System und die Notenbank der USA.
GUS – Gemeinschaft Unabhängiger Staaten / CIS – Commonwealth of Independent States: Ein nach dem Zerfall der Sowjetunion gegründeter Zusammenschluss von Staaten (Mitglieder Anfang 2025: Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan).
Informationen zu den größeren Finanzkrisen seit 1970 finden Sie