Insgesamt hat sich der Handel mit Finanzderivaten seit Beginn des Jahrhunderts sehr stark ausgedehnt.
Dies trifft auf die an regulierten Börsen gehandelten Derivate und noch vielmehr auf die sogenannten OTC-Derivate zu, die direkt zwischen Marktteilnehmern gehandelt werden (OTC = over the counter). Über 80 Prozent des Volumens geht dabei auf Zinsderivate zurück.
Im September 2024 lag der Nominalwert börsengehandelter Derivate bei 101 Billionen US-Dollar.
Aufgrund veränderter rechtlicher Bedingungen für Finanzderivate ging der Bestand an OTC-Derivaten zwischen Ende 2013 und Ende 2016 von rund 710 auf 480 Billionen US-Dollar zurück, hat inzwischen aber wieder einen neuen Höchststand erreicht (Mitte 2024: 730 Bill. US$).
Fakten
Bezogen auf die börsengehandelten Finanzderivate – bzw. genauer auf die den Finanzderivaten zugrunde liegenden Basiswerte (underlyings) – hat sich der Bestand zwischen 2000 und 2007 etwa versiebenfacht. Der sogenannte Nominalwert der Derivate lag Ende 2007 mit 71 Billionen US-Dollar deutlich über dem Bestandswert aller Aktien der Welt (2007: 61 Billionen US-Dollar). Das Jahr 2007 markiert allerdings einen deutlichen Wendepunkt der Entwicklung. Durch den hochspekulativen Handel mit Derivaten wurden umfangreiche Kreditrisiken weltweit auf eine Vielzahl von Finanzinstituten verteilt, weswegen der Handel mit falsch bewerteten Derivaten als Hauptursache der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise gilt. Nach einem deutlichen Einbruch der Marktaktivität im Jahr 2008 wurde der Spitzenwert des Jahres 2007 erst im Jahr 2018 überschritten. Für das Ende des Jahres 2023 wurde von der Bank for International Settlements (BIS) ein Bestandswert von 86,7 Billionen US-Dollar festgestellt. Allerdings schwanken diese Werte auch innerhalb eines Jahres teilweise erheblich, wobei der Herbstwert meistens das Maximum darstellt. Das bisherige Bestandsmaximum erreichten die börsengehandelten Derivate im Sommer 2019 mit 120 Billionen US-Dollar.
Börsengehandelte Derivate werden an Terminbörsen gehandelt. Die derzeit größten Terminbörsen sind die CME Group (Chicago Mercantile Exchange), die Intercontinental Exchange Atlanta und die European Exchange (EUREX) mit Sitz in Frankfurt am Main. Beim börslichen Handel ist der Vertragspartner immer die Clearingstelle, die auch die Bonitätsprüfung der Geschäftspartner (Kontrahenten) übernimmt und die Erfüllung der Vertragsbedingungen garantiert. Die an Terminbörsen gehandelten Finanzprodukte sind standardisiert, wobei insbesondere Futures und Optionen gehandelt werden. Der Handel mit Futures stieg zwischen 2000 und 2007 auf das Fünffache und der Handel mit Optionen auf das Elffache. Nach deutlichen Schwankungen im Zeitverlauf, vor allem ausgelöst durch verschiedene Krisen, war das Handelsvolumen von Futures und Optionen Ende 2023 mehr als doppelt so hoch wie 2020, also dem ersten Jahr der Corona-Pandemie, und 1,5-fach höher als 2007. Bezogen auf die börsengehandelten Derivate beziffert die BIS das Handelsvolumen Ende 2023 auf 11,3 Billionen US Dollar pro Handelstag.
Der Bestand an OTC-Derivaten weist ein rund siebenmal so großes Volumen auf wie der Bestand börsengehandelter Derivate. OTC-Geschäfte können im Gegensatz zu den standardisierten börsengehandelten Derivaten entsprechend der Bedürfnisse der Vertragsparteien gestaltet werden. Wichtige außerbörsliche Arten von Derivaten sind Forwards, OTC-Optionen und Swaps. Der Nominalwert außerbörslich gehandelter Derivate wuchs von Mitte 2000 bis Mitte 2008 von rund 95 auf gut 670 Billionen US-Dollar und blieb mit leichten Schwankungen bis 2014 auf hohem Niveau.
Aufgrund der Intransparenz des nicht-börslichen Derivatehandels hatten sich die Gesetzgeber dazu entschlossen, regulatorische Maßnahmen zu ergreifen, die den Handel mit OTC-Derivaten beschränken. In den USA (Dodd-Frank-Act) und in Europa (EMIR – European Market Infrastructure Regulation) wurde ein verpflichtendes zentrales Clearing für standardisierte Kontrakte eingeführt und zudem werden von Banken für nicht zentral abgewickelte Kontrakte höhere Kapitalanforderungen verlangt. Durch diese regulatorischen Maßnahmen ging der Bestand an außerbörslich gehandelten Finanzderivaten zwischen Ende 2013 und Ende 2016 von 710 auf 482 Billionen US-Dollar zurück.
Nach dem regulatorisch bedingten Abschwung stieg das Bestandsvolumen wieder und erreichte Mitte 2024 mit 730 Billionen US-Dollar den bisherigen Höchststand. Zinsderivate machten dabei durchgehend rund 80 Prozent des Marktvolumens aus. Bemerkenswert ist auch der dramatische Einbruch des Volumens an OTC-Derivaten für Rohstoffe, Credit default Swaps und Aktien in 2008 im Laufe der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Die im Jahr 2011 von einigen vermutete Spekulation mit Kreditderivaten gegen Griechenland ist lediglich als „kleiner Höcker“ in der Datenreihe dieses Marktsegmentes zu sehen.
Begriffe, methodische Anmerkungen oder Lesehilfen
Finanzderivate oder derivative Finanzinstrumente sind Anlageformen, die jeweils von einem Basiswert (underlying) abgeleitet worden sind. Basiswerte für Derivatgeschäfte können Waren, Finanzwerte und marktbezogene Referenzgrößen aller Art sein (zum Beispiel Devisen, Schuldverschreibungen, Wertpapiere, Zinssätze, Indices). Derivate sind so konstruiert, dass sie die Kurs- bzw. Preisschwankungen der Basiswerte überproportional nachvollziehen. Daher lassen sie sich sowohl zur Absicherung gegen Wertverluste als auch zur Spekulation verwenden. Es wird dabei zwischen an regulierten Börsen gehandelten Derivaten und OTC-Derivaten (OTC = over the counter) unterschieden, die direkt zwischen den Marktteilnehmern gehandelt werden.
Die hier gemachten Aussagen über den Bestand an und den Handel mit Derivaten beziehen sich auf den Nominalwert der Derivate. Der Nominalwert ergibt sich aus den Kursen bzw. Preisen der zugrunde liegenden Basiswerte.
Aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Varianten und Mischformen ist eine trennscharfe Klassifikation von Derivaten schwierig. Es können aber drei große Derivate-Gruppen unterschieden werden: Als Futures (börsengehandelt) bzw. Forwards (außerbörslich) werden Finanztermingeschäfte bezeichnet, die einen Handel zu einem festgelegten Zeitpunkt und Preis zwingend festlegen und ursprünglich zur Begrenzung von Preisrisiken dienten. Die zweite Gruppe sind die sogenannten Optionen. Hierbei handelt es sich um bedingte Termingeschäfte, bei dem der Käufer im einfachsten Fall das Recht erwirbt, etwas zu einem späteren Zeitpunkt zu einem vereinbarten Preis zu kaufen (Call-Option) oder zu verkaufen (Put-Option). Es gibt aber auch eine Vielzahl von komplizierteren Optionsvarianten. Der Optionsinhaber kann zumeist einseitig entscheiden, ob er die Option ausübt oder diese verfallen lässt. Bei der dritten Gruppe, den sogenannten Swapgeschäften, tauschen Handelspartner Schuldpapiere mit unterschiedlichen Zinsen, Währungen und Laufzeiten. Der Sinn von Swapgeschäften liegt in der Senkung von Finanzierungskosten oder sie dienen der Spekulation.