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Analyse: Die ökonomische Bedeutung des ukrainischen Donbass | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Chronik: 1. bis 30. April 2024 Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter / Ukrainische Community in Deutschland / Deutsch-ukrainische kommunale Partnerschaften (29.04.2024) Analyse: Arbeitsmarktintegration der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland Statistik: Integration in den Arbeitsmarkt Analyse: Die ukrainische Community in Deutschland Analyse: (Un)genutzte Potenziale in den deutsch-ukrainischen Kommunal- und Regionalpartnerschaften Dokumentation: Übersicht deutsch-ukrainischer Partnerschaften Chronik: 11. bis 31. März 2024 10 Jahre Krim-Annexion / Donbas nach der Annexion 2022 (21.03.2024) Analyse: Zehn Jahre russische Annexion: Die aktuelle Lage auf der Krim Dokumentation: Reporters Without Borders: Ten years of Russian occupation in Crimea: a decade of repression of local independent journalism Dokumentation: Europarat: Crimean Tatars’ struggle for human rights Statistik: Repressive Gerichtsverfahren auf der Krim und in Sewastopol Analyse: Die Lage im annektierten Donbas zwei Jahre nach dem 24. Februar 2022 Umfragen: Öffentliche Meinung zur Krim und zum Donbas Chronik: 22. Februar bis 10. März 2024 Wirtschaft / Rohstoffe / Kriegsschäden und Wiederaufbau Analyse: Wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in einer schwierigen Gesamtlage Analyse: Die Rohstoffe der Ukraine und ihre strategische Bedeutung Analyse: Schäden und Wiederaufbau der ukrainischen Infrastruktur Chronik: 11. Januar bis 21. Februar 2024 Zwei Jahre Angriffskrieg: Rückblick, aktuelle Lage und Ausblick (23.02.2024) Analyse: Zwei Jahre russischer Angriffskrieg. Welche politischen, militärischen und strategischen Erkenntnisse lassen sich ziehen? Kommentar: Die aktuelle Lage an der Front Kommentar: Wie sich der russisch-ukrainische Krieg 2024 entwickeln könnte Kommentar: Die Ukraine wird sich nicht durchsetzen, wenn der Westen seine eigene Handlungsfähigkeit verleugnet Kommentar: Wie funktioniert das ukrainische Parlament in Kriegszeiten? Kommentar: Wie die Wahrnehmung des Staates sich durch den Krieg gewandelt hat Umfragen: Stimmung in der Bevölkerung Statistik: Verluste an Militärmaterial der russischen und ukrainischen Armee Statistik: Russische Raketen- und Drohnenangriffe, Verbrauch von Artilleriegranaten, Materialverluste im Kampf um Awdijiwka Folgen des russischen Angriffskriegs für die ukrainische Landwirtschaft (09.02.2024) Analyse: Zwischenbilanz zum Krieg: Schäden und Verluste der ukrainischen Landwirtschaft Analyse: Satellitendaten zeigen hohen Verlust an ukrainischen Anbauflächen als Folge der russischen Invasion Statistik: Getreideexporte Chronik: 17. Dezember 2023 bis 10. Januar 2024 Kunst, Musik und Krieg (18.01.2024) Analyse: Ukrainische Künstler:innen im Widerstand gegen die großangelegte Invasion: Dekolonialisierung in der Kunst nach dem 24. Februar 2022 Analyse: Musik und Krieg Dokumentation: Ukrainische Musiker:innen, die durch die russische Invasion umgekommen sind Statistik: "De-Russifizierung" der ukrainischen Youtube-Musik-Charts Umfragen: Änderung des Hörverhaltens seit der großangelegten Invasion Chronik: 21. November bis 16. Dezember 2023 Eintritt in eine neue Kriegsphase? / Selenskyjs Appelle an Russland (19.12.2023) Interview: "Dieser Krieg bleibt in erster Linie ein Artilleriekrieg, der die Munitionslieferungen zu einem sehr wichtigen Faktor macht" Statistik: Geländegewinne seit Beginn der Großinvasion Kommentar: Deutschland: Ein Schlüsselakteur in der neuen Kriegsphase? Statistik: Internationale Hilfen für die Ukraine Analyse: Selenskyjs Appelle an russische Staatsbürger:innen im ersten Jahr des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine Dokumentation: Ansprache des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an das russische Volk am Vorabend der großangelegten Invasion Chronik: 28. Oktober bis 20. November 2023 Der Globale Süden und der Krieg (24.11.2023) Analyse: Der Blick aus dem Süden: Lateinamerikanische Perspektiven auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine Analyse: Russlands Krieg gegen die Ukraine und Afrika: Warum die Afrikanische Union zwar ambitioniert, aber gespalten ist Analyse: Eine Kritik der zivilisatorischen Kriegsdiplomatie der Ukraine im Globalen Süden Umfragen: Umfragedaten: Der Globale Süden und Russlands Krieg gegen die Ukraine Dokumentation: Abstimmungen in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Chronik: 16. bis 27. Oktober 2023 Zwischen Resilienz und Trauma: Mentale Gesundheit (02.11.2023) Analyse: Mentale Gesundheit in Zeiten des Krieges Karte: Angriffe auf die Gesundheitsinfrastruktur der Ukraine Analyse: Den Herausforderungen für die psychische Gesundheit ukrainischer Veteran:innen begegnen Umfragen: Umfragen zur mentalen Gesundheit Statistik: Mentale Gesundheit: Die Ukraine im internationalen Vergleich Chronik: 1. bis 15. Oktober 2023 Ukraine-Krieg in deutschen Medien (05.10.2023) Kommentar: Der Kampf um die Deutungshoheit. 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Eine empirische Analyse der Studiogäste Chronik: 1. bis 30. September 2023 Ökologische Kriegsfolgen / Kachowka-Staudamm (19.09.2023) Analyse: Die ökologischen Folgen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Analyse: Ökozid: Die katastrophalen Folgen der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Dokumentation: Auswahl kriegsbedingter Umweltschäden seit Beginn der großangelegten russischen Invasion bis zur Zerstörung des Kachowka-Staudamms Statistik: Statistiken zu Umweltschäden Zivilgesellschaft / Lokale Selbstverwaltung und Resilienz (14.07.2023) Von der Redaktion: Sommerpause – und eine Ankündigung Analyse: Die neuen Facetten der ukrainischen Zivilgesellschaft Statistik: Entwicklung der ukrainischen Zivilgesellschaft Analyse: Der Beitrag lokaler Selbstverwaltungsbehörden zur demokratischen Resilienz der Ukraine Wissenschaft im Krieg (27.06.2023) Kommentar: Zum Zustand der ukrainischen Wissenschaft in Zeiten des Krieges Kommentar: Ein Brief aus Charkiw: Ein ukrainisches Wissenschaftszentrum in Kriegszeiten Kommentar: Warum die "Russian Studies" im Westen versagt haben, Aufschluss über Russland und die Ukraine zu liefern Kommentar: Mehr Öffentlichkeit wagen. 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Annual Report (Ausschnitt) Dokumentation: Terror, disappearances and mass deportation Dokumentation: Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gegen Wladimir Putin wegen der Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten nach Russland Analyse: Die Wiedereingliederung des Donbas nach dem Krieg: eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung Chronik 11. bis 21. Februar 2023 Internationaler Frauentag, Feminismus und Krieg (13.03.2023) Analyse: 8. 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Dokumentation: Umfragen zum Krieg (Auswahl) Chronik: Chronik 9. bis 16. Januar 2023 Ländliche Gemeinden / Landnutzungsänderung (19.01.2023) Analyse: Ländliche Gemeinden und europäische Integration der Ukraine: Entwicklungspolitische Aspekte Analyse: Monitoring der Landnutzungsänderung in der Ukraine am Beispiel der Region Schytomyr Chronik: 26. September bis 8. Januar 2023 Weitere Angebote der bpb Redaktion

Analyse: Die ökonomische Bedeutung des ukrainischen Donbass

Vlad Mykhnenko Birmingham Von Vlad Mykhnenko

/ 9 Minuten zu lesen

Das Donezkbecken (oder der Donbass) ist eine Kohleabbau- und Industrieregion in der östlichen Ukraine. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind jedoch mit dem Donbass fast ausschließlich die ukrainischen Oblaste Donezk und Luhansk gemeint, die im Zentrum dieses Artikels stehen.

Arbeiter stehen vor einer zerstörten Kohlemine in der Oblast Donezk. (© picture-alliance/dpa)

Diese historische Region hat in letzter Zeit eine gewisse weltweite Aufmerksamkeit erfahren – als Bühne eines brutalen, wenn auch unerklärten Kriegs zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine, der auf den gewaltsamen Sturz der Regierung von Präsident Wiktor Janukowitsch im Februar 2014 folgte. Nach der russischen Besatzung der ukrainischen Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol begannen im April 2014 von Moskau unterstützte bewaffnete Gruppen, im Donbass öffentliche Gebäude und Waffen zu erobern. Laut dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen wurden im Kampfgebiet vom Beginn des Konfliktes bis zum 26. Februar 2015 in den anhaltenden Kämpfen zwischen bewaffneten Gruppen und ukrainischen Regierungstruppen mindestens 5.807 Menschen (darunter 63 Kinder) getötet und 14.735 Menschen (darunter 169 Kinder) verwundet. Millionen Menschen sind aus ihren Häusern geflohen. Dieser Artikel möchte vor allem die wirtschaftliche Bedeutung des ukrainischen Donbass für das gesamte Land bewerten, außerdem sollen einige vorläufige Schätzungen über den wirtschaftlichen Schaden angestellt werden, der durch den militärischen Konflikt in der Region entstanden ist.

Bevölkerung: doppelt so schneller Rückgang wie im Landesdurchschnitt

Am 1. Januar 2014 wurde die Bevölkerung des Donbass auf 6.565.873 Einwohner geschätzt. Sie betrug damit 14,5 Prozent der ukrainischen Gesamtbevölkerung vor dem russisch-ukrainischen Krieg, wobei die Bevölkerungszahl von Donezk auf 4.330.997 (9,5 Prozent der gesamten Ukraine) beziffert wird und die von Luhansk auf 2.234.876 (4,9 Prozent). Die Bevölkerungszahl des Donbass ist im Laufe der Zeit langsam gesunken: Seit 1993 beträgt ihr Wachstum im Jahresdurchschnitt 1,2 Prozent, mit dem Ergebnis, dass die Anzahl der Einwohner in dieser Zeit – ausgehend von ihrem Spitzenwert von 8.221.457 zum Ende des Jahres 1992 – um 1.655.584 zurückgegangen ist. Insgesamt erfuhr Donezk einen Rückgang seiner Einwohner um 24 Prozent, der Bevölkerungsrückgang in Luhansk war mit 28 Prozent innerhalb von 21 Jahren noch deutlicher. Insgesamt schrumpfte der Donbass im Durchschnitt doppelt so schnell wie die Ukraine.

Einkommen und Löhne: eine Geschichte mit zwei Seiten

Der beste Einzelindikator für den Lebensstandard der Bewohner einer Region ist das Pro-Kopf-Einkommen. 2013 erreichte das persönliche Bruttoeinkommen im Donbass 35.642 ukrainische Hrywnia (UAH) pro Kopf (beim momentanen Kurs entspricht das 3.359 Euro) und lag damit sechs Prozent über dem Landesdurchschnitt von 33.668 UAH (3.173 Euro). Besonders die Einwohner von Donezk waren mit einem Bruttoeinkommen von 37.680 UAH pro Kopf (3.551 Euro) um fast 400 Euro besser gestellt als der durchschnittliche Ukrainer. Auch die Löhne und Einkommen im Donbass gehörten zu den höchsten im Land: 2013 verdiente der durchschnittliche Arbeitnehmer in Donezk mit 3.755 UAH monatlich (derzeit 366 Euro) den zweithöchsten Durchschnittslohn im Land, während sein Kollege in Luhansk durchschnittlich 3.337 UAH (325 Euro) monatlich erhielt – den vierthöchsten Durchschnittslohn der Ukraine. Teils wegen niedrigerer Tarifsätze, vor allem aber wegen geringer ökonomischer Aktivitäten waren die Lebenshaltungskosten in Luhansk niedriger als in Donezk, 2013 lagen sie bei 31.692 UAH (2.986 Euro) pro Kopf – und damit fast 200 Euro unter dem landesweiten Durchschnitt. Gemessen am verfügbaren Bruttoeinkommen war Donezk lange Zeit die am zweitstärksten prosperierende Oblast (nach der Hauptstadt Kiew), Luhansk hinkte chronisch hinterher.

Die Struktur der Wirtschaft: Verarbeitende Industrie, Bergbau und Handel

Wirtschaftliche Erträge: Zusammensetzung und Menge
Sowohl die Struktur der Wirtschaft im Donbass als auch ihr Anteil an der landesweiten Produktion (verstanden als Bruttoinlandsprodukt oder BIP) haben sich im Laufe der Zeit verändert. Die Landwirtschaft, die 1988 noch 10,1 Prozent der wirtschaftlichen Erträge ausmachte, ist momentan nur noch für etwas mehr als vier Prozent der Produktion in der Oblast verantwortlich. Auch die Anteile von Bergbau und verarbeitender Industrie am Gesamtertrag der Region sind zurückgegangen. In Donezk ist die gesamte industrielle Produktion von 70,6 Prozent des Ertrags im Jahr 1988 auf 39,9 Prozent im Jahr 2012 zurückgegangen. Eine solche "Deindustrialisierung" ist, obgleich langsam, auch in Luhansk vorangeschritten. Nach und nach entwickelte sich die Wirtschaft im Donbass, wie in anderen postkommunistischen Transformationsökonomien auch, zu einer hauptsächlich auf Dienstleistung basierenden Ökonomie.

Diese Veränderung der Industriestruktur beendete jedoch nicht die Bedeutung der Region für die ukrainische Wirtschaft: In den traditionellen Bereichen Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden erwirtschaftet sie momentan 35 Prozent des Werts der landesweiten Erträge, in der verarbeitenden Industrie 22 Prozent des ukrainischen Gesamtertrags und im Bereich Energie und Wasserversorgung 20 bzw. 18 Prozent. Außerdem ist die Region nach wie vor auf Transport und Lagerung (17 Prozent) sowie auf Bautätigkeiten spezialisiert.

Für 2012 betrug die endgültige Schätzung des gesamtwirtschaftlichen Aktivitätsniveaus in der Region 229.542 Millionen UAH (bei den momentanen Preisen 22,4 Milliarden Euro), wobei Donezk drei Viertel des regionalen BIPs erwirtschaftet hat. Donezk war wirtschaftlich die zweitgrößte Oblast der Ukraine, Luhansk rangierte auf Platz acht von landesweit 27 Gebietsstatistiken. Die Gesamtregion machte 22 Prozent der ukrainischen Industrieproduktion aus, wobei Donezk mit einem Anteil von 16,3 Prozent der landesweite Spitzenreiter in der industriellen Produktion war und Luhansk mit 5,4 Prozent nach Dnipropetrowsk (16,1 Prozent), Charkiw und Saporishshja (jeweils 5,8 Prozent) sechstgrößter Industrieproduzent.

Wachstum: Zyklen und Einflussfaktoren
Die ukrainische Wirtschaft ist (gemessen am BIP) zwischen 1995 und 2012 um jährlich 2,81 Prozent gewachsen. In diesem Zeitraum wuchs die zweitgrößte Regionalökonomie des Landes langsamer, Donezk verzeichnete jährlich durchschnittlich 2,21 Prozent Wachstum, Luhansk 2,13 Prozent. Der Dienstleistungssektor ist für den Großteil des Wirtschaftswachstums im Donbass verantwortlich, die starke Abhängigkeit der Region von einem ziemlich trägen Bergbau sowie von verarbeitender Industrie und Energie- und Wasserversorgungsindustrien erklärt ihren dennoch suboptimalen Wachstumskurs.

Grafik 1

Grafik 1 zeigt die realen Jahreswachstumsraten der BIPs in den einzelnen Oblasten von 1995 bis 2012, ihre absoluten Werte im Jahr 2012 in der Landeswährung und den Ausgangspunkt der Bruttowertschöpfung (BWS) pro Kopf im Jahr 1995. Es wird deutlich, dass Donezk in den 17 Jahren, für die Daten zur Verfügung stehen, gegenüber den vier anderen großen und wohlhabenden Oblasten Stadt Kiew, Charkiw, Kiew und Saporishshja, die im territorialen Wettbewerb nach vorne gedrängt sind, zurückgefallen ist. In der Zwischenzeit ist Luhansk noch weiter zurückgefallen, hinter arme und kleine Oblaste wie Wolyn, Transkarpathien, Sewastopol, Ternopil, Schytomyr und Tcherniwzi, die sich beständig an das ukrainische Durchschnittseinkommen herangearbeitet haben. Infolgedessen ist die relative Bedeutung der Donbass-Ökonomie von 17,3 Prozent am ukrainischen BIP im Jahr 1996 auf 15,7 Prozent im Jahr 2012 gesunken. Luhansks relativer Abfall war in diesem Zeitraum am steilsten, von einem Anteil von fünf auf nur noch vier Prozent im Jahr 2012.

Beschäftigung und Unterbeschäftigung: ungenutzte Arbeitskraft

Die Sowjetwirtschaft mit ihrer zentralisierten Planung war eine Vollbeschäftigungsökonomie, die auf der Mobilisierung aller verfügbaren Arbeitsressourcen basierte. Entsprechend endete 1985, nach dem Beginn von Gorbatschows Reformierung der Zentralwirtschaft im Zuge der Perestroika, das kontinuierliche Wachstum der Arbeitskraft im Donbass (und in der gesamten Ukraine). Die Zahlen zur Arbeitskraft erfassen alle Arbeitenden oder aktiv Arbeitsuchenden. Aufgrund der großen Menge von Arbeitskräften und der tiefgreifenden wirtschaftlichen Veränderungen war die Zusammenstellung exakter Statistiken schwierig. Zudem hat sich die Art der Präsentation der Statistiken im Laufe der Zeit verändert. Die Zahlen sollten daher eher als Schätzungen denn als präzise Werte behandelt werden. Der Trend ist dennoch klar: Zwischen 1985 und 2012 ist die Arbeitskraft im Donbass um ein Viertel zurückgegangen, von insgesamt 4.034.380 auf 3.038.846 Personen. Die Gesamtarbeitskraft im Land ist im Vergleich dazu um 19 Prozent gesunken.

Neben dem allgemeinen Bevölkerungsrückgang war der wichtigste Grund für das Negativwachstum der Arbeitskraft ein Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitätsrate sowohl von Männern als auch von Frauen: Luhansk verzeichnete bei der Anzahl der wirtschaftlich Aktiven einen Abfall von neun Prozent, der entsprechende Wert für Donezk lag bei elf Prozentpunkten. 2014 waren es in Donezk nur 65,4 Prozent aller Männer und Frauen im Alter zwischen 15 und 70 Jahren, die arbeiteten oder eine Arbeit suchten; in Luhansk lag dieser Wert mit 63,3 Prozent sogar noch niedriger. Die meisten derjenigen, die arbeiteten, waren in der Industrie angestellt. Zudem erreichte die Arbeitslosenrate im Donbass 2013 – berechnet nach der Methode der Internationalen Arbeitsorganisation – 7,4 Prozent und lag damit über dem landesweiten Durchschnitt von 7,2 Prozent aller Menschen zwischen 15 und 70 Jahren. 2014 stieg die Arbeitslosenrate in der ersten Jahreshälfte in Luhansk auf 8,9 Prozent und in Donezk auf 9,6 Prozent. Beide Werte liegen über dem Landesdurchschnitt.

Außenhandel und Investitionen: die exportbetriebene Lokomotive der Reinvestitionen

Der Donbass ist wie auch andere hochindustrialisierte Gegenden lange Zeit eine Handelsregion gewesen. Mit der Auflösung des Rats für Gegenseitige Wirtschaftshilfe und dem Zusammenbruch der Sowjetunion zwischen 1989 und 1991 fielen etablierte Handelsstrukturen weg; die folgenden Jahre waren von sozialer Instabilität und wirtschaftlicher Depression gekennzeichnet. Die anschließende wirtschaftliche Erholung des Donbass seit den späten 1990er Jahren gründete hauptsächlich auf Güter- und Dienstleistungsexporten, die 2011 mit 24.660,5 Millionen US-Dollar ihren Höhepunkt erreichten und beachtliche 30 Prozent der ukrainischen Gesamtexporte ausmachten. Mit der Abschwächung der globalen Konjunktur in den 2010er Jahren fielen die Exporte aus dem Donbass 2013 auf 16.749,2 Millionen US-Dollar und damit auf 21,4 Prozent der gesamten ukrainischen Exporte; die Region war damit aber noch immer Top-Exporteur des Landes. Im Einzelnen exportierte Donezk im Jahr 2013 Güter im Wert von 12.408,6 Millionen US-Dollar und Dienstleistungen im Wert von 639,6 Millionen US-Dollar; für Luhansk beliefen sich die Warenexporte auf 3.543,6 Millionen US-Dollar und die Exporte von Dienstleistungen auf 157,4 Millionen US-Dollar. Zur Zusammensetzung der gehandelten Güter: Drei Viertel der Warenexporte aus dem Donbass waren Eisenmetalle, Benzin und Lokomotiven, der Transport machte den Großteil der exportierten Dienstleistungen aus.

Trotz ihrer Erfolge im Außenhandel gelang es der Region nicht, eine nennenswerte Menge von ausländischen Direktinvestitionen anzuwerben. Der Anteil des Donbass an den ausländischen Direktinvestitionen in der Ukraine hatte 2014 noch nicht einmal acht Prozent erreicht: Die ausländischen Direktinvestitionen pro Einwohner betrugen in Donezk gerade mal 808 US-Dollar und in Luhansk 394 US-Dollar. Bei der einheimischen Kapitalbildung war die Region um einiges erfolgreicher. Für 2000 bis 2013 vermeldete Donezk ein Wachstum seiner Kapitalanlagen um 37,4 Prozent, die gesamtukrainischen Kapitalanlagen wuchsen in dieser Zeit um 14,6 Prozent. Der Exportboom machte Donezk – die größte Stadt im Donbass – zur zweiten ukrainischen Handelshauptstadt, zwölf Prozent der 200 größten ukrainischen Unternehmen haben ihren Hauptsitz in der Oblasthauptstadt (unter anderem Metinvest, DTEK, ISD und Donetsksteel). Zudem hat Luhansk sein Grundkapital durch eine beeindruckende jährliche Kapitalbildungsrate von acht Prozent seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt.

Folgen des Kriegs im Donbass: ein Drittel des Territoriums, etwa 45 Prozent der Bevölkerung und die Hälfte der Wirtschaft befinden sich nicht mehr unter Regierungskontrolle

Laut dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen wurden infolge des russisch-ukrainischen Konflikts bis Anfang März 2015 1,1 Millionen Binnenflüchtlinge registriert, über 670.000 Menschen sind aus dem Donbass in benachbarte Länder geflohen. Von den restlichen fünf Millionen Einwohnern leben derzeit zwischen zwei und drei Millionen in nicht von der Regierung kontrollierten Regionen, die von Kämpfen betroffen und enormen Sicherheitsbedrohungen durch die militärischen Aktivitäten ausgesetzt sind, die sich zunehmend in dicht besiedelten städtischen Gegenden konzentrieren. Es wird von Tausenden Todesopfern berichtet, es ist zu einem Anstieg der Gesetzlosigkeit gekommen, grundlegende lebensrettende Dienste sind außer Kraft gesetzt, der Zugang zu Bankdienstleistungen und Bargeld ist extrem eingeschränkt, Nahrungsmittel und andere Waren sind zunehmend knapp und teuer. Mindestens eine halbe Million Menschen lebt Schätzungen zufolge wegen des Beschusses längerfristig unter der Erde und es gibt Berichte über Hunger in der Bevölkerung.

Flucht und Vertreibung haben die Städte und Ortschaften im Donbass entvölkert. In der Stadt Horliwka sind nur noch 180.000 Menschen, vor dem Krieg lebten hier 276.000. Von den 30.000 Einwohnern, die vor dem Konflikt in Dokutschajiwsk gelebt haben, sind nur 8.000 geblieben. Die Ortschaft Krasnohoriwka hatte vor dem Ausbruch der Kriegshandlungen 16.000 Einwohner, jetzt sind es schätzungsweise noch 4.000 bis 5.000. Und Debalzewe, dessen Bevölkerung vor dem Konflikt über 25.000 betrug, hat jetzt weniger als 7.000 Einwohner, etwa 5.000 von ihnen leben unter der Erde – in Kellern und improvisierten Bunkern, ohne Wasser, Heizung, Strom oder Zugang zu Gesundheitsversorgung. Zur Zeit der Verfassung dieses Artikels sind bis zu 33 Prozent des Donbass-Territoriums (etwa 17.500 Quadratkilometer) unter die Kontrolle der bewaffneten Militärs der selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk geraten. In dem nicht unter Regierungskontrolle befindlichen Gebiet leben etwa 45 Prozent der im Donbass verbliebenen Bevölkerung. Vor dem Krieg erbrachten diese Regionen etwa 47 Prozent der industriellen Produktion von Donezk und etwa 60 Prozent der wirtschaftlichen Erträge von Luhansk (das sind etwa 50 Prozent der gesamten Wirtschaft im Donbass). Die große Mehrheit der Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in den nicht von der Regierung kontrollierten Regionen wurde durch den Militärkonflikt schwer beschädigt, viele Betriebe fallen ganz aus. Die Anführer der von Moskau unterstützten Militärs haben versprochen, den Donbass "wieder aufzubauen" und das Vorkriegsniveau "in zwei bis drei Jahren" wiederherzustellen. Das wird ohne Zweifel für viele Jahre ein leeres Versprechen bleiben.

Übersetzung aus dem Englischen: Sophie Hellgardt

Fussnoten

Dr. Vlad Mykhnenko arbeitet am Institut für Geographie und Umweltwissenschaften der Universität Birmingham, Großbritannien, mit den Forschungs- und Lehrschwerpunkten Humangeographie, urbane Studien und Resilienz. Seine Forschungsinteressen sind vor allem urbane und Regionalentwicklung, die politische Ökonomie öffentlicher Finanzsysteme sowie die postsozialistische Transformation.